TE OGH 1990/11/14 1Ob636/90

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Veröffentlicht am 14.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller Josef Hans H***, Postbediensteter, und Marion H***, Sekretärin, beide Steeg a.H., Au 116, beide vertreten durch Dr. Peter Pfarl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Ehescheidung, infolge Revisionsrekurses der B***

G*** DER F*** W***, gemeinnützige registrierte

Genossenschaft mbH, Salzburg, Alpenstraße 70, vertreten durch Dr. Peter Raits, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 13.Juni 1990, GZ R 516/90-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 6. März 1990, GZ Sch 9/90-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Ehe der Antragsteller wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 5.3.1990, ON 3, rechtskräftig geschieden. Mit Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 11.1.1980 hatte die B*** G*** DER F*** W***, gemeinnützige registrierte

Genossenschaft mbH (im folgenden: Bausparkasse) Marion H*** ein Darlehen von S 74.000 gewährt. Zur Sicherung dieses Darlehens verpfändeten beide Eheleute als Liegenschaftseigentümer ihre Liegenschaft EZ 577 KG Untersee. Nach Punkt 6 des Scheidungsvergleiches verpflichtete sich Josef H***, die für die Errichtung und Ausstattung des Hauses aufgenommenen Darlehen alleine abzustatten. Er war damit einverstanden, daß er gemäß § 98 EheG diesen Gläubigern gegenüber als Hauptschuldner, Marion H*** als Nebenschuldnerin gilt.

Das Erstgericht teilte der Bausparkasse mit, daß es diese Vereinbarung gemäß § 98 Abs 1 EheG genehmige.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Bausparkasse erhobenen Rekurs nicht Folge. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Der Gesetzgeber verwende im § 98 Abs 1 EheG die Worte "von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften". Daraus lasse sich nicht zwingend ableiten, daß die Ehegatten Solidarschuldner oder Hauptschuldner und Bürge sein müßten. Nach dem Wortlaut ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß unter § 98 Abs 1 EheG nur solche Ehegatten gemeint seien, die für die Rückzahlung eines Kredites persönlich hafteten. Es bestünden keine Bedenken dagegen, den nur sachlich haftenden Ehegatten, der im Innenverhältnis die Bezahlung der Schuld übernommen habe, bei unveränderter Sachhaftung zum Hauptschuldner zu bestellen. Die Kreditgeberin sei nicht schlechter gestellt, zumal gegenüber der bisherigen Lage eine weitergehende Besicherung des Kredites vorliege. Es hafte nicht nur der neue Hauptschuldner persönlich bei gleichbleibender Sachhaftung, sondern darüber hinaus die bisherige Hauptschuldnerin als Ausfallsbürgin gemäß § 98 Abs 2 EheG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Bausparkasse ist nicht berechtigt. Vereinbaren aus Anlaß einer Scheidung die Ehegatten, wer von beiden im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, verpflichtet ist, so hat das Gericht auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, daß derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird (§ 98 Abs 1 EheG). Nach JAB 719 BlgNR 16. GP 2 war wesentliches Ziel der Neuregelung, im Falle der Mithaftung beider Ehegatten für aufgenommene Kredite, ohne den Kreditgeber wesentlich zu belasten, für den Ehegatten, der im Falle der Scheidung im Innenverhältnis entlastet sein sollte, in der Praxis beobachtete Härten zu vermeiden oder wenigstens zu mildern. Daß die Regelung des § 98 EheG nur dann anwendbar sein sollte, wenn beide Ehegatten persönlich, nicht aber wenn nur ein Ehegatte persönlich, der andere aber bloß mit einer Sache haftet, läßt sich dem Ausschußbericht nicht entnehmen. Vielmehr wurde ersichtlich des zweiten Falles nicht gedacht. Auch der Ehegatte, der für eine Kreditverbindlichkeit nur ein Pfand bestellt, haftet im Sinne des Einstehenmüssens (Koziol-Welser8, I 189; Rummel2 Rz 12 zu § 859 ABGB) für diese Verbindlichkeit. Es würde auch wie Koziol, RdW 1986, 6, richtig erkannte, einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn nur der Ehegatte, der eine Bürgschaft übernahm, vom Gesetzgeber als schutzwürdig betrachtet würde, nicht aber derjenige, der ein Pfand mit eben demselben Wert wie die übernommene Bürgschaft bestellt hat. Für den Fall der Bürgschaftsübernahme ist unbestritten, daß der Bürge zum Hauptschuldner, der bisherige Hauptschuldner aber zum Ausfallsbürgen werden kann. Koziol aaO und Fink, AnwBl 1986, 631, lehnen daher auch nur ab, daß der Pfandbesteller ohne Zustimmung des Gläubigers aus seiner Pfandhaftung entlassen wird und ihn nur mehr eine Haftung als Ausfallsbürge treffen sollte. Das würde gewiß eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Belastung des Kreditgebers darstellen. Keine Bedenken können aber dann bestehen, wenn der Ehegatte, der bisher nur mit einer Sache haftet, bei Aufrechterhaltung dieser Sachhaftung zum Hauptschuldner wird, der im Innenverhältnis entlastete Ehegatte dann aber nur mehr als Ausfallsbürge haften soll (Gamerith in RdW 1987, 188). Der Gläubiger kann dann bei aufrechter Sachhaftung nicht nur auf einen, sondern auf zwei persönlich haftende Schuldner greifen. Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E22082

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00636.9.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19901114_OGH0002_0010OB00636_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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