TE OGH 1990/11/8 12Os125/90

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Veröffentlicht am 08.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert Josef L*** wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Juli 1990, GZ 9 c Vr 10.121/89-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.September 1964 geborene Herbert Josef L*** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (gemeint wohl: gewerbsmäßigen schweren) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 und 130 zweiter Strafsatz StGB (A), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG (C) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde inhaltlich nur insoweit an, als die Diebstähle (auch) der Qualifikation des § 130 StGB unterstellt wurden; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Nach den für die Anfechtung relevanten Schuldsprüchen (A I und II) liegt Herbert Josef L*** zur Last, fremde bewegliche Sachen anderen gewerbsmäßig mit Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben, wobei der Wert der gestohlenen Sachen 25.000 S übersteigt, und zwar

I. in der Nacht zum 1.November 1989 durch Aufbrechen eines Behältnisses dem Ronald H*** Kleidungsstücke, Schmuck und Kosmetika sowie eine Luftdruckpistole im Gesamtwert von 34.750 S und II. ohne die Qualifikation des § 129 StGB am 4.September 1989 dem Helmut A*** Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von ca 80.000 S, sowie einen Pfandschein des Dorotheums Wien über eine dreiteilige Perlenkette (Darlehen 2.500 S).

Hiezu stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte, der seit seinem 17. Lebensjahr wiederholt wegen Eigentumsdelikten straffällig geworden war, seinen Lebensunterhalt in erster Linie durch Straftaten dieser Art bestritt und hiebei seine Tätigkeit als Strichjunge im homosexuellen Milieu immer auch dazu benützte, seinen "Freiern" Wert- und Gebrauchsgegenstände zu stehlen. In der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, beging er auch die beiden (im Detail beschriebenen) Diebstähle, die für sich allein jeweils nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB als schwere Diebstähle qualifiziert sind; die Tat zum Nachteil des Ronald H*** stellt sich überdies als Einbruchsdiebstahl nach § 129 Z 2 StGB dar. Mit dem gestohlenen Geld bzw mit dem Erlös der Diebsbeute kleidete sich der Angeklagte ein, finanzierte Lokalbesuche für sich und seine Begleiterinnen und kaufte Suchtgift zum Eigenverbrauch; Teile der Beute wurden auch sichergestellt (S 193 bis 201).

Als Beweisgrundlage zur angenommenen Gewerbsmäßigkeit zogen die Tatrichter die "klare und überzeugende Verantwortung" des Angeklagten heran (S 203), die offensichtlich auch für den Staatsanwalt Anlaß zur entsprechenden Anklageausdehnung war (S 183). Mit seiner Mängelrüge (Z 5) bringt der Beschwerdeführer vor, daß diese Begründung unvollständig und unzureichend sei, weil seine Verantwortung insoweit nicht berücksichtigt wurde, als er an einer Angstneurose leide und er das erbeutete Geld bzw den Erlös des Diebsgutes nicht zur Bestreitung seines Unterhaltes, den er sich durch "Leistung von gleichgeschlechtlichen Handlungen" verdiene, verwendet und einen Teil des erbeuteten Schmucks verschenkt habe. Der Erörterung dieser Umstände bedurfte es aber nicht, konnte sich das Erstgericht doch - wie dargestellt - neben dem durch einschlägige Straftaten gekennzeichneten bisherigen Lebensweg auf die Einlassung des Angeklagten stützen, daß er die homosexuell veranlagten Männer (die ihn in ihre Wohnung aufgenommen hatten) jeweils bestohlen hat, "um zu Geld zu kommen", das er wieder zum Aufbau einer "Karriere" als Suchtgiftdealer benötigt hatte (S 179). Daraus konnte ohne Verstoß gegen Denkgesetze auf die Absicht des Angeklagten geschlossen werden, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ohne daß es darauf ankäme, an welchen Krankheiten er leidet und zu welchen Zwecken die Diebsbeute dann im einzelnen tatsächlich verwendet wurde, zumal ohnehin feststeht, daß sie auch zur Deckung gewisser Lebensbedürfnisse herangezogen wurde. Für die Urteilsannahme, daß sich diese Absicht auch auf eine wiederkehrende Begehung der Taten bezog, spricht neben dem festgestellten Gesamtverhalten vor den Taten und der Fortsetzung der Diebstähle sehr bald nach der letzten Haftentlassung (vgl SSt 46/52 uva) jedenfalls auch das nunmehr festgestellte Tatgeschehen. Nach Einleitung eines neuerlichen Strafverfahrens wegen des Diebstahls zum Nachteil des Helmut A*** (A II) bestahl der Beschwerdeführer auch seinen nächsten Unterkunftsgeber Ronald H*** sofort wieder und schreckte selbst dann, als ihm dieser den ersten Schmuckdiebstahl verziehen hatte, nicht davor zurück, kurz danach einen schweren Diebstahl durch Aufbrechen eines Schreibtisches zu begehen (A I). Die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung dieser beiden schweren Diebstahlsfakten sind daher mit dem Hinweis auf die vollkommen geständige und die Tatsachen nicht beschönigende Verantwortung des Angeklagten noch ausreichend begründet. Für die im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) aufgestellte These, der Angeklagte sei im Zeitpunkt der beiden Diebstähle durch Suchtgiftkonsum in seinem Bewußtsein so gestört gewesen, daß er sicherlich nicht "in gewerbsmäßiger Absicht" gehandelt habe, lassen sich aus den Akten keine Anhaltspunkte finden. Vielmehr handelte der Angeklagte in beiden Fällen, seiner negativen Grundeinstellung zum Eigentum seiner (potentiellen) Unzuchtspartner folgend, insofern konsequent, als er jede sich bietende Gelegenheit dazu benützte, Geld oder leicht zu Geld zu machende Sachen zu stehlen. Es bestehen daher keine erheblichen Bedenken gegen die die Qualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB tragenden Urteilsfeststellungen. Wenn die Subsumtionsrüge (Z 10) diese Feststellungen übergeht und überdies meint, das Beweisverfahren müsse "massive Anhaltspunkte" für die Gewerbsmäßigkeit ergeben, damit sie angenommen werden könne, bringt sie den angezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, in dessen Ausführung an den Sachverhaltsfeststellungen festgehalten werden muß und kein Raum für eine Bekämpfung der Beweiswürdigung besteht, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, im übrigen als unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Demgemäß wird über die Berufung der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E22270

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00125.9.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19901108_OGH0002_0120OS00125_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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