Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Paul P***, geboren am 25.März 1974, vertreten durch seine Mutter Gertraude P***, Haushalt, Schweizertalstraße 8-10/1/2, 1130 Wien, diese vertreten durch Dr.Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 15.Juni 1990, GZ 47 R 387/90-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 5.März 1990, GZ 2 P 162/88-27, teilweise bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß auf die darin dargelegte Unterhaltverpflichtung des Vaters als Naturalunterhalt der Betrag von S 9.428,20 (für Gas und Strom, Rundfunkgebühren und Klaviermiete), nicht hingegen ein Betrag von S 12.679,43 (für Wohnungsmiete) angerechnet wird.
Text
Begründung:
Der Minderjährige ist der eheliche Sohn der Gertraude und des Friedrich P***. Seine Eltern leben in aufrechter Ehe, jedoch seit 6.9.1988 getrennt. Der Minderjährige ist Schüler und lebt bei der in der Ehewohnung verbliebenen Mutter.
Der Minderjährige begehrte mit der Behauptung, der Vater erziele ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von rund S 50.000, ab 11.11.1988 monatlichen Unterhalt von S 8.500. Der Vater beantragte Abweisung des Unterhaltsantrages und behauptete, er erziele ein der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legendes monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 33.550 und habe mit einem monatlichen Geldbetrag von S 4.000 sowie durch die mit rund S 1.750 zu bewertenden Naturalleistungen (anteilig für Mietzins, Energiekosten, Rundfunkgebühr und Klaviermiete) ausreichende Unterhaltsleistungen erbracht. Das Erstgericht setzte zunächst die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1.12.1989 mit S 6.400 fest und behielt die Entscheidung über den darüber hinausgehenden Unterhaltsantrag des Minderjährigen vor (Beschluß ON 21 vom 22.11.1989, der unangefochten in Rechtskraft erwuchs). Mit dem Beschluß vom 5.3.1990 (ON 27) verpflichtete es den Vater für die Zeit ab 11.11.1988 bis 30.11.1989 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 6.400, rechnete aber - neben hier nicht interessierenden Zahlungen in Geld - Naturalleistungen des Vaters im Ausmaß von S 22.107,63 (durch Abzug von der ermittelten Unterhaltssumme) an. Die Entscheidung über den darüber hinausgehenden Unterhaltsantrag des Minderjährigen behielt es erneut vor.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte mit dem angefochtenen Beschluß ua den die Naturalleistungen betreffenden Anrechnungsausspruch und erklärte zu dieser Frage den ordentlichen Revisionsrekurs für unzulässig. Obwohl dem Rekurs des Minderjährigen dahin zu folgen sei, daß bei bestehendem Geldunterhaltsanspruch des Kindes Naturalleistungen des Unterhaltspflichtigen nur mehr mit Zustimmung des erziehungsberechtigten Elternteiles angerechnet werden können, müßten bei der Schaffung des (ersten) Geldunterhaltstitels auch die Leistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige in der Vergangenheit in natura erbracht habe. Das Erstgericht habe daher zutreffend jeweils ein Drittel der vom Vater für die genannten Naturalleistungen ausgelegten Beträge auf den Geldunterhalt angerechnet. Nur wenn der Unterhaltspflichtige für sich selber derartige Kosten aufzuwenden habe, seien diese nach ständiger Rechtsprechung von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht abzuziehen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete ao Revisionsrekurs des Minderjährigen ist - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes - zulässig, weil das Rekursgericht mit seiner Entscheidung über die Anrechnung von Naturalleistungen des Unterhaltspflichtigen für die vom Minderjährigen mitbenützte Ehewohnung von veröffentlichter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage (EFSlg 53.126, 40.128), abgewichen ist; er ist insoweit auch berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof in den genannten Entscheidungen ausgesprochen hat, betreffen Leistungen eines Ehegatten für die Ehewohnung ausschließlich das familienrechtliche Verhältnis zwischen ihm und dem anderen Ehegatten, von welchem das Kind das Mitbenützungsrecht der Wohnung ableitet. Solche Leistungen stellen jedenfalls keine Naturalunterhaltsleistungen an das Kind dar (zuletzt auch 1 Ob 633/90 vom 24.10.1990). Der von den Vorinstanzen mit S 12.679,43 ermittelte Anteil an den Kosten der Mietwohnung ist daher nicht anzurechnen.
Anrechenbar sind nur die Leistungen im Gesamtbetrag von S 9.428,20, (S 6.612 für Gas und Strom; Ausmaß von der Mutter im Unterhaltsprozeß gegen den Vater außer Streit gestellt, S 1.549,54 für Rundfunkgebühr und S 1.266,66 für Klaviermiete), weil nach der Aktenlage die Mutter diese Zahlungen des Vaters auch mit Wirkung für den Minderjährigen angenommen und diesen Leistungen damit zugestimmt hat. Bei der Festsetzung des ersten Geldunterhaltstitels sind diese vom Vater in Geld erbrachten Leistungen wie geleistete Geldunterhaltszahlungen abzugsfähig.
Daher ist wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
E22552European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00684.9.1128.000Dokumentnummer
JJT_19901128_OGH0002_0010OB00684_9000000_000