Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 31.August 1989 verstorbenen Josef S***** infolge Rekurses der S***** W***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 17.Mai 1990, GZ 47 R 371/90-24, womit der Rekurs der S***** W***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 6.April 1990, GZ 3 A 525/89-21, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Nach den Angaben in der Todfallsaufnahme vom 31.8./5.9.1989 meldete das Pflegeheim der Stadt Wien nach dem am 31.8.1989 verstorbenen Josef S***** eine Pflegeentgeltforderung von S 139.316,65 an; die Überlassung des Nachlasses zur Deckung der noch offenen Pflegeentgelte wurde beantragt. Nach dem Inventar betragen die Aktiven S 64.744,86.
Das Erstgericht hat infolge Überschuldung das vorhandene Nachlaßvermögen kridamäßig wie folgt verteilt: An Gerichtskommissär Dr. Harald B***** S 5.499; an den Verlassenschaftskurator Dr. Walter G***** S 3.500, an den Sachwalter Dr. Renate P***** S 6.716,02, dem Pflegeheim der Stadt Wien-Lainz auf teilweisen Abschlag der offenen Pflegegebühren S 14.019,84.
Dagegen erhob die S***** W***** Rekurs mit dem Antrag, "eine neue Aufteilung der Aktiven in der Höhe von S 64.744,86 unter Berücksichtigung der Pflegeentgeltforderung von S 137.061,65" vorzunehmen.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück. Den Verlassenschaftsgläubigern komme im Abhandlungsverfahren nur ein Rekursrecht wegen Eingriffe in die ihnen nach den §§ 811, 812, 815 ABGB und den §§ 73, 135, 136 AußStrG zustehenden Rechte zu. Hier bekämpfe die S***** W***** als Gläubigerin erkennbar jedoch nur die Höhe der zugesprochenen Gebühren und Belohnungen, wobei nicht einmal detailliert angeführt worden sei, welche konkreten Einwendungen gegen die vom Erstgericht bestimmten Gebühren und Belohnungen bestünden. Einem Gläubiger im Verlassenschaftsverfahren stehe aber in diesem Umfang kein Rekursrecht zu. Einen Ausspruch nach § 13 Abs. 1 Z 2 AußStrG lehnte das Rekursgericht ausdrücklich ab. Ob ein Rekurs gegen den Beschluß, mit dem ein Rekursgericht einen Rekurs als unzulässig zurückweise, zulässig sei, sei im Außerstreitgesetz nicht geregelt. § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO sei sinngemäß anzuwenden. Der Vollrekurs an den Obersten Gerichtshof sei daher zulässig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der S***** W***** mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und ihm eine Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Die Unterlassung eines Ausspruches nach § 13 Abs. 1 Z 2 AußStrG durch das Rekursgericht war verfehlt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach (EvBl. 1990/137; 5 Ob 545/90, 7 Ob 652/90) die Rechtsansicht vertreten, daß der Revisionsrekurs gegen einen Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes abgesehen von den Fällen des § 14 Abs. 2 AußStrG nur dann zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs. 1 AußStrG abhängt. Angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 14 Abs. 1 AußStrG bleibt für eine analoge Anwendung des § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO kein Raum. Eine Ergänzung der Entscheidung des Rekursgerichtes konnte aber unterbleiben, da es jedenfalls von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich, so daß selbst ein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig wäre.
Das Rechtsmittel der S***** W***** ist auch berechtigt.
Jedem Verlassenschaftsgläubiger steht das Recht zu, die Überlassung an Zahlungs Statt und damit auch die in diesem Beschluß erfolgte Art der Aufteilung der vorhandenen Aktiven unter mehrere Gläubiger mit Rekurs zu bekämpfen (EFSlg. 47.300, 47.006; SZ 38/97; SZ 23/390; SZ 19/333 uva). Nach dem ausdrücklich gestellten Rekursantrag wollte die Stadt Wien eine zu ihren Gunsten zu erfolgende neue Aufteilung der Aktiven von S 64.744,86 erreichen. In diesem Umfang kam ihr jedenfalls die für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels ausreichende formelle Beschwer (vgl. Fasching, Lehrbuch2 Rz 1716) zu.
Das Rekursgericht wird daher in der Sache zu prüfen haben, ob der Rekursantrag der Stadt Wien berechtigt ist. Sein Beschluß ist aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Textnummer
E22089European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00631.900.1114.000Im RIS seit
10.11.2018Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018