Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Ilse K***-E*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148, zweiter Fall, StGB, der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und 2
lit a FinStrG sowie anderer strafbarer Handlungen 1. über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter L***, soweit sie nicht bereits durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29.November 1990, GZ 12 Os 165,170/89-9, erledigt ist (demnach in ihrem noch übrigen, auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Teil) sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft, soweit diese nicht ebenfalls bereits durch die oben bezeichnete Rechtsmittelentscheidung erledigt ist (demnach in Ansehung der über die Angeklagten Ilse K***-E*** und Hans G*** nach dem Strafgesetzbuch verhängten Strafe sowie in Ansehung der Angeklagten Johann G*** und Manfred P***), gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 21.Dezember 1988, GZ 11 Vr 444/88- 376; und 2. über die vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen das den Angeklagten Johann K*** betreffende Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 6.Dezember 1988, gemeinsam ausgefertigt mit dem zu 1 bezeichneten Urteil dieses Gerichtes vom 21.Dezember 1988, GZ 11 Vr 444/88-376, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, der Angeklagten Ilse K***-E***, Hans G***, Peter L*** und Johann K***
sowie deren Verteidiger Dr. Schmid, Dr. Klement und Dr. Stöhr, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Johann G*** und Manfred P*** sowie deren Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter L***, soweit sie noch nicht erledigt ist, wird verworfen.
II. Der Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der über die Angeklagten Ilse K***-E*** und Hans G*** nach dem Strafgesetzbuch verhängten Strafe sowie in Ansehung der Angeklagten Johann G*** und Manfred P*** wird nicht Folge gegeben.
III. Durch das den Angeklagten Johann K*** betreffende Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 6.Dezember 1988, gemeinsam ausgefertigt mit dem gegen die übrigen Angeklagten ergangenen Urteil dieses Gerichtes vom 21.Dezember 1988, GZ 11 Vr 444/88-376, ist insoweit, als es zum Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG laut Punkt B/II des Urteilssatzes keine Feststellungen darüber enthält, ob Johann K*** die durch die Tat bewirkte Verkürzung der Umsatzsteuer nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat, das Gesetz in der Bestimmung des § 33 Abs 2 FinStrG verletzt.
Gemäß § 292, letzter Satz, StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im bezeichneten Schuldspruch sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an cas Erstgericht zurückverwiesen.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Peter L*** die Kosten des weiteren Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil (vom 21.Dezember 1988) wurden Ilse K***-E*** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148, zweiter Fall, StGB (A/I) sowie der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (B/I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/II), Hans G*** und Peter L*** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148, zweiter Fall, StGB als Beteiligte nach § 12, dritter Fall, StGB (A/II) sowie der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (B/I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/II), Hans G*** überdies des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB (C), sowie (der von der vorliegenden Rechtsmittelentscheidung nicht mehr betroffene) Herbert P*** der Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (B/I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/II) und schließlich Johann G*** und Manfred P*** des Vergehens nach § 45 Abs 1 (lit a) WeinG 1961 (D) schuldig erkannt.
In der Ausfertigung des angefochtenen Urteils (vom 21.Dezember 1988) ist überdies - den Vorschriften der §§ 57 Abs 1, 270 StPO zuwider - das bereits am 6.Dezember 1988 beschlossene und verkündete Urteil betreffend Johann K*** dokumentiert, dessen Verfahren an diesem Tag wegen Spruchreife gemäß § 57 Abs 1 StPO ausgeschieden und abgesondert abgeschlossen worden ist (S 165/XIV).
Johann K*** wurde mit diesem Urteil der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (B/I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/II) schuldig erkannt.
Zum Inhalt des solcherart für alle Angeklagten gemeinsam abgefaßten Schuldspruchs wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die im Urteilskopf bezeichnete Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. November 1990, GZ 12 Os 165,170/89-9, verwiesen, mit der ein Teil der in der vorliegenden Strafsache erhobenen Rechtsmittel bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung erledigt (§§ 285 d Abs 1 Z 2, 285 e, 294 Abs 4 StPO) und hinsichtlich einzelner Angeklagter auch eine amtswegige Korrektur des Urteils (§ 290 Abs 1 StPO) vorgenommen worden ist.
