TE Vwgh Erkenntnis 2005/12/15 2005/18/0596

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Veröffentlicht am 15.12.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §12 Abs2b;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §37;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1970, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. August 2005, Zl. SD 1319/05, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. August 2005 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe am 19. Februar 2004 einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gestellt, wobei in der Folge irrtümlich eine bis zum 31. Juli 2004 befristete Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "befristete Beschäftigung, § 12 Abs. 2 FrG" erteilt worden sei. Am 23. Juli 2004 habe er einen Verlängerungsantrag für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gestellt, über den jedoch nicht mehr entschieden worden sei und worauf die Bundespolizeidirektion Wien den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid vom 25. Juni 2005 erlassen habe.

Der Beschwerdeführer habe als ordentlicher Studierender im Sommersemester 2004 das Studium der Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur (offensichtlich gemeint: in Wien) begonnen. Prüfungszeugnisse für dieses Semester seien nicht beigebracht worden. Für das Wintersemester 2004 und das Sommersemester 2005 sei er über sein Ansuchen - seine Deutschkenntnisse hätten sich als unzureichend herausgestellt - beurlaubt worden, und es seien dementsprechend auch keine Studienzeugnisse vorgelegt worden. Ab dem 11. Oktober 2004 habe er an der Volkshochschule Brigittenau zwei Deutschkurse (Deutsch für Ausländer und Deutsch für Fortgeschrittene) besucht, worüber er (bloß) Kursbesuchsbestätigungen vorgelegt habe. Er habe angegeben, ab dem Wintersemester 2005 sein Studium (Zulassung zum Bakkalaureatsstudium) wieder aufnehmen zu wollen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Inhalts des § 34 Abs. 1 und des § 12 Abs. 2b FrG sowie des § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120 (UG), aus, dass sich der Beschwerdeführer seit März 2004 in Österreich aufhalte und ab dem Sommersemester 2004 mit dem Studium der Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur habe beginnen wollen, wofür er allerdings die notwendige Voraussetzung der ausreichenden Beherrschung der deutschen Sprache nicht erfüllt habe, sodass er sich für zwei Semester vom Studium habe beurlauben lassen müssen und an der Volkshochschule einen Deutschkurs samt Fortsetzungskurs belegt habe. Er habe bisher keinen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG erbringen können, obwohl dies nach dieser Gesetzesbestimmung bereits für das Sommersemester 2005 (Beginn des zweiten Studienjahres) erforderlich gewesen wäre. Daran könnten die Tatsachen, dass er sich für das Sommersemester 2005 - wegen mangelnder Deutschkenntnisse - beurlauben habe lassen und ihm gewisse Prüfungen, die er bereits an der Universität Pristina abgelegt habe, anerkannt worden seien, nichts ändern. Das Berufungsvorbringen, nachgewiesen zu haben, dass er sehr wohl einem Studium nachginge, möge stimmen, doch stelle § 12 Abs. 2b FrG nicht darauf, sondern auf den Studienerfolgsnachweis ab.

Im Hinblick auf die geschilderten Umstände bestünden keine Bedenken dagegen, dass die Erstbehörde die Ausweisung verfügt habe, wobei sie auf Gründe, die der Einflusssphäre des Betroffenen entzogen oder unabwendbar oder unvorhersehbar seien, Bedacht zu nehmen gehabt hätte, wenn solche erkennbar gewesen und vorgebracht worden wären. Letzteres sei jedoch nicht der Fall gewesen. Da somit der Erteilung des begehrten weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegenstehe, sei der Tatbestand des § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG erfüllt.

Bei der Interessenabwägung nach § 37 Abs. 1 und 2 FrG falle mangels familiärer Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet höchstens die eineinhalbjährige Dauer des inländischen Aufenthalts geringfügig ins Gewicht. Den insgesamt kaum vorhandenen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland stehe die aus dem Aufenthalt zum ausschließlichen Zweck des Studiums ohne Erbringung eines Studienerfolgs resultierende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei gehöriger Abwägung dieser Umstände sei die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und demnach gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Angesichts der erheblichen Beeinträchtigung des vorgenannten großen öffentlichen Interesses wögen die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Es gehe somit auch die gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführende Interessenabwägung zu seinen Lasten aus.

Da im Übrigen keine besonders berücksichtigungswerten Umstände vorlägen bzw. vorgebracht worden seien, habe auch nicht in Ausübung des der Behörde zustehenden Ermessens eine für den Beschwerdeführer günstige Entscheidung getroffen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig auf Grund seines am 19. Februar 2004 gestellten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels über eine bis 31. Juli 2004 befristete Erstaufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" und stellte am 23. Juli 2004 einen Verlängerungsantrag zu dem selben Zweck. Die Beschwerde bringt dazu vor, dass die österreichische Botschaft in Skopje (ihm) am 30. August 2004 mitgeteilt habe, dass auf Grund der Vielzahl von Anträgen aus Versehen in der Ausstellungsmaske "befristete Beschäftigung, § 12 Abs. 2 FrG" anstatt "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" eingetragen worden sei, und dieses Versehen bedauert habe.

Da sich der Beschwerdeführer somit während des Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhält, kann er gemäß § 34 Abs. 1 FrG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z. 2) der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

Gemäß § 12 Abs. 2b FrG kann die Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für einen ausschließlich dem Zweck eines Studiums dienenden Aufenthalt versagt werden, wenn der Betroffene über keinen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG verfügt. Die Behörde hat dabei jedenfalls auf Gründe, die der Einflusssphäre des Betroffenen entzogen oder unabwendbar oder unvorhersehbar sind, Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 75 Abs. 6 UG hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

1.2. Unstrittig konnte der Beschwerdeführer bisher keinen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG erbringen, obwohl dies nach dieser Gesetzesbestimmung bereits für das Sommersemester 2005 (Beginn des zweiten Studienjahres) erforderlich gewesen wäre. Schon deshalb ist - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - der Tatbestand des § 12 Abs. 2b FrG erfüllt.

Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2b FrG (".... kann versagt werden, ....") ist der Behörde bei der Beurteilung, ob auf Grund des Fehlens des geforderten Studienerfolgsnachweises der Versagungsgrund erfüllt ist, Ermessen eingeräumt. Im Rahmen dieses Ermessens hat die Behörde insbesondere auf Gründe, die der Einflusssphäre des Fremden entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, Bedacht zu nehmen.

2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer während seiner Beurlaubung im Wintersemester 2004 und Sommersemester 2005 mangels vorhandener Studienplätze im Rahmen des Vorstudienlehrgangs an der Universität Wien schließlich an der Volkshochschule Brigittenau zwei Deutschkurse besucht und sich für die Zulassung zum ordentlichen Studium an der Universität für Bodenkultur Wien ausreichend Deutschkenntnisse angeeignet habe. Wenn er auch die nach § 75 Abs. 6 UG geforderten Studienerfolgsnachweise (in Form von acht Semesterstunden) nicht habe erbringen können, so habe er Kursbesuchsbestätigungen der Volkshochschule Brigittenau vorgelegt, welche einen Studienerfolg in Form angeeigneter Deutschkenntnisse belegten. Wenn auch die bloße Vorlage von Kursbesuchsbestätigungen nicht den Beweis ausreichender Deutschkenntnisse darlegen könnten, so könne dies jedenfalls die Fortsetzungsmeldung für das Wintersemester 2005, zumal der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse Zulassungsvoraussetzung sei. Der regelmäßige und letztlich erfolgreiche Besuch von Deutschkursen sei jedenfalls mit jener Situation vergleichbar, in der ein inländischer Studierender regelmäßig (aber erfolglos) seinem Studium nachgehe, sohin zumindest ein ernstliches Bemühen vorhanden sei, allerdings mangels Prüfungserfolges die geforderten Studienerfolgsnachweise nicht erbringen könne. Der Beschwerdeführer habe sich erfolgreich Deutschkenntnisse angeeignet und lediglich die Zeugnisse nicht in der entsprechenden Form der belangten Behörde vorlegen können. Ein Studienerfolg sei sohin tatsächlich vorhanden, aber bloß in der von der belangten Behörde geforderten Form nicht nachweisbar. Der Beschwerdeführer hätte daher wegen Vorliegens eines Studienerfolges nicht ausgewiesen werden dürfen.

2.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die Erbringung von Leistungen, die dem in § 75 Abs. 6 UG geforderten Ausmaß entsprechen, zwar ohne Vorlage einer Bestätigung nach dieser Bestimmung einen Grund für die Ermessensübung zu Gunsten des Fremden darstellen kann. Der (bloße) Besuch von zwei Deutschkursen an einer Volkshochschule, selbst wenn sich der Fremde dadurch Deutschkenntnisse aneignet, kommt jedoch einer Leistung, die den Kriterien des § 75 Abs. 6 UG entspricht, nicht gleich.

Im Übrigen begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass (auch) die Sprachschwierigkeiten des Beschwerdeführer keinen Grund für eine positive Ermessensübung darstellen, keinen Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2005/18/0165). Da der Beschwerdeführer auch sonst keine seiner Einflusssphäre entzogenen oder unabwendbaren oder unvorhersehbaren Gründe für seinen mangelnden Studienerfolg vorgebracht hat, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 12 Abs. 2b FrG eingeräumten Ermessen zu seinen Gunsten hätte Gebrauch machen müssen; dies auch dann, wenn man dieser Beurteilung die - im Übrigen nicht näher substantiierte - Beschwerdebehauptung zugrundelegte, dass der Beschwerdeführer "durch abgelegte Prüfungen an der Universität Pristina ein durchaus beachtenswertes Vorwissen für dieses Studium vorweisen (kann)" sowie dieses Wissen auf österreichischen Universitäten eingesetzt, daraus Nutzen gezogen und es zu wissenschaftlichen Zwecken gebraucht werden könnte.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Dauer von ("höchstens") eineinhalb Jahren (bezogen auf das Bescheiddatum 22. August 2005) berücksichtigt. Unstrittig verfügt er über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens, dass er sich nicht erst seit eineinhalb Jahren, sondern seit bereits nahezu zwei Jahren (seit Anfang des Jahres 2004) hier aufhalte, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG und darüber hinaus auch gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn die Beschwerde - wie bereits oben (II.2.2.) wiedergegeben - vorbringt, dass das Vorwissen des Beschwerdeführers den österreichischen Universitäten von Nutzen sein könnte, so führt diese Behauptung zu keiner anderen Beurteilung, sind doch bei der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG öffentliche Interessen nicht zu Gunsten des Fremden zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0247, mwN). Auch führt der von der Beschwerde weiters behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer niemals österreichische Rechtsvorschriften verletzt habe, sämtlichen behördlichen Aufträgen frist- und ordnungsgemäß nachgekommen sei, im Zug seines inländischen Aufenthaltes umfangreiche soziale Kontakte geknüpft habe und sich hier äußerst wohl fühle, weder zu einer Minderung des öffentlichen Interesses an der Beendigung seines inländischen Aufenthaltes noch zu einer relevanten Verstärkung seiner persönlichen Interessen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2005

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180596.X00

Im RIS seit

23.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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