Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Maximilian P*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Maximilian P***, Kurt E*** und Christa E*** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Jänner 1990, GZ 12 b Vr 8713/83-220, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Maximilian P*** gegen einen Widerrufsbeschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Maximilian P*** und Christa E*** werden zurückgewiesen.
2. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt E*** wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB richtet, zurückgewiesen.
3. Im übrigen wird über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt E***, über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Maximilian P***, Kurt E*** und Christa E*** sowie über die Beschwerde des Angeklagten Maximilian P*** gegen den Widerrufsbeschluß bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
4. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Maximilian P***, Kurt E*** und Christa E*** die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 12.Oktober 1953 geborene Maximilian P***, der am 16.Februar 1955 geborene Kurt E*** und die am 9.August 1956
geborene Christa E*** wurden schuldig erkannt, und zwar Maximilian P*** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB (A des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB (B) und der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 (§ 161) StGB (C II und E), Kurt E*** der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB (C II und D) und nach § 114 Abs. 1 ASVG (F) sowie Christa E*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (C I).
Die genannten Angeklagten bekämpfen diese Schuldsprüche teilweise (P***) bzw zur Gänze (Kurt und Christa E***) mit Nichtigkeitsbeschwerden.
Zur Beschwerde des Maximilian P***:
Als Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB liegt diesem Angeklagten - zusammengefaßt wiedergegeben - zur Last, er habe in gewerbsmäßiger Absicht in der Zeit zwischen (jeweils einschließlich) November 1982 und Juli 1985 im Urteil namentlich bezeichnete Verlage bzw Werbeagenturen durch Vorspiegelung von Zahlungsfähigkeit und - willigkeit zur Einschaltung von Inseraten in diversen Printmedien verleitet und ihnen dadurch einen Schaden von insgesamt nahezu 790.000 S zugefügt (A I des Urteilssatzes), am 26.September 1984 durch Auftreten als redlicher und zahlungsfähiger Besteller Angestellte einer Verlagsbuchhandlung zur Ausfolgung von Büchern im Gesamtwert von 22.143 S bewogen (A II 1) und schließlich im Sommer 1985 Beamte des Arbeitsamtes Wien durch Vorlage einer unrichtigen Arbeitsbescheinigung sowie durch unwahre Angaben über die Höhe des Arbeitsentgeltes und über die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz zur ungerechtfertigten Gewährung und Auszahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe im Ausmaß von insgesamt 137.772 S verleitet (A II 2). Mit seiner den erstangeführten Faktenkomplex (Inseratenbetrügereien) betreffenden Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt der Angeklagte die Ablehnung zweier von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge; dies jedoch zu Unrecht.
In Ansehung des Begehrens, einen Sachverständigen aus dem Gebiete der Immobilienmakler (Band VI S 316, Band VII S 55 bzw der Werbemittelbranche: Band VI S 305) zum Beweis dafür zu laden, daß bei Einsatz des vom Buchsachverständigen festgestellten Inseratenpotentials "ein weit höherer Umsatz als (ein solcher) der summenmäßig fast gleichen Summe zu erreichen sein müßte" und daß demgemäß der Beschwerdeführer "davon ausgehen konnte, daß bei Einsatz dieses Inseratenaufwandes ein Umsatz des Doppelten oder Dreifachen des Aufwandes zu erzielen sein" werde, sei der Beschwerde erwidert, daß das Schöffengericht ohnedies als zutreffend unterstellte, was durch den beantragten Sachverständigen bewiesen werden sollte (Band VI S 419), zugleich aber mit dem eine notorische Lebenserfahrung ausdrückenden Beisatz, daß das primäre unternehmerische Ziel, Gewinne zu lukrieren, des öfteren nicht erreicht werde und die Erlöse hinter dem Aufwand zurückblieben (siehe abermals Band VI S 419), die ersichtlich mangelnde Relevanz des Beweisantrages klarstellte.
