Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gottfried M*** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7.August 1990, GZ 5 Vr 1276/90-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der Kraftfahrer Gottfried M*** wurde (zu I) des Verbrechens
der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB, (zu II) des Vergehens
der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB und (zu III) des Vergehens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB gemäß dem § 201 Abs 2 StGB zu einer, teilweise bedingt nachgesehenen, Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach dem Schuldspruch hat Gottfried M*** am 5.Mai 1990 seine ehemalige Lebensgefährtin Rosemarie P*** durch Schläge, Freiheitsentzug und durch die Androhung weiterer Schläge zum Beischlaf genötigt (I), durch gewaltsames Einschließen im Badezimmer von einem vereinbarten Treffen mit ihrem Freund und einem Besuch der Grazer Messe abgehalten (II) und vom 6. bis 7.Mai 1990 durch Einsperren in ihrer Wohnung und Festhalten in seinem Auto der Freiheit beraubt (III).
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch hat der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde, nominell gestützt auf den § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO, erhoben.
Die Beschwerdebehauptung, auf Grund der früheren Lebensgemeinschaft mit Rosemarie P*** habe der Angeklagte ihre Äußerung unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr "tu was du nicht lassen kannst", ausdrücklich als Zustimmung zu seinem Vorhaben verstanden, negiert die einwandfreien gegenteiligen Konstatierungen (US 4 f).
Soweit der Angeklagte den bei Ausführung der Vergewaltigung dem Tatopfer versetzten Schlag der Bestimmung des § 83 StGB unterstellt sehen will, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu seinen Gunsten ausgeführt (§ 282 StPO). Denn angesichts der im Urteil festgestellten weiteren Tathandlungen (Freiheitsentzug und Drohungen) würde damit der begehrte Schuldspruch nach dem § 83 StGB neben den aufrecht bleibenden wegen Vergewaltigung treten. Daß dies zudem rechtsirrig wäre (siehe SSt. 46/66), sei nur am Rande erwähnt. Sollte aber der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen eine Subsumtion seines Verhaltens unter den § 83 StGB anstelle des § 201 Abs 2 StGB anstreben, ist ihm zu entgegnen, daß er nicht vom gesamten Urteilssachverhalt, insbesondere dem durch weitere Tathandlungen vorsätzlich abgenötigten Beischlaf ausgeht. Die weitere Argumentation des Beschwerdeführers, die von ihm begangene und auch eingestandene Nötigung (II) sei durch die dabei gesetzte Freiheitsentziehung konsumiert und könne außerdem nicht als Nötigung verstanden werden, weil durch das Einschließen des Opfers dessen Wille bzw. seine Betätigung (zum Besuch der Messe und des Freundes) nicht gebeugt, sondern ausgeschaltet worden sei, geht abermals nicht von den getroffenen Urteilsfeststellungen aus und würde im Ergebnis dem Angeklagten zum Nachteil gereichen. Denn angesichts der Urteilsfeststellungen, denen zufolge das den Messe- und Freundesbesuch hindernde Einschließen der Rosemarie P*** im Badezimmer allein schon durch die zeitlich folgende Vergewaltigung von dem auf Grund gesonderten Willensentschlusses verwirklichten Freiheitsentzug durch Festhalten in der Wohnung und im Auto real getrennt war (was in der Beschwerde übergangen wird), würde die geforderte rechtliche Beurteilung des dem § 105 Abs 1 StGB unterstellten Verhaltens als (weiteres) Vergehen der Freiheitsentziehung wegen der höheren Strafdrohung des § 99 Abs 1 StGB den Angeklagten strafrechtlich schlechter stellen. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach, weil teils nicht von den Urteilsfeststellungen ausgehend, und teils nicht zum Vorteil des Angeklagten erhoben, als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt. Sie war daher nach dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Damit ist das Oberlandesgericht Graz zur Erledigung der beiderseitigen Berufungen zuständig.
Anmerkung
E22279European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00127.9.1121.000Dokumentnummer
JJT_19901121_OGH0002_0130OS00127_9000000_000