TE OGH 1990/11/22 7Ob31/90

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Veröffentlicht am 22.11.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Kematen, Industriestraße 5, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A***

E*** Versicherungs-AG, Landesstelle Tirol, Innsbruck, Sillgasse 12, vertreten durch Dr. Wolfgang R. Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 92.843 sA, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. Juli 1990, GZ 4 R 92/90-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. Jänner 1990, GZ 17 Cg 306/89-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

2.

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

              3.              Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Johann D*** war Eigentümer von Liegenschaften, die er samt den darauf befindlichen Gebäuden seit dem 11. September 1980 bei der beklagten Partei feuerversichert hatte. Die Versicherung wurde mit 3. Oktober 1986 storniert. Dem Versicherungsverhältnis lagen unter anderem die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB) zugrunde. Nach Art. 5 Abs 2 lit a dieser Bedingungen gilt als Ersatzwert bei Gebäuden der ortsübliche Bauwert unter Abzug eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere dem Alter und der Abnützung entsprechenden Betrages. Wenn das Gebäude nicht innerhalb drei Jahre, gerechnet vom Schadenstag, wieder aufgebaut wird, ist jedoch höchstens dessen Verkehrswert zu ersetzen.

Am 23. April 1986 ist an den versicherten Objekten ein Feuerschaden entstanden.

Am 25. August 1986 wurde über das Vermögen des Johann D*** der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde Dr. Hermann P*** bestellt. Auf Grund eines Antrages vom 4. Dezember 1986 wurde außerdem die Zwangsversteigerung der Liegenschaften bewilligt. Am 29. September 1987 richtete die beklagte Partei an den Masseverwalter ein Schreiben, indem es unter anderem heißt:

"Sie erhalten in der Anlage eine Abfindungserklärung über S 564.263. Sobald diese Erklärung und auch die Einverständniserklärung der Vinkulargläubiger vorliegt, werden wir den Erstentschädigungsbetrag in der Höhe von S 471.420 zur Auszahlung bringen. Auf den Differenzbetrag zur Gesamtentschädigung hat Herr D*** nur dann Anspruch, wenn er die Schäden am Gebäude bzw. an der Einrichtung innerhalb von 3 Jahren ab Schadenstag wieder instandsetzt." Der Masseverwalter unterfertigte die Abfindungserklärung am 2. November 1987 mit Genehmigung des Konkursgerichtes und Zustimmung des Gemeinschuldners.

Am 14. Dezember 1987 wurden die Liegenschaften der klagenden Partei, zu deren Gunsten ein Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 2 Mio einverleibt war, zugeschlagen. Nach dem Inhalt des Meistbotsverteilungsbeschlusses vom 11. Mai 1989 wurden die Forderungen der der klagenden Partei vorangehenden Gläubiger vollständig befriedigt. Der Meistbotsrest von S 1,187.232,29 wurde der klagenden Partei zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung in der Höhe von S 2,247.656,88 zugewiesen.

Mit Genehmigung des Konkursgerichtes vom 21. Mai 1989 trat der Masseverwalter "allfällige Ansprüche der Masse" gegenüber der beklagten Partei "aus dem Feuerschadenfall vom 23. April 1986, insbesondere den Anspruch auf Auszahlung der restlichen Versicherungssumme in der Höhe von S 92.843" an die klagende Partei ab.

Am 6. September 1989 wurde der Konkurs über das Vermögen des Johann D*** aufgehoben.

Die der klagenden Partei nach dem Inhalt des Verteilungsbeschlusses vorangegangenen Gläubiger haben ihre Zustimmung zur Auszahlung der restlichen Versicherungssumme an die klagende Partei erteilt. In einem Schreiben vom 29. November 1988 ersuchte der Vertreter der klagenden Partei die beklagte Partei um Bestätigung, daß nach erfolgter Schadensbehebung die restliche Versicherungssumme an die klagende Partei ausbezahlt werde. Die beklagte Partei lehnte den von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruch mit Schreiben vom 24. Jänner 1989 ab.