Verteidigungsrechte des Angeklagten P*** wurden aber auch durch die Ablehnung seines weiteren Antrages nicht geschmälert, Archivfilme aller im November und Dezember 1982 eingegangenen Annoncen bei "Krone" und "Kurier" zum Beweis dafür vorzulegen, daß die jeweiligen Telefonnummern der Annoncen der Filialen Webgasse und Schottenfeldgasse (der "A***" Immobilien- und Werbemittlung GesmbH) für die Kunden angegeben waren und daß der überwiegende Teil (der Annoncen) nicht vom Angeklagten von der Webgasse, sondern von der Schottenfeldgasse gekommen sei und der Angeklagte daher "nicht für die gesamten 357.000 S zu haften" habe (Band VI S 304 und 316). Denn auch hier ist der diese Beweisführung abweisenden Begründung der Tatrichter darin beizupflichten, daß es der rechtlichen Relevanz entbehrt, von welcher der beiden Filialen (Webgasse oder Schottenfeldgasse) die Annoncen aufgegeben wurden, weil der Beschwerdeführer als faktischer Geschäftsführer auch für die Aktionen der "Schottenfeldgasse" haftete, ganz abgesehen davon, daß die begehrten Archivfilme ihrem Wesen nach darüber keinen Aufschluß geben konnten, welche Inserate - seien sie nun von der Webgasse oder von der Schottenfeldgasse aufgegeben - bezahlt wurden und welche unbeglichen blieben (siehe auch Band VI S 418).
Fehl geht die Beschwerde aber auch, wenn sie behauptet, die den Schuldspruch wegen der "Inseraten-Fakten" tragenden Tatsachenfeststellungen wiesen formale Begründungsmängel auf (Z 5). Zunächst kann keine Rede davon sein, zwischen dem Ergänzungsgutachten des Buchsachverständigen Dr. B*** in der Hauptverhandlung vom 26.Jänner 1990 (siehe Band VI S 310 f) und der Konstatierung, der Beschwerdeführer sei anläßlich der Übernahme von 99 % des Stammkapitals der Firma A*** Immobilien- und Werbemittlungs-GesmbH (in der Folge: A***) über die (schlechte) finanzielle Situation des Unternehmens und insbesondere auch über die bestehenden Inseratenschulden aufgeklärt worden, bestehe ein erörterungsbedürftiger Widerspruch: Ist doch ersichtlich der im bezogenen Gutachtenteil erwähnte, im Übernahmezeitpunkt bestehende Verzug in den buchhalterischen Aufzeichnungen zwanglos mit dem Wissen des Buchhalters (G***) und des bisherigen Geschäftsführers der genannten Firma (Kurt E***) um die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens und namentlich die bestehenden Inseratenschulden durchaus in Einklang zu bringen. Soweit die Beschwerde aber aus der lückenhaften Buchhaltung und daraus, daß der Sachverständige auf die vorhandenen Unterlagen angewiesen war, herzuleiten trachtet, daß Umsätze "abgezweigt" worden seien, wird damit kein formaler Begründungsmangel im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes dargetan, sondern lediglich ein unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffensenates unternommen, der diesen Verdacht als unhaltbar abgetan (Band VI S 420) und im übrigen den betrügerischen Vorsatz des Beschwerdeführers einläßlich und gründlich aus Prämissen erschlossen hat, welche die Beschwerde unbeachtet läßt. So rechtfertigt allein schon die Tatsache, daß der Angeklagte P*** für 99 % der Stammanteile an der Firma A*** nur eine Einlage von 45.000 S leistete, wogegen der frühere Alleingesellschafter Kurt E*** für ein Prozent 55.000 S zu erlegen hatte, die vom Schöffengericht gezogene Konklusion, P*** sei über die (desolate) wirtschaftliche Situation der Firma bereits bei seinem Eintritt bestens informiert gewesen (Band VI S 391). Soweit die Mängelrüge schließlich in Ansehung des Inseratenkomplexes behauptet, es gebe keine Beweisergebnisse, aus denen der betrügerische Vorsatz des Angeklagten hergeleitet werden könnte, bzw keine Beweise, die seine Verantwortung widerlegt hätten, wonach er damit rechnete und rechnen konnte, daß die Inseratenkosten durch die Umsätze abgedeckt würden, entziehen sich diese globalen Behauptungen mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung, welche all jene Umstände in den Kreis der Erwägungen miteinzubeziehen hätte, die das Erstgericht in seiner umfänglichen Würdigung darlegte (Band VI S 395 ff).
