TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/13 2003/01/0184

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Veröffentlicht am 13.12.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde 1. des D,

2. des Y, 3. des M und 4. der E, alle in L und alle vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Eisengasse 21, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Februar 2003, Zl. Ia 370-1064/2001, betreffend amtswegige Wiederaufnahme, Widerruf der Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft und der Erstreckung derselben sowie Abweisung des Antrages auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und der Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer, ein 1963 in Avdan (Bezirk Konya) geborener türkischer Staatsangehöriger, beantragte am 7. August 2001 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie die Erstreckung derselben auf die minderjährigen Kinder Y, M und E (zweit-, dritt- und viertbeschwerdeführende Partei).

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. März 2002 wurde dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 20 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und seinen minderjährigen Kindern die Erstreckung derselben für den Fall zugesichert, dass innerhalb von zwei Jahren ab Rechtskraft dieses Bescheides das Ausscheiden aus dem Verband des bisherigen Heimatstaates nachgewiesen wird.

Am 27. Jänner 2003 wurde der Erstbeschwerdeführer von der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft niederschriftlich befragt. Er gab vor Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft folgende von ihm unterfertigte Erklärung ab:

"Ich erkläre, dass ich, abgesehen von den bereits zu Protokoll gegebenen Verurteilungen, weder durch ein inländisches Gericht noch von einem ausländischen Gericht verurteilt worden bin. Weiters habe ich in der Zwischenzeit weder eine gerichtlich strafbare noch eine verwaltungsstrafrechtliche Handlung gesetzt. Eine polizeiliche Untersuchung oder ein gerichtliches Strafverfahren ist gegen mich gegenwärtig weder im Inland noch im Ausland anhängig. Ich habe auch keine gerichtlich strafbare oder verwaltungsstrafrechtliche Handlungen gesetzt, zu denen noch keine behördliche Untersuchung läuft. Diese Erklärung gebe ich auch namens der miteinzubürgernden Kinder ab, auf die sich die Verleihung der Staatsbürgerschaft erstrecken soll. ..."

Danach wurde dem Erstbeschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 2003 gemäß § 10 Abs. 1 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen und diese Verleihung zugleich gemäß § 17 leg. cit. auf die Kinder erstreckt.

Mit einem Schreiben vom 31. Jänner 2003 teilte die belangte Behörde dem Erstbeschwerdeführer Folgendes mit:

"Der Gendarmerieposten x hat Sie am 14.1.2003 an die Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Verdachts der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung angezeigt. Sie stehen im Verdacht, Ihre Ehegattin im Zeitraum von Sommer 2002 bis zum 01.01.2003 mehrmals geschlagen und dadurch verletzt zu haben. Weiters besteht der Verdacht, dass Sie ihre Gattin gefährlich bedroht haben. Diese Tathandlungen wurden somit vor der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft am 27.01.2003 begangen. Wir haben von der gegen Sie erstatteten Anzeige erst nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft Kenntnis erlangt.

Das Amt der Landesregierung beabsichtigt daher das Verfahren zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 69 Abs. 3 AVG wieder aufzunehmen.

Es steht Ihnen frei, zum oben angeführten Sachverhalt binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens mündlich oder schriftlich eine Stellungnahme abzugeben."

Der Erstbeschwerdeführer wurde danach von der belangten Behörde am 10. Februar 2003 niederschriftlich befragt. Er gab darin Folgendes an:

