TE OGH 1990/11/15 7Ob615/90

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Veröffentlicht am 15.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederrreiter und Dr. Schalich als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Felix P. H***, VW- und Audihändler, Mittersill, Zellerstraße 81, vertreten durch Dr. Klaus Weber, Rechtsanwalt in Mittersill, wider die beklagte Partei Herbert B***, Autospenglerei und Einbrennlackierung, Saalfelden, Lofererstraße 23, vertreten durch Dr. Manfred König, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen Herausgabe (Streitwert S 50.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 12. April 1990, GZ 21 R 99/90-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 23. Jänner 1990, GZ 2 C 1178/89m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.292, 80 (darin S 548,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Franz H*** erwarb am 29.8.1988 vom Kläger, der damals Kaufmann war, einen PKW der Marke VW Golf 19 Diesel um S 118.000,-- einschließlich Umsatzsteuer. Auf diesen Kaufpreis wurde ihm der zurückgenommene Altwagen mit S 20.000,-- angerechnet, der Rest wurde H*** vom Kläger bei gleichzeitig vereinbartem Eigentumsvorbehalt am Fahrzeug in der Weise kreditiert, daß er in Monatsraten a S 2.545,-- zurückzubezahlen gewesen wäre. Terminsverlust berechtigte den Kläger nach Setzung einer 14tägigen Nachfrist zum Vertragsrücktritt. H*** verpflichtete sich, das Fahrzeug vollkaskoversichern zu lassen und den Kläger bei Zugriff eines Dritten auf das Fahrzeug zu verständigen.

Mit dem sofort ausgefolgten Fahrzeug verursachte H*** im Sommer 1989 einen Unfall. Er gab das beschädigte Fahrzeug bei der beklagten Partei mit dem Auftrag in Reparatur, sowohl die Blechschäden, wie auch einen nicht unfallsbedingten Getriebe- und Starterschaden zu beheben. Er erwähnte nichts vom noch aufrechten Bestand des Vorbehaltseigentums. Aus dem vorgewiesenen Zulassungsschein ging H*** als Zulassungsberechtigter hervor. Die Vorlage eines Typenscheins wurde von der beklagten Partei nicht verlangt. Die Reparatur wurde von der beklagten Partei mit S 41.332,20 in Rechnung gestellt, dieser Betrag wäre bei Abholung zu bezahlen gewesen. Zwischenzeitig war H*** mit seinen Ratenzahlungen in Rückstand geraten. Auf die Rücktrittserklärung des Klägers hin erklärte H***, daß sich das Fahrzeug bei der beklagten Partei befinde. Unbestritten blieb, daß die klagende Partei den Restkaufpreis von H*** mit Mahnklage vom 25.9.1989 einklagte und nach unterbliebener Zahlung des Kaufpreises mit der am 12. Oktober 1989 beim Bezirksgericht Saalfelden eingebrachten Klage die Herausgabe des Fahrzeuges, unter Berufung auf den Vertragsrücktritt begehrte. H*** anerkannte das Herausgabebegehren, worauf am 25.10.1989 ein Anerkenntnisurteil dieses Inhaltes erging.

Die beklagte Partei ist nur gegen Bezahlung der Reparaturrechnung bereit, das Fahrzeug dem Kläger auszufolgen. Der Kläger begehrt unter Berufung auf sein Eigentumsrecht die Herausgabe des Fahrzeuges.

Die beklagte Partei wendete ein, am Fahrzeug gutgläubig ein Zurückbehaltungsrecht erworben zu haben, sie sei erst nach Bezahlung des Werklohnes zur Herausgabe verpflichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Es folgerte unter Berufung auf die "ältere" Judikatur rechtlich, daß einem Gewerbetreibenden ein Zurückbehaltungsrecht zugunsten seines Werklohnes auch gegenüber dem Eigentümer zustehe, wenn er sich bei Abschluß des Werkvertrages im guten Glauben befunden habe. Es würde zu Wertungswidersprüchen führen, wenn zwar das Eigentumsrecht, auf das sich ein Herausgabegehren stützen könne, gutgläubig, nicht aber ein schwächeres Retentionsrecht erworben werden könne. Im übrigen sei das Risiko der Beschädigung des unter Eigentumsvorbehalt überlassenen Fahrzeuges eher dem Eigentümer als dem beklagten Unternehmer zuzuordnen. Da im unbedingten Herausgabebegehren der klagenden Partei die Weigerung impliziert sei, den begehrten Werklohn der beklagten Partei zu bezahlen, komme keine Verurteilung der beklagten Partei in Form einer Zug-um-Zug-Verpflichtung in Betracht.

