TE OGH 1990/11/15 7Ob29/90

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Veröffentlicht am 15.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ulrich van H***, Gastwirt, Vils, Ulrichsbrücke, vertreten durch Dr.Dieter Außerladscheider, Rechtsanwalt in Reutte, wider die beklagte Partei C*** Versicherung auf Gegenseitigkeit, Innsbruck, Heiliggeiststraße 6, vertreten durch Dr.Karl G.Aschaber, Dr.Andreas König und Dr.Andreas Ermacora, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert S 80.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19.Juni 1990, GZ 1 R 71/90-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.November 1989, GZ 14 Cg 128/89-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Kläger hat mit der beklagten Partei eine Familien-Unfallversicherung abgeschlossen. Der Versicherung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 1976) zugrunde, dessen Art. 8 II 2 folgenden Wortlaut hat: "Ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität ist innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltage an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes zu begründen." Am 26.3.1986 kam der Kläger im Zuge von Bauarbeiten aus eigenem Verschulden zu Sturz und erlitt einen Speichenbruch, nach dem eine dauernde Invalidität zurückblieb. Am 6.4.1986 schickte der Kläger der beklagten Partei einen von ihm ausgefüllten, von der beklagten Partei stammenden Unfall-Fragebogen. Eine Frage nach dauernder Invalidität enthält dieser Fragebogen nicht. Die vom Beklagten begehrte, nicht näher bezeichnete Versicherungsleistung, sollte an seine Wohnadresse übermittelt werden. Der Unfall-Fragebogen langte bei der beklagten Partei am 8.4.1986 ein. Am 15.4.1986 übermittelte die beklagte Partei dem Kläger ihr Formular "Ärztlicher Unfallbericht" mit der Aufforderung, den Bericht vom behandelnden Arzt ausfüllen zu lassen und der beklagten Partei zurückzusenden.

Der Kläger brachte das Formular in das Bezirkskrankenhaus Reutte, wo er nach dem Unfall behandelt worden war, mit dem Ersuchen, das Formular auszufüllen und ihm wieder auszuhändigen. Es wurde ihm aber erklärt, der Arztbericht werde direkt an die beklagte Partei geschickt. Nach Abschluß der Behandlung des Klägers füllte der behandelnde Arzt das Formular aus, das am 6.10.1986 bei der beklagten Partei einlangte. In diesem Bericht werden die Verletzungen des Klägers beschrieben und die Frage, ob eine dauernde Invalidität zu erwarten ist, mit nein beantwortet. Die Rückseite des ärztlichen Unfallberichtes trägt die Überschrift: "Schlußbericht im Falle des Todes oder der bleibenden Invalidität". Dort wurde vom behandelnden Arzt eingetragen: "Nach Speichenbruch am unteren Ende mit Teilverrenkung des Handgelenkes streckseitig und Abbruch des Griffelfortsatzes der Elle links bestehen noch Schmerzen, besonders bei der Arbeit und stärkere Bewegungseinschränkung des Handgelenkes, röntgenologisch ist der Bruch fest, Stufenbildung im Gelenk sichtbar, beginnende Arthrose". Der untere Teil der Rückseite des Vordruckes enthält Fragen bei bleibender Invalidität. Dieser Teil wurde vom ausfüllenden Arzt durchgestrichen. Im November 1986 zahlte die beklagte Partei dem Kläger das Taggeld. Am 11.7.1988 verlangte der Kläger telefonisch und am 30.8.1988 schriftlich die Versicherungsleistung wegen dauernder Invalidität. Die beklagte Partei beruft sich auf die Versäumung der Frist nach Art. 8 II 2

AUVB.

Das Erstgericht gab dem auf Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei erhobenen Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist unzulässig.

Die Frist des Art. 8 II 2 AUVB ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine Ausschlußfrist. Ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität ist demnach innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag geltend zu machen. Zur Geltendmachung gehört auch die Vorlage des ärztlichen Befundberichtes (VersR 1990, 406; VersRdsch 1989, 90; VersR 1989, 419; 7 Ob 9/85; 7 Ob 48/81). Die Unkenntnis entschuldigt den Versicherungsnehmer zwar nicht (VersRdsch 1989, 90), doch kann die Berufung auf die Ausschlußfrist durch den Versicherer treuwidrig sein (VersRdsch 1990, 184; VersR 1990, 406; VersRdsch 1989, 90; VersR 1989, 419; 7 Ob 9/85). Letzteres ist etwa der Fall, wenn die Fristversäumnis durch den Versicherer verursacht wurde, wenn sich der Versicherer nach Ablauf der Frist noch in Verhandlungen einläßt und neue Gutachten anfordert oder wenn sich aus der Unfallsanzeige ein Hinweis auf Dauerfolgen ergibt (VersR 1990, 406). Das Berufungsgericht ist bei Beurteilung des vorliegenden Falles in allen Punkten von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Dies gilt insbesondere auch bei Beurteilung der Frage, ob die Geltendmachung der Fristversäumnis durch die beklagte Partei treuwidrig ist, zumal in dem von ihr verlangten ärztlichen Unfallbericht die Frage, ob eine dauernde Invalidität zu erwarten ist, ausdrücklich mit nein beantwortet wurde. Aufgrund dieser klaren Antwort bestand auch unter Berücksichtigung der Beschreibung des Heilungszustandes auf der Rückseite des ärztlichen Unfallberichtes für die beklagte Partei keine Veranlassung zu einer Aufklärung des Klägers oder zur Einholung weiterer Auskünfte.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO ist daher die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Da die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies, hat sie auch Anspruch auf Kostenersatz.

Anmerkung

E22453

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00029.9.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19901115_OGH0002_0070OB00029_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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