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L94404 Krankenanstalt Spital Oberösterreich;Norm
KAG OÖ 1997 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Jänner 2003, Zl. SanRL-53033/29-2002-Gut, betreffend Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium (mitbeteiligte Partei: Dr. G, vertreten durch Dr. Eckhard Pitzl und Dr. Gerhard W. Huber, Rechtsanwälte in 4040 Linz, Rudolfstraße 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Anträge der Beschwerdeführerin und des Mitbeteiligten auf Zuerkennung von Kostenersatz werden abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur Errichtung eines Institutes für bildgebende Diagnostik mit Computertomographie- und Osteoporoseeinrichtung in Vöcklabruck unter Auflagen nach den §§ 4 und 5 des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997 (im Folgenden kurz: Oö. KAG 1997) erteilt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Errichtung einer Krankenanstalt (hier: in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums gemäß § 2 Z. 7 Oö. KAG 1997) gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. eine Bewilligung der Landesregierung erfordere, die gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Oö. KAG 1997 zu erteilen sei, wenn (u.a.) ein Bedarf nach dieser Krankenanstalt gegeben sei. Im Bewilligungsverfahren hätten die Sozialversicherungsträger, darunter die Beschwerdeführerin, im Rahmen ihrer Parteistellung die Auffassung vertreten, dass es im vorliegenden Fall an einem solchen Bedarf fehle, weil Patienten schon bislang mit keinen langen Wartezeiten bei den in Rede stehenden Untersuchungen zu rechnen hätten. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme den Rechtsstandpunkt vertreten, dass bei der Klärung des Bedarfs auch das bestehende Angebot von Krankenhausambulanzen zu berücksichtigen sei. Ihres Erachtens sei daher auch das Leistungsangebot des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Vöcklabruck zu berücksichtigen, wo akut notwendige Untersuchungen mittels Computertomographie sofort durchgeführt würden und die Wartezeit in sonstigen Fällen eine Woche bis maximal 10 Tage betrage, sodass ein Bedarf an einer weiteren diesbezüglichen Einrichtung fehle. Ähnliches gelte nach Ansicht der Beschwerdeführerin auch für die beantragte Osteoporose-Knochendichtemessung, weil Leistungen dieser Art einerseits bereits vom Mitbeteiligten (im Rahmen seiner Ordination als Vertragsfacharzt für Radiologie) und andererseits von drei weiteren Fachärzten in den angrenzenden Bezirken Gmunden und Wels-Stadt erbracht würden.
Dem gegenüber, so die belangte Behörde weiter, habe der Sanitätsrat für Oberösterreich in seinem Beschluss vom 12. November 2002 das gegenständliche Ansuchen befürwortet und dabei zu Grunde gelegt, dass es "im Raum Vöcklabruck" nur eine Computertomographieeinrichtung (im öffentlichen Krankenhaus Vöcklabruck) gebe und dass es dort zu "teilweise unerträglichen Wartezeiten" komme.
Die belangte Behörde habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eigene Erhebungen über die Untersuchungsfrequenzen und die durchschnittlichen Wartezeiten für das in Rede stehende Leistungsangebot "in den bestehenden Ambulatorien mit Kassenverträgen in Linz, Wels und Ried im Innkreis" durchgeführt. Die befragten Institute hätten die Wartezeiten "mit maximal ein bis zwei Tagen angegeben". Auf Grund der Angaben dieser Institute zur Patientenfrequenz müsse aber "von einer hohen Steigerung der Patientenzahl aus dem Einzugsgebiet von Vöcklabruck ausgegangen werden".
