Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Gamerith und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Mag. Michael Zawodsky in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karla F***, Angestellte, Ried im Innkreis, Schwimmbadstraße 20, vertreten durch Dr. Johann K***, Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Linz, Holzgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei BMV M***, Inhaber KommRat Kurt M***, Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 41, vertreten durch Dr. Helmut Valenta, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 86.721,92 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. September 1990, GZ 12 Ra 65/90-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. März 1990, GZ 4 Cga 68/88-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin war seit 1. April 1975 als Angestellte bei der beklagten Partei beschäftigt. Sie hatte allgemeine Bürotätigkeiten zu verrichten, das Telefon zu bedienen, die Spesenabrechnung der Vertreter durchzuführen sowie die Kasse zu verwalten. Entscheidungsgewalt hatte sie im Rahmen ihres Tätigkeitsbereiches nicht. Ein schriftlicher Dienstvertrag wurde nicht errichtet, Vereinbarungen hinsichtlich einer Konkurrenzklausel bzw über ein Verbot nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen der beklagten Partei in gleichartigen Unternehmen tätig zu sein, wurden nicht getroffen. Die Klägerin war bei ihrer Tätigkeit dem damaligen Geschäftsführer August W*** unterstellt. Im September 1984 erlitt dieser einen Arbeitsunfall, woraufhin die Klägerin spontan aus seinem Tätigkeitsbereich die Provisionsabrechnungen der Außendienstmitarbeiter übernehmen mußte. Die dabei zugrunde zu legenden Provisionssätze konnte die Klägerin schriftlichen Vereinbarungen nicht entnehmen; sie mußte vielmehr dazu den Außendienstmitarbeiter Helmut R***, der von den vereinbarten Provisionssätzen Kenntnis hatte, befragen. Die Provisionssätze waren mündlich zwischen August W*** und dem jeweiligen Außendienstmitarbeiter vereinbart und nach Rücksprache mit dem Firmeninhaber von diesem ausdrücklich akzeptiert worden. Sie betrugen für die Außendienstmitarbeiter R*** und N*** 2,4 %. Dieser Satz wurde von der Klägerin auch zur Abrechnung herangezogen.
Anfang 1988 kam es zu einem Geschäftsführerwechsel, der sich nachteilig auf das Arbeitsklima auswirkte. Die Klägerin stellte deswegen Überlegungen an, die beklagte Partei zu verlassen und informierte sich aber über Zeitungsinserate bezüglich anderer Arbeitsstellen. Etwa im Mai 1988 wurde die Klägerin angewiesen, "Telefonverkauf" zu betreiben. Anläßlich eines gemeinsamen Mittagessens der Außendienstmitarbeiter am 24. Juni 1988, an dem auch die Klägerin teilnahm, wurde über die Pläne zur Gründung eines neuen Unternehmens durch Mitarbeiter der beklagten Partei gesprochen. Von dieser Neugründung hatte die Klägerin ab Mitte Juni Kenntnis. Am 24. Juni 1988 wurden die Gespräche über diese Neugründung in der Wohnung eines Arbeitskollegen der Klägerin weitergeführt. Es wurden die weitere Vorgangsweise, der Tätigkeitsbereich sowie die Verdienstmöglichkeiten festgelegt. Anläßlich dieser Besprechung erhielt die Klägerin auch eine Zusage, in diesem neuen, von Helmut W*** gegründeten Unternehmen angestellt zu werden. Sämtliche Kündigungsschreiben mit einem Kündigungstermin zum 31. Juli 1988 wurden an diesem Nachmittag von einem Angestellten der beklagten Partei geschrieben. Diese Schreiben wurden vorerst noch nicht abgeschickt. Es war beabsichtigt, diese so abzusenden, daß sie möglichst spät bei der beklagten Partei einlangen, um zu erwartende Unstimmigkeiten nicht bereits früher aufkommen zu lassen. Am Vormittag des 28. Juni 1988 wurde die Klägerin zu einem leitenden Angestellten der beklagten