TE OGH 1990/12/5 9ObA300/90

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Veröffentlicht am 05.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Edith Söllner und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sonja M***, Angestellte, Innsbruck, Schöpfstraße 25, vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Mauerbach, Hauptstraße/Kreuzbrunn 19, nunmehr vertreten durch Dr. Stephan Frotz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 36.052,69 brutto abzüglich S 14.744,64 netto sA (im Revisionsverfahren S 32.349,73 brutto abzüglich S 14.744,64 netto sA), infolge Rekurses der beklagten Partei und der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, Mauerbach, Hauptstraße/Kreuzbrunn 19, vertreten durch Dr. Stephan Frotz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungs- und Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9.Oktober 1990, GZ 5 Ra 128,152/90-23, womit die Berufung der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, Mauerbach, Hauptstraße/Kreuzbrunn 19, gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.Juli 1990, GZ 46 Cga 139/89-17, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Dem Rekurs der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der vorliegenden, gegen eine "Firma R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, 'P*** BOX', zu Handen der Geschäftsführer Dipl.Ing. Hans R*** und Lieselotte R***, Mauerbach, Hauptstraße 119", als ihre ehemalige Dienstgeberin gerichteten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von S 36.052,69 abzüglich S 14.744,64 netto sA und die Ausstellung eines Dienstzeugnisses. Sie sei seit 30.November 1987 in der Filiale der Beklagten in Innsbruck als Verkäuferin tätig gewesen und am 9.Juni 1989 grundlos entlassen worden. Ihr stehe der geltend gemachte Betrag als Kündigungsentschädigung samt anteiligen Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und restliches Überstundenentgelt zu. Diese Klage wurde dem Geschäftsführer Dipl.Ing. Hans R*** zu eigenen Handen zugestellt.

Über einen mit der Klagezustellung verbundenen Auftrag des Erstgerichts, zum Klagevorbringen Stellung zu nehmen, schritt von vornherein die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Mauerbach, Hauptstraße/Kreuzbrunn 19, vertreten durch Dr. Hans B*** und Dr. Wolfgang S***, Rechtsanwälte in Wien, als Beklagte ein und brachte in ihrem Schriftsatz unter anderem vor, daß sie der Klägerin mittlerweile ein Dienstzeugnis übermittelt habe und es zutreffe, daß die Klägerin vom 30.November 1987 bis 9.Juni 1989 in ihrer Filiale in Innsbruck beschäftigt gewesen sie. Die Entlassung der Klägerin sei jedoch gerechtfertigt erfolgt, da sie Arbeitskarten bewußt unrichtig ausgefüllt und die vorgeschriebene Dienstkleidung nicht getragen habe.

Eine bei diesem Sachverhalt auf der Hand liegende Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei wurde vorerst weder begehrt noch von Amts wegen vorgenommen. Die Klägerin bezeichnete vielmehr in ihrem Schriftsatz vom 5.September 1989 die Beklagte weiterhin fälschlich als "Firma R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, 'P*** BOX'", und die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH schritt in ihren Schriftsätzen vom 7.September 1989 und 11.Oktober 1989 weiterhin als Beklagte ein. Erst in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 23.März 1990 zog der Beklagtenvertreter die "Außerstreitstellungen hinsichtlich des Dienstvertrages mit der Klägerin" zurück und wandte nunmehr die mangelnde passive Klagelegitimation ein, wobei es zumindest fraglich blieb, für welche Gesellschaft er dieses Vorbringen erstattete, da er nach wie vor lediglich die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH vertrat (Protokoll ON 16). Die von der Klägerin "belangte" R*** Offset Druck Gesellschaft mbH sei nicht Dienstgeberin der Klägerin gewesen. Den Zusatz zur Firmenbezeichnung "P*** BOX" gebe es nicht. Dienstgeberin der Klägerin sei vielmehr die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH gewesen. Daraufhin beantragte die Klägerin die Richtigstellung der Parteienbezeichnung der Beklagten.

Das Erstgericht ließ die von der Klägerin beantragte Berichtigung der Parteienbezeichnung auf "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH als Beklagte zu und erkannte diese schuldig, der Klägerin S 32.349,73 brutto abzüglich S 14.744,64 netto sA zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es rechtskräftig ab. Beiden Parteien sei klar gewesen, daß die Klägerin ihre Dienstgeberin in Anspruch habe nehmen wollen und diese sei durch die Bezeichnung "P*** BOX" und die Bezugnahme auf die Filiale in Innsbruck eindeutig konkretisiert gewesen. Im übrigen sei die Entlassung der Klägerin ungerechtfertigt erfolgt.

