TE OGH 1991/1/30 8Ob678/89

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Veröffentlicht am 30.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Ulrich R*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma BAUSTOFFE V*****, Großhandel mit Baumaterialien, Alleininhaberin Edith J*****, wegen S 225.000,--, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. Mai 1989, GZ 3 R 59/89-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 11. November 1988, GZ 2 Cg 152/88-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.268,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.544,70, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Edith J*****, Alleininhaberin der Firma BAUSTOFFE V*****, Großhandel mit Baumaterialien, wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 2. Jänner 1986, AZ Sa 10/85, das Ausgleichsverfahren eröffnet; Dr. Ulrich R***** wurde zum Ausgleichsverwalter bestellt. Die Klägerin meldete eine Gesamtforderung von mehr als S 7 Mill. an und machte Absonderungsrechte am Vermögen der Ausgleichsschuldnerin und insbesondere auch ein Sicherungseigentum am Warenlager geltend. Anläßlich der Ausgleichstagsatzung vom 1. April 1986 wurde zwischen der Ausgleichsschuldnerin und ihren Gläubigern ein Liquidationsausgleich mit einer Quote von 40 % abgeschlossen. Weiters wurde im Punkt 3 des Ausgleiches vereinbart, daß zur Abgeltung der geltend gemachten Absonderungsansprüche am Warenlager die Klägerin und die Republik Österreich (Finanzamt Eisenstadt) je S 225.000,-- und die Firma ***** Zementwerke Alois K***** einen Betrag von S 226.000,-- vorweg aus dem Verwertungserlös des Warenlagers erhalten sollten. Der Ausgleich wurde gerichtlich bestätigt und die Ausgleichsschuldnerin unterwarf sich in Ausführung des Punktes 2 des Ausgleiches der Aufsicht des als Sachwalter der Gläubiger bestellten Rechtsanwaltes Dr. R*****, dem das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen der Ausgleichsschuldnerin übergeben und die unwiderrufliche Ermächtigung zur Verwertung des Vermögens erteilt wurde. Obwohl der Sachwalter beim Verkauf des Warenlagers nicht unerhebliche Einnahmen erzielte, leistete er keine Zahlungen an die Klägerin. Mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 2. März 1987 wurde die Überwachung der Ausgleichserfüllung durch den Sachwalter eingestellt und der Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Dr. R***** wurde nunmehr zum Masseverwalter bestellt. Er weigerte sich, den von der Klägerin aus der Verwertung des Warenlagers geforderten Betrag von S 225.000,-- an diese zu bezahlen. Die Weigerung wurde damit begründet, daß das Sicherungseigentum der Klägerin am seinerzeitigen Warenlager nicht ordnungsgemäß begründet worden sei.

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage vom Beklagten die Zahlung von S 225.000,-- s.A. und führte aus, daß die anläßlich der Ausgleichstagsatzung erzielte Einigung über die Aufteilung der Verwertungserlöse aus dem Warenlager nicht nur für den Fall der Erfüllung des Ausgleiches, sondern auch für den nunmehr eingetretenen Konkursfall Gültigkeit habe, sodaß das Bestehen der Absonderungsrechte nicht mehr zu prüfen sei. Es liege im Wesen des bei der Ausgleichstagsatzung getroffenen Vergleiches, daß sowohl die Frage des Bestehens der Absonderungsrechte als auch jene des Umfanges der vorzugsweisen Befriedigung nicht mehr releviert werden könne. Die Klägerin habe keinesfalls bei dem abgeschlossenen Vergleich auf ihre Rechte als Absonderungsgläubigerin, insbesondere das Recht der exekutiven Verwertung des gesamten Warenlagers zur Gänze verzichten wollen, ohne dafür eine unbedingte Gegenleistung, d.h. eine vorrangige Befriedigung aus dem Verkaufserlös des Warenlagers, zu erhalten. Daß die Forderung der Klägerin eine Masseforderung sei, ergebe sich auch daraus, daß der Erlös aus der Verwertung des Absonderungsrechtes in die Konkursmasse geflossen sei, d.h. an die Stelle der verkauften Pfandsache sei deren Gegenwert getreten.

