TE OGH 1990/12/20 6Ob711/89

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Veröffentlicht am 20.12.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag. Haymo S***, BHS-Lehrer, Graz, Kindermanngasse 20, 2.) Mag. Markus S***, BHS-Lehrer, Graz, Rudolf List-Gasse 45, und 3.) Manfred G***, Pflichtschullehrer, Berghausen, Wielitsch 82, alle vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ö***

G***, Wien 1., Hohenstaufengasse 10-12, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Nichtigkeit von Wahlen und Beschlüssen infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. April 1989, GZ 17 R 40/89-22, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. September 1988, GZ 13 Cg 158/87-17, zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.

Text

Begründung:

Die Kläger erachten sich als Mitglieder des beklagten Vereines in ihren Rechten auf Mitwirkung bei der Bestellung vollziehender und beschließender Vereinbsorgane verletzt. Sie begehren die urteilsmäßige Feststellung, daß ihnen gegenüber vereinsinterne Wahlen und Beschlußfassngen nichtig und die vom Verein als gewählt anerkannten Personen daher zur Geschäftsführung und Vertretung nicht berechtigt seien.

Die beklagte Partei ist eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende, bundesweite Arbeitnehmervereinigung. Sie ist nach eigener, in den § 1 ihrer Statuten aufgenommenen Aussage "auf demokratischer, überparteilicher Grundlage" aufgebaut. Intern ist sie vor allem fachlich, und zwar nach der Art oder Person des Arbeitgebers der Mitglieder gegliedert. Solchen Fachorganisationen weisen die Vereinsstatuten nur eine Organstellung (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) zu. Ihr innerer Aufbau und ihre Tätigkeit sind gemäß § 4 Abs 5 der Vereinsstatuten der Kontrolle des Gesamtvereines unterworfen. Ihnen können einzelne der statutarisch aufgezählten Aufgaben des Gesamtvereines durch dessen Vorsitzenden zur direkten Durchführung übertragen werden. Sie haben gemäß § 10 der Vereinsstatuten ihre Tätigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen und Richtlinien des Gesamtvereines auszuüben (dem entspricht § 3 der Geschäftsordnung des Gesamtvereines).

Die Fachorganisationen geben sich eigene Geschäftsordnungen. Die Beschlußfassung hierüber kommt nach § 10 Abs 2 Z 4 der Geschäftsordnung des Gesamtvereines ihrem Delegiertentag zu. Solche Geschäftsordnungen bedürfen der Bestätigung durch den Vorstand des Gesamtvereines. In ihren Geschäftsordnungen haben die einzelnen Fachorganisationen die Beschlußfähigkeit ihrer Organe und das für deren Beschlüsse erforderliche Stimmenverhältnis zu regeln. Jede Fachorganisation hat in Gemäßheit der von ihr zu beschließenden Geschäftsordnung ein Schiedsgericht zu errichten. Dieses entscheidet gemäß § 24 Abs 1 der Vereinsstatuten über Streitigkeiten, mit Ausnahme des Ausschlusses eines Mitgliedes, die zwischen einem Mitglied und seiner Fachorganisation entstehen.

§ 10 Abs 3 der Geschäftsordnung des Gesamtvereines ermächtigt die einzelnen Fachorganisationen "zur Gewährleistung eines Höchstmaßes von Mitarbeit und Mitbestimmung" Untergliederungen zu schaffen, und zwar nach sachlichen Bereichen (Sektionen, Fachgruppen, Branchengruppen, Unterfachgruppen, Betriebsgruppen), nach dem örtlichen Bereich (Landes-, Bezirks- und Ortsgruppen oder Zahlstellen) und nach Arbeitsbereichen bestimmte Abteilungen. Organisation und Untergliederung hat die Fachgruppe in ihrer Geschäftsordnung festzulegen. Die Beschlußfassung hierüber obliegt dem Delegiertentag der Fachorganisation. Gemäß § 4 Abs 2 der Vereinsstatuten hat jede Fachorganisation spätestens alle vier Jahre einen Delegiertentag abzuhalten. Dazu heißt es wörtlich: "Die Delegierten ... werden von den Mitgliedern gewählt. Die Wahlordnung wird in der Geschäftsordnung der ..." (Fachorganisation) "... bestimmt.". Dieser Regelung entspricht § 10 Abs 1 der Geschäftsordnung des Gesamtvereines.

