TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/14 2002/13/0196

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Veröffentlicht am 14.12.2005
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Dr. M F in B, vertreten durch Dr. Peter Zumtobel und Dr. Harald Kronberger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 51, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 26. Juni 2002, Zl. ABK - F 30/01, betreffend Haftung nach §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Mai 2000 zog der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 54 der Wiener Abgabenordnung - WAO für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer der P. GmbH "in Höhe von ATS 17.779,80 (entspricht 1.292,11 EURO) für den Zeitraum Rest Jänner 1994 bis Jänner 1997" zur Haftung heran. Der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der P. GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung der Abgaben veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Nach der Aktenlage seien Löhne und Gehälter ausbezahlt, die damit fälligen Abgaben jedoch nicht vollständig entrichtet worden. Durch die Schlechterstellung des Abgabengläubigers habe der Beschwerdeführer seine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, dass er "in keiner Weise die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt" habe. Vielmehr habe er dafür Sorge getragen, "dass die Abgaben jedenfalls im gleichen Prozentsatz bezahlt werden, wie die Forderungen aller übrigen Gläubiger". Auf Grund des abgeschlossenen Ausgleichsverfahrens habe er "ordnungsgemäß und rechtzeitig Quote bezahlt", sodass er keine weiteren Verbindlichkeiten mehr gegenüber der Bundeshauptstadt Wien habe, unabhängig davon, dass ohnedies von ihm alle Verbindlichkeiten dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend bedient worden seien. Ergänzend verwies er darauf, dass die Wiener Gebietskrankenkasse ebenfalls versucht habe, ihn als Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen, jedoch letztlich seinem Einspruch stattgegeben habe, weil sich herausgestellt habe, dass er die Abgabenverbindlichkeiten jedenfalls zumindest gleich behandelt habe wie Verbindlichkeiten gegenüber allen anderen Gläubigern.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 11. April 2001 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung des Beschwerdeführers ab. Die Geschäftsführereigenschaft des Beschwerdeführers und die erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenrückstände bei der Primärschuldnerin, über deren Vermögen das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei, seien unbestritten. Bei einer Revision am 7. Juli 1997 sei festgestellt worden, dass Löhne und Gehälter bis einschließlich Dezember 1996 ausbezahlt, die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe jedoch nicht vollständig entrichtet worden seien. Der Abgabengläubiger sei somit benachteiligt worden, weshalb dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entsprochen worden sei. Aufgabe des Geschäftsführers sei es, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Nachweis nicht erbracht.

Mit seinem Vorlageantrag wies der Beschwerdeführer den Vorwurf einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von sich. Betrachte man das Verhältnis der Zahlungen an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe im Verhältnis zu den Zahlungen gegenüber der Gesamtgläubigerschaft, welche von der bisherigen Rechtsprechung unzutreffend in einem monatlichen Vergleich ermittelt worden, richtigerweise aber über den gesamten Zeitraum als Gesamtwert zu vergleichen seien, ergebe sich daraus jedenfalls, dass die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe nicht schlechter behandelt worden seien "als die gesamten Gläubiger". Dabei verwies er auf im Verwaltungsverfahren vorgelegte und auch dem Vorlageantrag angeschlossene Urkunden. Dabei handelte es sich u. a. um Aufstellungen von Verbindlichkeiten und Zahlungen für die Monate September bis Dezember 1996 und der Errechnung von "Quote Zahlung WGKK" mit 39 % (September und Oktober), 0 % (November) und 20 % (Dezember) und "Quote Zahlung gesamt" mit 30 % (September), 36 % (Oktober), 25 % (November) und 22 % (Dezember).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung "mit der Maßgabe" ab, dass u.a. "an die Stelle des Betrages von S 17.779,80 der Betrag von EUR 1.292,11 tritt und der Klammerausdruck zu entfallen hat". Der Beschwerdeführer sei seit dem 30. Mai 1994 handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH. "Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers" ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die Monate seit seiner Bestellung zum Geschäftsführer jeweils bis zum 15. des darauf folgenden Monats und auch für die vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer gelegenen Fälligkeiten an Kommunalsteuer 1994 daraus, dass der Beschwerdeführer für die Primärschuldnerin eine vollständige Jahressteuererklärung 1994 einzubringen gehabt habe, welche sich jedoch als unvollständig herausgestellt habe. Das sich aus der Rechtsprechung ergebende Gleichbehandlungsgebot verlange nicht eine Bevorzugung des Abgabengläubigers, sondern dass der Abgabengläubiger nicht schlechter gestellt werde als andere Gläubiger. Warum die Ausbezahlung von Löhnen und Gehältern, ohne die sich daraus ergebende Kommunalsteuer zu leisten, keine Schlechterstellung der Abgabengläubigerin darstellen solle, sei nicht nachvollziehbar. Dass die anderen Abgaben, die sich auf die Löhne beziehen, den Behauptungen des Beschwerdeführers zufolge beglichen worden seien, führe zu keinem Haftungsausschluss, weil dies vielmehr bedeute, dass die Bundeshauptstadt Wien auch gegenüber anderen Abgabengläubigern benachteiligt worden sei. Die Feststellung "des Amtes der Wiener Landesregierung" mit dem vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Bescheid vom 14. April 1999, wonach der Beschwerdeführer deshalb nicht für Sozialversicherungsbeiträge hafte, weil er die Wiener Gebietskrankenkasse gegenüber anderen Gläubigern sogar bevorzugt behandelt habe, würde einen Beleg der Schlechterbehandlung der Bundeshauptstadt Wien als Abgabengläubigerin darstellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 54 Abs. 1 WAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 7 Abs. 1 WAO annehmen darf; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. jüngst das hg. Erkenntnis vom 10. August 2005, 2005/13/0089, mwN).