Der Beklagte bestritt und wendete ein, eine rechtswirksame Sicherungsübereignung am Warenlager sei nie zustandegekommen, es seien die erforderlichen Publizitätsakte nicht gesetzt worden. Durch die Bestimmung des Punktes 3 des Ausgleiches sollte die Führung weitwendiger Prozesse zur Prüfung der strittigen Absonderungsrechte vermieden und für den Fall der Ausgleichserfüllung eine Kompromißlösung erzielt werden. Die Eröffnung des Konkursverfahrens aufgrund der Unerfüllbarkeit des Ausgleiches habe die Vereinbarung im Punkt 3 des Liquidationsausgleiches obsolet gemacht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend traf es im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Gemeinschuldnerin war durch die Klägerin ein Warenzessionskredit eingeräumt worden, der nur durch reine Rechnungszessionen abgesichert war. Als sich die Finanzlage der Gemeinschuldnerin verschlechterte, verlangte die Klägerin für ihre Kredite Sicherheiten.

Im Oktober 1983 erschien ein Vertreter der Klägerin im Betrieb der Gemeinschuldnerin in Eisenstadt und überreichte die für die Begründung von Sicherungseigentum von der Klägerin aufgelegten Urkunden, und zwar:

1.) Erklärung der Übertragung von Sicherungseigentum an sämtlichen, somit auch in Hinkunft eingebrachten Waren und Maschinen in den Betrieben in Eisenstadt, Sommerrein und St. Martin.

2.) Protokoll über die Übergabe der im Verzeichnis genannten und im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehenden Waren und Maschinen an den Vertreter der Klägerin Johann G*****, der diese Waren als Sicherungseigentum in Gewahrsam übernimmt, indem er sämtliche zur Absperrung der in Eisenstadt befindlichen Lagerräume erforderlichen und bei der Gemeinschuldnerin vorhandenen Schlüssel übernimmt und am Lagereingang sowie in den Lagerräumen Tafeln anbringt, die die darin gelagerten Waren und Maschinen als Eigentum der Klägerin kennzeichnen.

3.) Schreiben der Gemeinschuldnerin an ihren Bediensteten Johann G*****, in dem die Gemeinschuldnerin auf ihr Weisungsrecht als Dienstgeber hinsichtlich des gesamten Warenlagers verzichtet.

4.) Mitteilung des Johann G***** an die Klägerin, daß er mit Genehmigung der Gemeinschuldnerin das Amt als Verwahrer des sicherungsübereigneten Warenlagers und der Maschinen übernommen hat und sich verpflichtet, dieses Gut sicher zu verwahren und derart zu verwalten, daß es ausschließlich zur Verfügung der Klägerin steht. Er habe zur Kenntnis genommen, daß Auslieferungen aus dem Lager, wodurch sich der Stand der sicherungsweise übereigneten Waren änderte, nur mit Zustimmung der Klägerin erfolgen dürften und der Klägerin monatlich eine Aufstellung über den Lagerbestand zu übergeben sei.

Der tatsächliche Ablauf der Ereignisse war jedoch der, daß der Vertreter der Klägerin von der Gemeinschuldnerin verlangte, sie solle ihm jeweils einen Angestellten der Filiale nennen, der bereit sei, als Verwahrer oder Lagerleiter zu dienen. Hinsichtlich des Eisenstädter Lagerplatzes habe der Vertreter der Klägerin Herrn G***** ausgewählt, dieser habe aber sofort erklärt, er sei Außenbeamter und könne daher das Lager nicht beaufsichtigen. Trotzdem habe der Vertreter der Klägerin verlangt, G***** möge das Protokoll über die Übergabe in das Sicherungseigentum und das Schreiben an die Klägerin, in dem er erklärte, das in Gewahrsam genommene Gut sicher zu verwahren, unterfertigen. Der Gemeinschuldnerin wurden 10 Tafeln mit dem Aufdruck "Eigentum der C***** " mit dem Auftrag ausgehändigt, die Tafeln im Betrieb aufzuhängen. Die Gemeinschuldnerin erklärte, daß sie das nicht wünsche, worauf der Vertreter der Klägerin meinte, sie könne sie auch in die Schreibtischlade hineinlegen, was auch geschehen ist. Erst ab Oktober 1985 wurden die Tafeln derart befestigt, daß 5 in verschiedenen Räumen so angebracht wurden, daß sie nicht auffällig waren und von Kunden nicht bemerkt wurden. Eine Übergabe von Schlüsseln erfolgte nicht. Die Gemeinschuldnerin verfügte über ihr Warenlager genauso, als wäre keine Sicherungsübereignung erfolgt. Bis zum Jahresende 1985 wurde das Warenlager mehrmals umgesetzt. Die Klägerin erhielt vierteljährlich Computerausdrucke über das Warenlager, ohne deren Richtigkeit zu überprüfen. Die Klägerin nahm keinen Einfluß auf den Verkauf, auf die Neuanschaffung von Waren, die Kalkulation und den Abtransport. Die Erlöse der jeweils verkauften Waren wurden ebenso verwendet wie vor der vereinbarten Sicherungsübereignung. Die Schlüssel zu den 6 Lagerräumen verwahrte die Gemeinschuldnerin. Johann G***** hatte nur den Schlüssel zum Haupttor, um das Gelände der Firma betreten zu können.