Mit der am 9. Juni 1989 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei die Zahlung von S 92.843 sA. Der von der beklagten Partei ausgezahlte Teilbetrag von S 471.420 sei im Zwangsversteigerungsverfahren dem Meistbot zugeschlagen und mit diesem in der bücherlichen Rangordnung den einzelnen Hypothekargläubigern zugewiesen worden. Die klagende Partei sei als Pfandgläubigerin nur mehr mit einem Teilbetrag zum Zug gekommen. Nach der Erteilung des Zuschlages habe die klagende Partei die Wiederinstandsetzung des durch den Feuerschaden beschädigten Objektes durchgeführt und daher Anspruch auf Auszahlung der restlichen Entschädigungssumme erworben. Realschuldner würden hiedurch nicht geschädigt. Nach der bücherlichen Rangordnung käme die restliche Entschädigungssumme ohnedies nur der klagenden Partei zugute. Der Masseverwalter habe überdies sämtliche Ansprüche aus dem Feuerschaden, die der Masse zustehen könnten, der klagenden Partei abgetreten.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Der Versicherungsvertrag mit Johann D*** habe eine Wiederaufbauklausel enthalten, wonach der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nur bei Sicherstellung ihrer Verwendung zur Wiederherstellung erwerbe. Nach dem Inhalt der Abfindungserklärung vom 2. November 1987 wäre ein Anspruch auf Auszahlung der Entschädigungssumme nur dann gegeben gewesen, wenn Johann D*** oder die Konkursmasse die Wiederherstellungsarbeiten veranlaßt hätte. Dies sei nicht der Fall.

Abgesehen davon habe die klagende Partei am Tage der Versteigerung keine Erklärung abgegeben, daß sie das Gebäude wieder aufbauen wolle. Die Abtretungserklärung des Masseverwalters vom 31. Mai 1989 führe zu keiner rechtswirksamen Übertragung des Entschädigungsanspruches, weil mit der Übertragung des Eigentumsrechtes die Versicherungsnehmereigenschaft des Veräußerers erlösche.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte zusätzlich zu dem eingangs dargestellten Sachverhalt fest, daß die klagende Partei den Wiederaufbau der Liegenschaften innerhalb der Dreijahresfrist durchgeführt habe. Nach den §§ 73 und 69 VersVG trete der Ersteher der versicherten Sache in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein. Er habe zwar keinen Anspruch auf bereits vor der Veräußerung entstandene Versicherungsforderungen; das Grundverhältnis und alle Rechte und Pflichten, die sich auf jene Ansprüche bezögen, die nach der Zuschlagserteilung entstünden, gingen jedoch auf ihn über. Nach der Formulierung der Wiederaufbauklausel komme es nur darauf an, daß überhaupt wiederaufgebaut werde, nicht jedoch darauf, wer aufbaue. Die Chance, die Differenz zur Gesamtentschädigung durch Sicherung oder Durchführung des Wiederaufbaues zu erlangen, sei als Bestandteil des Versicherungsvertrages automatisch an den Ersteher der Liegenschaft weitergegeben worden, ohne daß es eines eigenen Übertragungsaktes bedurft habe. Die klagende Partei habe diese Chance realisiert. Ein Verzicht des Johann D*** oder des Masseverwalters auf die Erlangung des Differenzbetrages sei nicht behauptet worden. Das Erfordernis einer Erklärung des Erstehers am Tag der Versteigerung, das Gebäude wiederaufbauen zu wollen, könne weder aus dem Gesetz, noch aus den Versicherungbedingungen abgeleitet werden.