Partei ins Büro gerufen, wo ihr mitgeteilt wurde, daß August W*** habe entlassen werden müssen. Anläßlich dieses Gespräches sagte die Klägerin, daß sie überlege, wegen des schlechten Arbeitsklimas und der Tatsache, daß sie sich finanziell verbessern möchte und einer von ihr seit 3 Jahren geforderten Gehaltserhöhung nicht nachgekommen worden sei, aus dem Unternehmen auszuscheiden. Daraufhin wurde ihr eine Gehaltserhöhung zugesagt, wenn sie "zur Firma stehen" würde. Noch am Abend des 28. Juni 1988 setzte sich die Klägerin mit August W*** in Verbindung und ließ ihr Kündigungsschreiben von diesem zur Post geben. Am 29. Juni 1988 wurde die Klägerin vormittags neuerlich zu den leitenden Angestellten ins Büro gerufen, wobei noch andere Personen, teilweise Verwandte des Arbeitgebers und der Geschäftsführer, anwesend waren. Der Angestellte hielt ihr die Kündigungsschreiben bzw Kuverts vor und fragte die Klägerin, wer das geschrieben habe. Die Klägerin antwortete bezüglich der Kuverts und erklärte, daß sie ihres selbst geschrieben habe. Bezüglich der Postaufgabe gab die Klägerin "unterschiedliche" Antworten. Anschließend durfte sie zu ihrem Arbeitsplatz zurückgehen. In der Zwischenzeit wurde der Mitarbeiter, der die Kündigungsschreiben verfaßt hatte, ins Büro gerufen und befragt. Daraufhin wurde die Klägerin neuerlich ins Büro gerufen, wo ihr der leitende Angestellte vorwarf, daß sie gelogen habe. Dies wäre durch die Aussage des anderen Mitarbeiters deutlich geworden und sie solle nunmehr die Wahrheit sagen, ansonsten sei eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich. Die Klägerin bestritt diesen Vorwurf und erklärte, nur mehr in Anwesenheit ihres Rechtsanwaltes Auskunft zu geben. Im Anschluß an dieses Gespräch wurde vom Beklagten die Entlassung der Klägerin ausgesprochen. Daß die Klägerin Mitarbeiter der beklagten Partei abgeworben hätte, steht nicht fest. Am 1. August 1988 begann die Klägerin bei dem von W*** gegründeten Konkurrenzunternehmen der beklagten Partei wieder zu arbeiten.
Die Klägern begehrt einen Betrag von insgesamt S 86.721,92 an Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung; sie sei zu Unrecht entlassen worden.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, der Ausspruch der Entlassung sei wegen schwerwiegender und wesentlicher "Verstöße" der Klägerin berechtigt gewesen. Die Klägerin habe mit einem Konkurrenzunternehmen Kontakte gepflogen und an der Abwerbung von Dienstnehmern mitgewirkt, dies mit der Überlegung, das Unternehmen der beklagten Partei wirtschaftlich zu vernichten. Sie habe über diesbezügliche Vorkommnisse der beklagten Partei gegenüber unrichtige Angaben gemacht und habe diese in Irrtum geführt. Jedenfalls habe sie es unterlassen, die beklagte Partei von diesen Vorgängen zu informieren. Bei verschiedenen Provisionsabrechnungen habe die Klägerin bewußt falsche Abrechnungen zum Schaden der beklagten Partei vorgenommen. Anweisungen des Beklagten und leitender Angestellter sei sie trotz Verwarnung nicht nachgekommen. Sie habe gegenüber Kunden und Lieferanten den Ruf der beklagten Partei geschädigt und noch bei aufrechtem Dienstverhältnis in unzulässiger Weise Tätigkeiten für das Konkurrenzunternehmen ausgeführt. Die Entlassung sei zur Abwendung größeren Schadens der beklagten Partei notwendig gewesen. Alle Ansprüche der Klägerin seien befriedigt worden und die Klägerin habe überdies auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche verzichtet. Sie habe auch gegen eine Konkurrenzklausel verstoßen. Die diesbezüglichen Ansprüche und dierAnsprüche aus Schäden, die der beklagten Partei durch die Verstöße der Klägerin entstanden seien, betrügen S 3 Mill.; sie wurden gegenüber der Klageforderung einredeweise geltend gemacht. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Keiner der geltend gemachten Entlassungstatbestände sei verwirklicht. Ausgehend von der Feststellung, daß die Klägerin wohl aufgefordert worden sei, Telefonverkäufe durchzuführen, eine Ermahnung wegen Nichtbefolgung dieser Weisung aber nicht ausgesprochen worden sei, kam es zum Ergebnis, daß eine beharrliche Pflichtenverweigerung nicht vorliege. Auch der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG sei nicht erfüllt, da die Vorbereitung eines Arbeitsplatzwechsels während aufrechten Dienstverhältnisses nicht gegen das Konkurrenzverbot verstoße. Auch die ausweichenden und mißverständlichen Erklärungen der Klägerin über die Verfassung und Aufgabe des Kündigungsschreibens machten die Klägerin nicht vertrauensunwürdig im Sinn der Unzumutbarkeit, das Dienstverhältnis während der Kündigungsfrist fortzusetzen. Ebensowenig sei der Untreuetatbestand nach § 27 Z 1 AngG im Zusammenhang mit der Provisionsabrechnung gegeben, da ein bewußtes Handeln der Klägerin zum Nachteil der beklagten Partei nicht nachgewiesen sei. Das erhobene Begehren sei daher berechtigt. Die eingewendete Gegenforderung sei nicht zu berücksichtigen, da es an entsprechendem Vorbringen und einer Beweisführung für den behaupteten Schaden fehle. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und bestätigte das Urteil mit der Maßgabe, daß es die vom Erstgericht im Urteilsspruch unterlassene Entscheidung über das Nichtbestehen der Gegenforderung nachtrug. Eine Auseinandersetzung mit der Beweisrüge im Zusammenhang mit der Frage, ob die Klägerin wegen Nichtbefolgung der Weisung, den Telefonverkauf durchzuführen, ermahnt worden sei, sei entbehrlich, da sich aus dem Beweisverfahren ergebe, daß der dienstvertraglich vereinbarte Tätigkeitsbereich den Telefonverkauf nicht umfaßt habe. Die Weisung der beklagten Partei, diese Tätigkeit auszuführen, wäre vertragswidrig gewesen, so daß eine Weigerung der Klägerin schon deshalb keinen Entlassungsgrund erfüllen könne. Die Unterlassung der Information des Dienstgebers über die Bestrebungen mehrerer Angestellter, selbst ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen, sei kein Verstoß gegen die Treuepflicht. Diese Vorgangsweise der anderen Dienstnehmer habe nicht gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und das Wissen der Klägerin von derartigen Plänen habe sie nicht zur Information des Dienstgebers verpflichtet. Die Provisionsabrechnung habe die Klägerin entsprechend den Vorgaben ihres damaligen Vorgesetzten vorgenommen; es sei nicht erwiesen, daß dies nicht den Vereinbarungen mit den Außendienstmitarbeitern entsprochen habe. Aus welchen Gründen die Klägerin sich letztlich entschlossen habe, das Dienstverhältnis zur beklagten Partei aufzulösen, sei rechtlich unerheblich. Auch ihre widersprüchlichen Angaben über die Verfassung des Kündigungsschreibens und dessen Postaufgabe seien nicht geeignet, den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit herzustellen, zumal die Klägerin durch die Art der Befragung - sie sei einer Verhörsituation ausgesetzt worden - gleichsam zur Unwahrheit provoziert worden sei. Entlassungsgründe lägen daher nicht vor. Da die Dienstpflichtverletzungen der Klägerin, auf welche die Gegenforderung der beklagten Partei gestützt sei, nicht nachweisbar seien, seien auch weitere Beweisaufnahmen zu diesem Thema nicht erforderlich.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die Vernehmung der in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung neu beantragten Zeugen wurde von der beklagten Partei zum Nachweis dafür beantragt, daß die Klägerin schon frühzeitig Kenntnis von der Gründung eines neuen Unternehmens und ihrem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zur beklagten Partei gehabt habe.