"Ich habe am 27.1.2003 die österreichische Staatsbürgerschaft zusammen mit meinen Kindern erhalten. Anlässlich der Verleihung wurde ich niederschriftlich befragt, ob sich seit den letzten Erhebungen irgendetwas geändert hatte. Ich habe angegeben, dass weder ein Gerichtsverfahren, noch eine Gendarmerieanzeige gegen mich anhängig ist. Dies war aber nicht richtig. Ich wurde aber am 12.1.2003 vom Gendarmerieposten x zur Anzeige gebracht, ich wollte am 01. Jänner 2003 mit meiner Gattin den Beischlaf durchführen. Sie hatte sich geweigert und deshalb habe ich dann wie im Gendarmeriebericht bereits angeführt meine Frau mit einem Nudelholz geschlagen. Dies auf Grund unserer Bettprobleme. Es ist richtig, dass ich ihr früher auch einmal ganz leicht eine Ohrfeige gegeben habe - dies auf Grund unserer Bettprobleme. Wir sind bereits 17 Jahre verheiratet. Ich wohne jetzt wieder zu Hause. Nach zehn Tagen durfte ich wieder in die gemeinsame Wohnung einziehen. Die bei der Niederschrift beim Gendarmerieposten x gemachten Angaben von mir stimmen. Die ganze Sache tut mir jetzt leid. Ich bin seit 1980 in Österreich. Die Frau ist selber schuld, dass ich sie geschlagen habe. Ich kümmere mich um die ganze Familie - ich bin Alleinverdiener. Natürlich bin ich auch mitschuldig."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Februar 2003 hat die belangte Behörde gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 27. Jänner 2003 abgeschlossenen Verleihungsverfahrens verfügt (Punkt 1.), gemäß § 20 Abs. 2 und Abs. 5 iVm § 10 Abs. 1 Z 6 StbG die (mit Bescheid vom 18. März 2002 ausgesprochene) Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Erstbeschwerdeführer und die Zusicherung der Erstreckung derselben an die zweit-, dritt- und viertbeschwerdeführenden Parteien widerrufen (Punkt 2.), den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a 12, 13 und 14 StbG abgewiesen (Punkt 3.) und die Anträge der zweit-, dritt- und viertbeschwerdeführenden Parteien auf Erstreckung derselben gemäß § 17 StbG abgewiesen (Punkt 4.).

Begründend führte sie aus, der Erstbeschwerdeführer sei seit 26. Februar 1986 mit (der türkischen Staatsangehörigen) H verheiratet und habe seit 28. Juli 1987 ununterbrochen den Hauptwohnsitz in Österreich. Am 14. Jänner 2003 sei der Erstbeschwerdeführer vom Gendarmerieposten x wegen des Verdachtes der Körperverletzung gemäß § 83 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB an seiner Ehegattin an die Staatsanwaltschaft y zur Anzeige gebracht worden. Dieser Anzeige liege der folgende Tatverdacht (Sachverhalt) zu Grunde:

"D hat am 01.01.2003 gegen 01.00 Uhr seiner auf dem Ehebett liegenden Ehegattin H mit einem hölzernen Nudelholz zwei- bis dreimal gegen den Oberschenkel links und gegen die Schulter links und rechtsseitig sowie das rechte Fußgelenk und das linke Ellenbogengelenk geschlagen. Dieser Tat ging voraus, dass seine Ehegattin nicht mit ihm schlafen wollte, weshalb er die Schlafzimmertüre von innen abschloss und seine Gattin - wie dargestellt - mit dem Nudelholz schlug. Durch diese Schläge verspürte seine Gattin starke Schmerzen und wollte ihn zur Anzeige bringen. H wurde deshalb von D mit dem Zurückschicken in die Türkei, dem Lächerlichmachen vor Bekannten, der Wegnahme der Kinder und dem Zerreißen des türkischen Passes bedroht. H erlitt durch die Misshandlungen ihres Ehegatten ein großes Hämatom im Bereich des linken Oberschenkels, eine kleine Exkoriation am linken Ellbogen und eine Schürfung/Hämatom am Hals rechts."

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, der Erstbeschwerdeführer sei wegen mehrfacher Körperverletzungen an seiner Ehegattin und wegen gefährlicher Drohung zur Anzeige gebracht worden; er habe die in der Anzeige getätigten Angaben bestätigt. Durch seine Tat habe er die körperliche Unversehrtheit seiner Ehegattin vorsätzlich beeinträchtigt und schwerwiegend gegen Vorschriften zur Hintanhaltung derartiger Gefahren verstoßen; er habe nämlich schlussendlich mit einem Nudelholz auf die Ehegattin eingeschlagen und sie dadurch verletzt. Diese Misshandlungen seien als besonders schwerwiegend zu werten, weil der Erstbeschwerdeführer sie an einer körperlich weit unterlegenen Frau und zum Teil unter Mithilfe eines Gegenstandes (Nudelholz) verübte, sodass die Zufügung einer Verletzung geradezu zu erwarten gewesen sei. Sein Verhalten lasse den Schluss zu, dass er möglicherweise auch in Zukunft wesentliche Vorschriften missachten werde, die zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bzw. für die anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen erlassen wurden. Der Erstbeschwerdeführer erfülle daher die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG nicht.

