Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Müller (Arbeitgeber) und Norber Kunc (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wilfried W***, 4820 Bad Ischl, Praterweg 9, vertreten durch Dr.Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei P*** DER A***
(L*** S***), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6.September 1990, GZ 12 Rs 99/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6.April 1990, GZ 18 Cgs 18/90-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.12.1989 gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der am 14.3.1957 geborene Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als Ausfahrer tätig war. Aus medizinischer Sicht hat der Kläger mit einem Intelligenzquotienten von 120 und einem guten Abschneiden in den Leistungstests keinen Hinweis auf irgendwelche Behinderungen, Leistungsmängel oder Abbau geboten. Er ist als eine höhergradig abnorme Persönlichkeit zu beschreiben, er wirkt äußerst narzißtisch, ist sicherlich instabil und psychisch wenig belastbar. Diese Persönlichkeitsstruktur wurde zur Grundlage eines extremen "Aussteigertums". Eine eigentliche Krankheit besteht nicht. Der Kläger ist auf Grund seiner psychischen Abnormität zu keinen Arbeiten befähigt, die Eigeninitiative, Schwung, Umsicht und Einfügung in ein ausgesprochenes "Teamworkmilieu" benötigen. Im übrigen kann er körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen 8 Stunden täglich verrichten. Arbeiten, die große Sorgfalt benötigen wie auch genaues Bedienen von Maschinen sind von ihm nicht zu verlangen.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht das Vorliegen des Invalidität iS des § 255 Abs 3 ASVG, weil der Kläger zumindest noch die Verweisungstätigkeiten eines Geschirrspülers, eines Abräumers in einem Selbstbedienungsrestaurant oder eines Verpackungsarbeiters verrichten könne.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtliche Feststellung, daß der Kläger in den letzten 15 Jahren überwiegend als Ausfahrer tätig gewesen sei. Nach den eigenen Angaben des Klägers beim berufskundlichen (richtig offenbar medizinischen) Sachverständigen in Verbindung mit dem im Pensionsakt festgehaltenen Versicherungsverlauf sei eindeutig klargestellt, daß eine überwiegende Beschäftigung in dem vom Kläger erlernten (Büromaschinenmechaniker) oder einem angelernten Beruf nicht gegeben sei, sondern die Zeiten der Beschäftigung als nicht qualifizierte Arbeitskraft überwiegen würden. Dazu komme, daß der Kläger auch in der Berufung konkrete Behauptungen zu seiner qualifizierten Beschäftigung vermissen lasse. Es treffe auch nicht zu, daß der Kläger auf Grund seiner abnormen Persönlichkeit zu den vom Erstgericht genannten Verweisungstätigkeiten nicht mehr befähigt wäre. Die Eingliederung in eine betriebliche Organisation und Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern sei bei den Berufen eines Geschirrspülers oder Abräumers in Restaurants nicht dergestalt, daß von einem ausgesprochenen "Teamworkmilieu" die Rede sein könne. Auch seien die bei diesen einfachen Berufen gestellten Anforderungen an Initiative und Umsicht derart gering, daß sie vom Kläger trotz seines eingeschränkten psychischen Kalküls bewältigt werden könnten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist nicht berechtigt. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Berufsschutz eines Versicherten (§ 255 Abs 1 und 2 ASVG) ist zwar in allen Fällen, in denen bei Bestehen eines solchen die Verweisbarkeit fraglich wäre und hierüber keine Klarheit besteht, von Amts wegen zu prüfen (SSV-NF 3/136, 10 Ob S 209/90 ua). Dies hat aber schon das Erstgericht getan und festgestellt, daß der Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als Ausfahrer tätig war. Der aus dem Anstaltsakt ersichtliche Versicherungsverlauf (Blatt 5 und 35) zeigt, daß der Kläger während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (1.12.1974 bis 3.11.1989) nur 61 Beitragsmonate nach dem ASVG erworben hat und nicht in mehr als der Hälfte dieser Beitragsmonate eine Tätigkeit iS des § 255 Abs 2 ASVG ausübte: Auch seinen eigenen Angaben zufolge war er vielmehr überwiegend, nälich mindestens 36 Monate als Ausfahrer bzw kurzfristig als Kraftfahrer bei der Fa. P*** (Geldtransporte) und nicht in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig; auf seinen erlernten Beruf Büromaschinenmechaniker fallen hingegen höchstens 24 Beitragsmonate. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß sich der am 14.3.1957 geborene Kläger mangels Berufsschutzes auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen muß, ist zutreffend (§ 48 ASGG). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen sind ihm die beispielsweise genannten Verweisungstätigkeiten eines Geschirrspülers oder Abräumers in Restaurants oder eines Verpackungsarbeiters durchaus zumutbar.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (SSV-NF 1/19, 2/26, 27 uva).
Anmerkung
E22513European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00393.9.1218.000Dokumentnummer
JJT_19901218_OGH0002_010OBS00393_9000000_000