Diese Fragen sind jedoch nicht entscheidungswesentlich. Selbst wenn der Klägerin bereits vor dem 24. Juni 1988 bekannt gewesen sein sollte, das August W*** beabsichtigte, ein neues Unternehmen zu gründen, und sie sich bereits vor diesem Tag mit der Überlegung getragen haben sollte, das Dienstverhältnis zur beklagten Partei aufzulösen und dann bei dem neu gegründeten Unternehmen tätig zu sein, würde dies einen Entlassungstatbestand nicht herstellen. Weder die Vorbereitung der Gründung eines Konkurrenzunternehmens durch einen Dienstnehmer allein noch die geplante ordnungsgemäße Beendigung des Dienstverhältnisses bilden Verstöße gegen den Dienstvertrag. Die Treuepflicht geht nicht so weit, daß die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, die beklagte Partei über diese Umstände bereits vorzeitig zu informieren. Eine Informationspflicht bestand auch nicht bezüglich der ihr allenfalls zur Kenntnis gelangten Versuche anderer Mitarbeiter, Dienstnehmer der beklagten Partei abzuwerben.
Die ergänzende Vernehmung der bereits vernommenen Zeugen Dr. P*** und H*** wurde zum Nachweis für die
eingewendete Gegenforderung beantragt. Zu dieser wurde lediglich vorgebracht, daß die Ansprüche aus einer behaupteten Konkurrenzklausel und aus dem Schaden abgeleitet wurden, welcher der beklagten Partei durch die Verstöße der Klägerin gegen den Dienstvertrag entstanden seien; diese Forderung werde "vorsichtsweise" bis zur Höhe der Klageforderung compensando eingewendet. In einem späteren Verfahrensstadium wurde die Gegenforderung pauschal mit S 3 Mill. beziffert. Die eingewendete Schadenersatzforderung wurde jedoch überhaupt nicht spezifiziert. Beweisaufnahmen erübrigten sich, weil ein Vorbringen darüber fehlte, welcher konkrete Schaden der beklagten Partei erwachsen und wodurch dieser eingetreten sei. Daher fehlen Sachverhaltsbehauptungen, die Gegenstand einer Beweisaufnahme sein könnten. Die Aufnahme von Erkundungsbeweisen steht jedoch mit der Prozeßordnung nicht in Einklang.
Ob ein schlechtes Betriebsklima bei der beklagten Partei die Klägerin veranlaßte, ihr Dienstverhältnis zu beenden oder ob dafür andere Gründe maßgeblich waren, ist ebenfalls nicht entscheidungswesentlich. Die ursprüngliche Behauptung, die Klägerin habe Dienstnehmer der beklagten Partei abgeworben und Kontakte zu Kunden im Interesse des neu zu gründenden Unternehmens und zum Schaden der beklagten Partei ausgenützt, wird im Revisionsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten. Die Tatsache, daß die Klägerin über Aufforderung ihres früheren Vorgesetzten gleichzeitig mit anderen Angestellten der beklagten Partei ihr Dienstverhältnis aufkündigte, um bei dem von diesen gegründeten Konkurrenzunternehmen tätig zu sein, erfüllt wie die Untergerichte richtig erkannten, nicht den Tatbestand eines Entlassungsgrundes. Die Unterlassung der Parteienvernehmung des Beklagten zu diesen Fragen bildet daher keinen Verfahrensmangel. In anderem Zusammenhang wird die Unterlassung der Durchführung der Parteienvernehmung jedoch nicht gerügt.
Zu Recht haben die Vorinstanzen auch das Verhalten der Klägerin anläßlich der Gespräche vom 29. Juni 1988 nicht als Entlassungsgrund gewertet. Insbesonders wenn man die Situation in Betracht zieht - die Klägerin wurde in Anwesenheit mehrerer Vorgesetzter einem regelrechten Verhör unterzogen - kann darin, daß sie über die Verfassung des Kündigungsschreibens und ihre künftigen Pläne keine wahrheitsgemäßen Aussagen machte und Ausflüchte gebrauchte, kein Verstoß gegen ihre Dienstpflichten erblickt werden. Wesentlich ist dabei vor allem, daß es sich bei den Umständen, die Gegenstand dieser Befragung waren, nicht um solche aus dem eigentlichen dienstlichen Bereich handelte. In welcher Weise ein Kündigungsschreiben verfaßt wird und welche beruflichen Ziele ein Dienstnehmer nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis verfolgt, ist nicht dem dienstlichen Bereich zuzuzählen und ist nicht Gegenstand seiner vertraglichen Pflichten. Ein Informationsrecht des Dienstgebers hierüber besteht ebenfalls nicht. Auch wenn die Klägerin hierüber unrichtige Angaben machte, kann nicht davon ausgegangen werden, daß bei objektiver Betrachtungsweise der beklagten Partei eine weitere Beschäftigung der Klägerin, die ihre Aufgaben jahrelang ordnungsgemäß erfüllt hatte, unzumutbar gewesen wäre.
