Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing. Walter Holzer (Arbeitgeber) und Mag. Wilhelm Patzold (Arbeitnehmer) in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1. Karl M***, Pensionist, 5412 Puch 260, 2. Anna W***, Pensionistin, 5020 Salzburg, Schillinghofstraße 24, beide vertreten durch Dr. Charlotte Böhm und Dr. Erika Furgler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S*** G***,
5020 Salzburg, Faberstraße 19-23, vertreten durch Dr. Erich Meusburger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Rückforderung von Krankengeld (zu 1. 76.207,30 S, zu 2. 229.320 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Februar 1990, GZ 12 Rs 222,223/89-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 5.Oktober 1989, GZ 20 Cgs 195/88-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den Klägern binnen 14 Tagen die einschließlich 2.153,25 S Umsatzsteuer mit 12.919,50 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger waren bis 31.5. bzw. 31.7.1983 Bedienstete des beklagten Versicherungsträgers. Seither beziehen sie Alterspensionen. Bis zur Beendigung ihrer Dienstverhältnisse waren sie viele Monate wegen Krankheit arbeitsunfähig, doch ruhte ihr Anspruch auf Krankengeld nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG. Mit dem letzten Tag ihrer Dienstverhältnisse wurden sie nach § 100 Abs 1 lit a ASVG vom Krankenstand abgeschrieben, innerhalb der dreiwöchigen Schutzfrist des § 122 Abs 2 Z 2 leg cit aber neuerlich wegen Krankheit arbeitsunfähig geschrieben und sodann erst wieder mit 6.12.1983 bzw. 5.2.1985 endgültig vom Krankenstand abgeschrieben. Bis dahin bezogen sie neben der ungekürzten Pension Krankengeld von 76.207,30 S bzw. 229.320 S.
Mit den Bescheiden vom 2.11.1988 bzw. 19.10.1988 forderte die beklagte Partei diese ihrer Meinung nach zu Unrecht erbrachten Geldleistungen unter Berufung auf § 107 Abs 1 ASVG zurück. Das Erstgericht gab den dagegen rechtzeitig erhobenen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen statt und erkannte die beklagte Partei schuldig, von der Rückforderung der genannten Beträge gegenüber den Klägern Abstand zu nehmen. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurden die Kläger mit dem Ende des Dienstverhältnisses "automatisch" vom Krankenstand abgeschrieben, ohne daß die Gesundschreibung medizinisch überprüft worden wäre. Die neuerliche Krankschreibung innerhalb der Schutzfrist erfolgte auf Grund ärztlicher Untersuchungen und angegebener Diagnosen. Die Kläger waren während des der Beendigung des Dienstverhältnisses folgenden Krankenstandes infolge Krankheit arbeitsunfähig und befolgten bis zur endgültigen Abschreibung vom Krankenstand die jeweiligen Kontrolluntersuchungen. In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht für die von der Rückforderung betroffene Zeit die grundsätzliche Rechtmäßigkeit eines Doppelbezuges von Pension und Krankengeld in Schutzfristfällen. Da die Kläger Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung gehabt hätten, hätten sie auch zu Recht Krankengeld bezogen, zumal ihnen bewußte unrichtige Angaben, ein bewußtes Verschweigen maßgeblicher Tatsachen, die Verletzung von Meldevorschriften oder gar ein doloses Zusammenwirken mit dem chefärztlichen Dienst nicht nachgewiesen werden könne. Den Klägern könne auch nicht vorgeworfen werden, gegen die Abschreibung zum Beschäftigungsende und gegen die neuerliche Krankschreibung nicht remonstriert zu haben, zumal auch die Chefärzte, die Direktion und die Leistungsabteilung der beklagten Partei ein Abstellen dieser Praxis nicht für erforderlich gehalten hätten.