Rechtliche Beurteilung
Fehl geht die - nominell allein aus § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO erhobene, der Sache nach auch die Z 5 dieser Gesetzesstelle relevierende - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*** aber auch, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wendet, Bücher im Wert von ca 22.000 S betrügerisch herausgelockt zu haben (A II 1 des Urteilssatzes).
Denn die Tatrichter erachteten die Verantwortung des Beschwerdeführers zu diesem Faktum wegen ihrer Wechselhaftigkeit insgesamt als unglaubwürdig (Band VI S 399 ff) und konstatierten insbesondere, er habe von sich aus niemals Kontakt mit der Lieferfirma über die Rückgabe der Bücher herzustellen versucht, der Rücknahmevorschlag sei (im Juli 1986) vielmehr allein auf Initiative der Buchhandlung erfolgt (Band VI S 372 und 401); eine Erörterung der Verantwortung des Angeklagten, er sei infolge eines Heizungsrohrbruches in seiner Wohnung, in der sich auch die fraglichen Bücher befanden, von der Gemeinde daran gehindert worden, das Haus zu betreten (siehe Band III S 421 und Band VI S 52 in Verbindung mit der Beilage 2 zum HV-Protokoll ON 214), konnte sanktionslos unterbleiben, weil ein vereinbarter Eigentumsvorbehalt für die Schadensfrage bzw den Schädigungsvorsatz nur dann von Belang ist, wenn die betreffende Ware dem Zugriff des Eigentümers offensteht (Leukauf-Steininger2, § 146 StGB RN 35). Davon kann aber vorliegend nach dem Gesagten keine Rede sein. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nach dem Heizungsrohrbruch (im Jänner 1985; siehe abermals die Beilage 2 zu ON 214) und nach der angeblichen Hinderung, das Haus zu betreten, die Verlagsbuchhandlung nicht informiert und sie dadurch um die Möglichkeit gebracht, Schritte zur Wiedererlangung der Bücher zu unternehmen.
Als Rechtsrüge entbehrt die Beschwerde einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich mit ihrer Behauptung, der Angeklagte P*** habe mit der Lieferfirma die Rückstellung der Bücher vereinbart, über die konträren Feststellungen in diesem Punkt (siehe oben) hinwegsetzt.
Seinen Schuldspruch wegen betrügerischer Schädigung des Arbeitsamtes Wien (A II 2) bekämpft der Angeklagte P*** aus § 281 Abs. 1 Z 4 und 9 lit a StPO; auch dies zu Unrecht.
Mit seiner Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 24.Jänner 1990 gestellten Antrages (Band VI S 303), den Zeugen Konsul M*** zum Beweis dafür zu vernehmen, daß die "geplante Aktion der (Firma) A*** (Tretboot Malediven 1985) tatsächlich realisierbar war und in der Form realisiert wurde, allerdings von einer anderen Firma, (und) die Realisierung von A*** lediglich auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse schlußendlich nicht möglich war, weiters daß A*** ... zum Zeitpunkt der Erhöhung des Gehaltes des Ang. P*** noch der Meinung sein konnte, daß dieses Geschäft, welches eine Erhöhung gerechtfertigt (hätte), realisierbar war und die Erhöhung subjektiv für P*** und A*** aber auch sachlich gerechtfertigt war".
