Kopf
Der Oberste Gerichtshof Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Dr. Bauer, Hon.Prof.DDr. Dittrich, Dkfm. Dr. Grünwald, Mag. Kinscher, Dr. Lettner und Dr. Placek in der Kartellrechtssache des Antragstellers Ö*** A***, Wien 4, Prinz
Eugenstraße 20-22, wider die Antragsgegnerin M*** A*** GesmbH, Klagenfurt, Ernst Diez-Straße 3, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung und Empfehlung infolge Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 4. April 1990, Kt 1286/89-19, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Anträge des österreichischen Arbeiterkammertages zurückgewiesen werden.
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerin zeigte mit Eingabe vom 30. 6. 1989 vorsorglich die mit ihren Händlern geschlossenen Verträge unter Vorlage eines Vereinbarungsmusters gemäß §§ 13 Abs 2, 20 KartG 1988 (im folgenden nur als "KartG" bezeichnet) als allfällige Vertriebsbindungen an. Diese Verträge enthalten insbesondere folgende Regelungen:
"3.1 Dem Händler wird das nachstehende Verkaufsgebiet zugewiesen: ....
3.3 Der Importeur ist berechtigt, das dem Händler zugewiesene Verkaufsgebiet jederzeit mit sofortiger Wirkung zu ändern, bzw. selbst Firmen als M***-Händler in diesem Verkaufsgebiet zu autorisieren, wenn sich der Marktanteil im Verkaufsgebiet verschlechtert.
6.1 Der Händler ist nicht berechtigt, während der Laufzeit dieses Vertrages ohne schriftliche Zustimmung des Importeurs weder direkt noch indirekt fabriksneue Automobile anderer Marken anzubieten, zu verkaufen oder zu vermitteln oder den offiziellen Kundendienst für solche zu übernehmen, ansonsten der Importeur zur fristlosen Auflösung des Vertrages berechtigt ist.
17.1 Unbeschadet der Vereinbarung unter Punkt 16 hat der Importeur jederzeit das Recht, dieses Abkommen mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Der Importeur ist insbesondere zur Auflösung aus wichtigen Gründen berechtigt, wie z.B.:
....
i) wenn der Händler gegen Punkt 6.1 verstößt."
Der Österreichische Arbeiterkammertag, der von dieser Anzeige einer Vertriebsbindung gemäß § 47 KartG als Amtspartei (§ 44 Abs 1 KartG) verständigt wurde, stellte (zuletzt) den Antrag, das Kartellgericht möge
1. feststellen, daß die angezeigte Vertriebsbindung ein Absichtskartell gemäß § 10 Abs 1 KartG und somit dessen Durchführung gemäß § 18 KartG verboten und gemäß § 22 KartG unwirksam ist,
2. der Antragsgegnerin empfehlen, die gegenständliche Vertriebsbindung unverzüglich als Kartell anzumelden, wenn sie auch in Zukunft beabsichtige, die Bestimmungen, welche ein Gebiets- und Exklusivbindungskartell bilden, beizubehalten.