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. April 2005, 2001/13/0283 und 0284, mwN).

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Auf diesem, nicht aber auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote (vgl. das hg. Erkenntnis zur insoweit vergleichbaren BAO vom 19. Jänner 2005, 2004/13/0156).

Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Ausbezahlung der Löhne im Haftungszeitraum werden in der Beschwerde nicht bestritten. Im Verwaltungsverfahren wurden vom Beschwerdeführer - im Übrigen auch ohne detaillierte Berechnungen - lediglich Zahlungsquoten hinsichtlich offener Verbindlichkeiten angegeben, aus denen sich allein noch nicht ableiten ließ, welche Mittel dem Beschwerdeführer zur Entrichtung der Abgabenschulden der P. GmbH tatsächlich zur Verfügung gestanden sind (vgl. auch das hg. Erkenntnis zur insoweit vergleichbaren BAO vom 29. Jänner 2004, 2000/15/0168).

Den Feststellungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die Löhne und Gehälter sowie die (anderen) sich auf Löhne beziehenden Abgaben beglichen, was eine Benachteiligung der Bundeshauptstadt Wien gegenüber anderen Abgabengläubigern bedeute, tritt der Beschwerdeführer ebenso wenig entgegen, wie der Feststellung der belangten Behörde, dass in der Begründung eines Bescheides "des Amtes der Wiener Landesregierung" vom 14. April 1999 die Bevorzugung der Wiener Gebietskrankenkasse gegenüber den anderen Gläubigern festgestellt sei. Schon damit ist das Schicksal der Beschwerde entschieden, ergibt sich daraus doch eine Schlechterstellung der Bundeshauptstadt Wien als Abgabengläubigerin gegenüber anderen Gläubigern der P. GmbH.

Soweit der Beschwerdeführer eine Haftung nur über einen "größeren Zeitraum beurteilt" wissen möchte, "z.B. in einer Jahresperiode, um dann festzustellen, ob die Abgabenschulden aller Abgabengläubiger im Verhältnis gegenüber den sonstigen Gläubigern und deren Forderungen gleich behandelt wurden oder nicht", genügt der Hinweis, dass etwa die Kommunalsteuer für einen Kalendermonat mit Ablauf dieses Monats entsteht und zum 15. des darauf folgenden Kalendermonats fällig wird (§ 11 KommStG 1993).

Ebenso kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er alle Abgabengläubiger eines Unternehmens gesamthaft betrachtet wissen und die Abgabenverbindlichkeiten diesen gegenüber insgesamt "mit der Gesamtzahlungsquote an alle Gläubiger vergleichen" möchte.

Soweit der Beschwerdeführer eine Übereinstimmung der Beträge des erstinstanzlichen Haftungsbescheides mit "dem Inhalt" des angefochtenen Bescheides bezweifelt, ist er darauf hinzuweisen, dass im Spruch des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien - in Euro ausgedrückt - derselbe Betrag wie im Spruch des angefochtenen Bescheides als Haftungsbetrag aufscheint. Daher treffen seine aus einer "Mitteilung des Magistrates der Stadt Wien" vom 30. Jänner 2002 über die Zusammensetzung des Haftungsbetrages gezogenen Schlüsse nicht zu, er wäre "für einen höheren Betrag in Anspruch genommen, als dies dem Haftungsbescheid zu entnehmen ist." In seiner Stellungnahme zu dieser "Mitteilung" vom 30. Jänner 2002 hat er die Höhe des Haftungsbetrages nicht in Zweifel gezogen.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Dezember 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002130196.X00

Im RIS seit

23.01.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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