TE OGH 1991/1/10 7Ob686/90

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Veröffentlicht am 10.01.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der *****, infolge Revisionsrekurses der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Linz, Peuerbachstraße 26, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 5. November 1990, GZ 18 R 573/90-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 10. September 1990, GZ P 23/79-19, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern des mj. ***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. 1. 1979 geschieden. In einem am gleichen Tag abgeschlossenen, pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleich erklärte sich der Vater damit einverstanden, daß die Obsorge für das Kind der Mutter übertragen wird, und verpflichtete sich zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 1.200,-.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 10. 6. 1981 wurde die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gemäß § 271 ABGB zum besonderen Sachwalter des Kindes bestellt, um dessen Unterhaltsansprüche durchzusetzen.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13. 10. 1981 wurde dem Minderjährigen ein monatlicher Unterhaltsvorschuß von S 1.200,-

vom 1. 10. 1981 bis 30. 9. 1984 gewährt, weil der Vater seinen Arbeitsplatz am 31. 8. 1981 verlassen habe und seither keiner nachweisbaren Arbeit nachgehe. Mit den weiteren Beschlüssen vom 26. 9. 1984 und 27. 11. 1987 gewährte das Erstgericht dem Minderjährigen einen monatlichen Unterhaltsvorschuß gemäß § 4 Z 2 UVG in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes der im § 6 UVG vorgesehenen Höhe für die Zeiträume 1. 10. 1984 bis 30. 9. 1987 und 1. 10. 1987 bis 30. 9. 1990, weil der Vater unbekannten Aufenthaltes und der Exekutionstitel mehr als drei Jahre alt sei.

Aus eben diesem Grund gewährte das Erstgericht mit Beschluß vom 10. 9. 1990 dem Minderjährigen antragsgemäß einen monatlichen Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 1. 10. 1990 bis 30. 9. 1993.

Das Rekursgericht wies den Antrag des besonderen Sachwalters auf Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen für den Minderjährigen ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs.1 AußStrG zulässig ist. Zwar erfordere § 4 Z 2 UVG die Durchführung eines Titelverfahrens dann nicht, wenn dies schon nach der Aktenlage aussichtslos erscheine. Es müßten aber doch gewisse Bemühungen unternommen werden, um mit dem Vater eine Unterhaltsvereinbarung zu schließen oder dessen Aufenthaltsort zur Schöpfung eines gerichtlichen Unterhaltstitels ausfindig zu machen. Im vorliegenden Fall habe eine von der zweiten Instanz veranlaßte Anfrage bei der Mutter ergeben, daß sich der Unterhaltsschuldner unter einer näher bezeichneten Anschrift in Frankreich aufhalte. Ein Titelverfahren sei daher nicht von vornherein aussichtslos, zumal sowohl Österreich als auch Frankreich Vertragsstaaten des New Yorker Unterhaltsübereinkommens (BGBl. 316/1969) seien. Der Revisionsrekurs sei für zulässig zu erklären gewesen, weil der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. 7. 1990, 2 Ob 582/90, Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 1 UVG schon deshalb gewährt habe, weil der Unterhaltsschuldner seinen Wohnsitz im Ausland habe, und ungeklärt sei, ob diese Rechtsprechung auch für Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG gelte.

Der Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch wenn mit der Entscheidung 2 Ob 582/90 eine Exekutionsführung im Ausland jedenfalls als aussichtslos iS des § 4 Z 1 UVG angesehen wird, fehlt doch nach dem Wortlaut des § 4 Z 2 UVG jeder Anhaltspunkt für die Annahme, ein Unterhaltsfestsetzungs- oder Erhöhungsverfahren erscheine bei einem Wohnsitz des Unterhaltsschuldners im Ausland jedenfalls aussichtslos und sei daher entbehrlich. Gewiß setzt eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 UVG nicht zwingend ein versuchtes Unterhaltsfestsetzungs- (Erhöhungs-)Verfahren voraus (5 Ob 566/90, 7 Ob 578/90; iglS Knoll, UVG in ÖA, 5. Lfg. März 88, Rz 10 zu § 4) und wird ein Aufenthalt des Unterhaltsschuldners im Ausland im Einzelfall ein Unterhaltsfestsetzungs- (Erhöhungs-)Verfahren durchaus als aussichtslos erscheinen lassen können. Doch sind, ehe eine Vorschußgewährung nach dieser Bestimmung in Anspruch genommen wird, mögliche Titelschöpfungen zu versuchen (Knoll aaO Rz 17). Eine einmal erfolgte Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG bringt noch keinen Freibrief, der von der Verpflichtung zur Titelschöpfung entbindet (Knoll aaO Rz 18). Nach den bestehenden internationalen Verträgen (New Yorker Unterhaltsübereinkommen, Haager Prozeßübereinkommen mit Zusatzabkommen vom 15. 7. 1966, BGBl. 287/1967) liegen objektive Gründe, ein Unterhaltserhöhungsverfahren gegen den Vater als aussichtslos anzusehen, nicht vor. Ehe daher eine Erhöhung des Unterhaltsbeitrages des Vaters nicht versucht worden ist, kann nicht beurteilt werden, ob sie iS des § 4 Z 2 UVG "gelingt" (vgl. hiezu auch die Ausführungen von Knoll aaO Rz 11).

Mit Recht hat deshalb die zweite Instanz die Voraussetzungen für eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 UVG als nicht gegeben erachtet.

Anmerkung

E25263

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00686.9.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19910110_OGH0002_0070OB00686_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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