Die Mitgliedschaft zum Gesamtverein wird durch Beitritt und Aufnahme in die zuständige Fachorganisation begründet. Zu den Mitgliederpflichten zählt es unter anderem nach § 19 Z 5 der Vereinsstatuten, die ausschließliche Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis anzuerkennen. (Dieser Regelung entspricht § 20 Z 5 der Geschäftsverordnung des Gesamtvereines.) Die nach dem Dienstgeber der Kläger zuständige Fachorganisation ("Öffentlicher Dienst") hat sich im Jahre 1979 eine Geschäfts- und Wahlordnung gegeben. Nach dieser obliegt die Beschlußfassung über die Geschäftsordnung einschließlich der Wahlordnung dem Delegiertentag, dem außer gewählten Delegierten auch Mitglieder anderer Organe angehören. Diese Geschäftsordnung hat auch die inneren Einrichtungen der Fachorganisation zu bestimmen. Nach der fachlichen Gliederung in Sektionen gehören die einzelnen Mitglieder denen der Bundesbediensteten und Landeslehrer oder denen der Landesbediensteten an. Dabei erstreckt sich der räumliche Wirkungsbereich der Bundessektionen auf das gesamte Bundesgebiet, jener der Landesorganisationen jeweils auf ein Bundesland. Innerhalb der fachlichen Untergliederung einer Sektion sind auf Bundesebene als Organe unter anderem die Bundessektionsleitung, die erweiterte Bundessektionsleitung und der Bundessektionstag vorgesehen. Dem Bundessektionstag gehören vor allem gewählte Delegierte an. Auf Landesebene sieht die Geschäfts- und Wahlordnung innerhalb der fachlichen Untergliederungen einer Sektion einerseits die Landessektionsleitung, der vor allem die Führung der laufenden Geschäfte, aber unter anderem auch die Entsendung der Delegierten zum Bundessektionstag obliegt, und andererseits den Landessektionstag vor. Dieser setzt sich vor allem aus gewählten Delegierten zusammen. Ihm obliegt unter anderem die Wahl der Landessektionsleitung und die Entgegennahme ihres Rechenschaftsberichtes. Die Wahl der Delegierten zum Landessektionstag obliegt den Betriebsausschüssen.

Die Betriebsausschüsse stellen die räumlich kleinste Organisationsform dar, die nach der Geschäfts- und Wahlordnung als Organ vorgesehen ist.

Der Betriebsausschuß ist als Zusammenfassung der Mitglieder einer oder mehrerer Dienststellen im Rahmen der zuständigen Sektion bezeichnet, wobei unter Dienststelle grundsätzlich der Bereich zu verstehen ist, für den im Sinne der §§ 4 und 42 lit a PVG beziehungsweise im Sinne der gleichartigen Bestimmungen der Landes-Personalvertretungsgesetze Dienststellenausschüsse oder Vertrauenspersonen bestehen. Der Betriebsausschuß besteht aus einem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und weiteren Ausschußmitgliedern. Zur Besetzung des Betriebsausschusses enthält die Geschäfts- und Wahlordnung einerseits die spezielle Regelung nach § 22 Abs 3:

"In Berreichen, in denen Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlergebnisse nicht vorliegen, ist die im Anhang zu dieser GO/WO enthaltene Betriebsausschuß-Wahlordnung (BA/WO) anzuwenden." Andererseits gilt die allgemeine Bestimmung des § 29 Abs 1:

"Bei der Zusammensetzung der ..." (Vereins-) "... Organe ist in jeden Fall auf durchgeführte PV- oder Betriebsratswahlen Bedacht zu nehmen." Die im § 22 Abs 3 der Geschäfts- und Wahlordnung erwähnte Betriebsausschuß-Wahlordnung enthält unter anderem folgende Regelungen:

Gewählt wird "nach den Grundsätzen des allgemeinen, geheimen, gleichen, persönlichen und unmittelbaren Verhältniswahlrechtes". Wahlberechtigt sind alle sektionszugehörigen Mitglieder, die am Tage der Ausschreibung der Wahl der betreffenden Dienststelle angehören, mindestens drei Monate vor dem genannten Stichtag die Vereinsmitgliedschaft erworben haben und auch noch am Wahltag diese sowie die Sektionszugehörigkeit besitzen und es bei der Zahlung der Mitgliedsbeiträge zu keinen Leistungsstörungen haben kommen lassen. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die am Tage der Ausschreibung der Wahl mindestens sechs Monate Mitglied ... sind. Der Betriebsausschuß hat vor jeder Wahl einen Betriebswahlausschuß zu bestellen, bei der erstmaligen Wahl bestellt der Landesvorstand die Mitglieder des Betriebswahlausschusses. Die Wahl ist unter Bekanntgabe des Wahltages spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag durch den Landesvorstand auszuschreiben und vom Betriebswahlausschuß kundzumachen. Dieser hat nach den Mitteilungen des Betriebsausschusses eine Liste der Wahlberechtigten zu verfassen und diese Wählerliste aufzulegen. Wahlberechtigte können während der Auflagefrist beim Betriebswahlausschuß Einwendungen erheben und gegen dessen Entscheidung das Schiedsgericht anrufen. Wahlvorschläge bedürfen der Unterschrift von mindestens zwei sektionszugehörigen Mitgliedern, bei Dienststellen mit 200 Vereinsmitgliedern und mehr von mindestens 1 % der Mitglieder (maximal 100). Wahlvorschläge sind beim Betriebswahlausschuß einzubringen. Die im Bundesvorstand vertretenen Fraktionen bedürfen zur Einbringung von Wahlvorschlägen keiner zusätzlichen Unterstützung. Über die Zulassung der Wahlvorschläge entscheidet der Betriebswahlausschuß. Seine Entscheidung "kann nur im Zuge der Wahlanfechtung bekämpft werden". Der Betriebswahlausschuß hat die Wahl vorzubereiten und zu leiten, das Wahlergebnis festzustellen und zu verkünden. Die Gültigkeit der Wahl kann innerhalb von zwei Wochen nach Kundmachung des Wahlergebnisses von jeder Wählergruppe, die sich an der Wahl beteiligt hat, sowie von allen Wahlwerbern, die Wahlvorschläge eingebracht haben, beim Schiedsgericht schriftlich angefochten werden. Im Wahlprüfungsverfahren haben alle Wählergruppen, die sich an der angefochtenen Wahl beteiligt haben, das Recht am Verfahren teilzunehmen. Das Gleiche gilt für Wahlwerber, die die Wahl angefochten haben. Aufgrund der Anfechtung hat das Schiedsgericht die Wahl so weit für ungültig zu erklären, als durch Verletzung der Bestimmungen der Wahlordnung das Wahlergebnis beeinfluß werden konnte. Die Ungültigerklärung einer Wahl führt zur Wahlwiederholung. Die Kläger traten als Lehrer der beklagten Partei bei und wurden in die Fachorganisation ("Öffentlicher Dienst") aufgenommen. Der erste Kläger ist seit 12. Jänner 1983 (nach Beilage 1 seit November 1982), der zweite Kläger seit 9. Oktober 1984 (nach Beilage 2 seit Dezember 1974) und der dritte Kläger seit 14. März 1983 (nach Beilage 3 seit April 1983) Vereinsmitglied.