Die Beklagte ließ diese Entscheidung unangefochten. Innerhalb der Rechtsmittelfrist brachte jedoch die R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Stephan F***, Rechtsanwalt in Wien, eine Berufung ein, in der sie sich gegen die "Parteienänderung" aussprach und die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens beantragte. Das Berufungsgericht wies "die zum Teil auch als Rekurs aufzufassende" Berufung zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die als Berufungswerberin auftretende Gesellschaft nicht dadurch beschwert sein könne, daß dem Klagebegehren gegen die Beklagte stattgegeben worden sei. Da sich die nunmehrige Rechtsmittelwerberin am Verfahren in erster Instanz nie beteiligt habe, treffe sie auch kostenmäßig keine Beschwer. Dies gelte auch für den Berichtigungsbeschluß, zumal durch diesen nur klargestellt worden sei, daß nicht die Rechtsmittelwerberin, sondern die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH als Beklagte fungiere. Gegen diesen Beschluß richtet sich der sowohl von der Beklagten als auch der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH erhobene Rekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Richtigstellung der Parteienbezeichnung von R*** Offset Druck Gesellschaft mbH auf "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen werde, über die Berufung der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH meritorisch zu entscheiden. In eventu wird begehrt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, zunächst über den als Rekurs zu behandelnden Teil der Berufung der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH meritorisch zu erkennen und sodann die Berufung durch Sachentscheidung zu erledigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist unzulässig, da sie die erstgerichtliche Entscheidung nicht angefochten hat, so daß sowohl der Beschluß auf Berichtigung der Parteienbezeichnung als auch das Urteil des Erstgerichts ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist. Der Rekurs der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH ist im Hinblick auf § 519 Abs 1 ZPO zwar zulässig, da das Berufungsgericht die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (vgl. Kuderna, ASGG § 47 Erl. 1); er ist aber nicht berechtigt. Nach § 235 Abs 5 ZPO idF des Art. IV Z 39 der ZVN 1983 ist es "weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei", wenn die Parteibezeichnung "auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist". Eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin durch die Anführung der Unternehmensbezeichnung "P*** BOX" und die Bezugnahme auf die Innsbrucker Filiale der Beklagten in der Salurnerstraße eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß sie dieses Unternehmen als ihre ehemalige Dienstgeberin und nicht etwa eine Druckerei in Mauerbach in Anspruch nehme. In diesem Sinne ist auch die "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH als ehemalige Dienstgeberin auf der Beklagtenseite eingeschritten; die R*** Offset Druck Gesellschaft mbH hat sich am Verfahren erster Instanz gar nicht beteiligt. Die Einwendung der mangelnden passiven Klagelegitimation durch den Beklagtenvertreter war, soweit sich dieser auf eine bisher nicht dargetane Vertretung der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH beziehen sollte, sohin mutwillig und soweit sie die richtige Beklagte betreffen sollte, unzutreffend. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß der Gesetzgeber mit der Novellierung des § 235 ZPO gerade jene häufigen Fälle treffen wollte, in denen - so wie hier - Fehler in der Bezeichnung der beklagten Partei von den Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Passivlegitimation herangezogen werden, indem davon ausgegangen wird, Partei sei jemand anderer als der, der eindeutig gemeint sei, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung zufällig passe, sei nicht als beklagte Partei legitimiert (669 BlgNR 15.GP 52 f zu Z 31).

Da sohin kein Prozeßrechtsverhältnis gegen die R*** Offset Druck Gesellschaft mbH, der es klar war, daß die Klage nach ihrem gesamten Inhalt nicht gegen sie gerichtet war, bestanden hat, ist sie durch die Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei auf die von vornherein in Anspruch genommene und stets auch als beklagte Partei aufgetretene "P*** BOX" R*** Vertriebsgesellschaft mbH nicht beschwert (9 Ob A 11/89). Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, war daher schon das namens der R*** Offset Druck Gesellschaft mbH erhobene Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Erstgerichtes unzulässig (so schon 9 Ob A 251/88, 9 Ob A 134/89 ua). Das Berufungsgericht konnte auf Grund dieses unzulässigen Rechtsmittels keine Sachentscheidung treffen. Soweit die Rekurswerberin einwendet, daß ihre Berufung gegen die erstgerichtliche Entscheidung zumindest auch als für die Beklagte erhoben angesehen werden müßte, übersieht sie, daß sie die Berufung expressis verbis nur im eigenen Namen erhoben hat. Die sich daraus ergebende und "unter Rechtsschutzgesichtspunkten unerträgliche" Rechtslage hat sich die Rekurswerberin selbst zuzuschreiben. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 40 ZPO begründet.

Anmerkung

E22486

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00300.9.1205.000

Dokumentnummer

JJT_19901205_OGH0002_009OBA00300_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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