Das Berufungsgericht hob diese Enscheidung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Das Erstgericht habe die Feststellung, daß die klagende Partei den Wiederaufbau innerhalb der Dreijahresfrist durchgeführt habe, ausschließlich darauf gestützt, daß diesbezüglich ein unbestrittenes Vorbringen vorliege. Dies sei unrichtig. Bei Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der beklagten Partei könne aus dem bloßen Schweigen zur Frage des Wiederaufbaues nicht ein schlüssiges gerichtliches Geständnis abgeleitet werden. Da das Erstgericht sohin zu Unrecht eine entscheidungswesentliche Tatsache als unbestritten angesehen habe, sei seine Entscheidung aufzuheben gewesen. Sollte allerdings die klagende Partei den Wiederaufbau tatsächlich im Sinne ihrer Behauptungen innerhalb von drei Jahren ab dem Schadenstag durchgeführt haben, sei der Klageanspruch berechtigt. Selbst wenn man annehme, daß der Anspruch auf die volle Entschädigung aus dem vor der Veräußerung eingetretenen Brandschadenfall, also auch der Anspruch auf die Differenz zwischen Zeitwert und Verkehrswert im Fall des Wiederaufbaues, unabhängig davon, wer den Wiederaufbau durchführte, beim Veräußerer verbleibe, wäre im vorliegenden Fall die klagende Partei zur Geltendmachung dieses Anspruches legitimiert, weil ihr dieser Anspruch vom Masseverwalter abgetreten worden sei und auch die Inhaber von Pfand- und Befriedigungsrechten der Auszahlung an die klagende Partei zugestimmt haben. Der Wiederaufbauklausel des Art 5 Abs 2 lit a AFB lasse sich nicht entnehmen, daß der Versicherungsnehmer selbst oder mit eigenen Mitteln den Wiederaufbau besorgen müsse; es komme nur darauf an, daß überhaupt aufgebaut werde. Gehe man davon aus, daß die sich aus der Wiederherstellungsklausel ergebende Obliegenheit mit dem Eigentumsübergang auf den Erwerber übergegangen sei, sei aber darüber hinaus damit auch die zunächst für den Versicherungsnehmer bestehende Chance, die Neuwertdifferenz durch Sicherung des Wiederaufbaues zu erlangen, als ein Bestandteil des Versicherungsvertrages an den Erwerber weitergegeben worden, ohne daß es dafür eines eigenen Übertragungsaktes bedürfe. Sichere deshalb der Erwerber den Wiederaufbau oder führe er diesen innerhalb der vertragsmäßigen Frist durch, realisiere er diese Chance und erwerbe damit den Anspruch auf Restentschädigung. Dies gelte auch im Fall einer Veräußerung der Liegenschaft im Wege der Zwangsversteigerung, wenn der Wiederaufbau vor der Versteigerung noch nicht habe gesichert werden können. Daß die Abtretung des Anspruches auf die Restentschädigung vom 31. Mai 1989 erst lange nach dem Zuschlag erfolgt sei, schade auch dann nicht, wenn man eine derartige Abtretung als erforderlich ansehe. Wäre nämlich die Chance auf Erwerb der Restentschädigung nicht automatisch mit der Veräußerung auf den Erwerber übergegangen, wäre sie beim früheren Versicherungsnehmer verblieben und es wäre für diesen der Anspruch auf Restentschädigung durch den Wiederaufbau - unabhängig davon, wer diesen tatsächlich durchgeführt habe - entstanden, so daß er ihn auch habe abtreten können. Aus der Äußerung des Masseverwalters im März 1987, es werde voraussichtlich nicht wieder aufgebaut werden, könne noch kein eindeutiger Verzicht abgeleitet werden. Eine "Wiederaufbauerklärung" im Rahmen des Versteigerungsverfahrens sei nicht erforderlich. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen gewesen, weil zur Frage des Anspruches des Erwerbers einer versicherten Sache auf die Restentschädigung auf Grund einer Wiederherstellungsklausel zwar Literatur, soweit ersichtlich jedoch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Beide Parteien bekämpfen den Beschluß der zweiten Instanz mit Rekurs.

Rechtliche Beurteilung

Nur dem Rekurs der klagenden Partei kommt Berechtigung zu.

1.) Zum Rekurs der beklagten Partei:

Vom Vorliegen der von der beklagten Partei geltend gemachten Aktenwidrigkeit kann keine Rede sein (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528 a ZPO).

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Klageanspruch sei berechtigt, sollte die klagende Partei das durch Brand geschädigte Gebäude innerhalb von drei Jahren ab dem Schadenstag wieder aufgebaut haben, entspricht auch der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes.

Dem Wortlaut des Art 5 Abs 2 lit a AFB (".... wenn das Gebäude nicht

innerhalb dreier Jahre .... wiederaufgebaut wird ....") kann nicht

entnommen werden, daß der Versicherungsnehmer selbst oder mit eigenen Mitteln den Wiederaufbau besorgen muß; es kommt nur darauf an, daß überhaupt wiederaufgebaut wird (Palten in VR 1988, 17;

Wussow, Feuerversicherung2, 294; Prölss-Martin, VersVG24 550;