Gegen Ende 1985 stellte die Gemeinschuldnerin fest, daß die Geschäfte nicht mehr weiterzuführen seien und besprach die Situation mit ihrem Rechtsfreund Dr. S*****. Im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. S***** stand auch die Frage des Sicherungseigentums der Klägerin zur Beurteilung, Dr. S***** vertrat die Ansicht, eine rechtswirksame Sicherungsübereignung sei nicht erfolgt. Anläßlich einer Besprechung vom 20. Dezember 1985 erklärte Johann G***** gegenüber zwei Vertretern der Klägerin, daß er seit 1. April 1985 in Pension sei und nur noch gelegentlich in das Unternehmen der Gemeinschuldnerin komme. Er habe keine Aufsichts- und keine Kontrollbefugnis und keine Ahnung vom Lagerbestand.

Über Antrag des Rechtsanwaltes Dr. S***** namens der Ausgleichsschuldnerin wurde mit Beschluß des Landgerichtes Eisenstadt vom 2. Jänner 1986 das Ausgleichsverfahren eröffnet, der Beklagte wurde zum Ausgleichsverwalter bestellt. In den folgenden Tagen informierte Dr. S***** den Beklagten über die Vermögenslage der Gemeinschuldnerin und über das Problem der Sicherungsübereignung. Bei einer Unterredung vom 22. Jänner 1986 wurde die Frage der Zahlung der Versicherungsprämien für die Feuerversicherung des Warenlagers erörtert, die Klägerin verpflichtete sich zu deren Bezahlung. In den Vorgesprächen zur Rettung des Unternehmens kam auch die Sicherungsübereignung des Warenlagers zur Sprache. Die Forderung der ***** Zementwerke war durch exekutive Pfändungen hinsichtlich eines Betrages von S 226.000,-- klar abgesichert. Zur Verhinderung der Versteigerung der Liegenschaften schlug die Gemeinschuldnerin vor, auch den beiden anderen Gläubigern, die vermeinten, ebenfalls Absonderungsansprüche zu haben, denselben Betrag vorweg aus dem Warenlager zu geben. Diese Vorausleistung schien Dr. S***** notwendig, um das Wohlwollen der Klägerin zu erwerben oder zu erhalten. Ein Anerkenntnis der Absonderungsrechte der Klägerin an dem Warenlager erfolgte nicht. Mit Beschluß vom 1. September 1986 wurde der in der Tagsatzung vom 1. April 1986 abgeschlossene Ausgleich bestätigt. Der Ausgleich sieht vor, daß die Ausgleichsgläubiger eine Quote von 40 % zahlbar innerhalb eines Jahres erhalten; die Ausgleichsschuldnerin unterwirft sich dem Ausgleichsverwalter als Sachwalter der Gläubiger; zur Abgeltung der geltend gemachten Absonderungsrechte am Warenlager erhält die Klägerin einen Betrag von S 225.000,-- vorweg aus dem Verwertungserlös des Warenlagers.