Bei den im Jahre 1983 durchgeführten Personalvertretungswahlen in die Fachausschüsse der Bundeslehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen waren der erste und der zweite Kläger als Proponenten einer (neuen) wahlwerbenden Gruppe aufgetreten, die sich als "unabhängig" bezeichnete. Diese wahlwerbende Gruppe erhielt in dem Bundesland, in dem die Kläger tätig waren, bei 1.797 Wahlberechtigten, 1.596 abgegebenen und 53 ungültigen und damit

1.543 gültigen Stimmen 261 Stimmen (oder 16,92 % der gültigen Stimmen); während für die schon in der vorangegangenen Periode vertretenen beiden Fraktionen 1.023 und 259 Stimmen abgegeben wurden.

Der dritte Kläger war bei der Personalvertretungswahl des Jahres 1983 als Proponent einer (neuen) und sich als parteiunabhängige Liste bezeichnenden wahlwerbenden Gruppe der Lehrer an allgemein bildenden Pflichtschulen aufgetreten. Diese wahlwerbende Gruppe erhielt in dem Bezirk, in dem der dritte Kläger tätig war, bei 774 Wahlberechtigten und 746 abgegebenen Stimmen zum Zentralausschuß bei 36 ungültigen und daher 710 gültigen Stimmen keine Stimme, zum Dienststellenausschuß bei 25 ungültigen und daher 721 gültigen Stimmen aber 84 Stimmen, während auf die den alt eingesessenen Fraktionen der beklagten Partei entsprechenden wahlwerbenden Gruppen 583 und 54 Stimmen entfielen. In einem anderen Bezirk desselben Bundeslandes entfielen bei 286 Wahlberechtigten für den Dienststellenausschuß bei 271 gültigen von 282 abgegebenen Stimmen 53 auf die (neue) Liste, die sich als unabhängig bezeichnete, während für eine andere wahlwerbende Gruppe 218 Stimmen abgegeben wurden. Auch in diesem Bezirk wurde zum Zentralausschuß für die neue Liste keine gültige Stimme abgegeben.

Innerhalb der Sektion, der der dritte Kläger angehört, sind in den erwähnten beiden politischen Bezirken keine Betriebsausschüsse des beklagten Vereines errichtet.

Das Prozeßgericht erster Instanz erklärte es für nicht feststellbar, daß bei den Dienststellen, bei denen die ersten beiden Kläger tätig sind, Betriebsausschüsse existierten. In gleicher Weise erklärte es das Prozeßgericht erster Instanz für nicht feststellbar, wie weit die Ergebnisse der 1983 stattgefundenen Personalvertretungswahlen bei der Zusammensetzung von Organen der Fachorganisation der beklagten Partei, der die Kläger angehören, Berücksichtigung fanden. Der zweite Kläger richtete namens der bei den Personalvertretungswahlen 1983 (neu) aufgetretenen wahlwerbenden Gruppe am 10. Jänner 1984 an die Landessektion Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und an die entsprechende Bundessektion gleichlautende Ansuchen um Anerkennung als Fraktion (Beilagen C und D). Unter Hinweis auf das Ergebnis der Personalvertretungswahl begehrte die Gruppe konkret die Aufnahme in die Landessektionsleitung beziehungsweise den Landesvorstand, Aufnahme in die Landesfachgruppe, anteilsmäßige Berücksichtigung bei der Beschickung von Seminaren, das Recht auf Benützung von Vereinsräumlichkeiten und anteilsmäßige Berücksichtigung bei der Vergabe von Vereinsgeldern.

