TE OGH 1991/1/15 4Ob175/90

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Veröffentlicht am 15.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1. Dr. Thomas *****, Facharzt, Bregenz, ***** 2. Dr. Peter *****, Facharzt, Feldkirch, ***** 3. Dr. Thomas *****, Facharzt, Bregenz, ***** 4. Dr. Heinz *****, Facharzt, Bludenz, *****

5. Dr. August *****, Facharzt, Dornbirn, ***** sämtliche vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei VORARLBERGER GEBIETSKRANKENKASSE, Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Dr. Reinhold Moosbrugger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,-), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23. Oktober 1990, GZ 2 R 281/90-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 21. August 1990, GZ 5 Cg 185/90-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kläger sind schuldig, der Beklagten die mit S 40.578,75 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 6.763,12 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Kläger sind Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Sie sind Mitglieder des Fachgruppenausschusses der Zahnärzte innerhalb der Vorarlberger Ärztekammer. Der Erstkläger ist Obmann dieses Ausschusses; der Zweitkläger ist Stellvertreter des Erstklägers. Mit Beschluß vom 23. 11. 1988 legitimierte die Vorarlberger Ärztekammer den Erstkläger als ihren offiziellen Vertreter für die Gespräche mit der beklagten Gebietskrankenkasse über bestimmte Inhalte des Abrechnungsübereinkommens; der Erstkläger seinerseits legte die Verhandlungsinhalte mit dem gesamten Fachgruppenausschuß fest. Die Kläger gehören auch dem Vorstand des Vereins der niedergelassenen Zahnärzte und Dentisten im Bundesland Vorarlberger an.

Ab 1956 war das Verhältnis zwischen den in Vorarlberg niedergelassenen Zahnärzten und der Beklagten durch einen Gesamtvertrag und die mit den einzelnen Zahnärzten und Dentisten abgeschlossenen Einzelverträge geregelt. Im Zuge von EDV-Kontrollen von Abrechnungen kam es dann ab 1985 zu Differenzen zwischen den Zahnbehandlern Vorarlbergs und der Beklagten; daraufhin kündigte ein Großteil der Zahnbehandler den Einzelvertrag. Infolge Kündigung des Gesamtvertrages besteht seit dem 22. 6. 1988 zwischen den in Vorarlberg niedergelassenen Zahnärzten sowie Dentisten und der Beklagten kein Vertragsverhältnis mehr. Die vor der Kündigung der Verträge anzuwendende Bundeshonorarordnung hatte 41 Positionen für verschiedene zahnärztliche Leistungen vorgesehen. In ihren Verhandlungsangeboten erstellten die Vorarlberger Zahnärzte durch ihre Standesvertretung eine eigene Honorarregelung für die Zahnbehandlung in Vorarlberg ("Vorarlberg-Katalog"); auf dieser Grundlage ist es bisher noch zu keinem neuen Vertragsabschluß zwischen der Ärztekammer und der Beklagten gekommen. Im Herbst 1988 wurde jedoch ein Abrechnungsübereinkommen für konservierend-chirurgische Behandlung abgeschlossen; dadurch ist gewährleistet, daß die Patienten die konservierend-chirurgische Zahnbehandlung zu den Tarifen der Bundeshonorarordnung in Anspruch nehmen können. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zwischen den Zahnbehandlern und der Beklagten, so daß die Patienten nicht direkt belastet werden. Diesem Übereinkommen haben sich bisher 46 Vorarlberger Zahnbehandler angeschlossen. Die Kläger sind dem Abrechnungsübereinkommen nicht beigetreten; sie behandeln bei der Beklagten versicherte Patienten nur auf ausdrücklichen Wunsch nach der Bundeshonorarordnung (41-Punktekatalog), erbringen aber sonst alle Leistungen im Rahmen des "Vorarlberg-Kataloges" und verrechnen sie nach den darin festgelegten Tarifen. Willkürliche zusätzliche Privatzahlungen gibt es bei ihnen nicht; sie schicken auch nicht Patienten, deren Wurzelfüllung länger als 15 Minuten dauert, mit unfertiger Füllung nach Hause. Der Zweit- und der Drittkläger rechnen ihre Leistungen auch nach einer ordinationsinternen Kalkulation ab.

Nachdem im Juli 1990 Verhandlungen wiederum gescheitert waren, richtete die Beklagte folgende Presseaussendung an die "Vorarlberger Nachrichten", "Die neue Vorarlberger Tageszeitung", den "Vorarlberger Kurier", an die APA und an den ORF:

"Betr.: Zahnärztekonflikt

Die unnachgiebige Haltung der Zahnärzte-Führung bei den Verhandlungen in Wien zwingt die Vorarlberger Gebietskrankenkasse nunmehr zu Konsequenzen.