Dem aufzuhebenden Bescheid liege ein ordnungsgemäß durchgeführtes Ermittlungsverfahren zu Grunde. Die Anzeige (wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung) sei vom Gendarmerieposten x am 12. Jänner 2003 erstattet worden. Vom Gendarmerieposten z sei auf Grund des Vorfalls vom 1. Jänner 2003 gegenüber dem Erstbeschwerdeführer ein zehntägiges Betretungsverbot der gemeinsamen Wohnung ausgesprochen worden. Dadurch, dass dieser verschwiegen habe, an seiner Ehegattin mehrfach Körperverletzungen begangen und sie gefährlich bedroht zu haben, habe der Erstbeschwerdeführer die Verleihung der Staatsbürgerschaft erschlichen. § 24 StbG stehe der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht entgegen. Der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft sei somit abzuweisen. Damit seien die Erstreckung der Zusicherung zu widerrufen und der Antrag auf Erstreckung der Verleihung abzuweisen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 69 Abs. 3 AVG kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 verfügt werden. Der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegte Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegeben, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2004, Zl. 2001/20/0346, und vom 21. November 2001, Zl. 97/08/0579, und die dort angegebene Judikatur) liegt das "Erschleichen" eines Bescheides vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind, wobei Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist. Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zu werten.

Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, dass der Erstbeschwerdeführer in seiner Erklärung vom 27. Jänner 2003 objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung gemacht hat. Zwischen diesen unrichtigen Angaben und dem Entscheidungswillen der Behörde bestand offenkundig ein Kausalzusammenhang. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, der "Entscheidungswille der Behörde stand zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Erklärung bereits fest", ist weder nachvollziehbar noch vermag es einsichtig zu machen, dass bzw. aus welchem Grund die unrichtigen Angaben des Erstbeschwerdeführers über von ihm im Jänner 2003 begangene Straftaten und ein darüber anhängiges Verfahren unwesentlich gewesen sein sollten und von der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung nicht zu berücksichtigen waren.

Die Beschwerdeführer halten dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der verfügten Wiederaufnahme entgegen, für den Erstbeschwerdeführer sei das Verfahren "seiner Ansicht nach" schon mit dem Zusicherungsbescheid und der vorgelegten türkischen Einwilligungsbescheinigung "abgeschlossen" gewesen, die unterfertigte Erklärung vom 27. Jänner 2003 habe er zwar unterschrieben aber nicht gelesen; er sei von der Behörde mit einer "vorgefassten Erklärung überrascht worden". Die belangte Behörde hätte "von sich aus die entsprechenden Überprüfungen" durchführen können; sie sei nicht lediglich auf die Angaben des Erstbeschwerdeführers angewiesen gewesen. Hinweise auf ein "böswilliges und vorsätzliches Verhalten bzw. auf Erschleichung" der Staatsbürgerschaft seien im Verfahrensablauf nicht zu finden.

Diesem Beschwerdevorbringen ist zu erwidern, dass es in den mit dem Erstbeschwerdeführer am 27. Jänner 2003 und am 10. Februar 2003 aufgenommenen Niederschriften keine Bestätigung findet. Der Erstbeschwerdeführer hat am 10. Februar 2003 ausdrücklich zugestanden, dass er anlässlich der Verleihung am 27. Jänner 2003 niederschriftlich "befragt" worden sei, ob sich seit den letzten Erhebungen irgendetwas geändert habe. Er räumte am 10. Februar 2003 ein, dass seine am 27. Jänner 2003 gemachte Angabe, es sei weder ein Gerichtsverfahren noch eine Gendarmerieanzeige gegen ihn anhängig, "nicht richtig war". Es ist nicht zu sehen, warum der Erstbeschwerdeführer - hätte er am 27. Jänner 2003 wahrheitsgemäße Angaben machen wollen - die wegen seiner Handlungen vom 1. Jänner 2003 erstattete Anzeige und das gegen ihn ausgesprochene zehntägige Betretungsverbot nicht offen gelegt hat. Die am 27. Jänner 2003 vor Verleihung der Staatsbürgerschaft mit dem Erstbeschwerdeführer vorgenommene Befragung entspricht überdies nach ihrem Inhalt den am 18. September 2001 in seiner niederschriftlichen Befragung an ihn gerichteten Fragen Nr. 14 und 15. Die am 27. Jänner 2003 an ihn gerichteten Fragen konnten daher für ihn nicht "überraschend" gewesen sein. Wenn der Erstbeschwerdeführer vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft angesichts der Frage danach, ob eine polizeiliche Untersuchung oder ein gerichtliches Strafverfahren gegenwärtig gegen ihn anhängig sei, die am 12. Jänner 2003 gegen ihn erstattete Anzeige wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung - von ihm ausdrücklich zugestanden - nicht wahrheitsgemäß gegenüber der belangte Behörde beantwortete, dann durfte diese zu Recht davon ausgehen, dass der Erstbeschwerdeführer sich dadurch die Verleihung der Staatsbürgerschaft erschlichen hat.

