TE OGH 1990/12/19 3Ob1090/90 (3Ob1091/90)

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Veröffentlicht am 19.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** Grundstückverwaltung Gesellschaft m.b.H., Wien 3. Kundmanngasse 21, vertreten durch Dr. Viktor Cerha ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Werner S***, Steuerberater, Innsbruck, Stafflerstraße 1, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie die auf Seite der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenientin B*** F*** A*** UND W*** AG, Innsbruck, Südtirolerplatz 14-16, vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erledigung eines Widerspruches nach §§ 231 f EO, 1) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Februar 1990, GZ 2 a R 681/89-53, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Rattenberg, vom 16. Oktober 1989, GZ 1 C 364/89p-45, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, 2) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Erstehers Franz A***, Kaufmann, Kundl, Liesfeld 155, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den im Urteil des Berufungsgerichtes enthaltenen Verteilungsbeschluß, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 11. März 1986, GZ E 108/83-141, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei und der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstehers Franz A*** werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1) Zur Revision der beklagten Partei:

Entgegen der Darstellung der außerordentlichen Revision hat die klagende Partei in ihrem Widerspruch keinen bestimmten Zinssatz anerkannt oder den Zuspruch von Zinseszinsen zugestanden, sondern die angemeldeten Zinsen wurden schlechthin bestritten. Der genannte Betrag von S 2,250.000,-- beruhte nur auf einer bestimmten, aber nicht anerkannten, Berechnungsweise, nämlich der Berechnung von insgesamt 15 % Zinsen für drei Jahre. Der Zuspruch des Berufungsgerichtes liegt bei den Zinsen über diesem Betrag, und ihm Rahmen der Nebengebührenkaution wurde ohnedies der gesamte Höchstbetrag ausgeschöpft. Der durch den erhobenen Widerspruch gesetzte Überprüfungsrahmen wurde daher nicht überschritten. Die Überlegung, wegen des vom Berufungsgericht ausgesprochenen Rechtskraftvorbehaltes liege eigentlich erst die Entscheidung einer Instanz vor, ist nicht nachvollziehbar, weil ja der Oberste Gerichtshof schon im ersten Rechtsgang angerufen wurde. Die Feststellung des Erstgerichtes, die Rechtsvorgängerin des Beklagten habe seit dem 7. Mai 1982 statt der banküblichen Zinsen 15 % Zinsen und zuzüglich 15 % Verzugszinsen verrechnet und der Verpflichtete habe gegen die Kontoauszüge keinen Einspruch erhoben, wurde vom Berufungsgericht nicht abgeändert. Das Berufungsgericht vertrat nur die Ansicht, daß ohne Vereinbarung eines so hohen Zinssatzes und ohne Eintritt der Voraussetzungen für eine Anpassung des vereinbarten Zinssatzes an die geänderten Geldmarktverhältnisse durch bloßes Schweigen keine Anerkennung erfolgt sei. Ob diese Ansicht zutrifft, muß nicht näher geprüft werden; denn für die dingliche Sicherung sind nicht vom Schuldner ursprünglich nicht geschuldete, aber dann anerkannte Zinssätze, sondern ausschließlich die in den der Pfandbestellung zugrundeliegenden Urkunden vereinbarten Zinssätze maßgebend, also hier höchstens die den Geldmarktverhältnissen angepaßten Zinserhöhungen.

Ähnliches gilt für die vierteljährliche Kapitalisierung offener Zinsbeträge. Selbst wenn dem Rechtsvorgänger des Beklagten das Recht zugestanden haben mag, offene Zinsbeträge zu kapitalisieren, ist für den Beklagten nichts zu gewinnen; denn die dingliche Sicherung erstreckte sich nur auf den eingetragenen Kapitalsbetrag und dieser wurde ohnedies als zur Gänze unberichtigt behandelt. Für die zu E 3308/82 betriebenen Zinsen wurde nach den Behauptungen der beklagten Partei ein Zwangspfandrecht zu CLNr 7 erwirkt. Dieses Pfandrecht geht dem Pfandrecht der klagenden Partei im Range nach, sodaß es nicht bei der Zuweisung zu CLNr 1 berücksichtigt werden konnte.