1 Ob 437/33; iglS Heller-Berger-Stix 1248; vgl. auch Martin, Sachversicherungsrecht2, 1132).

Die Frage, ob im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung die bestimmungsgemäße Verwendung der Versicherungssumme für den Wiederaufbau schon gesichert ist, ist ohne Bedeutung: Diese Sicherung ist nämlich nicht Bedingung für die Wirksamkeit der Wiederherstellungsklausel in dem Sinn, daß die Wiederherstellungsklausel hinfällig wird, wenn die Wiederverwendung der Schadensvergütung im Versteigerungstermin noch nicht gesichert ist. Sie ist vielmehr nur Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruches des Versicherten auf die Auszahlung der Versicherungssumme (SZ 10/371; § 97 VersVG). Beruft sich die beklagte Partei zu ihrer gegenteiligen Ansicht auf die bei Grubmann, VersVG2, unter E. 4 zu § 98 zitierte Entscheidung "OLG oD, 5 R 484/28", veröffentlicht in Vö (Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Finanzen, betreffend Vertragsversicherung) 1928/80, erliegt sie einem Mißverständnis. Denn nicht die Erklärung des Erwerbers, das Gebäude wieder aufbauen zu wollen, sollte nach der in dieser Entscheidung vertretenen Ansicht "am Tage der Versteigerung" abgegeben werden, wie die beklagte Partei vermeint, sondern der Versicherungsfall war in jenem Verfahren am Tag der Versteigerung eingetreten. Unter dieser Voraussetzung aber hat nach der genannten Entscheidung der Erwerber auf Grund der Versicherung des Vorbesitzers Anspruch auf die Wiederaufbauentschädigung (unter der Voraussetzung der Sicherstellung des Wiederaufbaues). Die genannte Entscheidung behandelt daher einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Chance, die Neuwertdifferenz durch Sicherung des Wiederaufbaues (oder dessen Durchführung) zu erlangen, einen Bestandteil des Versicherungsvertrages bildet (Palten aaO). Schließt sich aber auch der Oberste Gerichtshof der von den Vorinstanzen vertretenen Meinung an, daß die Chance auf den Erwerb des Rechtsanspruches als Teil des Vertrages "automatisch" an den Erwerber weitergegeben wird, ohne daß es eines eigenen Übertragungsaktes bedarf (Palten aaO, Wussow aaO), hat dies doch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites keine weitere Bedeutung. Der von Johann D*** abgeschlossene Versicherungsvertrag wurde, wie feststeht, am 23. Oktober 1986 storniert. Die klagende Partei kann daher nicht nach den §§ 73, 69 VersVG in das Versicherungsverhältnis eingetreten sein. Das ändert freilich - den Wiederaufbau des Gebäudes vorausgesetzt - mit Rücksicht auf die Abtretungserklärung des Masseverwalters nichts an der Anspruchsberechtigung der klagenden Partei. Ist der Versicherungsvertrag zufolge seiner Stornierung nicht auf die klagende Partei übergegangen, sind die Ansprüche auf Entschädigung aus dem vor der Stornierung eingetretenen Versicherungsfall bei Johann D*** (bzw. beim Masseverwalter im Konkurs über sein Vermögen) verblieben. Dieser konnte sie jederzeit (gemäß § 98 VersVG auch schon vor der Wiederherstellung des Gebäudes) an die klagende Partei als den Erwerber der Liegenschaft abtreten (vgl. auch Prölss/Martin aaO 487).

2.) Zum Rekurs der klagenden Partei:

Nicht mit Erfolg vermag sich allerdings die klagende Partei gegen die Annahme des Berufungsgerichtes zu wenden, es liege hinsichtlich der Frage, ob das beschädigte Gebäude wieder aufgebaut worden sei, keine von der beklagten Partei als zugestanden anzusehende Tatsache vor. Denn die Beurteilung, ob tatsächliche Behauptungen einer Partei mangels eines ausdrücklichen Geständnisses des Gegners (§ 266 ZPO) als zugestanden anzusehen sind (§ 267 ZPO), sind ein Akt der Beweiswürdigung, der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (4 Ob 592/82 ua). Mit Recht aber rügt die klagende Partei es als einen Mangel des Berufungsverfahrens, daß die zweite Instanz die von ihr als erforderlich angesehene Verfahrensergänzung nicht selbst vorgenommen hat. Nach § 496 Abs 3

ZPO hat das Berufungsgericht die Verpflichtung, die Erneuerung oder Ergänzung des Verfahrens selbst vorzunehmen und selbst in der Sache zu erkennen, außer es würde das ergänzende Verfahren vor dem Berufungsgericht im Vergleich zu einem erstgerichtlichen Ergänzungsverfahren einen erheblichen Mehraufwand an Kosten oder eine Verfahrensverzögerung bewirken (Fasching Lehrbuch2 Rz 1817, EvBl 1985/129). Die in der von der zweiten Instanz zitierten Entscheidung JBl 1987, 189, angestellten Erwägungen darüber, unter welchen Voraussetzungen das Berufungsgericht die in erster Instanz gepflogene Verhandlung nicht selbst zu ergänzen hat, treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Wie in der angefochtenen Entscheidung selbst hervorgehoben wird, wird der Beweis des fristgerechten Wiederaufbaues durch die klagende Partei - sollte nicht eine Außerstreitstellung erfolgen - oder der Beweis des Gegenteils durch die beklagte Partei ohne Schwierigkeiten zu erbringen sein. Die zweite Instanz wird deshalb die von ihm als erforderlich angesehene Verfahrensergänzung selbst vorzunehmen haben. Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

Anmerkung

E22459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00031.9.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19901122_OGH0002_0070OB00031_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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