Das Berufungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Urteil diese Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig ist. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und schloß sich seiner Rechtsauffassung an.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagsstattgebung, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die vom Revisionswerber selbst angezweifelte Bewertung und Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht entspricht dem Gesetz. § 500 Abs 2 Z 1 ZPO idF ist dahin zu verstehen, daß das Berufungsgericht bei allen nicht ausschließlich in Geld bestehenden Ansprüchen mit Ausnahme jener, für die die Ausnahmeregelung des § 502 Abs 3 ZPO gilt, einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes zu treffen hat. Dieser Ausspruch ist gemäß § 500 Abs 3 und 4 ZPO unanfechtbar und bindend, sofern dabei nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (6 Ob 636/90). Die Ansichten, ob ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB gutgläubig erworben werden könne, sind in Lehre und Rechtsprechung strittig. Die Vorinstanzen haben den Standpunkt der Judikatur (ZVR 1960/45, SZ 36/4; EvBl 1973/131 = RZ 1973, 34; EvBl 1976/1; JBl 1984, 143 mit Anmerkung von Jabornegg; JBl 1989, 584 mit Anmerkung von Kümürcü-Spielbüchler) sowie die Argumente der Lehre (Klang in Klang2 II, 545, Gschnitzer, Sachenrecht, 207, Spielbüchler, Der Dritte im Schuldverhältnis, 256 ff; Rummel in JBl 1977, 521 ff, Jabornegg, Das Zurückbehaltungsrecht, Juristische Schriftenreihe in der Österreichischen Staatsdruckerei 1976 Bd. 7, 281 ff; Koziol-Welser8 II, 90; Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 10 zu § 471) zutreffend wiedergegeben. Zu ergänzen wäre, daß der Oberste Gerichtshof in einer nicht veröffentlichten Entscheidung zu 5 Ob 698/83 vom 29.3.1983 unter Hinweis auf die Argumente Rummels und Jaborneggs bezweifelte, ob die Rechtsprechung zum gutgläubigen Erwerb eines Zurückbehaltungsrechtes noch weiter aufrecht erhalten werden könne, zu dieser Frage aber nicht abschließend Stellung genommem hat, weil er dem Werkunternehmer die Gutgläubigkeit absprach. Gerade bei beweglichen Sachen, wie bei einer Baumaschine, die im geschäftlichen Verkehr häufig unter Eigentumsvorbehalt erworben werde, seien besonders strenge Maßstäbe an die Gutgläubigkeit des Werkunternehmers, der derartige Sachen in Reparatur übernehme, zu stellen. Es genüge nicht, daß man ohne jede weitere Überprüfung davon ausgehe, daß der Besteller der Reparatur auch der Eigentümer des zu reparierenden Gegenstandes sei. Weiters zu ergänzen wäre, daß Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 334 neuerlich im Sinne seiner früheren Ausführungen den gutgläubigen Erwerb eines Zurückbehaltungsrechtes bejaht.