Im heutigen Gerichtstag war (laut Punkt VI dieser Vorentscheidung) nur mehr über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter L***, soweit sie sich auf § 281 Abs 1 Z 9
lit a StPO stützt, und (laut Punkt VIII) über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der über die Angeklagten Ilse K***- E*** und Hans G*** nach dem Strafgesetzbuch verhängten Strafe sowie in Ansehung der Angeklagten Johann G*** und Manfred P*** zu entscheiden. Die (bloß angemeldeten) Berufungen der beiden zuletzt genannten Angeklagten wurden inzwischen mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1990 zurückgezogen.
Gleichzeitig war über eine mittlerweile vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde betreffend das gegen Johann K*** - wie erwähnt - gesondert ergangene, aber mit dem angefochtenen Urteil (vom 21.Dezember 1988) gemeinsam ausgefertigte Urteil vom 6.Dezember 1988 zu erkennen.
Rechtliche Beurteilung
Zur Beschwerde des Angeklagten Peter L***
(§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO):
Der Beschwerdeführer vertritt zunächst mit Bezug auf den ihm angelasteten Tatbeitrag zum gewerbsmäßig schweren Betrug der Angeklagten Ilse K***-E*** (A/I bzw. II/2) den Standpunkt, daß eine Beitragshandlung nur dann strafbar sei, wenn sie zu einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem auch die unterstützte ("eigentliche") Tat bereits zumindest ins Versuchsstadium getreten ist. Da sein Tatbeitrag, der nach den Urteilsfeststellungen in der Überbringung von "Schwarzgeldbeträgen" an Rudolf T*** jun. zur Bezahlung angekaufter Kunstweinprodukte bestanden hat, von der Ausführung des durch Verkauf der in der Folge damit erzeugten wertlosen Ware (Kunst-/Naturwein-Gemisch) geplanten Betruges aber noch durch mehrere manipulative Etappen entfernt war, somit zu diesem Zeitpunkt noch kein strafbarer Betrugsversuch vorlag, sei auch sein dazu geleisteter Beitrag straflos.
Der Einwand beruht auf einem rechtlichen Mißverständnis. Der Beschwerdeauffassung zuwider kommt es für die Strafbarkeit auf den Zeitpunkt des Tatbeitrages, soferne dieser nur vor der tatsächlichen Beendigung des Delikts erbracht wird, überhaupt nicht an. Er kann vor allem schon im Vorbereitungsstadium der unterstützten Tat geleistet werden. Voraussetzung für die Strafbarkeit eines für die Tat de facto (noch) wirksamen, also kausalen Tatbeitrages ist nur, daß die plangemäße Realisierung des Delikts in der Folge jedenfalls bis ins Stadium eines strafbaren Versuches fortschreitet (SSt. 50/2, 56/4; Leukauf-Steininger Komm.2 § 12 RN 41; Kienapfel AT E 5 RN 20), was aber hier, da der Betrug später (sogar) vollendet wurde, zutrifft.