Da die festgestellten Vorgänge im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen "Pensionskrankenständen" im Betrieb der beklagten Partei seit Jahrzehnten praktiziert worden und allen Verantwortlichen und Beteiligten bekannt gewesen seien, sei die Rückforderung letztlich auch deswegen verjährt, weil die beklagte Partei es unterlassen habe, die Rückforderung in angemessener Frist zu betreiben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Der Anspruch auf Leistung von Krankengeld könne mit jenem auf eine Pension sowohl in den Schutzfristfällen (§ 122 Abs 2 Z 2 ASVG) als auch in den Fortleistungsfällen (§ 122 Abs 1 letzter Satz ASVG) zusammenfallen (SSV 23/53, 25/105). Für diesen Fall sehe § 139 Abs 5 ASVG vor, daß die Dauer des Anspruches auf Krankengeld durch das Entstehen eines Pensionsanspruches nicht berührt werde, was ebenfalls klar erkennen lasse, daß die Leistung des Krankenversicherers der des Pensionsversicherers jedenfalls vorgehe. Der Anspruch auf Krankengeld bis zur gesetzlichen oder satzungsmäßigen Höchstdauer nach dem Fortleistungsprinzip gehe daher so weit, daß selbst nach Anfall einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung das Krankengeld weiter zu gewähren sei; dann ruhe nach § 90 ASVG die Pension mit dem Betrage des Krankengeldes. Die Ruhensbestimmung stelle darauf ab, daß im Zeitpunkt des Pensionsanfalles Krankengeld bezogen werde bzw der Pensionsanfall auf einen Karenztag falle. Ein Krankengeldbezug nach Pensionsanfall (ausgelöst durch das Entstehen eines Anspruchs in der dreiwöchigen Schutzfrist des § 122 Abs 2 Z 2 ASVG) habe jedoch nach der vor dem 1.1.1989 geltenden Fassung des § 90 ASVG ein Ruhen des Pensionsanspruches nicht bewirken können. Diese Konsequenz ergebe sich aus dem Wortlaut des § 90 Abs 1 ASVG idgF und finde seine Bestätigung darin, daß es der Gesetzgeber mit der 46. ASVGNov für notwendig erachtet habe, diese Lücke durch Einfügung des ab 1.1.1989 in Kraft getretenen § 90 Abs 2 ASVG zu schließen; erst seit dieser Novelle ruhe eine Pension auch bei Krankengeldbezug in Schutzfristfällen. In den Rückforderungsfällen sei unbestritten, daß die Kläger ab dem Zeitpunkt der neuerlichen Krankschreibung nach dem Pensionsanfall arbeitsunfähig infolge Krankheit gewesen seien. Sie hätten daher ab diesem Zeitpunkt jedenfalls Anspruch auf den Bezug von Krankengeld gehabt, weil der Umstand, daß sie eine Pension bezogen, den Schutzfristfall nicht ausgeschlossen habe (SSV 25/21). Diesen Anspruch hätten sie aber auch dann gehabt, wenn das Erstgericht jenen Sachverhalt festgestellt hätte, den die beklagte Partei mit ihrer Berufung anstrebe, nämlich daß die Kläger auch im Zeitpunkt des Pensionsanfalles und darüber hinaus bis zum Tag der tatsächlichen jeweiligen Krankschreibung innerhalb der Schutzfrist infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen seien. Auch im Falle einer durchgehenden und ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit hätte die beklagte Partei nach dem Fortleistungsprinzip des § 122 Abs 1 letzter Satz ASVG Krankengeld zahlen müssen (SSV 23/53). Wenn also die konkrete Feststellung getroffen woden wäre, daß die Kläger, obwohl sie weiterhin krank und arbeitsunfähig waren, sich nur kurzfristig gesundschreiben hätten lassen, um zu einem ungerechtfertigten Doppelbezug zu gelangen, so wäre auch dadurch nicht ein unrechtmäßiger Bezug von Krankengeld erreicht worden; die Kläger hätten lediglich zu Unrecht Pensionsleistungen in Anspruch genommen, die von der beklagten Partei nicht zurückgefordert werden könnten. Daran könne auch die Argumentation der beklagten Partei nichts ändern, daß der Krankengeldanspruch auf Grund eines Schutzfristfalles ein anderer wäre als jener im Fortleistungsfall. Das ASVG kenne im Leistungskatalog der Krankenversicherung nur ein Krankengeld (§§ 138 bis 143 ASVG), das allenfalls nach § 107 ASVG rückforderbar sei, nicht jedoch verschiedene Krankengeldleistungen auf Grund unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen. Es werde nicht übersehen, daß die Kläger weit über die in Schutzfristfällen vorgesehene Höchstdauer von 26 Wochen hinaus Krankengeld bezogen hätten. Auf ein allfälliges Rückforderungsrecht im Zusammenhang mit einem Überbezug nach § 31 Abs 2 der Satzung habe sich die beklagte Partei im gerichtlichen Verfahren aber nicht mehr bezogen. Sie stehe nunmehr ohnedies auf dem Standpunkt, daß das Krankengeld als Fortleistung zu beziehen gewesen wäre und Schutzfristfälle gar nicht vorgelegen hätten; damit falle der im Bescheid noch geltend gemachte Rückforderungsanspruch aus § 31 Abs 2 der Satzung weg. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Abweisung der Klagebegehren und Verpflichtung der Kläger zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Leistungen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 107 Abs 1 ASVG setzt in jedem Fall voraus, daß die gewährte Leistung "zu Unrecht" erbracht wurde. § 107 ASVG regelt allerdings nicht, wann eine Leistung "zu Unrecht" erbracht worden ist. Der Wortlaut dieser Bestimmung zeigt deutlich, daß nur geregelt werden soll, wann eine unrechtmäßige Vermögensverschiebung mißbilligt wird und daher nicht mehr aufrecht erhalten werden soll. Die Unrechtmäßigkeit der Leistung wird in § 107 ASVG vorausgesetzt; sie muß aus jenen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes abgeleitet werden, die sich mit den Ansprüchen auf Versicherungsleistungen befassen (Schrammel, Rückforderung und Entziehung von zu Unrecht erbrachten Sozialversicherungsleistungen, ZAS 1990, 73/74). Dabei sind die Wörter "zu Unrecht" im § 107 Abs 1 ASVG im materiellen Sinn auszulegen, dh es kommt für die Rückforderung darauf an, ob die Erbringung der Leistung den gesetzlichen Vorschriften entsprach (vgl SSV-NF 3/9 = ZAS 1990, 95/10).
