TE OGH 1990/11/21 13Os106/90

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Veröffentlicht am 21.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz R*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29.März 1990, GZ 1 b Vr 1173/90-13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Simoni zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Franz R*** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteiles weiterhin zur Last liegende Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB nach dem § 129 StGB zu 9 (neun) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB wird ein 6 (sechs) Monate betragender Teil der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die vom Angeklagten am 14.Jänner 1990 von 0,25 Uhr bis 10,25 Uhr erlittene Vorhaft wird gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Oktober 1961 geborene Franz R*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wovon ein Strafteil von vier Monaten gemäß dem § 43 a Abs. 2 (richtig: Abs. 3) StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde; gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wurde die vom Angeklagten am 14.Jänner 1990 von 0,25 Uhr bis 10,25 Uhr erlittene Vorhaft "in die ausgemessene Freiheitsstrafe eingerechnet" (gemeint: auf diese Strafe angerechnet); weiters wurde in den Spruch der Urteilsausfertigung - (nur) insoweit auch der Bestimmung des § 494 StPO zuwider - eine inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls (AS 69/70) hingegen (ohnedies) in Form eines gesonderten Beschlusses verkündete Weisung aufgenommen.

Nur den Strafausspruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend macht die Beschwerdeführerin geltend, daß die (insoweit zwingende) Norm des § 43 a Abs. 3 StGB die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe nur bei einem Strafmaß von mehr als sechs Monaten (aber nicht mehr als zwei Jahren) vorsieht. Der diesbezüglich eindeutige und unmißverständliche Wortlaut dieser durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 neu geschaffenen Bestimmung entspricht der in den Gesetzesmaterialien (Ausschußbericht 359 d.Blg. NR 17. GP S 10 Pkt V.) niedergelegten Absicht des Gesetzgebers, wonach mit dem Ausschluß der bedingten Nachsicht eines Freiheitsstrafteils bis zu sechs Monaten unter anderem eine rechtspolitisch unerwünschte "Konkurrenzierung der Regelung des § 37 StGB" - welche die Verhängung von Geldstrafen an Stelle von Freiheitsstrafen bis zu eben diesem Ausmaß vorsieht - vermieden werden sollte. Dementsprechend darf weder nach dem Abs. 3 des § 43 a StGB noch nach einer anderen Norm eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten teilweise bedingt nachgesehen werden (EvBl 1989/43, 12 Os 27/90, 14 Os 100/90 ua). Demnach hat das Schöffengericht durch den bekämpften Ausspruch seine gesetzliche Strafbefugnis - zugunsten des Angeklagten (vgl abermals 14 Os 100/90) - überschritten; die dem Urteil somit anhaftende Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 11, erster Fall, StPO) gebietet - nach Lage des Falles schon wegen der dargelegten rechtlichen Interdependenz von Strafmaß und teilweiser bedingter Strafnachsicht - die Aufhebung des gesamten Strafausspruches (vgl Mayerhofer-Rieder2 § 289 StPO EGr 16; EvBl 1989/16). Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben, das angfochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, in seinem Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen.

Bei der darnach erforderlichen Strafneubemessung waren als erschwerend die insgesamt sechs einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten wegen Vermögensdelikten, welche sogar die Voraussetzungen für eine Strafschärfung bei Rückfall nach dem § 39 StGB erfüllen, als mildernd hingegen das in der Hauptverhandlung abgelegte reumütige Geständnis und der Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, zu berücksichtigen. In Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und unter Beachtung des geringen Erfolgs- und nicht allzu hohen Handlungsunwerts, wobei auch die als Tatmotiv bezeichnete Automaten-Spielleidenschaft des Angeklagten, der seit seiner Geburt an Taubstummheit leidet, wegen dieses Körpergebrechens nicht allzu schwer ins Gewicht fällt, erschien dem Obersten Gerichtshof eine noch nahe der Untergrenze des sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe androhenden, bei Anwendung des § 39 StGB bis siebeneinhalb Jahre überschreitbaren Strafrahmens des § 129 StGB gelegene Freiheitsstrafe tat- und täterschuldadäquat. Im Hinblick auf die früheren Verurteilungen des Angeklagten kam zwar weder eine bedingte Nachsicht der ganzen Strafe nach dem § 43 StGB noch ein Vergehen nach dem § 43 a Abs. 2 StGB in Betracht, doch erscheint angesichts der nunmehr ausgemessenen Strafe bei dem schuldeinsichtigen und besserungswilligen Angeklagten die bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe nach dem § 43 a Abs. 3 StGB gerechtfertigt.

Im Zuge der Strafneubemessung war auch die nur sprachlich mißverständlich gefaßte, inhaltlich der Aktenlage entsprechende Vorhaftanrechnung zu sanieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Der dem Angeklagten erteilten Weisung wurde infolge der abermaligen Gewährung teilbedingter Strafnachsicht die Grundlage nicht entzogen; ihre Mitaufhebung war demnach nicht erforderlich.

Anmerkung

E22536

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00106.9.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19901121_OGH0002_0130OS00106_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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