In Ansehung des Schuldspruches wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und 2 lit a FinStrG (B/I und II) wendet der Beschwerdeführer gleichfalls ein, daß seine "Schwarzeinkäufe" (des Basisproduktes für die Kunstweinerzeugung) bei der Firma T*** und der Verkauf des sodann hergestellten Produkts zeitlich und manipulativ getrennt erfolgten und behauptet, die Nichtverbuchung der (späteren) Verkaufsumsätze sowie die damit verbundene Verletzung der abgabenrechlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bzw. der Verpflichtung zu entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 21 UStG 1972) hätte auf einem gesonderten Willensentschluß beruht, an welchem er nach den Urteilsfeststellungen aber nicht mitgewirkt habe, sodaß ihm die darin gelegenen Finanzvergehen nicht zur Last fallen könnten. Dazu ist zunächst - unter Hinweis auf die in der vorliegenden Strafsache ergangene Vorentscheidung vom 29.November 1990, GZ 12 Os 165,170/89-9, und die in deren Abschnitt II ausführlich dargestellte Rechtslage - zu bemerken, daß in Ansehung des Angeklagten Peter L***, den selbst keine abgabenrechtliche Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht bzw. keine Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz 1972 entsprechenden Voranmeldungen getroffen hat, eine Verwirklichung der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und 2 lit a FinStrG auf Grund des hier gegebenen Sachverhalts nur in Form eines sonstigen Tatbeitrages nach § 11, dritter Fall, FinStrG in Betracht kommt, für dessen Strafbarkeit es allerdings nicht entscheidend ist, ob der Beitragstäter durch seine Unterstützung auch gleichzeitig an dem der Tat zugrunde liegenden Willensentschluß des unmittelbaren Täters mitgewirkt hat. Genug daran, daß der Beitragstäter durch seinen, wenn auch noch so geringen (gegebenenfalls schon im Vorbereitungsstadium geleisteten) Beitrag die Ausführung der Tat, so wie sie sich tatsächlich ereignete, gefördert hat, wobei sein Vorsatz auf deren künftige Vollendung gerichtet gewesen sein muß und die (Haupt-)Tat in der Folge unter (noch) kausaler Einwirkung des Tatbeitrages (zumindest) bis ins Stadium eines strafbaren Versuches fortgeschritten ist (siehe die oben zitierten Nachweise in Literatur und Judikatur). Einen solchen Tatbeitrag zu dem von der Angeklagten Ilse K***-E*** als unmittelbarer Täterin begangenen Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG (B/I) - die Frage eines derartigen Beitrages in bezug auf das Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B/II) ist infolge Aufhebung dieses Schuldspruches laut Punkt II der in nichtöffentlicher Sitzung ergangenen Vorentscheidung hier nicht mehr aktuell - hat aber nach den Urteilsausführungen (auch) der Angeklagte Peter L*** geleistet. Diese (US 28, 29, 30, 37, 39, 45) sind in Verbindung mit dem Urteilssatz B/I (US 4) nämlich - entgegen der Auffassung der Generalprokuratur - doch noch deutlich genug dahin zu verstehen, daß der Angeklagte Peter L*** durch die Bezahlung des für die Kunstweinerzeugung notwendigen Basisproduktes mit aus nicht verbuchten Umsätzen stammendem ("Schwarz-")Geld die Auslieferung dieses Produktes seitens der Firma T*** bewirkte, wodurch Ilse K***- E*** erst in die Lage versetzt wurde, Kunstwein herzustellen und diesen (allenfalls auch Normalwein) in weiterer Folge durch die Angeklagten Hans G***, Herbert P*** und Johann K*** ohne Niederschlag in der Buchhaltung ("schwarz") und damit auf eine Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht abzielend, verkaufen zu lassen, woraus wieder "Schwarzgeld" zum Ankauf weiterer "Ware" zwecks Ausgleichs des buchhalterischen Mengenabganges resultierte. Über dieses solcherart praktizierte Kreislaufsystem organisierter Schwarzumsätze war der Angeklagte Peter L*** aber nicht bloß voll informiert (US 30, 37), sondern er hat daran auf die beschriebene - wenngleich untergeordnete und keineswegs unersetzbare, so doch für den in concreto stattgefundenen Tatablauf kausal wirksame - Weise auch vorsätzlich mitgewirkt (US 4, 29, 45).
Indem der Beschwerdeführer diese Feststellungen übergeht, bringt er die Rechtsrüge (Z 9 lit a) in diesem Punkte nicht zu gesetzmäßiger Ausführung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter L*** war daher - im noch offenen Umfang - zu verwerfen.