Die Kläger haben Krankengeld nach § 122 Abs 2 Z 2 ASVG bezogen; nach dieser Gesetzesstelle ist Krankengeld für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung eintreten, an Personen zu gewähren, die innerhalb der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden aus der durch eine Beschäftigung begründeten Pflichtversicherung mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens 6 Wochen versichert waren und sogleich nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung erwerbslos geworden sind, wenn der Versicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen 3 Wochen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung eintritt. Der letzte Satz des § 122 Abs 4 ASVG sieht vor, daß unter anderem die Krankenversicherung wegen Bezuges einer Pension aus der Sozialversicherung den Anspruch auf Leistungen nach § 122 Abs 2 Z 2 ASVG unberührt läßt.
Die Revisionswerberin geht jedoch davon aus, daß die Kläger deshalb das Krankengeld nach § 122 Abs 2 Z 2 ASVG zu Unrecht bezogen hätten, weil sie auch bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses arbeitsunfähig infolge Krankheit gewesen seien und deshalb der in der zuletzt genannten Bestimmung geregelte Versicherungsfall gar nicht hätte eintreten können. Dem hat das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, daß die Kläger auch im Falle ihrer fortwährenden Arbeitsunfähigkeit Krankengeld nicht zu Unrecht bezogen hätten. Gemäß § 122 Abs 1 ASVG hat der Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn der Versicherungsfall während der Versicherung oder vor dem auf das Ende der Versicherung nächstfolgenden Arbeitstag eingetreten ist. Die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit werden auch gewährt, wenn die Krankheit im Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung bereits bestanden hat. Die Leistungen sind in allen diesen Fällen auch über das Ende der Versicherung hinaus weiter zu gewähren, solange die Voraussetzungen für den Anspruch gegeben sind. Die Dauer des Anspruches auf Krankengeld wird gemäß § 139 Abs 5 ASVG durch das Entstehen eines Anspruches auf Pension aus dem Versicherungsfall des Alters oder aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder auf eine Versehrtenrente aus der Unfallversicherung nicht berührt. Daraus ergibt sich, daß der Träger der Krankenversicherung innerhalb der gesetzlichen und auch der allenfalls satzungsmäßig erweiterten Höchstdauer den Anspruch auf Krankengeld zu prästieren hat, auch wenn während der Dauer des Krankengeldanspruches eine Pension anfällt (Teschner/Fürböck ASVG MGA 47. ErgLfg 805 Anm 11 zu § 139; Binder in Tomandl, SV-System, 4. ErgLfg 240). Daß in diesem Fall gemäß § 90 ASVG in der vor dem 1.1.1989 geltenden Fassung der Pensionsanspruch für die weitere Dauer des Krankengeldanspruches mit dem Betrag des Krankengeldes ruhte, hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Im vorliegenden Rechtsstreit ist jedoch ausschlaggebend, ob das Krankengeld zu Unrecht bezogen wurde; diese Frage ist unabhängig von einem allfälligen Ruhen der Pensionsansprüche zu lösen.