Aus den Ausführungen des Berufungsgerichtes ergibt sich, daß dieses seiner Entscheidung die Feststellungen des Erstgerichtesn- sofern es diese nicht ausdrücklich, wie etwa im Fall der Verweigerung des Telefonverkaufes - für nicht entscheidungswesentlich erachtete, zugrundelegte. Die Revisionswerberin erhebt in pauschaler Form den Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge nicht auseinandergesetzt, unterläßt es jedoch, die Punkte, durch die sich die beklagte Partei hiedurch beschwert erachtet, im einzelnen aufzuzeigen und zu begründen. Auf dieser Grundlage kann jedoch eine Überprüfung des gerügten Mangels nicht erfolgen.
Zu Recht wendet sich die Revisionswerberin jedoch gegen den Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles, der sich mit den Fragen im Zusammenhang mit der behaupteten Weigerung der Klägerin zur Ausführung des Telefonverkaufes auseinandersetzt. Das Erstgericht hat die Feststellung getroffen, daß die Klägerin im Mai 1988 angewiesen worden sei, Telefonverkäufe zu betreiben; es stehe nicht fest, inwieweit die Klägerin dieser Anordnung nicht nachgekommen sei; eine Verwarnung sei deshalb nicht erfolgt. Auf dieser Grundlage gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, daß der Entlassungsgrund der beharrlichen Verletzung der Dienstpflichten nicht gegeben sei. Diese Feststellungen wurden in der Berufung bekämpft, auf die Aussagen der leitenden Angestellten verwiesen und die Feststellung begehrt, daß die Klägerin der Anweisung, Telefonverkäufe zu betreiben, trotz laufender Nachfragen beharrlich nicht nachgekommen sei. Das Berufungsgericht setzte sich mit diesem Anfechtungsgrund nicht auseinander. Es erachtete die Feststellung, ob die Klägerin wegen ihrer Weigerung, dem Telefonverkauf nachzukommen, ermahnt worden sei, für entbehrlich. Aus dem Beweisverfahren ergebe sich, daß der dienstvertraglich vereinbarte Tätigkeitsbereich der Klägerin den Telefonverkauf nicht umfaßt habe. Eine Weisung, diese Tätigkeit auszuführen, sei daher durch den Dienstvertrag nicht gedeckt gewesen und die Weigerung, sie zu befolgen, könne schon aus diesem Grund einen Entlassungstatbestand nicht erfüllen.
Für dieses Ergebnis fehlt jedoch die Feststellungsgrundlage. Das Erstgericht hat wohl in seinen Feststellungen den Tätigkeitsbereich der Klägerin beschrieben; sie habe Büroarbeiten verrichten, das Telefon bedienen, die Spesenabrechnung der Vertreter durchführen und die Kasse verwalten müssen. Aus dieser eher allgemeinen Beschreibung des Tätigkeitsgebietes der Klägerin kann aber der vom Berufungsgericht gezogene rechtliche Schluß nicht abgeleitet werden. Die Feststellung, ob die Klägerin die Ausführung der ihr erteilten Weisung, den Telefonverkauf durchzuführen, trotz Ermahnung verweigert habe, ist daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes entscheidungswesentlich. Sie wäre nur dann entbehrlich, wenn aufgrund eindeutiger Feststellungen über das vereinbarte Tätigkeitsgebiet der Klägerin feststünde, daß die Klägerin aufgrund ihres Dienstvertrages zur Ausführung dieser Tätigkeit nicht verpflichtet war. Solche Feststellungen fehlen jedoch. Die Ablehnung der Überprüfung der zitierten Feststellung durch das Berufungsgericht wird daher zu Recht als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemacht. In diesem Punkt erweist sich das Verfahren des Berufungsgerichtes als ergänzungsbedürftig. Der Kostenvorbehalt stützt sich auf die §§ 50, 52 ZPO.
Anmerkung
E22480European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00301.9.1219.000Dokumentnummer
JJT_19901219_OGH0002_009OBA00301_9000000_000