Im Oktober 1984 urgierten der zweite und der dritte Kläger, jeweils für ihre wahlwerbenden Gruppen in einem gemeinsamen Schreiben an das Präsidium der Fachorganisation die Erledigung der Anträge auf Anerkennung als Fraktion. Der Vorstand der Fachorganisation stellte sich in seinem Antwortschreiben vom 20. November 1984 auf den Standpunkt, daß weder die Statuten des Gesamtvereines noch die Geschäfts- und Wahlordnung der Fachorganisation "Fraktionen" kennten, deshalb sei es nicht möglich, neue Gruppierungen bei der Personalvertretungswahl als vereinsinterne Fraktionen anzuerkennen. Das im BHS-Bereich erreichte Mandat im Fachausschuß könne sich bei einer Zusammensetzung von Betriebsausschüssen nicht auswirken. Im übrigen sei der Landesvorstand zur Entscheidung darüber zuständig, wie weit sich die in den Dienststellenausschüssen (bei den Wahlen in den allgemein bildenden Pflichtschulen) erreichten Mandate bei der Zusammensetzung der Betriebsausschüsse auswirkten. Über Beschwerde der vom zweiten kläger vertretenen Gruppierung leitete das Schiedsgericht der Fachorganisation im Mai 1985 ein Verfahren ein. Der Beschwerdeführer erachtete eine nach der Geschäfts- und Wahlordnung der Fachorganisation vorgesehene Bedachtnahme auf die Ergebnisse von Personalvertretungswahlen anstatt einer Durchführung von Vereinswahlen als statutenwidrige Verletzung der Mitgliedschaftsrechte. Mit persönlichen Eingaben ähnlichen Inhaltes riefen der dritte Kläger am 24. November 1985 und der zweite Kläger am 30. November 1985 das Schiedsgericht der Fachorganisation an. Das Schiedsgericht faßte am 9. Dezember 1985 den Beschluß, sein Verfahren über die erwähnten Beschwerden sowie eine weitere vom ersten Kläger und 61 weiteren Beschwerdeführern für die Dauer der Anhängigkeit des Verfahrens vor der Kontrollkommission zu unterbrechen. Am 2. Oktober 1986 brachte der erste Kläger namens der von ihm proponierten Gruppe eine Wahlanfechtung beim Schiedsgericht der Fachorganisation an. Der Landesvorstand der Fachorganisation forderte vom ersten Kläger mit Schreiben vom 5. März 1987 zur Vorbereitung einer für 16. März 1987 angesetzten Besprechung von Mitgliedern der Kontrollkommission, des Schiedsgerichtes sowie des Präsidiums des Landesvorstandes einen brauchbaren Nachweis über das Naheverhältnis der Liste zur Gewerkschaftsbewegung. Das Schiedsgericht beschloß am 12. März 1987, eine neuerliche Beschwerde des dritten Klägers vom 10. Februar 1987 zurückzuweisen, und sprach aus, daß das mit dem Beschluß vom 9. Dezember 1985 unterbrochene Verfahren vorläufig nicht fortgesetzt werde.

Eine Sachentscheidung durch das Schiedsgericht oder eine Klaglosstellung der Kläger erfolgte nicht.

Der erste und der zweite Kläger einerseits sowie der dritte Kläger andererseits begehrten jeweils in bezug auf die Sektion, der sie angehören, daß ihnen gegenüber die Nichtigkeit der an einem jeweils datumsmäßig bezeichneten Landessektionstag des Jahres 1985 gefaßten Beschlüsse und durchgeführten Wahlen, insbesondere die in die Landessektionsleitung, festgestellt werde, und weiters, daß die als gewählt behandelten Personen deshalb zur Führung der Geschäfte der Landessektion und zur Vertretung nicht berechtigt seien. Eventualklagebegehren sind jeweils auf einen "im Frühjahr 1984 abgehaltenen Landessektionstag" abgestellt.

Nach dem primären Prozeßstandpunkt der Kläger sei die Regelung der Geschäfts- und Wahlordnung der Fachorganisation insoweit statutenwidrig, als die Zusammensetzung der Betriebsausschüsse anstatt durch einen Gesamtakt, an dem alle Mitglieder (beispielsweise auch Pensionisten), aber nur solche (und nicht auch vereinsfremde Personen) in Form einer nach den Grundsätzen des allgemeinen, geheimen, gleich, persönlichen und unmittelbaren Verhältniswahlrechtes teilnehmen können, unter Bedachtnahme auf vereinsexterne Wahlen zu bestimmen sei, bei denen vor allem auch Nichtvereinsmitglieder wahlberechtigt seien. Nach dem weiterfn Prozeßstandpunkt der Kläger habe der beklagte Verein seine eigenen Organisationsregeln zum Nachteil der Kläger verletzt, weil er die wahlwerbenden Gruppen, als deren Proponenten die Kläger bei der Personalvertretungswahl 1983 aufgetreten seien und die die Kläger auch als vereinsinterne Wählergruppe (= Fraktion im Sinne der Betriebsausschuß-Wahlordnung) anerkannt und behandelt wissen wollen, ohne zureichende Deckung nach den eigenen Statuten und sonstigen allgemeinen vereinsinternen Regelungen von der satzungs- und geschäftsordnungsgemäßen Teilnahme an den vereinsinternen Tätigkeiten ausschließe.

Der beklagte Verein bestritt die von den Klägern geltend gemachten Satzungs- und Rechtswidrigkeiten seiner allgemeinen Regelungen, erachtete auch keine Verletzung der vereinsinternen Bedachtnahmevorschrift des § 29 Abs 1 GO/WO zum Nachteil der Kläger als gegeben, die gemäß § 19 a der Statuten des Gesamtvereines jedenfalls vor Anrufung der Gerichte die Pflicht gehabt hätten, den Ausgang des vereinsinternen Streitschlichtungsverfahrens abzuwarten, und in dem für sie günstigsten Fall höchstens eine geänderte Organzusammensetzung erreichen könnten, die aber keine Auswirkung auf die bekämpften Beschlußfassungen gehabt haben würde. Das Prozeßgericht erster Instanz forderte die Kläger zur Bekanntgabe auf, aufgrund welcher Wahlarithmetik und welchen Wahlsystems die Umlegung der Personalvertretungswahlergebnisse auf die Zusammensetzung der Vereinsorgane erfolge (gemeint vermutlich: nach Ansicht der Kläger hätte erfolgen sollen) sowie zum Nachweis des angeblichen Anteiles von 55 %, zu welchem die bei den Personalvertretungswahlen wahlberechtigten Mitglieder des beklagten Vereines seien. Die Kläger erklärten sich in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, in der dann die Verhandlung geschlossen wurde, zu den vom Gericht geforderten Bekanntgaben und Nachweisen nicht imstande.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies hierauf die Klagebegehren als unschlüssig ab.