Da es für die Beurteilung des Betrugsvorwurfes im fraglichen Faktum allein von Belang ist, ob die vom Beschwerdeführer namens der Firma A*** gegenüber dem Arbeitsamt gemachten Gehaltsangaben den Tatsachen entsprachen oder nicht, ist der vom Erstgericht für die Ablehnung dieses Begehrens gegebenen Begründung (Band VI S 415 ff) durchaus beizupflichten, daß aus der abstrakten Realisierbarkeit eines geplanten Geschäftes und der daraus resultierenden - hypothetischen - Rechtfertigung einer zukünftigen Gehaltserhöhung kein rechtlich relevantes Ergebnis erwartet werden konnte, ganz abgesehen davon, daß die subjektive Ansicht einer Person über die Meinung eines anderen keine "Tatsache" im Sinne des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO darstellt und daß der Beschwerdeführer selbst zugestanden hatte, die gegenüber dem Arbeitsamt behaupteten Bezüge tatsächlich niemals erhalten zu haben (siehe Band V S 15 und Band VI S 43). Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu diesem Faktum ist zu entgegnen, daß sie auch hier mit der Behauptung, die gegenüber dem Arbeitsamt bekanntgegebenen Bezüge seien tatsächlich geleistet worden, den Boden der schöffengerichtlichen Konstatierungen verläßt (Band VI S 376 und sonach diesen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt.
Soweit im Rahmen der Rechtsrüge auch die Urteilsbegründung einer Kritik unterzogen wird, mangelt es an der Behauptung formaler Gebrechen im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO. Vielmehr erschöpft sich das bezügliche Vorbringen in einer Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, namentlich in Ansehung der Bewertung der Aussage des Zeugen A***, dem das Gericht insgesamt den Glauben versagte (siehe Band VI S 401 ff).
Als Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB liegt dem Angeklagten P*** zur Last, sich ihm als Wohnungsvermittler anvertraute Ablösebeträge mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet zu haben, und zwar zwischen 19. und 26. November 1982 den ihm am 15.November 1982 von Peter P*** übergebenen Betrag von 249.000 S und im April 1983 140.000 S, die ihm von Johann K*** anvertraut worden waren (B 1 und 2). Das Rechtsmittel des Angeklagten P*** wendet sich aus § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO lediglich gegen die erstangeführte Tat, schlägt aber auch hier nicht durch.
Nach den zu diesem Faktum getroffenen Urteilsfeststellungen (Band VI S 377 ff) hatte die Firma "A***", deren faktischer Geschäftsführer der Angeklagte P*** damals war, per Zeitunsannonce eine Wohnung angeboten, für die sich der Medizinstudent Peter P*** interessierte. Am 11.November 1982 unterfertigte er in den Büroräumlichkeiten der Firma A***, Filiale Webgasse, ein Kaufangebot bezüglich der in der Wohnung verbleibenden Möbel und Investitionen, wobei ein Ablösebetrag von insgesamt 295.000 S vereinbart wurde. P*** erhielt sogleich 1.000 S, während ein Betrag von 249.000 S zwecks treuhändiger Verwahrung durch P*** auf das Konto der Firma A*** bei der Österreichischen Länderbank eingezahlt und der Rest durch einen Bankkredit finanziert werden sollte. Im Sinne dieser Vereinbarung wurden am 15.November 1982 von P*** 249.000 S auf das ihm von P*** angegebene Geschäftskonto der Firma A*** überwiesen. Da es sich hiebei nicht um ein Treuhandkonto handelte und der Angeklagte P*** weder den Geschäftsführer Kurt E*** noch den für das Konto zeichnungsberechtigten Steuerberater Josef G*** vom Geschäftsvorgang Peter P*** informiert und diesen Personen insbesondere nicht mitgeteilt hatte, daß es sich bei dem genannten Barbetrag um Treuhandgeld handelte, wurde diese Summe sofort für persönliche Zwecke des Angeklagten P*** bzw zur Weiterführung der Geschäfte der damals