TE OGH 1990/11/14 1Ob675/90

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Veröffentlicht am 14.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Petar N***, Landwirt, 2.) Danica N***, Landwirtin, beide Unterpurkla, Donnersdorf 28, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt in Bad Radkersburg, wider die beklagte Partei Franz P*** Gesellschaft mbH, Dachdeckerei, Spenglerei, Baustoffe, Gnas, Burgfried 145, vertreten durch Dr. R. Horst Löffelmann, Rechtsanwalt in Feldbach, wegen Unterlassung (Streitwert S 30.000,--) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 20. September 1990, GZ 5 R 230/90-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bad Radkersburg vom 23. März 1990, GZ C 296/89m-30, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Kläger begehren von der beklagten Partei, das in ihrem Auftrag erfolgende Befahren der über das Grundstück 319 Gewässer der EZ 200 KG Donnersdorf führenden Brücke mit Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 2,5 t zu unterlassen. Sie bewerteten gemäß § 59 JN den Streitwert mit S 30.000.

Die beklagte Partei bemängelte gemäß § 7 RATG die Bewertung durch die Kläger als zu niedrig. Die Streitteile einigten sich, den Rechtsstreit nach § 7 RATG mit S 200.000,-- zu bewerten. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, das in ihrem Auftrag erfolgende Befahren der über das Grundstück 319 Gewässer der EZ 200 KG Donnersdorf führenden Brücke zum Zwecke der Bewirtschaftung des herrschenden Gutes im Rahmen der Schottergewinnung zu unterlassen; das Mehrbegehren wies es unangefochten ab.

Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung in der Hauptsache nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt und die Revision jedenfalls unzulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der beklagten Partei dennoch erhobene Revision ist, wie der 3.Senat des Obersten Gerichtshofes in seiner Entscheidung vom 27.6.1990, 3 Ob 562/90, in einem gleichgelagerten Fall bereits ausführte, welcher Ansicht der erkennende Senat folgt, unzulässig:

Nach Art XLI Z 5 WGN sind die §§ 500 und 502 ZPO idF WGN anzuwenden. Die Revision ist daher jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand) an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO). Eine der im § 502 Abs 3 ZPO angeführten Ausnahmen liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (oder dieser allein schon S 50.000,-- erreicht) auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- insgesamt übersteigt oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO). Dieser Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes ist unanfechtbar und bindend, wenn das Berufungsgericht dabei nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzte oder eine Bewertung überhaupt nicht vorzunehmen war, also etwa ohnedies schon der Geldbetrag bestimmend ist oder die Revisionszulässigkeit in den im § 502 Abs 3 ZPO angeführten familien- und bestandrechtlichen Angelegenheiten geldwertunabhängig geregelt ist. Bei dem Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO sind § 54 Abs 2, § 55 Abs 1 bis Abs 3, § 56 Abs 3, § 57, § 58 und § 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden. Während der Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei, bloß belehrend ist, weder die Parteien noch die Gerichte bindet und die Unrichtigkeit eines Ausspruches nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO in einer außerordentlichen Revision oder in der Beantwortung einer ordentlichen Revision geltend gemacht werden kann (§ 500 Abs 4 ZPO), findet gegen den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes kein Rechtsmittel statt (§ 500 Abs 4 ZPO). Dieser Ausspruch bindet daher den Obersten Gerichtshof nur ausnahmsweise dann nicht, wenn bei sinngemäßer Anwendung die Bewertungsvorschriften der Jurisdiktionsnorm mißachtet wurden oder die Bewertung überhaupt zu entfallen hatte (Petrasch, ÖJZ 1983, 173;

ÖJZ 1985, 294 und ÖJZ 1989, 749; Fasching, ZPR2 Rz 1830 und 1831/1;

igl Sinn SZ 57/42; MietSlg 39.778 ua und zur neuen Rechtslage 1 Ob 579/90). Die Meinung, auch der Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO binde weder die Parteien noch die Gerichte und stelle nur eine Art von Rechtsbelehrung dar (so Stohanzl, MTA ZPO5, 430 und MGA ZPO14, 1081 Anm 4 zu § 500 ZPO), ist unzutreffend und kann aus § 500 Abs 4 Satz 1 ZPO nicht abgeleitet werden (Petrasch, ÖJZ 1989, 749 FN 92; Fasching, ZPR2 Rz 1831/1). Zwar vertritt auch Steininger, Die Problematik der neuen "nichtbindenden Unzulässigkeit" der Anrufung des Höchstgerichtes (RZ 1989, 236 und 258) die Ansicht, die Neuregelung nach der WGN 1989 enthalte anders als die frühere Verfahrensrechtslage überhaupt keine Bindung an die Bewertung durch das Berufungsgericht und es sei daher stets erlaubt, eine "erlaubte unzulässige Revision" nach Art einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof zu erheben, in der der Rechtsmittelwerber darzutun hätte, daß bei richtig vollzogener sinngemäßer Anwendung der §§ 55 Abs 2, 55 Abs 1 bis 3, §§ 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN der Ausspruch gelautet hätte: der Wert des Streitgegenstandes übersteige S 50.000,-- (aaO 240). Es hat sich aber gegenüber der früheren Rechtslage nichts daran geändert, daß die Bewertung im Ermessensbereich nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden kann und nur bei einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Bewertungsgrundsätze eine Korrektur auf den sich aus dem Gesetz ergebenden Wert möglich ist. Die von Steininger aus § 500 Abs 4 Satz 1 ZPO nF gezogene Schlußfolgerung ist nicht berechtigt. Der Ausspruch, daß die Revision jedenfalls unzulässig ist, bindet dann nicht, wenn die Bewertung gesetzwidrig oder überflüssig war, bedeutet aber nicht, daß der Oberste Gerichtshof eine § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 Satz 1 ZPO nF entsprechende Bewertung nachprüfen könnte.

Bei der Klage auf Unterlassung war nach § 59 JN für die Zuständigkeit die von den Klägern mit S 30.000,-- angegebene Höhe ihres Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen. Diese Vorschrift war mangels Anführung im § 500 Abs 3 ZPO nF allerdings bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Berufungsgericht auch nicht sinngemäß anzuwenden (vgl die frühere Verfahrensvorschrift des § 500 Abs 2 ZPO idF vor WGN, wonach das Berufungsgericht auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden hatte, jedoch an die Geldsumme nicht gebunden war, die der Kläger als Wert des Streitgegenstandes angegeben hat). Aber auch eine andere zwingende Bewertungsvorschrift bestand für den Anspruch, das Befahren der Brücke im Rahmen der Schottergewinnung zu unterlassen, nicht. Das Berufungsgericht hat daher bei seiner Bewertung des Streitgegenstandes mit einem S 50.000 nicht übersteigenden Betrag weder gegen nach § 500 Abs 3 ZPO sinngemäß anzuwendende Vorschriften der Jurisdiktionsnorm verstoßen, noch ist sonst ein Ermessensmißbrauch offenkundig.

Damit ist der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichtes keiner Überprüfung zugänglich und bindend (vgl. ÖBl. 1985, 166; EFSlg. 52.222; SZ 59/198 ua).

Die Revision ist nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig und zurückzuweisen.

Anmerkung

E22085

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00675.9.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19901114_OGH0002_0010OB00675_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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