Das Berufungsgericht faßte - noch im Jahre 1989 einen Aufhebungsbeschluß, in dem es aussprach, daß der Streitwert, über den es entschieden hat, in Ansehung jedes einzelnen Klägers 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und unterwarf seinen Verfahrensergänzungsauftrag einem Rechtskraftvorbehalt. Das Berufungsgericht bejahte ausdrücklich das Vorliegen eines Feststellungsinteresses im Sinne des § 228 ZPO, es verneinte aber die von den Klägern behauptete Statuten- und Gesetzwidrigkeit der Regelung des § 29 Abs. 1 im Zusammenhang mit § 22 Abs. 3 der GO/WO der Fachorganisation ("Öffentlicher Dienst"). Es teilte die erstrichterliche Ansicht über eine Unschlüssigkeit der Klage nicht. Das Berufungsgericht legte die im § 29 Abs 1 GO/WO enthaltene Regelung, "in jedem Fall" auf durchgeführte Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlen Bedacht zu nehmen, dahin aus, daß eine lineare Umsetzung der Stimmenverhältnisse auf die Zusammensetzung der Vereinsorgane, also auf Betriebsausschüsse und Landessektionstage angeordnet sei. Zwar fehle es an einer näheren Regelung über die Konstituierung der Betriebsausschüsse, aus § 22 Abs 3 und § 19 a Abs 3 lit a GO/WO folge jedoch die Verpflichtung, jene Anzahl von Mitgliedern in die Betriebsausschüsse aufzunehmen, welche der Stimmenanzahl der jeweils im Rahmen des Vereines wahlwerbenden Gruppen bei der Personalvertretungswahl entspreche beziehungsweise dort, wo Betriebsausschüsse nicht bestünden, eine entsprechende Zahl von Delegierten in den Landessektionstag aufzunehmen. Die Kläger hätten einerseits die Ergebnisse der Personalvertretungswahlen 1983 nachgewiesen und andererseits stehe unbestritten fest, daß die Gruppen, als deren Proponenten die Kläger aufgetreten seien, weder in den Bezirksausschüssen noch im Landessektionstag eine Vertretung gefunden hätten. Die Kläger treffe keine weitere Behauptungs- und Beweislast. Die beklagte Partei habe vielmehr nachzuweisen, daß sie aus gerechtfertigten Gründen ungeachtet ihrer eigenen Organisationsregel, bei der Zusammensetzung bestimmter Organe auf die Ergebnisse der Personalvertretungswahlen Bedacht zu nehmen, den wahlwerbenden Gruppen, denen die Kläger angehörten, Sitz und Stimme in den betreffenden Organen nicht zugestanden habe. Allerdings läge es im Sinne der Geschäfts- und Wahlordnung der Fachorganisation ("Öffentlicher Dienst"), daß sich nur Ergebnisse solcher Personalvertretungswahlen zur Umlegung auf die Zusammensetzung von Vereinsorganen eigneten, bei denen die Wahlberechtigten eine wahlwerbende Gruppe der Personalvertretungswahl auch als vereinsinterne Wählergruppe zu erkennen vermocht hätten.

Das Berufungsgericht befand daher das erstinstanzliche Verfahren als ergänzungsbedürftig und trug dem Prozeßgericht erster Instanz Feststellungen darüber auf, in welcher Form und mit welchen Kandidaten die jeweils wahlwerbenden Gruppen der Kläger aufgetreten seien, wie sich die Betriebsausschüsse und der Landessektionstag insgesamt zusammengesetzt hätten, nach welchem Umrechnungsschlüssel die Zusammensetzung ermittelt worden sei sowie in welcher Weise und in welchem Umfang bei Anwendung dieses Schlüssels auch die von den Klägern vertretenen wahlwerbenden Gruppen zu berücksichtigen gewesen wären.

Die Kläger fechten den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wegen (qualifiziert) unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung zielenden Abänderungsantrag und mehreren diesem nachgeordneten Hilfsanträgen an. Die Rekurswerber erachten die Rechtssache im Sinne ihrer Klagebegehren spruchreif, weil bereits nach den bisherigen Verfahrensergebnissen feststünde, daß das den Klägern als Vereinsmitgliedern zustehende Recht auf Mitbestimmung zufolge Unterbleibens der Wahl zu den Betriebsausschüssen schon nach den vereinsintern aufgestellten Regelungen verletzt worden sei, diese vereinsinternen Regelungen aber überdies mangels zureichender Bestimmtheit des § 29 Abs 1 GO/WO rechtswidrig wären und letztlich allgemeinen vereinsrechtlichen Grundsätzen widersprächen. Die beklagte Partei strebt die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses an, nimmt dabei aber der Sache nach den Standpunkt ein, daß der Rechtsstreit im Sinne einer Abweisung der Klagebegehren entscheidungsreif wäre.