Da sich die Österreichische Ärztekammer und die Österreichische Dentistenkammer ausdrücklich zum derzeit gültigen, bundeseinheitlichen Gesamtvertrag bekannten, lehnte der Hauptverband eine Sonderregelung für Vorarlberg ab. Dennoch erklärte er sich zur Wiederaufnahme der erst 1987 abgeschlossenen Verhandlungen über den konservierend-chirurgischen Vertragteil bereit, verlangte aber gleichzeitig von den Vorarlberger Zahnärzten eine befristete Wiederaufnahme gesamtvertraglicher Beziehungen als Zeichen vertragspartnerschaftlichen Entgegenkommens. Obwohl hiedurch kein einziger Vorarlberger Zahnarzt zum Abschluß eines Einzelvertrages mit der Kasse gezwungen worden wäre, lehnte die Fachgruppenführung diesen Wunsch des Hauptverbandes kategorisch ab. Aufgrund dessen sah sich der Hauptverband außerstande, den in allen anderen acht Bundesländern geltenden Vertrag in Frage zu stellen, weil niemand garantieren konnte, daß die Vorarlberger Fachgruppe einen möglicherweise zustandekommenden Kompromiß auch akzeptieren würde. Es bestünde daher die Gefahr einer bundesweiten Aufwandserhöhung, ohne daß der Vorarlberger Konflikt dadurch gelöst würde.

Weitere Vertragsbemühungen erscheinen somit derzeit aussichtslos. Die Kasse sieht sich daher zunächst gezwungen, ihren Versicherten die Namen jener Zahnärzte bekanntzugeben, welche ihre soziale Einstellung schon bisher durch den Beitritt zum Abrechnungsübereinkommen bewiesen haben. Bei diesen Zahnärzten können konservierend-chirurgische Leistungen nach wie vor zu Sozialversicherungsbedingungen in Anspruch genommen werden. Der Patient braucht nich zu bezahlen. Die Honorare werden über die Ärztekammer direkt mit der Gebietskrankenkasse abgerechnet."

(Es folgt eine Aufzählung von Zahnärzten und Dentisten, nach Bezirken gegliedert.)

"Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse wird auch weiterhin unter den Zahnärzten für einen Beitritt zu diesem Abrechnungsübereinkommen werben. Es besteht die begründete Hoffnung, daß die extreme Linie der derzeitigen Fachgruppenführung nicht auf die ungeteilte Zustimmung der Zahnärzteschaft zählen kann.

Darüber hinaus wird es notwendig sein, die zahnheilkundliche Grundversorgung vor allem der sozial schwachen Bevölkerung durch Zahnambulatorien auch in Bregenz und Bludenz sicherzustellen. Das Leistungsangebot dieser Zahnambulatorien wird davon abhängen, inwieweit es gelingt, das Abrechnungsübereinkommen auch in diesen Bezirken auszubauen.

Schließlich wird die Vorarlberger Gebietskrankenkasse alles tun, um eine gesetzliche Ermächtigung des Sozialministers zur Festlegung von Zahnärztetarifen während eines länger dauernden vertragslosen Zustandes zu erreichen.

Das Vertragsangebot der Zahnärzteführung orientiert sich nicht mehr an der Gesundheit des Patienten, sondern ausschließlich an wirtschaftlichen Überlegungen. So wird etwa für "Kassapatienten" das gesundheitsgefährliche gammahaltige Amalgam als Füllungsmaterial keineswegs ausgeschlossen, wenn nur dieses Material "mit dem jeweiligen Kassafüllungstarif gerechtfertigt werden kann" (Schreiben der Ärztekammer vom 28. 6. 1990). Wessen Wurzelfüllung länger als fünfzehn Minuten dauert, der wird mit der unfertigen Füllung und mit Schmerzen nach Hause gehen oder private Zuzahlungen in willkürlicher Höhe in Kauf nehmen müssen. Damit droht eine ordnungsgemäße zahnheilkundliche Versorgung für den sozial schwachen Kassenpatienten zum unerschwindlichen Luxus zu werden. Zur Kasse gebeten wird hier jedenfalls der Versicherte: Sei es durch höhere Krankenversicherungsbeiträge, sei es durch erkleckliche private Zuzahlungen!"

