TE OGH 1990/11/29 6Ob692/90

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Veröffentlicht am 29.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria R***, Pensionistin, Altheim, Weidenthal 2, vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in Braunau, wider die beklagte Partei SK A***, Altheim, St. Laurenz 2, vertreten durch Dr. Manfred Denkmayr, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wegen Räumung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgerichtes vom 2. Oktober 1990, GZ R 335/90-26, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 513 ZPO iVm § 471 Z 2 und § 474 Abs 2 ZPO zurückgewiesen, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), S 50.000,-- nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO) und kein Ausnahmefall nach § 502 Abs 3 ZPO vorliegt.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte die Räumung eines nach ihrem primären Prozeßstandpunkt dem beklagten Verein zur wohnmäßigen Unterbringung eines Vereinsspielers bloß bittleiweise zur Verfügung gestellten Hauses und stützte ihr Räumungsbegehren hilfsweise, für den Fall der Annahme eines Mietverhältnisses der Sache nach auf eine wirksame Vertragsaufhebung nach dem zweiten Fall des § 1118 ABGB. Im Verlaufe des Rechtsstreites schränkte die Klägerin ihr Begehren mit der Behauptung einer Räumung des Hauses durch den Vertragsspieler auf Kostenersatz ein, dehnte es allerdings in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung mit der Behauptung, es habe sich mittlerweile herausgestellt, daß noch einzelne Möbelstücke und Gerümpel in dem ansonsten unter Schlüsselübergabe geräumten Haus zurückgeblieben seien, also wegen nicht vollständiger Erfüllung der Räumungsverpflichtung, wieder im Sinne des ursprünglichen Räumungsbegehrens aus.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Räumungsbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteigt. Es nahm allerdings den weiteren Ausspruch in seine Entscheidung auf, daß die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, womit nach den Entscheidungsgründen ausgedrückt werden sollte, daß das Berufungsgericht die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht als gegeben ansieht.

Rechtliche Beurteilung

Diese Frage ist aber der Beurteilung nachgeordnet, ob die Revision nicht "jedenfalls" unzulässig sei.

Das ist nach der berufungsgerichtlichen Bewertung des Entscheidungsgegenstandes der Fall. Zwingende Bewertungsvorschriften wurden nicht verletzt, zumal nach dem Vorbringen der Klägerin zur Wiederausdehnung ihres Klagebegehrens davon auszugehen war, daß ein aufrechter Fortbestand eines Mietverhältnisses nicht einmal als Vorfrage für die klageweise verfolgte Räumungsverpflichtung zwischen den Streitteilen noch strittig wäre, sondern lediglich die vollständige Erfüllung der Räumungsverpflichtung.

Damit ist aber auch zufolge gebotener teleologischer Reduktion der im § 502 Abs 3 Z 2 ZPO normierten Ausnahme von der wertmäßigen Revisionszulässigkeitsbeschränkung gemäß § 502 Abs 2 ZPO die Erheblichkeit der Wertgrenze dargelegt:

Bestandstreitigkeiten im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN sind gemäß § 502 Abs 3 Z 2 ZPO nur dann von der wertmäßigen Revisionszulässigkeitsbeschränkung des § 502 Abs 2 ZPO ausgenommen, "wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird". Nicht jeder Streit über Nachwirkungen eines nach § 49 Abs 2 Z 5 JN qualifizierten Bestandverhältnisses fällt unter die revisionsrechtliche Ausnahmeregelung, beispielsweise fallen nicht darunter Streitigkeiten über Aufwandersatz oder Schadenersatz. Wie aus der Unterwerfung der Entscheidungen über eine "Kündigung" sowie sonstigen Entscheidungen über das "Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages" augenfällig wird, liegt der Zweck der Ausnahmebestimmung darin, Entscheidungen über das Dauerschuldverhältnis selbst, unabhängig von jeder Bewertung - unter der weiteren Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO - revisibel zu erklären. Im Regelfall wird auch beim Streit über eine "Räumung", wenn auch nur als Vorfrage (insbesondere in den Fällen des § 1118 ABGB) über das Dauerschuldverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden sein. Wo dies aber ausnahmsweise nicht der Fall ist, weil der Wegfall des materiellen Rechtstitels zur Benützung und damit auch die Räumungsverpflichtung zwischen den Streitteilen unstrittig sind und lediglich über Umfang und Modalitäten der Räumungsverpflichtung und deren restloser Erfüllung zu entscheiden ist - wie im vorliegenden Rechtsstreit - fehlt es am erkannten Zweck der Ausnahmeregelung. Revisionsrechtlich hat der Streit kein größeres Gewicht als etwa der Streit über Schadenersatz wegen nicht rechtzeitiger oder nicht vollständiger Räumung.

Nach dieser Auslegung des § 502 Abs 3 Z 2 ZPO ist die Revision "jedenfalls" unzulässig.

Anmerkung

E22155

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00692.9.1129.000

Dokumentnummer

JJT_19901129_OGH0002_0060OB00692_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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