Der Rekrus ist wegen der zur Entscheidung des Rechtsstreites zu lösenden allgemeinen vereinsrechtlichen Fragen und wegen der großen Zahl von Mitgliedern, die sich der zu beurteilenden Vereinsregelungen unterworfen haben, zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Die aus der Mitgliedschaft zu der als Verein zu qualifizierenden beklagten Partei von einzelnen für sich oder als Gruppe abgeleiteten Rechte, insbesondere Mitwirkungs- und Herrschaftsrechte, sind bürgerlich-rechtlicher Natur. In der Gestaltung dieser Mitgliedschaftsrechte ist der Verein innerhalb der Grenzen zwingenden öffentlichen und privaten Rechtes autonom. Zu der dabei zu beachtenden Schranke zwingenden Rechtes gehört auch die Wahrung der guten Sitten. Die innerhalb des dargestellten Rahmens in den Vereinsstatuten oder in den auf diese rückführbaren weiteren Normsetzungsakten enthaltenen Organisationsregeln sind Ausdruck des alle Mitglieder verbindenden autonomen Vereinswillens. Die These, daß nach zwingenden Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes allen Vereinsmitgliedern gleiche Mitgliederrechte eingeräumt werden müßten und daß jede Art von Fremdbestimmung zwingenden Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes zuwiderliefe, läßt sich weder auf eine positivrechtliche Regel stützen noch bei der Offenheit des vereinsrechtlichen Zusammenschlusses für die verschiedenartigsten Zwecksetzungen aus konkreten Einzelregelungen als allgemein verbindliche Rechtsnorm ableiten. Solange die Satzungshoheit unangetastet bleibt, ist auch die Vereinsautonomie gewahrt. Wie beispielsweise die rechtsgeschäftliche Privatautonomie nicht dadurch beeinträchtigt erschiene, daß Vertragspartner die nähere Bestimmung einer gewissen Leistungsverpflichtung einem Dritten als Schiedsmann üüerließen, wäre auch in einer vereinsautonomen Bindung bei der Bestellung von Vereinsorganen an vereinsexterne Vorgänge keine Beeinträchtigung der Selbstbestimmung des Vereines zu erkennen, weil es immer noch beim Verein selbst gelegen wäre, durch Statuten- oder sonstige Regeländerung die frei gewählte Bindung wieder aufzuheben. Wenn etwa ein Fremdenverkehrsverein satzungsgemäß jeweils bestimmte Gemeinderatsmitglieder zu seinem Vollzugsorgan beriefe, wäre darin keine Fremdbestimmung zu erkennen, die einem zwingenden bürgerlich-rechtlichen Grundsatz zuwiderliefe. Die vereinsinterne Regelung einer freiwilligen Berufsvereinigung, ihre Kollegialorgane derart zu besetzen, daß Wählergruppen im selben Verhältnis vertreten sein sollen, wie vergleichbare Wählergruppen in einer gesetzlich vorgesehenen Form einer Interessenvertretung, verletzt - entgegen dem Standpunkt der Kläger - keine zwingende gesetzliche Norm und kann auch nicht als sittenwidrig befunden werden.

Der Gesamtbestand an Organisationsregeln eines Vereines ist im Falle von Normsetzungen durch statutenmäßig vorgesehene Sektionen oder sonstige Teilorganisationen des Vereines hinsichtlich Wirksamkeit und Rechtsbeständigkeit von Einzelregelungen zunächst an der autonomen Organisationsregelung des Vereines selbst zu messen und nicht nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die statutengemäße Festschreibung allgemeiner Vereinsgrundsätze ist zwar entscheidendes Auslegungskriterium bei zweifelhaften Organisationsregeln, macht aber eine grundsatzwidrige konkrete Organisationsregel nicht gleich einer Norm im Stufenbau des staatlichen Rechtes anfechtbar. Der objektive Sinn einer konkreten Einzelregelung mag zum Urteil führen, daß der programmatische Grundsatz des Vereines durch seine konkreten Regeln nur höchst unvollständig ausgeführt erschiene, das vermöchte aber an der Geltung und Wirksamkeit der konkreten Einzelregelung nichts zu ändern. Zur Vereinsautonomie gehört es auch, daß und wie der Verein seine eigene Auffassung der von ihm selbst aufgestellten Grundsätze in Vollzug setzt. Die in den Statuten beschworene "demokratische Grundlage" im Aufbau des beklagten Vereines verwirklicht sich mehr oder weniger nach den tatsächlichen Organisationsregeln. Diese gelten grundsätzlich auch bei Zweifeln gegenüber ihrer Grundsatzvereinbarkeit, sie sind nur, wo der Wortsinn Auslegungen zuläßt und erforderlich macht, inhaltlich so zu bestimmen, daß der selbstgewählte Grundsatz am ehesten zum Durchbruch kommt. Die Regelung nach § 22 Abs 3 und § 29 Abs 1 der Geschäfts- und Wahlordnung der Fachorganisation ("Öffentlicher Dienst") der beklagten Partei ist nicht wegen Widerspruches zu Grundsätzen der Statuten für die Beurteilung der Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Vereinsmitglieder unanwendbar.

Die Kompetenz zur Normsetzung nach den vereinsinternen Organisationsvorschriften ist unbestritten und nach dem festgestellten Regelwerk auch nicht zweifelhaft.

§ 29 Abs 1 GO/WO ist für sich betrachtet sehr allgemein gehalten. Die Bestimmung ist aber aus den übrigen Organisationsregeln des Vereines inhaltlich näher bestimmbar und entgegen der Ansicht der Kläger nicht wegen Unbestimmtheit unanwendbar.