Zur Wahrungsbeschwerde:
Auch die hiezu anzustellenden Erwägungen wurden bereits im Abschnitt II des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 29.November 1990, GZ 12 Os 165,170/89-9, vorweggenommen. Die dem Angeklagten Johann K*** - wie dort ausführlich dargelegt - fälschlich in Form unmittelbarer Mittäterschaft statt Beitragstäterschaft angelastete Verletzung der Pflicht zur Abgabe richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ist nur dann als Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG strafbar, wenn der Täter es nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält, daß sein Verhalten eine Abgabenverkürzung bewirkt, er also insoferne wissentlich handelt (§ 33 Abs 2, letzter Halbsatz, FinStrG). Diese besondere Vorsatzform, die für die Strafbarkeit des bezeichneten Finanzvergehens in allen Täterschaftsformen vorauszusetzen ist, wurde bei keinem der vom bezüglichen Schuldspruch (B/II) betroffenen Angeklagten festgestellt, es hat allerdings auch keiner von ihnen diesen Mangel geltend gemacht, weshalb ihn der Oberste Gerichtshof in Ansehung der Angeklagten Ilse K***-E***, Peter L***, Hans G*** und Herbert P*** aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in der zitierten Vorentscheidung von Amts wegen aufgegriffen und behoben hat (§ 290 Abs 1 StPO). Eine gleiche Verfügung hinsichtlich des Angeklagten Johann K*** war aber aus den dort dargelegten prozessualen Gründen nicht möglich. Die Sanierung des aufgezeigten, dem Angeklagten Johann K*** zum Nachteil gereichenden Feststellungsmangels (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) konnte nur auf Grund einer (zwischenzeitig erhobenen) Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erfolgen. In deren Stattgebung war daher der den Angeklagten belastende Schuldspruch laut Punkt B/II samt Strafausspruch aufzuheben und in diesem Umfang ein zweiter Rechtsgang anzuordnen.
Dabei wird das Erstgericht zu beachten haben, daß unmittelbare (Mit-)Täterschaft des Angeklagten Johann K*** mangels einer ihn selbst treffenden Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die von ihm nach dem Anklagevorwurf für die K***-E*** GmbH erzielten Umsätze jedenfalls nicht in Betracht kommt.
Zur Berufung der Staatsanwaltschaft:
Soweit der erstinstanzliche Strafausspruch noch aufrecht und in diesem Rahmen aktuell ist, wurden über die Angeklagten vom Schöffengericht folgende Strafen verhängt:
Ilse K***-E*** wurde als unmittelbare Täterin wegen Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges durch Verkauf von Kunstwein bei einem Schaden von 8 Mio S (Schuldspruch A/I) nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu 30 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon ihr gemäß § 43 a Abs 4 StGB ein Teil von 27 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Hans G*** wurde wegen Beitragstäterschaft zu eben diesem Verbrechen bei einem Schaden von gleichfalls 8 Mio S (Schuldspruch A/II/1) nach der selben Strafbestimmung mit 18 Monaten Freiheitsstrafe belegt, wovon ihm ein Teil von 15 Monaten gemäß § 43 a Abs 3 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Über Johann G*** und Manfred P***
wurde wegen Verfälschung von Wein nach § 45 Abs 1 WeinG 1961 je eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 150 S (im Nichteinbringungsfall je 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) ausgesprochen.
Bei Bemessung dieser Strafen wertete das Schöffengericht bei den Angeklagten Ilse K***-E*** und Hans G*** "das Zusammentreffen strafbarer Handlungen nach § 28 Abs 2 StGB, § 22 Abs 1 FinStrG" (US 46) und den hohen Schaden, bei Ilse K***-E*** überdies noch den Umstand als erschwerend, daß sie Nutznießerin der "Schwarzweinverkäufe" war; als mildernd berücksichtigte es die jeweilige Unbescholtenheit und das lange Zurückliegen des Tatzeitraumes. Bei den Angeklagten Johann G***
und Manfred P*** fand es keinen Erschwerungsgrund, hielt ihnen aber als mildernd zugute, daß sie bisher unbescholten waren und als Kellereiarbeiter der K***-E*** GmbH in einem Abhängigkeitsverhältnis gestanden sind.