Obwohl ein solcher Antrag im Kartellgesetz nicht ausdrücklich erwähnt sei, ergebe sich seine Zulässigkeit aus dem Zweck der einschlägigen Bestimmungen des Kartellgesetzes (§§ 22, 44, 57 KartG). Die Antragsgegnerin verwies auf die Unzulässigkeit eines solchen Antrages, beantragte aber die meritorische Abweisung, weil eine Klärung der Rechtslage (vor Durchführung eines Genehmigungsverfahrens) zweckmäßig sei. Ein Kartell, insbesondere ein Absichtskartell, liege nicht vor. Den einzelnen Händlern werde kein Verkaufsgebiet ausschließlich zugewiesen. Sie stünden untereinander in vollem Wettbewerb. Ein Querlieferungsverbot sei im Vertrag nicht enthalten. Es fehle an einem "gemeinsamen Interesse" iS des § 10 KartG. Die Besonderheiten des Vertriebs von Kraftfahrzeugen machten es erforderlich, daß der Importeur einen Händlervertrag nur mit solchen Unternehmen abschließe, die in der Lage seien, die notwendigen Service- und Reparaturleistungen für die Abnehmer mit entsprechend ausgestatteten Werkstätten und qualifiziertem Personal zu erbringen. Das mache es notwendig, als Wiederverkäufer nur Kraftfahrzeughändler mit den entsprechenden fachlichen Voraussetzungen zuzulassen. Wegen der im Autohandel erforderlichen hohen, lokal gebundenen Investitionen bilde auch die Verpflichtung zur sogenannten Markentreue keinen Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen. Diese Vereinbarung führe zwar zu einer Beschränkung des Absatzes, doch liege diese Verpflichtung nicht im gemeinsamen Interesse, sondern nur im Interesse des Importeurs. Eine Absatzbeschränkung gegenüber dem Letztverbraucher trete dadurch nicht ein.
Die Finanzprokuratur war der Ansicht, daß die angezeigte Vertriebsbindung kein Absichtskartell sei. Zwischen den einzelnen Vertragshändlern bestehe keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung. Es liege ein sogenannter Sternvertrag vor, der nach gefestigter Rechtsprechung des Kartellobergerichtes ein Wirkungskartell sei.
Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft war der Meinung, bei einem Vertriebsbindungsvertrag liege eine wettbewerbsbeschränkende Absicht nicht vor. Der Hauptzweck eines solchen Vertrages sei auf die Förderung des Absatzes spezieller oder technisch komplizierter Erzeugnisse auf den einzelnen Handelsstufen gerichtet. Derartige selektive Vertriebsbindungen seien ein geeignetes Mittel, ein wirksames Vertriebsnetz aufzubauen. Ein solches Vertriebssystem sei im Kraftfahrzeugsektor unentbehrlich. Es führe nicht zur Aufteilung von Märkten durch mehrere Mitbewerber, sondern zu einer Marktgebietszuteilung, bei der das Interesse des Herstellers auf eine Verkaufsmaximierung und nicht auf eine Wettbewerbsbeschränkung gerichtet sei. Der Wettbewerb im Kraftfahrzeugsektor konzentriere sich auf einen Markenwettbewerb zwischen rivalisierenden Vertriebsnetzen. Daher könnten gewisse beschränkende Nebenabreden in einem primär anderen Zwecken dienenden Vertrag hingenommen werden.
Das Kartellgericht wies die Anträge des Österreichischen Arbeiterkammertages ab.
Das Kartellgesetz weise den Amtsparteien in einzelnen Angelegenheiten besondere Antragsrechte zu (§§ 25 Z 3, 27 Z 2, 33 Z 2, 37, 57, 58, 66 KartG). In nichtstreitigen Rechtsangelegenheiten habe das Gericht von Amts wegen oder auf Ansuchen der Parteien nur insofern vorzugehen, als es die Gesetze anordnen. Es bedürfe eines gesetzlichen Anspruchs, der im Außerstreitverfahren zu prüfen sei. Der gerichtlichen Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechts mit Feststellungsklage oder Zwischenantrag auf Feststellung im Zivilprozeß stehe kein Äquivalent im Außerstreitverfahren gegenüber. Das Kartellgesetz kenne allerdings einen Feststellungsbeschluß (§ 68 Abs 1 KartG), mit welchem das Kartellgericht (gegebenenfalls) auszusprechen habe, durch welche Änderungen und Ergänzungen des Kartells oder der Empfehlungen bestimmte Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist abgewendet werden könnten. Diese Bestimmung regle nur einen einzelnen speziellen Fall und enthalte keine Anhaltspunkte dafür, daß auch in der vorliegenden, einen ganz anderen Regelungskreis betreffenden Sache mit einem Feststellungsbeschluß vorzugehen sei. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege nicht vor. Auch eine Zuständigkeit des Kartellgerichtes, beschlußmäßige Empfehlungen an Kartellmitglieder zu erteilen, sehe das Kartellgesetz nicht vor. § 57 KartG enthalte zwar eine ähnliche Bestimmung, die aber nur auf Mitglieder von Wirkungs- und Verhaltungskartellen anzuwenden sei. Da der Antragsteller ausdrücklich die Feststellung des Vorliegens eines Absichtskartells begehre, sei sein Antrag nicht als Begehren nach § 57 KartG zu verstehen. Eine analoge Anwendung des § 57 KartG auf Absichtskartelle komme aber nicht in Betracht. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege auch hier nicht vor. § 57 KartG gelte nur für jene Kartelle, die vor ihrer rechtskräftigen Genehmigung durchgeführt werden dürften, nämlich Wirkungs- und Verhaltenskartelle, die keine Bagatellkartelle seien, aber nicht für Absichtskartelle, deren - strafrechtlich
sanktionslose - Durchführung vor ihrer Genehmigung nicht denkbar sei. Der Österreichische Arbeiterkammertag erhebt gegen den Beschluß des Kartellgerichtes Rekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und (gemeint wohl: in der Begründung) auszusprechen, daß den Amtsparteien auch in Angelegenheiten, in denen dies das Kartellgesetz nicht ausdrücklich normiere, Parteistellung (gemeint wohl: ein Antragsrecht) zukomme und sie insbesondere die Feststellung der Nichtigkeit von Kartellverträgen begehren könnten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurswerber verweist auf die bisherige Entwicklung der Kartellgesetzgebung, die die Amtsparteien in immer stärkerem Ausmaß zur Mitwirkung bei der Kontrolle von Kartellen berufe. Gesetzliche Vorschriften, die die Befugnisse der Amtsparteien festlegten, seien daher ausdehnend auszulegen. Auf die Unwirksamkeit eines Kartellvertrages nach § 22 KartG dürften sich nicht nur die Kartellmitglieder berufen; das Recht zur Feststellung der Nichtigkeit sei vielmehr auch den Amtsparteien zuzuerkennen.
§ 1 AußStrG stehe einer solchen lückenfüllenden Auslegung des Kartellgesetzes nicht entgegen.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen.
Gemäß § 43 KartG entscheiden das Kartellgericht und das Kartellobergericht in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz im Verfahren außer Streitsachen. Aus dieser Formulierung ergibt sich, daß nach den allgemeinen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes vorzugehen ist, soweit im Kartellgesetz nichts anderes bestimmt wird (RV 633 BlgNR 17.GP 34). Wie das Erstgericht zutreffend erkannte, hat das Gericht gemäß § 1 AußStrG in nichtstreitigen Angelegenheiten von Amts wegen oder auf Ansuchen der Parteien nur insofern vorzugehen, als es die Gesetze anordnen. Das bedeutet, daß im außerstreitigen Verfahren nur über solche Ansprüche zu erkennen ist, für die das Gesetz dies ausdrücklich oder wenigstens nach seiner Teleologie anordnet. Ansprüche auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes sind aber von den (materiell legitimierten) Beteiligten mit Klage (§ 228 ZPO) oder Zwischenantrag auf Feststellung (§§ 236, 259 ZPO) im streitigen Verfahren geltend zu machen. Das gilt insbesondere auch für Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Kartellvertrages (§ 122 Abs 1 KartG). Das Kartellgesetz sieht dagegen ein allgemeines Feststellungsverfahren vor den Kartellgerichten weder zur Klärung der Rechtsbeziehungen unter den Parteien des Kartellvertrages, noch zur Klärung der Frage vor, ob die Durchführung einer bestimmten Vereinbarung vor der rechtskräftigen Genehmigung als Absichtskartell gemäß § 18 Abs 1 KartG verboten und gemäß § 22 KartG zivilrechtlich unwirksam ist. Der schon vom Erstgericht erwähnte Feststellungsbeschluß nach § 68 Abs 1 KartG betrifft einen besonderen Einzelfall während eines anhängigen Genehmigungs- oder Untersagungsverfahrens. Zu einer Klärung, ob eine Vereinbarung ein Absichtskartell ist, kann es in einem Verfahren vor dem Kartellgericht nur kommen, wenn die (präsumptiven) Kartellmitglieder die getroffene Vereinbarung vorsichtshalber als Kartell anmelden, in der Anmeldung aber bereits die Auffassung vertreten, es liege gar kein Kartell vor, und das Kartellgericht der selben Ansicht ist und den Antrag daher zurückweist. An einer derartigen Vorgangsweise haben jedoch nur die Mitglieder der Vereinbarung ein rechtliches Interesse, um nicht ein Strafverfahren zu riskieren. Ähnliches wurde vom Kartellobergericht in den Fällen des § 57 KartG ausgesprochen (Okt 4/90; Okt 27/90). Ein gleichartiges rechtliches Interesse einer Amtspartei besteht hingegen nicht.