In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, dass bei der Prüfung des Bedarfs bezüglich eines selbständigen Ambulatoriums die Kapazitäten von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten nicht zu berücksichtigen seien, sodass im konkreten Fall das ambulante Leistungsangebot des öffentlichen Krankenhauses Vöcklabruck außer Betracht zu bleiben habe. Daran ändere auch ein von der Beschwerdeführerin zitiertes Urteil des Obersten Gerichtshofes nichts. Im Fall des Mitbeteiligten sei der Bedarf am beantragten Ambulatorium nach Ansicht der belangten Behörde "durch das Ermittlungsverfahren nachgewiesen", weil die gemeldeten Patientenzahlen "(teilweise erhebliche) Frequenzsteigerungen in den Instituten" zeigten. Überdies liege, so die belangte Behörde weiter, abgesehen von sofort untersuchten Akutfällen, "die durchschnittliche Wartezeit im Krankenhaus Vöcklabruck für eine CT-Untersuchung bei einer Woche bis 10 Tage". In diesem Zusammenhang gehe auch der Sanitätsrat, wie erwähnt, von "unerträglich langen Wartezeiten" und daraus resultierenden Diagnoseverzögerungen aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, zu der sowohl der Mitbeteiligte als auch die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet haben. Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö. KAG 1997, LGBl. Nr. 132/1997 in der Fassung LBGl. Nr. 112/2002, lauten:
"§ 2
Einteilung
Krankenanstalten im Sinn des § 1 Abs. 1 und 2 sind:
1. Allgemeine Krankenanstalten, das sind Krankenanstalten für Personen ohne Unterschied des Geschlechtes, des Alters oder der Art der ärztlichen Betreuung (§ 1 Abs. 1 und 2);
...
7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige Unterbringung zur Durchführung ambulanter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist.
§ 4
Errichtungsbewilligung
(1) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf einer Bewilligung der Landesregierung.
...
(4) Hinsichtlich des nach § 5 Abs. 1 Z. 1 zu prüfenden Bedarfes haben Parteistellung im Sinn des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG:
1. ...
2. die betroffenen Sozialversicherungsträger;
3. ...
§ 5
Bewilligungsvoraussetzungen
(1) Die Errichtungsbewilligung ist, soweit im Abs. 4 nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn
1. ein Bedarf im Sinn des Abs. 2 gegeben ist,
...
(2) Der Bedarf nach einer Krankenanstalt mit dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot ist unter Beachtung der Höchstzahl der systemisierten Betten nach dem Oö. Krankenanstaltenplan (§ 39 Abs. 4) im Hinblick auf das in angemessener Entfernung bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, zu beurteilen. ...
§ 50
Ambulante Untersuchungen und Behandlungen
(1) In öffentlichen Krankenanstalten der im § 2 Z. 1 und 2 bezeichneten Art sind Personen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen, ambulant zu untersuchen oder zu behandeln, wenn es
1.
zur Leistung erster ärztlicher Hilfe oder
2.
zur Behandlung nach erster ärztlicher Hilfe oder in Fortsetzung einer in der Krankenanstalt erfolgten Pflege, die im Interesse des Behandelten in derselben Krankenanstalt durchgeführt werden muss, oder
3. über ärztliche Zuweisung zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, oder
4. über ärztliche Zuweisung zur Befunderhebung vor Aufnahme in die Anstaltspflege oder
5. im Zusammenhang mit Organ- oder Blutspenden oder
6. zur Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln oder Medizinprodukten oder
7. für Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin notwendig ist.
(2) Ferner steht den im Abs. 1 genannten Krankenanstalten das Recht zu, Vorsorgeuntersuchungen ambulant durchzuführen. Die Aufnahme dieser Tätigkeit ist der Landesregierung anzuzeigen.
(3) ..."
Gemäß § 4 Abs. 4 Oö. KAG 1997 ist die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Bedarf nach dem beantragten selbständigen Ambulatorium des Mitbeteiligten bestritten wird, zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bedarf dann als gegeben anzusehen, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. März 1998, Zl. 96/11/0090, vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0280, vom 29. September 1999, Zl. 99/11/0270, und vom 26. Juli 2005, Zl. 99/11/0236, jeweils mwN).
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung (darunter die bereits zitierten Erkenntnisse) die Auffassung vertreten, dass die medizinische Betreuung in Anstaltsambulatorien gegenüber der so genannten extramuralen medizinischen Versorgung der Bevölkerung subsidiären Charakter hat, weil der Grundsatzgesetzgeber in § 26 Abs. 1 Z. 3 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (im Folgenden kurz: KAG) und die Landesgesetzgeber in den entsprechenden Ausführungsgesetzen (vgl. für den gegenständlichen Fall § 50 Abs. 1 Z. 3 Oö. KAG 1997) normiert haben, dass in öffentlichen Krankenanstalten Personen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen, ambulant zu untersuchen oder zu behandeln sind, wenn es zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, notwendig ist. Aus dem subsidiären Charakter der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulanzen folgt nach dieser Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung des Bedarfes nach medizinischen Leistungen im nicht stationären Bereich privater erwerbswirtschaftlich geführter Ambulatorien die Kapazitäten von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten nicht herangezogen werden dürfen, um einen Bedarf zu verneinen. In Ansehung nicht stationär zu behandelnder Personen haben bei der Beurteilung des Bedarfs die öffentlichen Krankenanstalten hinter anderen diese Behandlung durchführenden Institutionen zurückzustehen (vgl. etwa auch die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1999, Zl. 99/11/0053, und vom 25. November 2003, Zl. 2002/11/0054, sowie die dort zitierte Vorjudikatur).
