TE OGH 1990/12/14 11Os129/90

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Veröffentlicht am 14.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael T*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 23. März 1990, GZ. 12 E Vr 129/90-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 23. März 1990, GZ. 12 E Vr 129/90-15, verletzt mit seinen Strafaussprüchen das Gesetz in der Bestimmung des § 494 a Abs. 1 Z. 3 StPO.

Die Strafaussprüche werden aufgehoben.

Die Sache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem (auch einen anderen Beschuldigten betreffenden sowie einen Freispruch enthaltenden) Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 1. März 1990, GZ. 1 b E Vr 108/90-32, wurde der damals achtzehnjährige Michael T*** des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB schuldig erkannt. Der Ausspruch der wegen dieser Jugendstraftat zu verhängenden Strafe wurde gemäß dem § 13 (Abs. 1) JGG für eine Probezeit von einem Jahr vorbehalten. Nach der Fällung dieses unangefochten gebliebenen Urteils beteiligte sich Michael T*** noch am selben Tag in Gmünd an einem Einbruchsdiebstahl: Die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau stellte einen Antrag auf Bestrafung wegen des verübten Verbrechens und beantragte gleichzeitig gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z. 3 StPO und dem § 15 JGG die Festsetzung einer Strafe für die vom erwähnten (schuldigsprechenden) Urteil des Jugendgerichtshofs Wien erfaßte Tat. Bei Entscheidung über diese Anträge fällte der Einzelrichter des Kreisgerichtes Krems an der Donau mit Urteil vom 23. März 1990, GZ. 12 E Vr 129/90-15, einen Schuldspruch wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 2 StGB und verhängte zwei gesonderte Freiheitsstrafen, nämlich eine bedingt nachgesehene in der Dauer von vier Monaten für den abgeurteilten Einbruchsdiebstahl und eine weitere in der Dauer von zwei Monaten als nachträglichen Strafausspruch zu dem gemäß dem § 13 Abs. 1 JGG ergangenen Schuldspruch des Jugendgerichtshofs Wien vom 1. März 1990.

Rechtliche Beurteilung

Die Festsetzung von zwei gesonderten Sanktionen durch dieses in Rechtskraft erwachsene Urteil steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z. 3 StPO hat das Gericht bei Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung, die vor Ablauf der Probezeit nach einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe begangen wurde, die Voraussetzungen für einen nachträglichen Strafausspruch (§§ 15, 16 JGG) zu prüfen und im Fall ihrer Bejahung "die Strafe in einem Ausspruch so zu bemessen, wie wenn die Verurteilung wegen beider strafbarer Handlungen gemeinsam erfolgt wäre". Das Gesetz schließt somit für die hier gegebene Fallgestaltung einen nachträglichen Strafausspruch als gesonderte Unrechtsfolge grundsätzlich aus und schreibt insoweit eine von der Fiktion gemeinsamer Aburteilung aller zu ahndenden Taten ausgehende Sanktionsfindung nach den Bestimmungen über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (§ 28 StGB, §§ 21 f. FinStrG) vor. Die gemeinsame Strafbemessung nach dem § 494 a Abs. 1 Z. 3 StPO darf demgemäß nur dann zu gesonderten Strafaussprüchen führen, wenn die maßgebenden Vorschriften über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen derartige getrennte Strafen vorsehen.

Beim vorliegenden Zusammentreffen der Strafbestimmungen des § 146 StGB und des § 129 StGB ist im Sinn des § 28 Abs. 1 StGB nach dem Absorptionsprinzip für die beiden strafbaren Handlungen unter Zugrundelegung der höheren Strafdrohung (§ 129 StGB) nur eine Strafe zu verhängen. Der einem hier nicht anwendbaren Kumulationsprinzip entsprechende und daher verfehlte Ausspruch einer gesonderten Strafe für die im Schuldspruch des Jugendgerichtshofs Wien festgestellte Straftat wirkte sich zum Nachteil des Beschuldigten aus, weshalb in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes die Gesetzesverletzung festzustellen, die Aufhebung der beiden Strafaussprüche zu verfügen und insoweit nach dem § 292, letzter Satz, StPO die Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen war.

Anmerkung

E22524

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00129.9.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19901214_OGH0002_0110OS00129_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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