Mit dem Argument, die kontrollierende Mitwirkung der Amtsparteien bei der Vollziehung des Kartellgesetzes erfordere es, ihnen die Befugnis zur Feststellung der Nichtigkeit eines Kartellvertrages zuzuerkennen, übersieht der Rekurswerber allgemeine Grundprinzipien des vom Gesetzgeber auf verschiedenen Gebieten eingeführten Verbandsklagerechts (Verbandsantragsrechts), das bestimmten Institutionen zur Wahrung überindividueller Gemeinschaftsinteressen eingeräumt wird. Während der Rechtschutz der Individualparteien in ihren eigenen Angelegenheiten grundsätzlich ein umfassender ist, so daß ihnen nach Maßgabe der anzuwendenden Verfahrensgesetze alle Klage- und Antragsmöglichkeiten zur Wahrung ihrer Rechtsstellung zur Verfügung stehen, reicht das Verbandsklagerecht (die Verbandsantragsbefugnis), mit der eine dazu vom Gesetzgeber legitimierte Institution - zwar formell im eigenen Namen - materiell aber im fremden Interesse Rechtschutzansprüche geltend macht, jeweils nur soweit, als es das einschlägige Gesetz (vgl etwa § 14 UWG, § 28 KSchG, § 54 ASGG) bestimmt. Als "Amtspartei" kommt dem Rekurswerber zwar gemäß § 44 Abs 1 KartG Parteistellung in (grundsätzlich allen im KartG vorgesehenen) Verfahren (Ausnahme: § 30 KartG) zu, auch wenn er nicht der Antragsteller ist. Das Antragsrecht der Amtsparteien im Kartellverfahren ist aber kein umfassendes, sondern auf einzelne Aufgaben beschränkt, die schon die erste Instanz aufgezählt hat. Der geltend gemachte Feststellungsantrag gehört nicht zu diesem Aufgabenkreis und ist auch sonst im Kartellgesetz nicht vorgesehen. Auch eine Empfehlung an die Kartellmitglieder, die Vertriebsbindung als (Absichts-)Kartell anzumelden, ist nicht beschlußmäßig auszusprechen. Das Gesetz sieht eine solche Vorgangsweise nicht vor. Eine Aufforderung zum Genehmigungsantrag ist - auf Antrag einer Amtspartei - nur an die Mitglieder von Wirkungs- und Verhaltenskartellen (§ 57 Abs 1 KartG) zu richten. Eine analoge Anwendung des § 57 KartG auf Absichtskartelle macht der Rekurswerber in zweiter Instanz nicht mehr geltend. Sie kommt auch aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Gemäß § 18 KartG ist die auch nur teilweise Durchführung von Kartellen vor der rechtskräftigen Genehmigung verboten. Von dieser Rechtsfolge sind Wirkungskartelle, Verhaltenskartelle und Bagatellkartelle ausgenommen. Bei Wirkungskartellen liegt der Grund für diese Begünstigung darin, daß den Mitgliedern eines solchen Kartells die Tatsache, daß ein Kartell vorliegt, nicht bewußt ist (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, I, 139, 214; Gugerbauer, Das Kartellgesetz 60; Braumann-Novotny, ÖBl 1984, 57 [61]; Hanreich, ÖZW 1988, 108 [117]; Okt 4/90). Bei den Verhaltenskartellen trifft diese Erwägung zwar nicht zu, doch dürfte der Gesetzgeber bei der Gleichstellung mit den Wirkungskartellen in § 18 KartG von der