Die gegen die oben wiedergegebenen Strafaussprüche gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
Zunächst bedürfen die in Ansehung der Angeklagten Ilse K***-E*** und Hans G*** angeführten Strafbemessungsgründe insoferne einer Korrektur, als der vom Erstgericht anscheinend angenommene Erschwerungsgrund des Zusammentreffens von Finanzvergehen mit strafbaren Handlungen anderer Art zufolge des in § 22 Abs 1 FinStrG normierten Kumulationsgrundsatzes zu entfallen hat. Lediglich beim Angeklagten Hans G*** fällt als erschwerend ins Gewicht, daß ihm neben dem Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges auch das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht zur Last liegt (§ 33 Z 1 StGB). Allerdings darf auch bei ihm eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit von der Hauptangeklagten Ilse K***-E*** nicht übersehen werden. Zutreffend weist die Staatsanwaltschaft ferner zwar darauf hin, daß den genannten Angeklagten auch die Fortsetzung der gewerbsmäßig schweren Betrügereien durch einen längeren Zeitraum vorzuwerfen ist, woraus aber zum Teil eben erst der hohe Vermögensschaden resultiert.
Insoweit bedarf es indes unter Bedacht auf die spezifischen Besonderheiten der Schadensbewertung bei betrügerischen Weinmanipulationen einerseits und der gesetzlich vorgesehenen Strafobergrenze andererseits einer relativierenden Betrachtungsweise. Deshalb erscheint das vom Schöffengericht gefundene Ausmaß der über die beiden Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen insbesondere auch im Hinblick auf die in anderen im Zuge des sogenannten "Weinskandals" vom Obersten Gerichtshof beurteilten Strafen gerade noch angemessen. Dabei ist im vorliegenden Fall auch gebührend zu berücksichtigen, daß seit den strafbaren Handlungen bereits mehr als fünf bis zu zehn Jahre verstrichen sind und sich die Angeklagten seither wohlverhalten haben. Dies, in Verbindung mit dem bisher untadelhaften Wandel läßt es - auch aus generalpräventiver Sicht - durchaus vertretbar erscheinen, daß den Angeklagten Ilse K***-E*** und Hans G*** ein Großteil der verhängten Strafen bedingt nachgesehen wurde (§ 43 a Abs 3 bzw. Abs 4 StGB).
Richtig ist ferner - wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung weiters vorbringt - daß auch die Angeklagten Johann G*** und Manfred P*** das ihnen zur Last liegende Vergehen nach § 45 Abs 1 lit a WeinG 1961 durch längere Zeit fortgesetzt und eine besonders große Menge von Wein verfälscht haben. Demgegenüber kommt jedoch dem Umstand, daß sie jeweils über Weisung ihres Vorgesetzten Hans G*** handelten (US 13, 32) und in einem dienstrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis standen, somit ihre Taten unter Umständen begangen haben, die einem Schuldausschließungsgrund nahekommen (§ 34 Z 11 StGB), dominierende Bedeutung zu. Auch darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß sie durch ihre Verantwortung (S 141 ff, 146 ff/XIV) einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisteten sowie ihr Vergehen schon mehrere Jahre zurückliegt und sie sich seither wohlverhalten haben, was gleichfalls entscheidend zu ihren Gunsten ins Gewicht fällt.
Unter diesen Umständen bedurfte es nicht der vom öffentlichen Ankläger geforderten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe neben der Geldstrafe, um die Angeklagten Johann G*** und Johann P*** von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 45 Abs 1, letzter Satz, WeinG 1961). Aber auch zu einer Veränderung der Geldstrafen sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, zumal die Bemessung des Tagessatzes mit 150 S bei beiden Angeklagten im wesentlichen deren persönlichen Verhältnissen und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz entspricht (§ 19 Abs 2 StGB).
Somit war der Berufung der Staatsanwaltschaft in sämtlichen hier noch zur Debatte gestandenen Punkten ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E22773European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00165.89.1220.000Dokumentnummer
JJT_19901220_OGH0002_0120OS00165_8900000_000