Zur Aktivlegitimation wurde schon alles nötige im Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 16. November 1988, 3 Ob 122/88, gesagt. Auf die erst nach dem Schluß der Verhandlung in dieser Rechtssache eingetretene Rechtskraft im Prozeß über den Widerspruch der beklagten Partei gegen die zu CLNr 3 erfolgte Zuweisung an die klagende Partei kann nicht Bedacht genommen werden. Die Ansicht, der beklagten Partei hätte im vorangegangenen Verteilungsverfahren zur Bekämpfung der Verweisung des Widerspruches der klagenden Partei auf den Rechtsweg wegen gänzlicher Zuweisung des Meistbotes an die beklagte Partei die Beschwer zur Erhebung eines Rekurses gemangelt, ist unzutreffend. Die Zuweisung des ganzen Meistbotes war ja gerade durch den Widerspruch in Frage gestellt. Eine dem Gesetz nicht entsprechende Verweisung auf den Rechtsweg hätte daher, soweit nicht Neuerungen geltend gemacht werden mußten, mit Rekurs bekämpft werden können.

Die Zuweisung des durch den erfolgten Widerspruch der klagenden Partei frei gewordenen Teiles des Meistbotes an die klagende Partei hatte gemäß § 231 Abs 1 EO vorläufig so zu erfolgen, als ob der Anspruch der klagenden Partei unbestritten wäre, also im vorliegenden Fall wegen fehlenden Nachweises einer schon entstandenen Forderung durch zinstragende Anlegung iSd § 224 Abs 2 EO. Mit der Ausführung des (geänderten) Verteilungsbeschlusses ist allerdings gemäß § 236 Abs 3 EO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der beklagten Partei zuzuwarten.

2.) Zum Revisionsrekurs des Erstehers:

Nach Erledigung eines Widerspruches faßte das Berufungsgericht einen neuen Verteilungsbeschluß, wobei es um folgende Beträge geht:

Das Erstgericht hatte das Meistbot zu EZ 151 II (= Abschnitt BB) von S 16,5 Mio wie folgt verteilt:

1) Der Gemeinde R (I A 1)                      17.470,-- S

2) Dem Dr. Werner S (I A 2)                    57.042,-- S

3) Dem Dr. Werner S zu CLNr 1 =

COZ 4 (I B 1)

a) an Kapital:     5,000.000,-- S

b) an Zinsen und

Kosten:           10,299.923,81 S

zusammen                               15,299.923,81 S

4) Dem Dr. Werner S zu CLNr 2 = COZ 5

(I B 2)

den Meistbotrest von                    1,125.564,19 S.

Die Meistbot- und Fruktifikationszinsen verteilte das

Erstgericht wie folgt:

1) Der Gemeinde R                            0,31 %

2) Dem Dr. Werner S                          1,07 %

3) Dem Ersteher Franz A infolge Übernahme

   der Pfandrechte zu CLNr 1 und 2          98,62 %.

Das Berufungsgericht verteilte demgegenüber wie folgt:

1) Der Gemeinde R wie bisher                    17.470,-- S

2) Dem Dr. Werner S wie bisher                  57.042,-- S

3) Dem Dr. Werner S zu CLNr 1

a) an Kapital wie bisher 5,000.000,-- S

b) an Zinsen und Kosten

nur mehr                 5,584.603,81 S

zusammen daher nur                      10,584.603,81 S

4) Dem Dr. Werner S zu CLNr 2 jetzt den

   gesamten Höchstbetrag von                 3,900.000,-- S

5)

Der A-GmbH zu CLNr 3 = COZ 18 den

freigewordenen weiteren Meistbotrest von 1,940.884,19 S

Die Meistbot- und Fruktifikationszinsen verteilte das Berufungsgericht wie folgt:

1) Der Gemeinde R wie bisher                 0,31 %

2) Dem Dr. Werner S wie bisher               1,07 %

3) Dem Ersteher Franz A nur mehr            35,11 %

4) Der A-GmbH die restlichen                63,51 %.

Nur gegen die Änderung des ihm zugewiesenen Anteiles an den Meistbot- und Fruktifikationszinsen erhebt der Ersteher Franz A einen außerordentlichen Revisionsrekurs.

