TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/14 2005/12/0146

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Veröffentlicht am 14.12.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
BDG 1979 §56 Abs1 impl;
BDG 1979 §56 Abs2 impl;
BDG 1979 §56 Abs3 impl;
LDG 1984 §40 Abs1;
LDG 1984 §40 Abs2;
LDG 1984 §40 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch die Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. März 2004, Zl. FA6B-05.01- 70/23-2004, betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung nach § 40 Abs. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1949 geborene Beschwerdeführer stand, zuletzt als Volksschuloberlehrer (Verwendungsgruppe L2A1) in einem (aktiven) öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Er wurde mit Bescheid des Landesschulrats für Steiermark (im Folgenden kurz: LSR) vom 3. November 2003 über seinen Antrag gemäß § 22g Abs. 4a des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes mit Ablauf des 30. November 2003 in den Ruhestand versetzt.

Auf Grund seiner Nebenbeschäftigung als Musiker, Komponist und Mitglied der Kabarettgruppe "4 Xang" waren ihm mit Bescheiden des LSR beginnend ab 14. September 1987 wiederholt Karenzurlaube gegen Entfall der Bezüge nach § 58 Abs. 1 LDG 1984 bewilligt worden (zuletzt mit Bescheid des LSR vom 26. März 2001 für die Zeit vom 10. September 2001 bis zum 8. September 2002).

Mit Bescheid vom 21. März 2002 wies der LSR den Antrag des Beschwerdeführers vom 16. März 2002 auf Gewährung eines (weiteren) Karenzurlaubes vom 9. September 2002 bis zum 7. September 2003 ab, weil die bisher gewährten Karenzurlaube die nach § 58 Abs. 3 Z. 1 des LDG 1984 vorgesehene Gesamtdauer von 10 Jahren bereits erreicht hätten. Der Beschwerdeführer trat in der Folge, nach entsprechender Aufforderung durch den LSR, den Dienst unter Hinweis auf eine psychischer Erkrankung, die nur eine Tätigkeit als Musiker, nicht aber den verantwortungsvollen Beruf eines Lehrers erlaube, nicht an. Mit Disziplinarerkenntnis vom 14. Dezember 2004 wurde über den Beschwerdeführer, weil er vom 11. Juni 2003 bis zum 30. November 2003 ungerechtfertigt dem Dienst ferngeblieben und seiner unzulässigen Nebenbeschäftigung als Musiker weiterhin nachgegangen sei, die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von drei Ruhensbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage (rechtskräftig) verhängt.

Bereits zuvor hatte der LSR mit Bescheid vom 3. Juni 2003 gemäß § 40 Abs. 2 LDG 1984 festgestellt, dass die Ausübung der "Nebentätigkeit" des Beschwerdeführers als Mitglied der Musikgruppe "4 Xang" nicht zulässig sei. Eine Berufung dagegen habe gemäß § 12 Abs. 2 DVG keine aufschiebende Wirkung.

In seiner Begründung führte der LSR aus, nach Konsumierung von Karenzurlauben im Ausmaß von 10 Jahren sei auf Grund der Erfüllung der gesetzlich begrenzten Gesamtdauer eine weitere Karenz nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer hätte daher den Dienst am 9. September 2002 antreten müssen. Tatsächlich habe er dies nicht getan und ein ärztliches Zeugnis zwecks Nachweises einer Dienstunfähigkeit vorgelegt.

Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer auch nach Ablauf des Karenzurlaubes, den er zwecks Ausübung musikalischer Aktivitäten beansprucht habe, in der Gruppe "4 Xang" aktiv gewesen sei und an Konzertreisen im In- und Ausland teilgenommen habe. Konzerttermine lägen faktisch durchgehend vom 13. September 2002 bis zum 25. Oktober 2003 vor, wobei die Termine fast ausschließlich auf jene Tage fielen, an denen Dienst als Volksschullehrer zu verrichten gewesen wäre.

Auch habe das Gutachten des Vertrauensarztes Dr. K kein Krankheitsbild ergeben, das zwar nicht die Ausübung des Lehrberufes, wohl aber von musikkünstlerischen Tätigkeiten, insbesondere auf einer Konzerttournee, angezeigt erscheinen ließe. Vielmehr komme der Gutachter zur Schlussfolgerung, dass zwischen der Tätigkeit in der Musikszene und den behaupteten Leidenszuständen eine Diskrepanz vorliege. Diesen Leidenszuständen komme kein nachhaltiger Krankheitswert bzw. Leidensdruck zu, weil sonst die in Rede stehende Tätigkeit als Musiker über einen so langen Zeitraum nicht kontinuierlich ausgeübt werden könnte. Unter der Voraussetzung "schlafhygienischer" Maßnahmen, psychotherapeutischer Begleitung sowie unter Einbeziehung einer Supervision sei aus neuropsychiatrischer Sicht auch eine Belastung im pädagogischen Bereich als Lehrer zumutbar.