Die Beklagte betreibt in Dornbirn und Feldkirch je ein Zahnambulatorium.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte, die in einem Wettbewerbsverhältnis zu ihnen stehe, in der erwähnten Presseaussendung in Verletzung des § 7 UWG unwahre und herabsetzende Tatsachenbehauptungen über sie aufgestellt habe, begehren die Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten,

"Behauptungen nachstehenden Inhaltes oder sinngemäß zu verbreiten oder irgendwie zu veröffentlichen:

Das Vertragsangebot der Zahnärzteführung orientiert sich nicht mehr an der Gesundheit des Patienten, sondern ausschließlich an wirtschaftlichen Überlegungen. So wird etwa für 'Kassenpatienten' das gesundheitsgefährliche, gammahaltige Amalgam als Füllungsmaterial keineswegs ausgeschlossen, wenn nur dieses Material 'mit dem jeweiligen Kassenfüllungstarif gerechtfertigt werden kann'. Wessen Wurzelfüllung länger als fünfzehn Minuten dauert, der wird mit der unfertigen Füllung und mit Schmerzen nach Hause gehen oder private Zuzahlungen in willkürlicher Höhe in Kauf nehmen müssen. Damit droht eine ordnungsgemäße, zahnheilkundliche Versorgung für den sozial schwachen Kassenpatienten zum unerschwinglichen Luxus zu werden."

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie sei als Krankenversicherungsträger auf Grund des Gesetzes verpflichtet, die Krankenversorgung, zu der auch die Zahnbehandlung gehöre, durchzuführen. Dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung habe sie durch die Verpflichtung von Dritten, insbesondere Ärzten, im Vertragsweg sowie durch Schaffung und Beistellung eigener Einrichtungen nachzukommen. Um nach der Aufkündigung des Gesamtvertrages durch die Vorarlberger Ärztekammer ihrer gesetzlichen Verpflichtung zu entsprechen, habe sie am 15. 10. 1987 beim Amt der Vorarlberger Landesregierung den Antrag auf Feststellung des Bedarfes für je ein Zahnambulatorium in Dornbirn und in Feldkirch gestellt. Diesem Antrag sei mit Bescheid vom 26. 1. 1988 mit der Begründung stattgegeben worden, daß auf Grund des erheblichen Fehlbestandes an Zahnbehandlern und der damit verbundenen zahnärztlichen Unterversorgung in Vorarlberg der Bedarf an Zahnambulatorien bestehe. Die beanstandete Presseaussendung sei notwendig gewesen, um die Auseinandersetzung zwischen der Ärztekammer und der Beklagten darzustellen. Sie sei auch inhaltlich richtig, weil das Vertragsangebot der Zahnärzteführung tatsächlich nur auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhe; zumindest seien andere Überlegungen nicht erkennbar. Überdies stehe die Beklagte in keinem Wettbewerbsverhältnis zu den Klägern; die Aussendung sei auch nicht in Wettbewerbsabsicht erfolgt. Eine Krankenkasse handle ohne Wettbewerbszweck nur in Wahrung der ihr anvertrauten Interessen.

Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte biete zwar durch die in Dornbirn und Feldkirch eingerichteten Ambulatorien ihren Versicherten die gleichen Leistungen wie die frei niedergelassenen Zahnärzte; sie erbringe diese Leistungen aber nicht aus geschäftlichen Überlegungen, sondern ausschließlich zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der Versorgung der Versicherten mit Zahnmedizin. Selbst wenn aber ein objektives Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen angenommen würde, fehlte es bei der beanstandeten Äußerung doch an der Wettbewerbsabsicht. Für den durchschnittlichen Leser der Presseaussendung ergebe sich klar, daß die Beklagte nicht Patienten von freien Zahnärzten zu ihren - ohnehin völlig überlasteten - Ambulatorien abwerben, sondern die Zahnärzte durch öffentlichen Druck dazu bringen wolle, wieder Verträge mit der Beklagten zu den ausgehandelten Tarifen abzuschließen.