Auch dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Bestimmung des § 54 Abs 2 JN auch im Meistbotverteilungsverfahren anzuwenden. Danach bleiben Zinsen, welche nur als Nebenforderung geltend gemacht werden, bei der Berechnung des früher relevanten Beschwerdegegenstandes und des seit der WGN 1989 für die Anfechtbarkeit in dritter Instanz maßgeblichen Entscheidungsgegenstandes unberücksichtigt. Werden also im Verteilungsverfahren Zinsen als Nebenforderung zu einem Kapitalbetrag angemeldet und zugewiesen und wird in zweiter Instanz nur die Zuweisung solcher Zinsen bekämpft, so gilt unabhängig von der Höhe dieser strittigen Zinsenbeträge, daß die zweite Instanz nur über einen Gegenstand entschieden hat, der an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt, sodaß gemäß § 78 EO der Revisionsrekursausschluß nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO zum Tragen kommt (SZ 57/43, RZ 1986/41 ua für die Rechtslage vor der WGN 1989 jeweils mit Ablehnung von im Schrifttum geäußerten Gegenmeinungen; 3 ob 90/90 = Jus extra 1990/548 für die Rechtslage nach der WGN 1989). Der Umstand, daß die Änderung der Zuweisung von Zinsen die Kapitalzuweisung eines nachfolgenden Berechtigten beeinflußt, ändert nichts daran, daß an die zweite Instanz nur die Überprüfung von Zinsenzuweisungen herangetragen wurde. Gerade dieser Gegenstand der Entscheidung der zweiten Instanz ist aber seit der WGN 1989 allein ausschlagebend. Eine denkmögliche Differenzierung in der Weise, daß die Bestimmung des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO nur zum Tragen komme, wenn die zweite Instanz die bekämpfte Zinsenzuweisung der ersten Instanz bestätigt oder aufhebt, einen Rekurs dieser Art zurückweist oder infolge Abänderung der strittigen Zinsenzuweisung nur die Zuweisung von als Nebenforderungen angemeldeten Zinsen, Kosten u.dgl. oder eines 50.000,-- S nicht übersteigenden Kapitalsbetrags zum Vorteil oder Nachteil eines anderen Berechtigten abändert, nicht aber dann, wenn infolge einer solchen Abänderung einer Zinsenzuweisung eine Kapitalszuweisung in einem S 50.000,-- übersteigenden Betrag abgeändert wird, wird vom erkennenden Senat abgelehnt.

Im vorliegenden Fall muß aber noch auf die Besonderheit eingegangen werden, daß die vom Ersteher bekämpfte neue Verteilung der zweiten Instanz nicht in einem gewöhnlichen Rechtsmittelverfahren, sondern anläßlich der urteilsmäßigen Erledigung eines Widerspruches erging.

Gegenstand der Entscheidung der zweiten Instanz sind in einem solchen Fall zwei Punkte: Einerseits wird über den Widerspruch entschieden, andererseits erfolgt die neuerliche Verteilung des strittigen Teiles des Meistbotes. Die Entscheidung über den Widerspruch selbst ist mit Berufung und Revision anfechtbar. Wenn aber in einem Urteil, durch welches einem erhobenen Widerspruch stattgegeben wird, auch die neuerliche Verteilung des durch den Widerspruch freigewordenen Teiles des Meistbotes erfolgt (§ 233 Abs 1 EO), so ist das Urteil insoweit nur mit Rekurs und Revisionsrekurs anzufechten, weil es sich hier um eine in das Exekutionsverfahren gehörige Entscheidung handelt, die daher auch ausschließlich nach den Verfahrensgrundsätzen der Exekutionsordnung einschließlich der Rechtsmittelbeschränkungen und -erweiterungen zu bekämpfen ist (Heller-Berger-Stix, EO4 1587).

Daraus folgt, daß der Entscheidungsgegenstand der zweiten Instanz im eigentlichen Urteilsteil anders sein kann als in dem im Urteil enthaltenen Beschlußteil. Da im Rechtsstreit über den Widerspruch die dort nicht als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen die allein vorhandene Hauptsache und keine Nebenforderung zu einem anderen Streitgegenstand iSd § 54 Abs 2 JN waren, kommt es für die Anfechtbarkeit des eigentlichen Urteils auf den Wert der strittigen Zinsen an (vgl SZ 47/107, SZ 47/150). Für die hievon zu trennende, im Urteil enthaltene Entscheidung über die neuerliche Verteilung ging es aber in zweiter Instanz um Zinsen, welche im Verteilungsverfahren als Nebenforderung geltend gemacht wurden, also um Nebenforderungen, welche gemäß § 54 Abs 2 JN bei der Berechnung des Wertes des Entscheidungsgegenstandes unberücksichtigt bleiben. Die Entscheidung der zweiten Instanz ist hier so zu behandeln, wie wenn das Gericht zweiter Instanz sonst den Verteilungsbeschluß des Erstgerichtes abgeändert hätte, und nicht in einem weiteren Umfange anfechtbar, als es ein sonst vom Gericht zweiter Instanz ergangener abändernder Verteilungsbeschluß wäre.

Aus Anlaß des somit überhaupt unzulässigen Revisionsrekurses ist nicht darauf einzugehen, ob der außerordentliche Revisionsrekurs mit der allein vorgetragenen Rechtsansicht, anläßlich der Vornahme einer neuen Verteilung nach Erledigung eines Widerspruches könne die nicht ausdrücklich mit Widerspruch bekämpfte Zuweisung anteiliger Meistbot- und Fruktifikationszinsen nicht mehr geändert werden, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzeigt.

Anmerkung

E22601

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB01090.9.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19901219_OGH0002_0030OB01090_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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