Durch die 46. ASVG-Novelle wurde dem § 90 ASVG ein zweiter Absatz angefügt, wonach die Ruhensbestimmungen des Abs 1 entsprechend gelten sollen, wenn nach Anfall eines Pensionsanspruches aus eigener Pensionsversicherung aus davorliegenden Versicherungszeiten ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 122 Abs 1 lit b oder Abs 2 Z 2 ASVG entsteht. Es wurde sachlich als nicht gerechtfertigt angesehen, daß das Ruhen gemäß § 90 ASVG nur dann eintritt, wenn der Pensionsanspruch nach Eintritt des Versicherungsfalles der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit anfällt. Ein Ruhen gemäß § 90 ASVG sollte daher auch dann eintreten, wenn nach Anfall der Pension innerhalb der Schutzfrist wegen Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld geltend gemacht wird und der Krankengeldanspruch mit jener Beschäftigung zusammenhängt, aus der das Erwerbseinkommen resultierte, das durch die Pension ersetzt werden soll (AB 853 BlgNR 17. GP 3). Diese Bestimmung trat mit dem 1.1.1989 in Kraft. Wäre sie im Falle der Kläger bereits wirksam geworden, hätte sie in jedem Fall zu einem Ruhen ihrer Pensionsansprüche geführt. Auf die Frage, ob die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten von den Klägern Pensionsbezüge (als zu Unrecht erbracht) hätte zurückfordern können, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht eingegangen zu werden. Die Revisionswerberin räumt nunmehr ein, daß das ASVG nur einen einheitlichen Krankengeldbegriff kennt; sie hält aber den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes entgegen, daß es rechtlich keineswegs zulässig sei, die Verschiedenheit der Anspruchsgrundlagen zu vernachlässigen. Die Kläger hätten sich bei der Geltendmachung des Krankengeldanspruches nur auf die eine konkrete Anspruchsgrundlage berufen; wenn nunmehr nachträglich festgestellt würde, daß diese konkrete Anspruchsgrundlage nicht gegeben gewesen sei, dann wären die Kläger verpflichtet gewesen, das zu Unrecht bezogene Krankengeld zurückzuzahlen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Wie bereits oben dargelegt wurde, ist bei Beurteilung der Unrechtmäßigkeit einer Leistung iS des § 107 Abs 1 ASVG zu prüfen, ob die Leistung materiell den Vorschriften entsprach. Grundsätzlich bedarf es nicht der Anführung eines Rechtsgrundes, auf den sich ein Begehren stützt. Wenn ein Versicherter dennoch sein Begehren ausdrücklich auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt hat, ist dies für den Versicherungsträger oder für das Gericht nicht bindend, soweit sich nur aus dem Vorbringen des Klägers eine andere, wenn auch nicht ausdrücklich genannte Anspruchsgrundlage ergibt (vgl Kuderna, ASGG 424 Erl 5 zu § 82). Daraus folgt, daß die Kläger selbst dann das Krankengeld nicht zu Unrecht bezogen hätten, wenn sie sich, obwohl weiterhin krank und arbeitsunfähig, nur kurzfristig gesundschreiben hätten lassen, um zu einem ungerechtfertigten Doppelbezug zu gelangen: In diesem Fall hätten sie, wie das Berufungsgericht zutreffend aufgezeigt hat, lediglich zu Unrecht Pensionsleistungen in Anspruch genommen, deren Rückforderung der beklagten Partei nicht zukommt.
Auch aus der zulässigen Höchstdauer des Krankengeldanspruches (§ 139 Abs 1 und 2 ASVG) ergeben sich keine anderen Gesichtspunkte. In allen vorliegenden Fällen ruhte der Krankengeldanspruch gemäß § 143 Abs 1 Z 3 erster Halbsatz ASVG, weil die Kläger Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von mehr als 50 vH der vollen Geldbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hatten. Zeiten, für die der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 143 Abs 1 Z 3 erster Halbsatz ASVG ruht, sind aber auf die Höchstdauer gemäß § 139 ASVG nicht anzurechnen (§ 140 Z 1 ASVG nennt ausdrücklich nur die nach dem zweiten Halbsatz der genannten Bestimmung erfaßten Zeiten). Daraus folgt, daß der Fortbezug des vollen Arbeitsentgelts die Dauer des sozialversicherungsrechtlich eingeräumten Krankengeldanspruchs nicht kürzt; in Verbindung mit § 143 Abs 1 Z 3 ASVG kommt es somit lediglich zu einem zeitlichen Hinausschieben des Leistungsanfalls, was für den Versicherten allerdings nur bei entsprechend langer Krankheitsdauer von Bedeutung ist (Binder, Das Zusammenspiel arbeits- und sozialrechtlicher Leistungsansprüche 211). Die Kläger hätten folglich auch im Fortleistungsfall die Höchstdauer des Krankengeldbezuges ausschöpfen können.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASVG. Die Voraussetzungen für einen Zuspruch von Kosten an die beklagte Partei nach § 77 Abs 3 ASGG sind nicht gegeben.
Anmerkung
E22514European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00197.9.1120.000Dokumentnummer
JJT_19901120_OGH0002_010OBS00197_9000000_000