Dem Argument der Beschwerde, die belangte Behörde hätte die gegen den Erstbeschwerdeführer anhängige Anzeige von sich aus und ohne seine Angaben ermitteln müssen, ist zu erwidern, dass die belangte Behörde über die am 1. Jänner 2003 begangenen Straftaten bzw. über das darüber anhängige Verfahren weder durch den Erstbeschwerdeführer noch auf andere Weise, etwa durch eine andere Behörde, informiert wurde. Anhaltspunkte für diese Straftaten bzw. ein darüber anhängiges Verfahren sind in den vorgelegten Verwaltungsakten bis zur Verleihung der Staatsbürgerschaft jedenfalls nicht zu finden.

Davon ausgehend bestand für die belangte Behörde angesichts der ausdrücklichen Erklärung des Erstbeschwerdeführers aber kein Anlass, über dessen Befragung hinaus weitere Ermittlungen zu diesem Thema anzustellen (vgl. zu Erklärungen anlässlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 2004, Zl. 2003/01/0594, sowie - im Zusammenhang mit § 69 Abs. 1 Z 2 AVG - das Erkenntnis vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/01/0458, mit Hinweis u.a. auf das - zu § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ergangene - Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/01/0233).

Die Beschwerdeführer sind mit ihrer Auffassung, die belangte Behörde habe es verabsäumt, von einem ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Beweismittel Gebrauch zu machen, nicht im Recht. Die belangte Behörde ist im Ergebnis somit zutreffend von dem Erschleichen der Verleihung der Staatsbürgerschaft im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ausgegangen.

Aber auch das gegen die Beurteilung des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gerichtete Vorbringen der Beschwerdeführer ist nicht geeignet, ihre Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Die belangte Behörde konnte aufgrund der niederschriftlichen Angaben des Erstbeschwerdeführers vom 10. Februar 2003 davon ausgehen, dass dieser die in der Anzeige vom 12. Jänner 2003 ihm zur Last gelegten Straftaten begangen hatte. Der Erstbeschwerdeführer bestätigte gegenüber der belangten Behörde die Richtigkeit des Sachverhaltes der ihm vorgeworfenen Straftaten. Dass die belangte Behörde eigene Ermittlungen über diese Straftaten nicht angestellt habe, trifft - angesichts der niederschriftlichen Befragung des Erstbeschwerdeführers - demnach nicht zu.

Da das von der belangten Behörde in ihrer Begründung herangezogene Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG eine gerichtliche Verurteilung wegen der - aufgrund des Eingeständnisses des Erstbeschwerdeführers - als erwiesen angesehenen Straftat nicht voraussetzt (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 30. August 2005, Zl. 2004/01/0444), war die belangte Behörde nicht gehindert, das dargestellte Fehlverhalten auch schon vor Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens zu berücksichtigen. Es kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie dieses Fehlverhalten zur Grundlage einer negativen Zukunftsprognose hinsichtlich des künftigen Wohlverhaltens des Erstbeschwerdeführers machte, fallen bei dieser doch Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit besonders ins Gewicht, wobei Taten - anders als im vorliegenden Fall - grundsätzlich dann weniger Bedeutung haben, wenn sie weiter zurückliegen und wobei auch der Zeitraum des Wohlverhaltens nach einer Straftat zu beachten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 5. November 2003 Zl. 2003/01/0375, und Zl. 2003/01/0543, sowie vom 24. Juni 2003, Zl. 2001/01/0236).

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (24. Februar 2003) lag das vom Erstbeschwerdeführer am 1. Jänner 2003 begangene Fehlverhalten derart kurz zurück, dass eine ausreichende Zeitspanne zwischen dem letzten Fehlverhalten und dem Beurteilungszeitpunkt nicht vorhanden ist, um zu einer für den Einbürgerungswerber positiven Prognose gelangen zu können.

Den Beschwerdeführern ist es somit nicht gelungen, die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, es sei das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gegeben, in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 13. Dezember 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003010184.X00

Im RIS seit

08.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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