Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter über den Rekurs des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Oktober 1990, GZ Nc 18/90, womit der vom Beklagten in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S***, Landwirt, Raitenberg 4, Frankenburg/H., vertreten durch Dr. Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagte Partei Josef H***, Landwirt, Raitenberg 7, Frankenburg/H., vertreten durch Dr. Christian Rumplmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert 25.000 S), 1 C 139/89a des Bezirksgerichtes Frankenmarkt, nunmehr R 987/89 des Kreisgerichtes Wels, gestellte Antrag, anstelle des Kreisgerichtes Wels das Kreisgericht Ried im Innkreis als Berufungsgericht zu delegieren, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird dem Rekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Oberlandesgericht Linz eine meritorische Entscheidung über den Delegierungsantrag des Beklagten aufgetragen. Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Das dem Klagebegehren stattgebende Urteil des Erstgerichtes wurde dem im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich nicht vertretenen Beklagten am 4. Juli 1989 zugestellt. Aufgrund eines rechtzeitig gestellten Verfahrenshilfeantrages wurde für den Beklagten am 21. 9. 1989 für die gegenständliche Rechtssache Dr. Christian R***, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, zum Vertreter bestellt. Das Verfahren über die vom Vertreter des Beklagten rechtzeitig erhobene Berufung ist beim Kreisgericht Wels noch anhängig.
Am 31. 10. 1989 gab der Beklagte persönlich vor dem Erstgericht den Antrag zu Protokoll, das Verfahren an das Kreisgericht Ried im Innkreis zu delegieren, weil das Kreisgericht Wels zufolge der Ablehnung mehrerer seiner Richter durch den Beklagten entscheidungsunfähig geworden sei.
Das Oberlandesgericht Linz wies den Delegierungsantrag des Beklagten aus nachstehenden Erwägungen zurück:
Eine Delegierung nach § 30 JN käme erst dann in Betracht, wenn über die Ablehnung entschieden wurde und ein anderes Gericht bestellt werden muß, während eine Delegierung nach § 31 JN nicht aufgrund eines Minus der Voraussetzungen des Sonderfalles des § 30 JN vorgenommen werden könne. In einem Parallelverfahren hat der Beklagte sogar Ablehnungsanträge betreffend Richter des Kreisgerichtes Wels an das Oberlandesgericht Linz gerichtet, obwohl entweder im selben oder zumindest in ähnlich gelagerten Fällen der nach § 23 JN zuständige Senat des Kreisgerichtes Wels die Ablehnungsanträge verworfen hatte. Aus all diesen Gründen bestehe gewiß keine Rechtfertigung dafür, deshalb allein, weil Richter des Kreisgerichtes Wels schon über Rechtssachen des Berufungswerbers für ihn nachteilig entschieden haben, für weitere Entscheidungen einen anderen Gerichtshof zu bestellen. Dieser meritorischen Erledigung vorgelagert sei aber der Gesichtspunkt, daß im Berufungsverfahren Anwaltszwang bestehe, für den Berufungswerber bzw Antragsteller nach §§ 30 und 31 JN im Rahmen der Verfahrenshilfe schon ein Verfahrenshilfeanwalt bestellt wurde, er aber trotzdem den Delegierungsantrag, wie er nunmehr vorliegt, persönlich beim Bezirksgericht Frankenmarkt zu Protokoll gegeben hat. Nun sehe aber eine Reihe einschlägiger Gesetzesbestimmungen, insbesondere für Rekurse und Berufungen, aber selbst für das Verfahren erster Instanz vor einem Bezirksgericht ein Protokollaranbringen nur dann vor, wenn die Partei nicht ohnehin durch einen Anwalt vertreten wird (vgl hiezu §§ 434 Abs 1, 451, 465 und 520 Abs 1 ZPO). Das war aber bezüglich des Beklagten am 31. 10. 1989, als er den Delegierungsantrag zu Protokoll einbrachte, längst der Fall.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist berechtigt.
Selbst wenn man der Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Linz folgen wollte, daß der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Beklagte den Delegierungsantrag nicht selbst beim Bezirksgericht Frankenmarkt zu Protokoll geben durfte, müßte dieser Protokollarantrag einem mangels Anwaltsfertigung nicht formgerechten Schriftsatz gleichgehalten und einem Verbesserungsverfahren nach §§ 84 f ZPO unterzogen werden (vgl EvBl 1981/221); die sofortige Zurückweisung des Antrages war verfehlt. Da der für den Beklagten bestellte Rechtsanwalt gegen die Zurückweisung des Delegierungsantrages des Beklagten Rekurs ergriffen und dadurch sich den Antrag des Beklagten zu eigen gemacht hat, ist der Formmangel als behoben anzusehen. Es erübrigt sich daher nunmehr die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens. Das Oberlandesgericht Linz wird über den Delegierungsantrag sogleich meritorisch zu entscheiden haben.
Es war demnach dem Rekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.
Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten war abzuweisen, weil dem amtswegigen Delegierungsverfahren ein Kostenersatz fremd ist (5 Ob 542/81 ua).
Anmerkung
E22608European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00607.9.1220.000Dokumentnummer
JJT_19901220_OGH0002_0050OB00607_9000000_000