TE OGH 1991/1/15 2Ob592/91

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Veröffentlicht am 15.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert ***** W*****, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) WINTERSPORTVEREIN J*****, 2.) Franz M*****, 3.) Robert T*****, alle vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, 4.) Ferry S*****, vertreten durch Dr. Franz Pegger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 1,494.782,- sA und Feststellung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 22. November 1991, GZ Jv 1631-1/91, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei hinsichtlich der Mitglieder des Senates 2 des Oberlandesgerichtes Innsbruck verworfen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. September 1990, 40 Cg 132/87-62, wurden die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, dem Kläger S 1,349.538,68 sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 145.243,32 sA wurde abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhoben die beklagten Parteien Berufung. Das Oberlandesgericht Innsbruck faßte als Berufungsgericht durch den Vorsitzenden Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr. D***** sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. S***** und Dr. M***** als weitere Mitglieder des Senates in der mündlichen Berufungsverhandlung am 4. April 1991 den Beschluß auf Beweiswiederholung sowie Beweisergänzung und erstreckte die Berufungsverhandlung auf vorerst unbestimmte Zeit.

Mit dem Schriftsatz vom 30. April 1991 lehnte der Kläger alle Mitglieder des genannten Senates wegen Befangenheit ab. Er stützte seinen Antrag im wesentlichen darauf, daß der Berichterstatter Dr. S***** als Mitglied des Tiroler Landessportrates mit der Bewilligung des von der erstbeklagten Partei durchgeführten FIS-Abfahrtslaufes befaßt gewesen sei. Da dem Landessportrat auch grundsätzlich die Überwachung der Vereine und Verbände obliege und Dr. S***** auf Grund seiner Funktionärstätigkeit in den höchsten Rängen der sportlichen Vereinsaktivität grundsätzlich die Interessen der Vereine zu wahren habe, bestünden Bedenken gegen die völlige Unbefangenheit des Richters. Die Befangenheit der beiden weiteren Mitglieder des Berufungssenates beruhe darauf, daß der Berichterstatter erfahrungsgemäß einen maßgeblichen Einfluß auf die Willensbildung der anderen Senatsmitglieder ausübe. Dazu komme, daß die Ablehnung eines Senatsmitgliedes, mit dem die anderen Richter seit Jahren in engem und ständigem Kontakt zusammenarbeiten, grundsätzlich auch die Unbefangenheit der restlichen Senatsmitglieder beeinträchtigen könne.

Das Oberlandesgericht Innsbruck erkannte mit dem angefochtenen Beschluß die Ablehnung der Mitglieder des Senates 2 des Oberlandesgerichtes Innsbruck für nicht gerechtfertigt. Es verwies darauf, daß alle drei Richter des Senates erklärten, nicht befangen zu sein. Bloße Besorgnis der Befangenheit genüge nicht, um eine Ablehnung zu rechtfertigen; vielmehr müßten zureichende Gründe glaubhaft gemacht werden, daß sich der Richter bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gesichtspunkten würde leiten lassen. Im übrigen berechtige die Ablehnung des Berichterstatters nicht zur Annahme der Befangenheit der anderen Senatsmitglieder.

Gegen diesen Beschluß des Oberlandesgerichtes Innbruck richtet sich der Rekurs des Klägers, welcher nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Wie sich aus dem Kopf der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck eindeutig ergibt, hat dieses Gericht nunmehr (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 165; RZ 1962, 278; 2 Ob 541/91) in Senatsbesetzung über die geltend gemachte Befangenheit entschieden. Daß der Beschluß mit "der Präsident des Oberlandesgerichtes", der der Vorsitzende des Senates war, unterzeichnet ist, tut diesem Umstand keinen Abbruch; der Einwand, der angefochtene Beschluß sei als Akt der Justizverwaltung anzusehen, ist daher nicht berechtigt.

Zentraler Ablehnungsgrund ist die Behauptung des Klägers, der Berichterstatter Dr. S***** sei als Mitglied des Landessportrates des Landes Tirol im Interessenkonflikt, "wenn er in dieser Funktion die internationale Veranstaltung des Wintersportvereines J***** bewilligt und damit zum Ausdruck gebracht hat, daß seiner Ansicht nach alle sportlichen und sicherheitstechnischen Voraussetzungen getroffen wurden und andererseits darüber urteilen müsse, ob der Verein tatsächlich Sicherheitsvorkehrungen im nötigen Ausmaß getroffen hat" (AS 615). Als Präsident der Turn- und Sportunion Tirol habe er unzweifelhaft Kontakt mit den Vereinen, was ebenfalls seine Befangenheit bewirke (AS 616).

Demgegenüber hat aber Dr. S***** in seiner dem Kläger durch ausführliche Darstellung im angefochtenen Beschluß bekanntgegebenen Stellungnahme ausdrücklich klargestellt, daß der Tiroler Landessportrat mit der von der erstbeklagten Partei durchgeführten sportlichen Veranstaltung nichts zu tun hatte, weil sich dieser nur mit internationalen Großveranstaltungen befasse. Es wäre daher am Kläger gelegen, seine Behauptung, Dr. S***** habe entgegen seiner Darstellung die in Rede stehende Sportveranstaltung als Landessportrat bewilligt, glaubhaft zu machen (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 165); dazu genügt aber die bloße Vorlage des Tiroler Landessportgesetzes 1972 ohne konkreten Hinweis auf einen tatsächlichen Zusammenhang der Tätigkeit Dris. S***** als Landessportrat mit der Sportveranstaltung J***** keinesfalls. Es ist daher der Stellungnahme Dris. S***** zu folgen, daß keine Gründe für eine Befangenheit aus seiner Tätigkeit als Landessportrat vorliegen.

Seine Eigenschaft als Präsident der Turn- und Sportunion Tirol vermag ebenfalls keine Befangenheit zu begründen, weil der erstbeklagte Verein - wie der Kläger in seinem Rekurs selbst zugesteht - nicht Mitglied dieses Landesverbandes ist. Die rein theoretischen Erwägungen des Klägers über die aus der festgestellten Funktion Dris. S***** allenfalls resultierende Befangenheit können aber dessen gegenteilige glaubwürdige Darstellung nicht mit Erfolg in Frage stellen.

Die Ausführungen des Rekurses über die Befangenheit der beiden anderen Richter des Senates Dr. D***** und Dr. M*****, die auf eine solche wegen kollegialer Nähe zu Dr. S***** hinauslaufen, sind schon im Hinblick auf die mangelnde Befangenheit desselben nicht gegeben. Davon abgesehen ist ihrer Darstellung, nicht befangen zu sein, weil sie sich über jeden Rechtsfall ihre eigene Meinung bilden, als eine selbstverständliche Voraussetzung richterlicher Willensbildung jedenfalls zu folgen, sodaß sich der Rekurs auch diesbezüglich als unberechtigt erweist.

Anmerkung

E27689

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00592.91.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19910115_OGH0002_0020OB00592_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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