praktischen Erwägung ausgegangen sein, daß das Kartellgericht in der Regel erst auf Grund der Mitteilung einer Interessenvertretung vom Verdacht des Bestehens eines Verhaltenskartells Kenntnis erlangen wird (vgl dazu die Materialien zum KartG 1972, 433 BlgNR 13.GP 32). Das Kartellgesetz 1988 unternahm in diesem Zusammenhang in § 57 den Versuch, den allfälligen Mitgliedern eines solchen Kartells in möglichst einfacher und kostensparender Weise vor Augen zu führen, daß der Verdacht des Bestehens eines Kartells geäußert wurde und die Durchführung eines solchen Rechtsfolgen nach sich zieht. Den Aufgeforderten soll zur Kenntnis gebracht werden, daß eine Amtspartei der Meinung ist, es liege ein Wirkungs- oder Verhaltenskartell vor. Sie werden damit in die Lage versetzt, ihrerseits zu prüfen, ob die Annahme der Amtspartei zutreffend ist und sich danach entsprechend zu verhalten.
Mit diesem Gesetzeszweck stehen die Anträge des Rekurswerbers schon deshalb nicht in Einklang, weil durch sie gleichzeitig mit der beantragten Empfehlung durch Feststellungsbeschluß (offenbar bindend!) ausgesprochen werden soll, daß ein Absichtskartell vorliegt. Daß sich die Regelung des § 57 KartG aber auch auf bloß vermeintliche Absichtskartelle nicht übertragen läßt, folgt schon aus § 57 Abs 3 KartG, wonach - positiv umformuliert - den Kartellmitgliedern die weitere Durchführung del Kartells erlaubt ist, wenn sie der Aufforderung zum Genehmigungsantrag rechtzeitig nachkommen. Auf Absichtskartelle könnte aber diese Regelung nicht angewendet werden. Bei ihnen geht der Gesetzgeber davon aus, daß die mit einer bestimmten Vereinbarung im gemeinsamen Interesse geradezu
bezweckte Wettbewerbsbeschränkung (vgl die Worte ... bewirkt werden soll .... in § 10 Abs 1 KartG) den Mitgliedern bewußt ist, so daß es
einer Aufforderung zum Genehmigungsantrag nicht bedarf, die Kartellmitglieder also selbst beurteilen müssen, ob sie sich mit der bei Absichtskartellen auch nur teilweisen Durchführung einer Vereinbarung vor ihrer rechtskräftigen Genehmigung strafbar machen (§ 130 KartG) und das Risiko der zivilrechtlichen Nichtigkeit des Vertrages auf sich nehmen. Schließlich müßte aber der vom Antragsteller begehrte positive Feststellungsbeschluß - soll er nicht ohne kartellrechtliche Wirkungen bleiben - dazu führen, daß auch ohne Antrag der Mitglieder des Kartells von Amts wegen über die Genehmigung abgesprochen werden müßte, was mit dem nach dem KartG geltenden Antragsprinzip nicht in Einklang zu bringen wäre. Die Anträge des Rekurswerbers sind daher nicht zulässig, so daß der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe zu bestätigen ist, daß diese Anträge (ohne sachliche Prüfung) zurückzuweisen sind.
Anmerkung
E22525European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:000OKT00035.9.1217.000Dokumentnummer
JJT_19901217_OGH0002_000OKT00035_9000000_000