bereits zahlungsunfähigen und überschuldeten Firma A*** verwendet. Nach den Urteilsfeststellungen war es dem Angeklagten P***, der ganz bewußt kein Treuhandkonto eingerichtet oder anderweitige Vorsorge für die widmungsgemäße Verwendung des Ablösebetrages getroffen hatte, völlig klar, daß das fast täglich auf einen Nullsaldo gebrachte Geschäftskonto der Firma A*** niemals einen ausreichenden Deckungsfonds zur Weitergabe bzw Rückzahlung des Ablösebetrages abgeben konnte. Er habe daher zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet, daß ihm dieses Geld im Zeitpunkt der widmungsgemäßen Auszahlung nicht mehr zur Verfügung stehen würde, nahm aber diese ernsthafte und reale Möglichkeit durchaus billigend in Kauf, zumal er zu keinem Zeitpunkt über einen präsenten Deckungsfonds verfügte (Band VI S 381). Als daher das Geschäft mangels Zustimmung des Vermieters scheiterte und Peter P*** die Rückabwicklung des Kaufvertrages begehrte, war der Treuhanderlag nicht mehr verfügbar.
Der vom Angeklagten P*** dagegen erhobenen, undifferenziert auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Beschwerde ist zunächst ebenso global zu erwidern, daß der für die obigen Konstatierungen gegebenen einläßlichen tatrichterlichen Begründung keine formalen Mängel in der Bedeutung des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes anhaften und daß die von der Tatsachenrüge ins Treffen geführten Argumente weder einzeln noch im Zusammenhang geeignet waren, im Senat Bedenken gegen die den Schuldspruch tragenden Feststellungen zu erwecken.
Im einzelnen sei dem lediglich beigefügt, daß es einer Erörterung der vom Angeklagten E*** im Vorverfahren deponierten Äußerung, er habe gewußt, daß es sich beim Erlag P*** um Treuhandgeld gehandelt habe, schon deshalb nicht bedurfte, weil - was die Beschwerde mit Stillschweigen übergeht - E*** im Anschluß an die in der Beschwerde zitierte, aus dem Zusammenhang gerissene Passage betonte, er habe vom Faktum P*** erst nachträglich erfahren (Band III ON 100 S 117 ff).
Sanktionslos unterbleiben konnte aber auch eine nähere Befassung mit der vom Zeugen G*** in der Hauptverhandlung vom 19.Jänner 1990 (Band VI S 213 und 216) geäußerten Vermutung, bei einem seinerzeit bei der Wirtschaftspolizei hinterlegten Betrag von 300.000 S habe es sich (teilweise) um das Geld des Peter P*** gehandelt. Denn die darauf bezüglichen Beschwerdeausführungen lassen völlig außer Betracht, daß über das Schicksal der in Rede stehenden Summe nach den (verlesenen) Akten völlige Klarheit besteht. Darnach (siehe Band I S 125, 129 und 131) hatte ein Herr H*** diesen Betrag der Firma A*** anvertraut und ihn am 7.Dezember 1982 wieder übernommen (Band I S 131). Übergangen werden von der Beschwerde auch die aktenkundigen, die Verwendung des von P*** erlegten Betrages betreffenden Umstände (Band I S 141) und auch die ursprüngliche Verantwortung des Angeklagten P***, wonach kein Geld da war, um P*** zu befriedigen (Band I S 290).
Als Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 (§ 161) StGB lastete das Schöffengericht dem Angeklagten P*** unter anderem an, in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Firma "A***
Immobilien- Werbemittlungs GesmbH", die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, die Befriedigung der Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert zu haben, daß er als faktischer Geschäftsführer ab 22. September 1982 sowie als handelsrechtlicher Geschäftsführer vom 15. Juli 1983 bis 7.November 1983 die Geschäftstätigkeit des insolventen Unternehmens fortsetzte, neue Schulden einging und alte Schulden teilweise ohne Berücksichtigung konkursmäßiger Verteilungsgrundsätze bezahlte sowie ein Insolvenzverfahren nicht rechtzeitig beantragte (C II).