Darauf hinzuweisen ist auch, daß die klagende Partei erst relativ lange nach dem Zahlungsverzug H*** und sohin nach dem Abschluß der Reparatur vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Grund für die Meinungsvielfalt ist die strittige Rechtsnatur des Zurückbehaltungsrechtes. Während Klang (aaO) ihm im Ergebnis eine dingliche Wirkung beimißt, dies geht aus der Billigung der Rechtsprechung hervor, die Verwertung der zurückbehaltenen Sache durch den Retentionsberechtigten sei auch dann gerechtfertigt, wenn die Sache nicht dem gehört, für dessen Rechnung der Aufwand gemacht worden sei, spricht Gschnitzer (aaO) ausdrücklich dabei von einem dinglichen Recht. Dies versuchen Rummel und Jabornegg zu widerlegen. Sie verweisen darauf, daß das ABGB verschieden starke Retentionsrechte kenne, so das zu einem Pfandrecht führende Zurückbehaltungsrecht des Vermieters oder Verpächters nach § 1101 Abs 2 ABGB an den ivecta und illata des Mieters, das des Gastwirtes nach § 970 c ABGB an allen vom Gast eingebrachten Sachen, also auch an jenen, die ihm nicht gehören (vgl. SZ 35/126 = JBl 1963, 532 = RZ 1963, 51). Rummel beruft sich zur Widerlegung der dinglichen Natur des Zurückbehaltungsrechtes auf dessen Behandlung im Insolvenzverfahren (§ 10 Abs 2 KO und § 10 Abs 2 AO) und kommt zum Ergebnis, daß gerade weil der Gesetzgeber keine Gleichstellung des Zurückbehaltungsrechtes mit einem Pfandrecht als gewährleistet erachtete, dieses (gemeint war damals aber jedoch nur das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht) mit den zitierten Bestimmungen aber eben nur für den besonderen Fall der Behandlung im Insolvenzverfahren ausdrücklich dem Pfandrecht gleichgestellt hat (Rummel aaO, 526). Das Ergebnis seiner Analyse, daß das Zurückbehaltungsrecht ein Sicherungsrecht eigener Art sei, befriedigt auch Rummel nicht. Jabornegg, der die Argumente Rummels voll teilt, gesteht allerdings in seiner Untersuchung der Materialien zur 3. Teilnovelle zu, daß der Gesetzgeber dem Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB keine dem kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht typische obligatorische Wirkung beimessen wollte und daß diesem sehr wohl dabei bedacht war, daß das handelsrechtliche Zurückbehaltungsrecht gegenüber einem dinglich Berechtigten nicht entsteht (Jabornegg aaO 53 f, FN 118). Rummels Hauptargument gegen den gutgläubigen Erwerb eines Zurückbehaltungsrechtes gegenüber einem dinglich Berechtigten besteht in der bei seiner Anerkennung sich ergebenden Pattstellung. Der Werkunternehmer kann seine Forderung nicht durch Exekution in die Sache realisieren, weil er sich einer Exszindierungsklage des Eigentümers dabei aussetzen müßte, der Eigentümer müßte, um wieder in den Besitz seiner Sache zu gelangen, eine Schuld zahlen, zu der er nicht verpflichtet sei. Auch aus § 1440 ABGB sei zu schließen, daß die Position des Eigentümers schutzwürdiger als jene des gutgläubigen Werkunternehmers sei, der dem Besteller nach einer allerdings erforderlichen Überprüfung darauf vertraue, daß er Eigentümer sei. Jemand, der einem anderen kreditiere, begebe sich nach der Entscheidung des Gesetzes damit der Möglichkeit einer Verwendungsklage gegen einen mittelbar Begünstigten. Es gehe nicht an, diese Entscheidung durch eine extensive Interpretation des Retentionsrechtes rückgängig zu machen, um auf diese Weise das Retentionsrecht zu einem Befriedigungsrecht zu machen, was es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht sein sollte. Unberücksichtigt in der Argumentation Rummels bleibt, daß auch der Vorbehaltungseigentümer kreditiert und daß wie im vorliegenden Fall der Vorbehaltskäufer bei Erteilung des Reparaturauftrages aufgrund der ihm vom Kläger eingeräumten Rechtsstellung dazu berechtigt war, weiters, daß der Vorbehaltseigentümer erst nach geschehener Reparatur sein dingliches Recht geltend gemacht hat, daß sohin der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber H*** sehr wohl zur Retention berechtigt war und erst mit dem Vertragsrücktritt durch die klagende Partei sein Retentionsrecht verloren hätte. Die Argumentation Rummels läßt einen zwingenden Schluß darauf vermissen, daß und warum in den sogenannten "Dreiecksfällen" das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem dinglich Berechtigten nicht wirksam zustande kommt und durch dessen Erklärung vom Kauf zurückzutreten, auch gegenüber dem Auftraggeber durch die sich ergebende Ausfolgungsverpflichtung untergehen soll. Rummels Stellungnahme zugunsten des dinglich Berechtigten stellt daher nur einen Teil der Betrachtungsweise dar. Daß das Zurückbehaltungsrecht zufolge fehlender Verwertungsmöglichkeit des Zurückbehaltungsberechtigten eben ein schwächeres Recht sei und gegenüber dem Eigentumsrecht untergehe, steht der von Rummel selbst anerkannten Sicherungsfunktion dieser Rechtsinstitution gegenüber. Die Qualität einer "Sicherung" wird jedoch ungleich besser, wenn sie nicht nur gegenüber dem Vertragspartner, sondern auch gegenüber allfälligen Dritten wirkt. Billigt man dem Retentionsrecht ganz generell eine Sicherungsfunktion zu, so muß man sie als dem Pfandrecht und ähnlichen Rechten verwandt anerkennen. Damit kann aber der Gedanke, daß das Zurückbehaltungsrecht nur eine rein obligatorische Wirkung zwischen den beiden Vertragsparteien begründet, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Letztlich kommt man zum Schluß, daß der Gesetzgeber eine unvollkommene Lösung in Form eines zwischen einem obligatorischen und dinglichen Recht angesiedelten Sicherungsrechtes gesucht hat. Diese Lösung entspricht auch im wesentlichen den Materialien. Die Ausführungen in den Materialien zur 3. Teilnovelle des ABGB (Kaiserl. Verordnung vom 19.3.1916 RGBl Nr. 69, 201 f), daß sich bei Nichtanerkennung eines Zurückbehaltungsrechtes Lösungen ergäben, gegen die sich das Gefühl für "Treu und Glauben" auflehne, weisen auf die im Vordergrund stehende Schutzwürdigkeit des Retentionsberechtigten hin. Der weitere Hinweis auf die schlechten Erfahrungen, die man mit der ganz allgemeinen Anerkennung eines Zurückbehaltungsrechtes im westgalizischen Gesetzbuche gemacht habe und daß man mit diesem Institut keine Art Pfandrecht machen wolle, schließt aber nicht die Sicherungsfunktion gegenüber dem dinglich Berechtigten aus, weil im gleichen Satz ausgesprochen wird, daß bei legitimem Interesse die Zurückbehaltung (ohne Einschränkung des Personenkreises) ausgeübt werden solle. Dem vorliegenden Fall ähnliche Konstellationen mußten sich in der Zeit vor Entstehung der 3. TNzABGB aber auch bei Vermietung und Verpachtung ergeben haben.