Gemäß § 40 Abs. 2 LDG 1984 dürfe der Landeslehrer keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindere, die Vermutung seiner Befangenheit hervorrufe oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährde. Die künstlerische Tätigkeit auf einer Konzerttournee, die terminlich mit der Dienstzeit kollidiere, hindere an der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und gefährde auch sonstige wesentliche dienstliche Interessen, nämlich die Personalplanung an den österreichischen Schulen. Weiters entstünden näher bezeichnete Schäden durch die Kosten von Vertretungen. Es sei daher die Unzulässigkeit der Nebenbeschäftigung festzustellen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. März 2004 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Sie stellte jedoch - in zeitlicher Hinsicht abändernd - fest, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübte Nebenbeschäftigung als Mitglied der Musikgruppe "4Xang" zumindest im Zeitraum vom 6. Juni 2003 bis zum Wirksamkeitsbeginn seiner Versetzung in den Ruhestand mit 1. Dezember 2003 unzulässig gewesen sei.

In ihrer Begründung verwies sie auf ein im Berufungsverfahren eingeholtes neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. F, woraus sich unter der Voraussetzung einer laufenden begleitenden psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung eine ausreichende Belastungsfähigkeit für die pädagogische Tätigkeit ergebe. Davon ausgehend teilte die belangte Behörde mit näherer Begründung die bereits vom LSR vertretene Rechtsansicht. Über Einwand des Wegfalls des rechtlichen Interesses an einer - in die Zukunft wirkenden - klärenden Feststellung nach der Versetzung in den Ruhestand sei festzustellen, dass die ausgeübte Nebenbeschäftigung als Mitglied der Musikgruppe "4 Xang" im angeführten zeitlichen Geltungsbereich unzulässig gewesen sei. Dieser ergebe sich ab dem Zeitpunkt der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung, somit ab Kenntnis der Unzulässigkeit, und dem Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung. Ab der Ruhestandsversetzung stünden der Nebenbeschäftigung weder dienstliche Aufgaben noch dienstliche Interessen entgegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung jedoch mit Beschluss vom 7. Juni 2005, B 500/04, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 40 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984), die wiedergegebenen Abs. 1 bis 3 in der Stammfassung BGBl. Nr. 302, lautet auszugsweise:

"Nebenbeschäftigung

§ 40. (1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Landeslehrer außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt.

(2) Der Landeslehrer darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.

(3) Der Landeslehrer hat jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt."

(Anmerkung: Abs. 4 in der Stammfassung enthielt eine Meldepflicht für bestimmte Nebenbeschäftigungen. Durch die Novelle, BGBl. Nr. 550/1984, wurde im neuen Abs. 4 für die erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung in bestimmten Fällen eine Genehmigungspflicht angeführt, die in der Folge mehrfach novelliert wurde, jedoch im Beschwerdefall keine Rolle spielt; der bisherige Abs. 4 wurde zum Abs. 5.)

Der besondere Teil der Regierungsvorlage zur Stammfassung, 274 BlgNR XVI. GP, 44f, verweist darauf, dass die ersten vier Absätze des § 40 LDG 1984 von § 56 BDG 1979 übernommen worden seien.

Zu den inhaltsgleichen Bestimmungen des § 56 Abs. 1 bis 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides als subsidiären Rechtsbehelf nach Aufnahme der Nebenbeschäftigung nicht mehr zulässig ist. Danach kommt nur mehr eine - im Beschwerdefall bereits erfolgte - Ahndung als Dienstpflichtverletzung in Betracht. Im Einzelnen wird dazu gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung in den hg. Erkenntnissen vom 1. Oktober 2004, Zl. 2000/12/0195, sowie vom 21. September 2005, Zlen. 2003/12/0026, 2004/12/0058, und 2003/12/0200, verwiesen. Diese Ausführungen gelten auch wegen der inhaltsgleichen Regelung der Nebenbeschäftigung für das LDG 1984.

Im fortgesetzten Verfahren wird somit in Stattgebung der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung der Bescheid des LSR vom 3. Juni 2003 ersatzlos aufzuheben sein.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. Dezember 2005

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005120146.X00

Im RIS seit

09.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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