Das Hauptgewicht der vorliegenden Beschwerde richtet sich gegen die Richtigkeit dieser auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsprechung. Diese messe dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 nicht ausreichend Bedeutung zu, wonach der Bedarf bei der Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums "auch" im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu beurteilen sei. Der Gesetzgeber habe daher die Berücksichtigung des in § 5 Abs. 2 leg. cit. gleichfalls genannten Versorgungsangebotes öffentlicher Krankenanstalten bei der Bedarfsprüfung selbständiger Ambulatorien nicht ausgeschlossen.
Es trifft zu, dass bei bloßer Betrachtung des Gesetzeswortlautes das genannte Verständnis der Beschwerdeführerin bezüglich des normativen Inhaltes des § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 vertretbar ist. Wie dargestellt berücksichtigt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Auslegung der letztgenannten Bestimmung (bzw. inhaltsgleicher Bestimmungen anderer Ausführungsgesetze zum Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten) aber auch ihren systematischen Zusammenhang mit § 50 Abs. 1 Oö. KAG 1997 und den dahinter stehenden Gesetzeszweck. Dem Beschwerdevorbringen ist daher zu entgegnen, dass die (im Folgenden zu behandelnde) Aufrechterhaltung des vom Gesetzgeber gewollten (nur) subsidiären Charakters der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien konsequenter Weise die teleologische Reduktion des nach dem Gesetzeswortlaut bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigenden Leistungsangebotes nach sich zieht und somit die Ausblendung des Leistungsangebotes von Anstaltsambulanzen bei der Bedarfsprüfung von selbständigen Ambulatorien.
Gegen die Ansicht, der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien komme bloß subsidiärer Charakter zu, führt die Beschwerdeführerin das auf Literatur (Grillberger, Zum Konkurrenzschutz gegen ambulante Behandlungen im Krankenhaus, WBl 1999, 146 ff) Bezug nehmende Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 1. Juni 1999, 4 Ob 148/99i, ins Treffen. Dort habe der Oberste Gerichtshof die Bestimmung des § 26 KAG über das Leistungsangebot von Ambulanzen öffentlicher Krankenanstalten nicht als abschließende Regelung angesehen und daher einen Unterlassungsanspruch niedergelassener Ärzte wegen Überschreitung dieses Leistungsangebotes durch Krankenhausambulanzen verneint. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei daraus abzuleiten, dass die ambulante Versorgung durch öffentliche Krankenanstalten nicht bloß, wie der Verwaltungsgerichtshof annehme, subsidiären Charakter habe, sondern dass das bestehende Leistungsangebot öffentlicher Krankenanstalten gleich jenem von privaten Krankenhausunternehmern bei der Prüfung des Bedarfes von neu in den Markt drängenden Anbietern zu berücksichtigen sei. Auch die Investitionen von öffentlichen Krankenanstalten seien daher im Rahmen der Bedarfsprüfung neuer Anbieter vor Konkurrenzierung geschützt.