Der von Rummel als nicht überzeugend abgelehnten Gegenmeinung Spielbüchlers kommt aus folgenden Gründen mehr Gewicht zu:

Spielbüchler vergleicht ursprünglich jene Dreiecksfälle, in denen gutgläubiger Erwerb (des Eigentums) beim Dritten eintritt (dann ist jeder Anspruch des verkürzten früheren Eigentümers gegen den Erwerber ausgeschlossen), mit jenen, in denen gutgläubiger Erwerb am Mangel der causa oder am Mangel des "Anvertrauens" zwischen Nichtberechtigtem und Dritterwerber scheitert und will diesen "Wertungswiderspruch" durch Gewährung wenigstens eines Retentionsrechtes wegen Aufwendungen nach § 471 ABGB mildern, wenn die Voraussetzungen des § 367 ABGB vorliegen. Diesen Lösungsansatz für Veräußerungsfälle überträgt Spielbüchler dann auf Werkverträge der vorliegenden Fallgruppe. Wegen der Verweisung des redlichen Inhabers auf das Retentionsrecht im § 334 ABGB sei auch der Werkunternehmer im Falle seiner Redlichkeit geschützt: Im Falle eines ungültigen Werkvertrages habe er sogar Ansprüche aus §§ 331 f ABGB gegen den Eigentümer. Spielbüchlers nunmehr (vgl. Spielbüchler in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 334) vorgeschlagener Mittelweg sieht vor, die Zurückhaltung etwa dann zu ermöglichen, wenn der Berechtigte die Sache dem Ersatzpflichtigen anvertraut hat. Sein Hinweis, daß nicht einzusehen ist, daß der geschützte Käufer schutzwürdiger sei, als der Unternehmer, der eine Sache repariert hat, schlägt durch. Dem Einwand, § 367 ABGB passe nur auf den Erwerb dinglicher Rechte, läßt sich mit der zwiespältigen, nicht in das Schema dinglich-obligatorisch passenden Natur des Zurückbehaltungsrechtes begegnen, und die These, daß nur gegenüber einem Schuldner zurückbehalten werden könne, trifft in dieser Schärfe nicht zu: Daß der Zurückbehaltungsgegner nicht (mehr) Schuldner ist, kann durch verschiedene Vorgänge auch sonst eintreten. Richtig ist, daß eine Gesetzeslücke vorliegt, die nicht nur durch begriffliche Überlegungen, sondern im Nachvollzug gesetzgeberischer Wertungen geschlossen werden muß. Die maßgebliche Interessenabwägung enthält aber § 367 ABGB. Eine gänzliche Ablehnung der Zurückbehaltungsmöglichkeit würde den im § 334 ABGB enthaltenen Verweis des redlichen Inhabers seit der 3. Teilnovelle zu einem regelrechten Täuschungsmanöver des Gesetzgebers machen (Spielbüchler aaO Rz 2 zu § 334). Diese Überlegungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E22445

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00615.9.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19901115_OGH0002_0070OB00615_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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