Zur Auslegung der zitierten vereinsinternen Organisationsregeln, nach denen a) bei der Zusammensetzung von Vereinsorganen in jedem Fall auf durchgeführte Personalvertretung- oder Betriebsratswahlen Bedacht zu nehmen sei (§ 29 Abs 1 GO/WO) und b) bei der Bestellung von kollegialen Vereinsorganen in Bereichen, in denen Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlergebnisse nicht vorlägen, die Betriebsausschuß-Wahlordnung anzuwenden sei (§ 22 Abs 3 GO/WO), sind in erster Linie die Regelungen der Betriebsausschußwahlordnung, dann alle sonstigen einschlägigen Organisationsvorschriften und letztlich das statutengemäße Bekenntnis zur "demokratischen Grundlage" heranzuziehen.

Danach ist als Regelungsinhalt der beiden Organisationsnormen zu erkennen:

Die Gesamtheit der Sektionszugehörigen Vereinsmitglieder einer oder mehrerer Dienststellen haben als räumlich engste organmäßige Zusammenfassung von Vereinsmitgliedern den Betriebsausschuß zu bestellen. Als Normvorgang der Bestellung ist eine Wahl vorgesehen. Diese ist durch eine ins einzelne gehende Wahlordnung geregelt, insbesondere was die zahlenmäßige Besetzung des Betriebsausschusses, das aktive und passive Wahlrecht, die Zulassung von Wahlwerbern und Wählergruppen, die Ausschreibung und Durchführung der Wahl und die Feststellung des Wahlergebnisses anlangt. Solche vereinsinterne Wahlen sollen aber nur dann durchgeführt werden, wenn verwertbare Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlergebnisse nicht vorliegen. Wo dies der Fall ist, ist bei der Bildung der Betriebsausschüsse nach allgemeinen Regeln für die Zusammensetzung von Vereinsorganen auf durchgeführte Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlen "Bedacht zu nehmen". Eine solche "Bedachtnahme" tritt dann an die Stelle der vereinsinternen Wahl. Da sie nach ihrer Funktion im Vereinsleben die für den Normalfall vorgesehene vereinsinterne Wahl ersetzen soll, sind Zweifelsfragen der relativ unbestimmt angeordneten "Bedachtnahme" in erster Linie unter Heranziehung der Betriebsausschuß-Wahlordnung zu klären. Das gilt vor allem auch für die Anerkennung als Wahlwerber oder Wählergruppe. Bei der Nutzbarmachung der Ergebnisse einer vereinsexternen Wahl für vereinsinterne Zwecke wird der vereinsexterne Vorgang als solcher nicht zu einem vereinsinternen, er bleibt ein "fremder" Akt. Entgegen der berufungsgerichtlichen Auffassung ist es daher nicht entscheidend, ob die zu den Personalvertretungswahlen wahlberechtigten Personen bei der Ausübung ihres Wahlrechtes auch das Bewußtsein und den Willen hatten, einen vereinsintern bedeutsamen Akt zu setzen, weil nach der Regel über die "Bedachtnahme" nicht das Wahlverhalten eines einzelnen Vereinsmitgliedes bei den Personalvertretungswahlen, sondern nur das Ergebnis des Gesamtaktes für die Besetzung der Vereinsorgane bestimmend sein soll.

Findet keine vereinsinterne Wahl statt, bedarf es auch keiner Bestellung von Wahlausschüssen, deren einzige Aufgabe die Vorbereitung und Durchführung der Vereinswahl wäre, die aber eben unterbleiben soll.

Wenn nach der Betriebsausschuß-Wahlordnung der Betriebswahlausschuß vom Betriebsausschuß, bei der ersten Wahl eines Betriebsausschusses aber vom Landesvorstand zu bestellen ist, läßt sich daraus allgemein die Zuständigkeit des Landesvorstandes zu Anordnungen und Entscheidungen ableiten, die im Zuge des Wahlersatzvorganges der "Bedachtnahme" auf die Ergebnisse von Personalvertretungswahlen notwendig werden.

Wer als wahlwerbende Gruppe für den Wahlersatzvorgang der "Bedachtnahme" in Betracht komme, kann nur in sinngemäßer Anwendung s § 12 BA/WO gelöst werden: Die im Bundesvorstand des Gesamtvereines vertretenen Fraktionen sind automatisch als Wählergruppen anzuerkennen, andere Gruppen bedürfen einer "Zulassung" zum Wahlersatzvorgang. Dazu ist ein der Einreichung von Wahlvorschlägen entsprechender Antrag zu fordern, über den unter Beachtung des § 13 Abs 7 BA/WO zu entscheiden ist. Danach fehlt es aber an jeder Grundlage, vom Wahlwerber einen besonderen Nachweis vereinsgetreuer Gesinnung zu fordern. Vielmehr wäre es Sache des Vereines, dem Wahlwerber etwa ein ausschlußwürdiges Verhalten nachzuweisen. Zur Rechtzeitigkeit (§ 13 Abs 7 lit a BA/WO) des Antrages wäre zu berücksichtigen, daß der Tag des Wahlersatzvorganges nicht in einer dem Wahltag gleichwertigen Weise festgesetzt ist. Ein Antrag auf "Zulassung" einer Wählergruppe zum Ersatzwahlvorgang der "Bedachtnahme" darf deshalb mangels vorangegangener Bekanntmachung dieses Aktes nicht als "verspätet" zurückgewiesen werden, über ihn ist vielmehr auch noch nach Festsetzung des Ergebnisses der "Bedachtnahme" zu entscheiden, solange dieses Ergebnis noch in Analogie zur Wahlanfechtung bekämpfbar ist.