Mit dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin schon den unterschiedlichen Beurteilungsgegenstand des zitierten Urteils vom 1. Juni 1999 (Unterlassungsanspruch niedergelassener Ärzte) und des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens (Prüfung des Bedarfs einer Krankenanstalt im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens). Diese Abgrenzung hat auch der Oberste Gerichtshof im genannten Urteil betont und ausgeführt, dass sich die in seinem Verfahren klagsweise eingewendete Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit den Kriterien einer Bedarfsprüfung bei der Bewilligung selbständiger Ambulanzen beschäftige, jedoch zur Frage des Verbotscharakters des § 26 KAG oder gleich lautender Landesgesetze nicht Stellung nehme.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich vielmehr durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in seiner Auffassung bestätigt, dass der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulanzen nur subsidiärer Charakter zukommt und dass daher bei der Beurteilung des Bedarfs nach medizinischen Leistungen im nicht stationären Bereich die Kapazitäten von Ambulanzen öffentlicher Krankenanstalten nicht zu berücksichtigen sind:
Einerseits hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. März 1999, G 64/98 u.a., VfSlg. 15.456, in dem er verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 nicht (mehr) erblickt hat, die krankenanstaltenrechtliche Bedarfsprüfung als Ergänzung des vom Gesetzgeber vorgezeichneten Systems der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen, "welches die Leistungserbringung vorrangig durch niedergelassene Kassenärzte und nicht durch ein institutionelles System mit überwiegend in Dienstverhältnissen beschäftigten Ärzten gesichert sehen will".
Andererseits hat der Verfassungsgerichtshof - wie sich insbesondere aus nachstehendem Zitat ergibt - in seinem Erkenntnis vom 10. März 1999, B 817/97, VfSlg. 15.449, zweifellos den subsidiären Charakter der Leistungen von Anstaltsambulanzen bestätigt. Gleichzeitig hat er diese Rechtsfrage, wenn er die ambulanten Leistungen von öffentlichen Krankenanstalten nach § 32 O.ö. KAG (seit der Wiederverlautbarungs- Kundmachung im Oö. Landesgesetzblatt Nr. 132/1997: § 50 Abs. 1 Oö. KAG 1997) anspricht, von der (vom Obersten Gerichtshof später beurteilten) Frage des Verbotes weiter gehender ambulanter Leistungen öffentlicher Krankenanstalten abgegrenzt:
"bb) Es kann auf sich beruhen, ob einer öffentlichen Krankenanstalt die ambulante Behandlung und Untersuchung über den Rahmen des § 32 O.ö. KAG hinaus erlaubt ist oder nicht: Da die ambulante Behandlung und Untersuchung jedenfalls nicht in erster Linie, sondern nur subsidiär, d.h. so weit und so lange eine anderweitige Bedarfsdeckung fehlt, zu ihren Aufgaben gehört, kann und soll die Möglichkeit der Bedarfsdeckung durch eine Krankenhausambulanz der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums nach dem Willen des Gesetzgebers nicht im Wege stehen. Der zur Behandlung in einem Krankenhausambulatorium in erster Linie vorgesehene Personenkreis stationär aufgenommener (oder aufgenommen gewesener bzw. aufzunehmender) Personen ist ganz offenkundig verschieden von dem ambulant zu untersuchenden und zu behandelnden Personenkreis, für den (u.a.) ein selbständiges Ambulatorium bestimmt ist."
Der vom Verwaltungsgerichtshof aus dem subsidiären Charakter der Leistungen von Anstaltsambulanzen abgeleiteten Auffassung, bei der Bedarfsprüfung von Krankenanstalten, die in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums geführt werden sollen, sei das Leistungsangebot von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten nicht zu berücksichtigen, hat sich der Verfassungsgerichtshof im letztzitierten Erkenntnis ausdrücklich angeschlossen.
Vor diesem Hintergrund besteht für den Verwaltungsgerichtshof, jedenfalls was die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Geltung gestandene Rechtslage betrifft, kein Anlass, von seiner eingangs dargestellten Rechtsprechung abzugehen. Ebenso wenig ist der Anregung der Beschwerdeführerin nachzugehen, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 zu stellen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist die belangte Behörde nach dem Gesagten daher - zunächst - zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bedarfsprüfung des gegenständlich beantragten selbständigen Ambulatoriums das Leistungsangebot öffentlicher Krankenanstalten unberücksichtigt zu bleiben habe. Damit im Widerspruch stehen allerdings ihre weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid, nach denen am gegenständlichen Ambulatorium des Mitbeteiligten (auch) deshalb ein Bedarf bestehe, weil "die durchschnittliche Wartezeit im Krankenhaus Vöcklabruck" für eine Computertomographieuntersuchung, abgesehen von Akutfällen, bei einer Woche bis 10 Tage liege (wobei die belangte Behörde diese Wartezeit entgegen der noch zu besprechenden Judikatur als "unerträglich lange" einzustufen scheint).