Das Rekursgericht verbot der Beklagten, die beanstandeten Behauptungen zu verbreiten, und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da die Kläger tatsächlich die "Zahnarztführung" bildeten, sei ihre - im übrigen unbestritten gebliebene - Aktivlegitimation zu bejahen. Daß die beanstandeten Äußerungen Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 7 UWG und auch geeignet sind, den Betrieb der Kläger und deren Kredit zu schädigen, sei gleichfalls nicht strittig und liege im übrigen auf der Hand. Zur Klageführung nach § 7 UWG sei der Verletzte berechtigt. Ob er in einem Wettbewerbsverhältnis zum Verletzten steht, sei dabei ohne Bedeutung; wohl aber setze § 7 UWG voraus, daß die herabsetzenden Äußerungen "zu Zwecken des Wettbewerbs" gemacht werden. Eine Wettbewerbshandlung müsse sowohl objektiv geeignet sein, den eigenen Absatz - oder den eines Dritten - zu fördern oder den Absatz anderer Mitbewerber zu schmälern, als auch subjektiv von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen sein. Der Charakter der beanstandeten Äußerung als objektive Wettbewerbshandlung sei zu bejahen. Öffentlich-rechtliche Körperschaften stünden auch dann, wenn sie privatwirtschaftlich tätig werden, im geschäftlichen Verkehr; für sie gälten die gleichen Rechte wie für private Mitbewerber. Träger der Sozialversicherung wie die Beklagte handelten bei der Errichtung und beim Betrieb von Krankenanstalten und Ambulanzen ebenso wie beim Abschluß von Verträgen mit der gesetzlichen Vertretung der Ärzte, Apotheker, Hebammen und Dentisten privatrechtlich. In den Ambulatorien komme es zu einem Leistungsaustausch zwischen der Beklagten und den Sozialversicherten, die auf Grund ihrer Beitragszahlungen Anspruch auf die Leistungen haben. Ferner müsse unterstellt werden, daß die Führung der Ambulatorien auf eine wirtschaftliche - zumindest kostendeckende - Gebarung ausgerichtet ist; das habe wiederum zur Voraussetzung, daß die Ambulatorien von (sozialversicherten) Patienten entsprechend in Anspruch genommen werden. Es könne daher nicht zweifelhaft sein, daß die beanstandete Aussendung objektiv geeignet ist, den eigenen Absatz der Beklagten zu fördern. Noch weniger sei zu bezweifeln, daß die Aussendung nach ihrem Gesamteindruck objektiv geeignet ist, den Umsatz der dem Abrechnungsübereinkommen nicht beigetretenen Ärzte, insbesondere der angesprochenen Zahnärzteführung, zu schmälern. Aber auch die Wettbewerbsabsicht sei zu bejahen, wenngleich Feststellungen darüber fehlten; nach der Lebenserfahrung spreche nämlich die tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht, wenn ein im Wettbewerb Stehender abfällige Äußerungen über einen Mitbewerber macht. Diese Vermutung habe die Beklagte im Provisorialverfahren nicht widerlegt; sie werde auch nicht mit dem Hinweis darauf in Zweifel gezogen, daß die Beklagte mit der Aussendung nur erreichen wollte, die Kläger wiederum an den Verhandlungstisch zu zwingen, zumal dieser Beweggrund die durch die abfälligen Äußerungen vermutete Wettbewerbsabsicht nicht in den Hintergrund verdrängen könne. Die Wahrheit der beanstandeten Mitteilung sei von der - hiefür bescheinigungspflichtigen - Beklagten nicht glaubhaft gemacht worden. Die Beklagte habe demnach gegen § 7 UWG verstoßen, zumal auch die Wiederholungsgefahr zu unterstellen sei.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil sich das Rekursgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die beanstandete Äußerung eine Wettbewerbshandlung der Beklagten war, auf keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen konnte; er ist auch berechtigt.

Wer zu Zwecken des Wettbewerbes über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens, über die Waren oder Leistungen eines anderen Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Inhabers zu schädigen, kann, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind, nach § 7 Abs 1 UWG - auf welchen die Klage ausdrücklich gestützt ist - vom Verletzten (ua) auf Unterlassung der Behauptung oder Verbreitung der Tatsachen in Anspruch genommen werden. In ihrem Rechtsmittel wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung, sie habe "zu Zwecken des Wettbewerbes" gehandelt; vielmehr erfülle sie mit der Errichtung von Ambulatorien nur einen gesetzlichen Auftrag, ohne dabei "auf eine wirtschaftliche im Sinne einer zumindest kostendeckenden Gebarung" ausgerichtet zu sein. Ihre Aussendung sei nicht objektiv geeignet, den eigenen Absatz zu fördern. Da das Gericht zweiter Instanz die Frage offen gelassen habe, ob die Beklagte Mitbewerberin der Kläger ist, fehle auch die Grundlage für die Vermutung der Wettbewerbsabsicht, zumal die in der Klage allein geltend gemachte Förderung fremden Wettbewerbes immer vom Kläger zu beweisen (zu bescheinigen) sei.