Nach der eingangs der Beschwerde deklarierten Zielrichtung ficht der Angeklagte diesen Schuldspruch zwar "hinsichtlich der Zeit vom 22.9.1982 bis 15.7.1983" an (Band VII S 48), substantiiert das Rechtsmittel diesbezüglich aber (siehe Blatt 5 verso = Band VII S
56) nur insoweit, als darauf hingewiesen wird, daß nach den Urteilsfeststellungen (US 35) die Firma A*** ab dem 15.Juli 1983 keine Geschäfte mehr tätigte und mithin ab diesem Zeitpunkt ein fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers nicht mehr in Betracht komme.
Abgesehen davon, daß Spruch und Gründe eines Urteils eine Einheit darstellen und im Lichte der Begründung erhellt, daß im Tenor bloß ein abstrakter Zeitrahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die in den Urteilsfeststellungen konstatierten Tathandlungen einzuordnen sind, genügt als Antwort auf den obigen Vorwurf der Hinweis, daß beim sukzessiv verwirklichten Delikt der fahrlässigen Krida die genaue Eingrenzung des Tatzeitraums - von der Verjährungsfrage abgesehen - rechtlich ohne Bedeutung ist und mithin keinen entscheidungswesentlichen Umstand betrifft (RdW 1987, 162; 9 Os 68/82 und 12 Os 122/89).
Zur Beschwerde der Christa E***:
Dieser Angeklagten liegt als Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (C I des Urteilssatzes) zur Last, sie habe als leitende Angestellte der Margarethe L*** GesmbH, nachmals infolge Umfirmierung am 2.Juni 1982 "A***" Immobilien-Werbemittlungs GesmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, ab September 1980 bis Mai 1982 die Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaften insbesondere dadurch herbeigeführt, daß sie trotz völlig unzureichender Eigenmittel eine Geschäftstätigkeit der Immobilienvermittlung aufnahm, unverhältnismäßig und leichtsinnig Kredit benützte und hohe Verluste erwirtschaftete.
Die dagegen von der Angeklagten Christa E*** erhobene Nichtigkeitsbeschwerde stützt sich auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO; dies jedoch ohne Erfolg.
Soweit in der Mängelrüge (Z 5) formale Begründungsfehler in Ansehung des Beginnes der Tathandlungen releviert werden, genügt es, auf das bei Behandlung des Rechtsmittels des Angeklagten P*** zur mangelnden Relevanz der Frage der genauen zeitlichen Eingrenzung der Tat Gesagte (siehe oben) zu verweisen, ganz abgesehen davon, daß auch hier (ebenso wie bei P***) in den Urteilsgründen (Band VI S 349 ff, insbesondere 353 f) das fahrlässige Verhalten der Beschwerdeführerin sachlich und auch zeitlich präzisiert wird.
Mit Bezug auf die einzelnen Tathandlungen jedoch - in Ansehung welcher sich die Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung nicht nur schuldig bekannt, sondern diese auch in ihren konkreten Einzelheiten zugestanden hatte; siehe Band VI S 89 ff - werden in der Beschwerde keine konkreten Begründungsmängel dargetan; vielmehr wird unter Negierung der detaillierten Urteilsausführungen (siehe abermals Band VI S 349 ff) der Versuch unternommen, aus den gegebenen Prämissen andere als die vom Schöffengericht gezogenen Schlüsse tatsächlicher Natur herzuleiten, mithin getrachtet, in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen; es muß daher darauf nicht weiter eingegangen werden. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich mit der darin aufgestellten Behauptung, es mangle an Feststellungen über den Beginn der Zahlungsunfähigkeit, über die zu diesem Punkt getroffenen eindeutigen Konstatierungen, wonach die Zahlungsunfähigkeit spätestens mit Jahresende 1981 eintrat (siehe Band VI S 352), hinwegsetzt.