Zu prüfen ist daher, ob die weitere Begründung den angefochtenen Bescheid zu tragen im Stande ist. Dies wird von der Beschwerdeführerin bestritten, weil der angefochtene Bescheid keine Feststellungen über das bestehende medizinische Versorgungsangebot bei Computertomographie- und Knochendichteuntersuchungen enthalte und weil sich die belangte Behörde mit dem Einwand der Beschwerdeführerin, der Bedarf sei in diesem medizinischen Bereich bereits gedeckt, nicht auseinander gesetzt habe.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als wichtigster Indikator für die Beantwortung der Bedarfsfrage betreffend selbständige Ambulatorien die durchschnittliche Wartezeit anzusehen, die der Patient im Einzugsbereich in Kauf nehmen muss. Eine Wartezeit von etwa zwei Wochen in nicht dringenden Fällen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung für durchaus zumutbar gehalten und selbst bei einem Überschreiten dieses Richtwertes in einzelnen Fällen um einige Tage noch kein unzumutbares Versorgungsdefizit gesehen. Von einem Bedarf nach einem beabsichtigten Ambulatorium kann demnach dann nicht die Rede sein, wenn im Großen und Ganzen die Wartezeiten zwei Wochen nicht übersteigen und Akutpatienten noch am selben Tag behandelt werden. Dabei ist jedoch Voraussetzung für die Feststellung des Bedarfs, dass das Einzugsgebiet für das zu bewilligende Ambulatorium klar umrissen ist, wobei eine Bindung an Bezirks- und Landesgrenzen nicht gegeben ist (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis vom 16. November 2004, Zl. 2003/11/0210, mwN).
Im vorliegenden Fall hat es die belangte Behörde zunächst verabsäumt, das in Frage kommende Einzugsgebiet des Ambulatoriums der mitbeteiligten Partei festzustellen. Schon deshalb ist nicht nachvollziehbar, ob die Ermittlungsschritte der belangten Behörde bezüglich des bestehenden Leistungsangebotes und der dabei auftretenden Wartezeiten - zur Klärung dieser Fragen ersuchte die belangte Behörde sechs Anbieter von Computertomographieuntersuchungen und Knochendichtemessungen um Bekanntgabe u.a. der durchschnittlichen Wartezeiten - auch in räumlicher Hinsicht ausreichend waren. Bei der Dauer der Wartezeiten wäre im Übrigen im Hinblick auf das gegenständliche Leistungsangebot auch die durchschnittliche Wartezeit bis zur Befunderstellung zu berücksichtigen. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon spricht, ihre Erhebungen hätten Daten "in den bestehenden Ambulatorien" betroffen, so bleibt überdies offen, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis sich diese Ermittlungen auf das sonstige nach § 5 Abs. 2 Oö. KAG 1997 zu berücksichtigende Versorgungsangebot (wie insbesondere jenes von niedergelassenen Kassenärzten und kasseneigenen Einrichtungen) bezogen haben.
Jedenfalls aber hat die belangte Behörde den Bedarf nach dem selbständigen Ambulatorium des Mitbeteiligten - obwohl sie im angefochtenen Bescheid von durchschnittlichen Wartezeiten von maximal zwei Tagen ausging - letztlich deshalb bejaht, weil das Ermittlungsverfahren "(teilweise erhebliche) Frequenzsteigerungen" der Patienten bei den befragten Ärzten bzw. Instituten gezeigt habe. Damit hat sie jedoch auf ein unzutreffendes - weil für sich genommen nicht aussagekräftiges - Bedarfskriterium abgestellt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit vom Verwaltungsgerichtshof vorrangig wahrzunehmender inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Dies betrifft - auch wenn die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2005 ihr Beschwerdevorbringen gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof auf die "Bedenken bezüglich der Osteoporoseeinrichtung" eingeschränkt hat -
den gesamten angefochtenen Bescheid, weil der Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei als untrennbare Einheit anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1996, Zl. 94/11/0215).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin war gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen, weil in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG ein Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer nicht in Betracht kommt. Das Kostenersatzbegehren des Mitbeteiligten war gemäß § 47 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 3 VwGG abzuweisen, weil er nicht obsiegende Partei ist.
Wien, am 13. Dezember 2005
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003110055.X00Im RIS seit
08.01.2006