TE OGH 1990/11/21 13Os113/90

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Veröffentlicht am 21.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus G*** wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs. 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie der Erledigung im Gerichtstag vorbehalten war, und die Berufung des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 2.März 1990, GZ 23 Vr 658/89-54, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Benkhofer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 15 StGB (B des Urteilssatzes) sowie im Strafausspruch (unter Aufrechterhaltung des Kostenausspruches) aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Markus G*** ist schuldig, ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes, wobei die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen und es sich um keinen schweren Raub gehandelt hat, in Innsbruck

1. im August 1989, indem er Markus G*** einen Geldbetrag von 50 S durch die Drohung, ihn zusammenzuschlagen, abnötigte, einen Raub begangen und

2. am 4.Oktober 1989, indem er Markus G*** unter Versetzen von Fauschlägen und unter Androhung weiterer Schläge zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 250 S aufforderte, versucht zu haben, einen Raub zu begehen.

Markus G*** hat hiedurch das Verbrechen des teils

vollendeten, teils versuchten Raubes nach den §§ 142 Abs. 2 und 15 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden Straftaten, nämlich das Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den § 169 Abs. 1 und 15 StGB (A) und das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (C), nach dem § 169 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf die §§ 28 StGB und 5 JGG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von

10 (zehn) Monaten

verurteilt.

Gemäß dem § 43 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Soweit hiedurch noch unerledigt geblieben, wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 23.November 1970 geborene Kochlehrling Markus G*** wurde des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs. 1 und 15 StGB (A), des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 15 StGB (B) sowie des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (C) schuldig erkannt. Seine Nichtigkeitsbeschwerde wurde, mit Ausnahme jenes Teils, mit dem er den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Raubes bekämpft, bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen. Dem diesbezüglichen Beschluß (13 Os 113/90-5) können auch die näheren Urteilskonstatierungen entnommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Urteilsfremd ist die (danach noch unerledigt gebliebene) Beschwerdebehauptung, der beim vollendeten Raub angewandten Drohung fehle die "Imminenz". Denn in den Urteilsgründen wird diesbezüglich mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht (S 8), daß das dem Raubopfer G*** für den Fall einer Verweigerung der Herausgabe des geforderten Geldbetrages angedrohte "Zusammenschlagen" auch sofort in die Tat umgesetzt werden sollte. Gegenwärtig im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB aber ist eine Drohung, wenn sie - wie hier - mit der Gefahr sofortiger Verwirklichung des in Aussicht gestellten Übels verbunden ist.

Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Im Recht ist hingegen der Beschwerdeführer, soweit er die Unterstellung der Raubtat unter den § 142 Abs. 2 StGB verlangt. Hat er doch eine Sache geringen Wertes abgenötigt bzw. abzunötigen versucht, nämlich 50 S bzw. 250 S Bargeld. Da eine Drohung (welcher Art auch immer) als Mittel der Nötigung minderschweren Raub niemals ausschließt (LSK 1978/292), war nur zu prüfen, ob der unter Einsatz von Körperkraft versuchte Raub (B 2) ohne Anwendung erheblicher Gewalt begangen wurde. Nach den Urteilsfeststellungen versetzte der jugendliche Angeklagte seinem etwa zehn Monate älteren Bekannten G*** Schläge gegen Rücken, Bauch und Gesicht, um die geforderten 250 S zu erhalten. Umstände, die für die Einschätzung dieser Gewalt als erheblich oder dafür sprächen, daß die Tat nicht bloß unbedeutende Folgen nach sich zog, sind im Urteil nicht festgestellt. Eine solche Feststellung könnte aber auch nach der Aktenlage in einem zweiten Rechtsgang nicht nachgeholt werden, weil der Polizeibeamte, der unmittelbar nach der Tat einschritt, keine Verletzung des Tatopfers feststellen konnte und ärztlicherseits zwei Tage nach der Tat bloß eine Kontusion des Jochbogens diagnostiziert wurde (S 13 und 17 jeweils in ON 47). Da der Raub auch nicht (aus anderen Gründen) als schwer im Sinne des § 143 StGB zu beurteilen ist, sind alle Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 StGB, deren Vorliegen das Schöffengericht unerörtert ließ, gegeben. Es war daher der verfehlte Schuldspruch des Erstgerichts aufzuheben und in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen. Bei der demgemäß gebotenen Strafneubemessung waren als erschwerend zu berücksichtigen, das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen sowie die Wiederholung der Brandstiftung und des Raubes; als mildernd hingegen, daß die Straftaten teilweise beim Versuch blieben, ferner die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten und die Beeinträchtigung seines Verstandes, wie im Sachverständigengutachten aufgezeigt, sowie letztlich seine vernachlässigte Erziehung. Eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten erschien tat- und tätergerecht. Angesichts der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten ist auch anzunehmen, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe in Verbindung mit der schon vom

Erstgericht - unangefochten - angeordneten Bewährungshilfe (deren Aufrechterhaltung auch im Lichte der Strafneubemessung geboten erscheint) genügen werde, um den Angeklagten vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 43 Abs. 1 StGB).

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte waren sonach mit ihren Berufungen auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die im Ersturteil ausgesprochene, unbekämpft gebliebene Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg wird durch diese Entscheidung nicht berührt.

Der Kostenausspruch fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E22271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00113.9.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19901121_OGH0002_0130OS00113_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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