Die Feststellung des Ergebnisses einer "Bedachtnahme" ist analog einer Wahlanfechtung anfechtbar. Die Wahlanfechtung ist nun nach § 26 Abs 1 BA/WO an eine zweiwöchige Frist ab Kundmachung des Wahlergebnisses geknüpft. Eine berechtigte Wahlanfechtung führt nach § 26 Abs 2 BA/WO zur Ungültigerklärung der Wahl, soweit durch Verletzung der Bestimmungen der Wahlordnung das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte. Auf den Wahlersatzvorgang der "Bedachtnahme" umgelegt ist zu folgern, daß auch eine ungerechtfertigte Ablehnung eines Antrages auf Zulassung zum Ersatzwahlvorgang der "Bedachtnahme" mangels rechtzeitiger Anfechtung heilt. Mangels formeller Kundmachung des Ergebnisses der "Bedachtnahme" ist die Frist ab dem Zeitpunkt zu berechnen, in dem der Anfechtungswerber die Feststellung des Ergebnisses der "Bedachtnahme" hätte erkennen können. Mit dem Ablauf dieser Frist endet auch, wie bereits dargelegt, die Frist zur Antragstellung auf Berücksichtigung als "Fraktion". Zur Vermeidung unklarer vereinsinterner Vrhältnisse, insbesondere einer Unsicherheit über die Wirksamkeit von Beschlüssen gewählter Organe, ist es sachlich geboten, die Anfechtung von Wahlen oder vergleichbarer Besetzungsakte bei sonstigem Verlust des Anfechtungsrechtes einer kurzen Frist zu unterwerfen. Ist die Anfechtung ausgeschlossen, ist eine Heilung etwaiger Mängel anzunehmen, die es verbietet, solche Mängel zum Gegenstand eines Feststellungsanspruches zu erheben. Die "Bedachtnahme" auf die Ergebnisse von Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlen anstelle der Durchführung vereinsinterner Wahlen geht von der Annahme aus, daß das Ergebnis der vereinsexternen Wahlen für das Stimmenverhältnis der Vereinsmitglieder repräsentativ ist, mögen auch nicht alle Vereinsmitglieder, dafür aber auch Nichtvereinsmitglieder bei dem vereinsexternen Akt wahlberechtigt sein. Eine solche "Bedachtnahme" könnte bei einem bloß sehr niedrigen Anteil der Vereinsmitglieder an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten des vereinsexternen Vorganges sinnwidrig werden und dazu zwingen, von der Bedachtnahme abzusehen und die im Normalfall vorgesehenen vereinsinternen Wahlen duchzuführen. Bei einem behaupteten Organisationsgrad von mehr als 50 % ist aber an der Repräsentativität des Ergebnisses der vereinsexternen Wahlen nicht zu zweifeln, weil eine nur grobe Annäherung des Ergebnisses der vereinsexternen Wahlen an das hypothetische Ergebnis einer vereinsinternen Wahl als in der Regelungsabsicht bei Abfassung des § 29 Abs 1 GO/WO gelegen angenommen werden muß.

Die Kläger haben unter den genannten Voraussetzungen Anspruch darauf, daß die von ihnen mitgebildete Wählergruppe bei der Zusammensetzung der Betriebsausschüsse, soweit keine Betriebsausschußwahlen stattzufinden haben, nach dem Ergebnis der "Bedachtnahme" auf die Ergebnisse der Personalvertretungswahlen berücksichtigt werden, daß aber, wo solche Betriebsausschüsse bisher nicht eingerichtet wurden, dies nachgeholt oder der Bestand solcher Betriebsausschüsse für die Entsendung von Delegierten in den Landessektionstag fingiert werde.

Sollten die Anträge auf Anerkennung als "Fraktionen" sowie die Anfechtungen der "Bedachtnahme" nicht verspätet gewesen und allfällige Mängel damit nicht saniert worden sein, ist die mit dem angefochtenen Aufhebungsbeschluß aufgetragene Verfahrensergänzung nicht zu entbehren. In welcher Form und mit welchen Kandidaten die jeweils wahlwerbenden Gruppen der Kläger aufgetreten sind, ist nach den dargelegten Rechtsansichten allerdings solange unerheblich, als die beklagte Partei nicht in diesem Zusammenhang ein ausschlußwürdiges, vereinsschädigendes Verhalten konkret behauptet. Das Bewußtsein und der Wille der an der Personalvertretungswahl teilnehmenden Vereinsmitglieder, mit der Stimmabgabe an einem Vorgang mitzuwirken, der gleichzeitig auch Auswirkungen für die Zusammensetzung von Vereinsorganen haben soll, sind unerheblich. Die Heilung der gerügten Mängel durch Verstreichen einer der Frist zur Wahlanfechtung vergleichbaren Frist wird aber in Erweiterung des berufungsgerichtlichen Verfahrensergänzungsauftrages mit den Parteien zu erörtern und allenfalls zum Gegenstand eines Beweisverfahrens zu machen sein.

Dem Rekurs der Kläger war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen: Das Prozeßgericht erster Instanz wird aber bei seiner neuen Entscheidung an die teils in Ergänzung und teils in Abänderung der berufungsgerichtlichen Rechtsauffassungen ausgesprochenen Rechtsansichten gebunden sein.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind deshalb gemäß § 52 ZPO als Kosten des zu ergänzenden Verfahrens zu behandeln.

Anmerkung

E22414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00711.89.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19901220_OGH0002_0060OB00711_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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