Zur Beschwerde des Kurt E***:
Als Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB legt das Urteil diesem Angeklagten zur Last, jeweils als Geschäftsführer in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der betreffenden Gesellschaften die Befriedigung von Gläubigern vereitelt oder geschmälert zu haben, indem er zwischen 5.Mai 1982 und 15.Juli 1983 als Geschäftsführer der Firma "A***" Immobilien-Werbemittlungs GesmbH die Geschäftstätigkeit des insolventen Unternehmens fortsetzte, neue Schulden einging und alte Schulden teilweise ohne Berücksichtigung konkursmäßiger Verteilungsgrundsätze bezahlte sowie ein Insolvenzverfahren nicht rechtzeitig beantragte (C II) und zwischen 7.September 1984 und 4.Juni 1985 als Geschäftsführer der K*** Maschinenhandels GesmbH, indem er neue Schulden begründete, bestehende Schulden bezahlte sowie ein Insolvenzverfahren nicht rechtzeitig beantragte (D). Dazu tritt ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 114 Abs. 1 ASVG (F), auf den noch in einer gesonderten Entscheidung zurückzukommen sein wird.
Die vom Angeklagten Kurt E*** gegen die Schuldsprüche wegen fahrlässiger Krida aus § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.
Weshalb die in der Mängelrüge (Z 5) in Ansehung des genauen Tatzeitraumes erhobenen Vorwürfe der rechtlichen Relevanz entbehren, wurde bereits bei Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten P*** und Christa E*** einläßlich dargetan; es genügt, darauf (siehe oben) zu verweisen.
Da bei einem bestellten Geschäftsführer einer GesmbH die Organfunktion und ihre tatsächliche Ausübung genügt und ihn daher eine strafrechtliche Verantwortung auch dann trifft, wenn er in seinen unternehmerischen Dispositionen faktisch nicht unabhängig ist und Beschränkungen seiner Befugnisse im Innenverhältnis hinnimmt (siehe Mayerhofer-Rieder2 § 161 StGB Nr 5 b), entbehrt es auch der rechtlichen Bedeutsamkeit, daß ab dem Eintritt des Angeklagten P*** in die Firma A*** eine erhebliche Ausweitung des Geschäftsumfanges erfolgte, von welcher der Rechtsmittelwerber keine Kenntnis hatte, und zwar auch in Ansehung der Filiale Webgasse. Im übrigen hat sich der Beschwerdeführer sowohl in diesem (C II) als auch im Faktum D in der Hauptverhandlung schuldig bekannt und sein Geständnis sachlich detailliert und konkretisiert (Band VI S 53 ff, 71 und 85), worauf das Schöffengericht seine Feststellungen unbedenklich zu stützen vermochte, zumal dieses Geständnis mit dem Gutachten des Buchsachverständigen B*** (Band V ON 138 in Verbindung mit Band VI S 307) übereinstimmt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt auch bei diesem Angeklagten einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil die Behauptung, es mangle an Feststellungen darüber, in welchem Umfang der Beschwerdeführer nach der Übernahme der Geschäftsführung tatbestandserfüllende Handlungen gesetzt habe, sich über die entsprechenden Konstatierungen (Band VI S 330 f, 355 ff, 363 ff) hinwegsetzt.
Nach dem Gesagten waren mithin die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Maximilian P*** und Christa E*** zur Gänze und die des Angeklagten Kurt E***, soweit sie die Schuldsprüche wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida betreffen, teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die verbleibende Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt E*** (in Ansehung des Vergehens nach § 114 ASVG), über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der genannten Angeklagten sowie über die Beschwerde des Angeklagten P*** gegen den Widerrufsbeschluß wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.
Anmerkung
E22530European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00119.9.1129.000Dokumentnummer
JJT_19901129_OGH0002_0120OS00119_9000000_000