Zu diesen Ausführungen war folgendes zu erwägen:

Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbes liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn das Verhalten eines Gewerbetreibenden im Geschäftsverkehr objektiv geeignet ist, den Absatz eines - meist des eigenen - Unternehmens auf Kosten der Mitbewerber zu fördern, und von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen wird (SZ 50/86; SZ 55/111; SZ 61/193 uva). Ob die Leistungen, welche die Beklagte - der es nach § 23 Abs 5, letzter Satz, ASVG obliegt, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen - in den von ihr selbst betriebenen Einrichtungen, wie etwa in den Ambulatorien (§ 23 Abs 6, § 153 Abs 3 ASVG), erbringt, als "Absatz" des Unternehmens eines "Gewerbetreibenden" iS des UWG angesehen werden können, braucht hier nicht untersucht zu werden, weil eine Wettbewerbsabsicht der Beklagten jedenfalls zu verneinen ist:

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es eine Tatfrage, ob eine Wettbewerbsabsicht vorliegt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 187 Rz 233 EinlUWG; SZ 47/23; SZ 61/193; MR 1990, 99 uva). Macht ein Gewerbetreibender im Wettbewerb abfällige Äußerungen über einen Konkurrenten, dann spricht allerdings nach der Lebenserfahrung die tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht (Hohenecker-Friedl 20; MR 1989, 61; MR 1990, 99 ua). Die - vermutete oder festgestellte - Wettbewerbsabsicht braucht zwar nicht das einzige oder wesentliche Ziel der Handlung gewesen zu sein; sie darf aber gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (SZ 44/116; MR 1989, 61; MR 1990, 99). Ob das der Fall ist oder die (mitwirkende) Wettbewerbsabsicht neben den anderen Zielen der Handlung doch noch Gewicht hat, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund der jeweiligen Sachverhaltsfeststellungen zu beurteilen ist (MR 1989, 61; MR 1990, 99). Selbst wenn man aber im vorliegenden Fall die Beklagte als Mitbewerberin der Kläger ansehen und demnach vermuten wollte, daß sie die beanstandete Äußerung (auch) zu dem Zweck gemacht hätten, Patienten von den Klägern weg in ihre eigenen Ambulatorien oder doch zu den in der Presseaussendung aufgezählten, dem Abrechnungsübereinkommen beigetretenen Zahnärzten zu locken, so würde doch diese Absicht gegenüber dem offenkundigen eigentlichen Zweck des Schreibens der Beklagten völlig zurücktreten. Dieser Zweck liegt jedoch ohne Zweifel - zumindest weit überwiegend - darin, für den Standpunkt der Beklagten in der Auseinandersetzung mit den Zahnärzten Verständnis zu erwecken und die "Zahnärzteführung" durch die scharfen Angriffe unter Druck zu setzen, um doch noch zum Abschluß eines neuen "Gesamtvertrages" zu kommen, der im Interesse der Versicherten liegt und um dessen Abschluß sich zu bemühen die Beklagte gesetzlich verpflichtet ist; die Beklagte hat ja die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsgemäß vorgesehenen Leistungen in erster Linie durch Verträge mit den freiberuflich tätigen (ua) Ärzten und Dentisten (§ 338 Abs 1 ASVG) sicherzustellen (§ 338 Abs 1 Satz 1 ASVG), während eigene Einrichtungen für die Versorgung mit diesen Leistungen nur in gesetzlich eingeschränktem Umfange (§ 23 Abs 6, § 338 Abs 2 Satz 2 ASVG) zulässig und bei den Versicherten erfahrungsgemäß - vor allem wegen des Fehlens der Möglichkeit zur freien Arztwahl - viel weniger beliebt sind als freiberuflich tätige Ärzte. Daß die Beklagte mit der beanstandeten Äußerung den Wettbewerb der von ihr einzeln aufgezählten Zahnärzte hätte fördern wollen, ist nicht festgestellt und auch nicht offenkundig, kann doch die Beklagte keine Vorteile daraus ziehen, daß Patienten Vertragsärzte der Beklagten und nicht Privatärzte aufsuchen. Bei dieser Sachlage kommt einer Wettbewerbsabsicht zumindest keine irgendwie ins Gewicht fallende Bedeutung zu, so daß der Tatbestand des § 7 UWG nicht erfüllt ist.

Aus diesem Grund war dem Revisionsrekurs stattzugeben und der angefochtene Beschluß dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstrichters wiederhergestellt wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E25179

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00175.9.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19910115_OGH0002_0040OB00175_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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