Im Laufe der Verwertung des Warenlagers stellte der Beklagte fest, daß der Ausgleich nicht zu erfüllen sein wird, er leistete trotz Aufforderung an die Klägerin keine Zahlungen. Der Beklagte nahm einen Betrag von rund S 750.000,-- aus dem Warenlager ein, wovon er nur einen Teil der Forderungen der ***** Zementwerke befriedigte. Er wäre in der Lage, die Forderung der Klägerin aus der Masse zu befriedigen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Meinung, daß eine rechtswirksame Begründung von Sicherungseigentum nicht erfolgt sei. Auch in der Ausgleichstagsatzung sei lediglich zur Vermeidung von Streitigkeiten und zur Ermöglichung eines Ausgleiches eine Vorauszahlung an die Klägerin zugesagt worden. Sicherungseigentum sei aber nicht anerkannt worden. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens habe die zum Nachteile der übrigen Gläubigerschaft getroffene Vereinbarung zwischen der Gemeinschuldnerin und der Klägerin ihre Wirksamkeit verloren. Es würde eine unzulässige Bevorzugung der Klägerin bedeuten, würde sie vor der konkursmäßigen Verteilung des restlichen Vermögens der Gemeinschuldnerin eine Leistung erhalten.

Das Berufungsgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung, erklärte die Revision für zulässig und führte zur Rechtsfrage aus, daß zur rechtswirksamen Begründung von Sicherungseigentum die für die Pfandbestellung geforderten Publizitätsakte gesetzt werden müßten. Grundsätzlich müsse daher der Pfandgläubiger gemäß § 451 ABGB die verpfändete bewegliche Sache in Verwahrung nehmen. Wohl könne auch bei einem Warenlager eine Übergabe durch Zeichen in Betracht kommen, dies jedoch nur dann, wenn die Einräumung ausschließlicher Zugriffsmacht durch den Gläubiger nicht möglich sei. Solle ein Warenlager zum Pfand werden, müsse Vorsorge getroffen sein, daß der Pfandnexus für jedes einzelne Stück des Warenlagers hergestellt wird, was für später hinzukommende Stücke nicht einfach von selbst geschehen könne. Regelmäßig werde zur erforderlichen Übernahme von neuen Gütern in den Pfandbestand ein Vertrauensmann bestellt, der die erforderlichen Verfügungen namens des Gläubigers treffe, um die verpfändeten Sachen der Zugriffsmacht des Schuldners zu entziehen. Im vorliegenden Fall sei der Zeuge G***** jedoch als der von der Klägerin bestellte Verwalter nicht tätig geworden. Im Hinblick auf die vorgesehene und auch mögliche Bestellung eines Pfandhalters sei eine symbolische Übergabe durch Anbringung auf die Verpfändung hinweisender Tafeln unzureichend gewesen.

Durch die in den Ausgleich aufgenommene Verpflichtung der Ausgleichsschuldnerin, vorweg aus dem Verwertungserlös des Warenlagers S 225.000,-- an die Klägerin zu bezahlen, sei ein Vergleich über das strittige Absonderungsrecht der Klägerin (Sicherungseigentum am Warenlager) abgeschlossen worden. Mit Rechtskraft der Ausgleichsbestätigung sei der Ausgleichsinhalt für alle Gläubiger - auch wenn sie objektiv zurückgesetzt wurden - wirksam geworden. Es sei sohin nicht mehr zu prüfen, ob das Ausgleichsgericht dem Ausgleich die Bestätigung zu versagen gehabt hätte. Aufgrund des Ausgleichsinhaltes und der rechtskräftigen Bestätigung habe die Klägerin einen Anspruch erworben, vorweg aus dem Verwertungserlös des Warenlagers den Klagsbetrag zugezählt zu erhalten.

Dieser Anspruch sei aber in dem nach Einstellung des Treuhandausgleiches eröffneten Konkurs nicht wirksam. Trotz Übergabe ihres Vermögens an den Sachwalter als Treuhänder sei die Ausgleichsschuldnerin Eigentümerin des vom Ausgleich betroffenen Vermögens geblieben. Durch die Vermögensübergabe habe die Ausgleichsschuldnerin den Sachwalter ermächtigt, treuhändig über ihr Vermögen zu verfügen. Die Klägerin könne daher ihren Anspruch auf Vorwegzahlung des Klagsbetrages weder auf ein Aussonderungs- noch ein Absonderungsrecht stützen, weil sie einerseits kein Sicherungseigentum am Warenlager erworben hatte und ihr anderseits in der vergleichsweisen Regelung lediglich eine Geldzahlung zugesagt wurde. Es könne daher auch die Übertragung des Warenlagers an den Sachwalter ohne Titel zur Begründung einer Sicherheit kein Absonderungsrecht bewirken. Sei aber am Warenlager kein Absonderungsrecht begründet, so könne dieses auch nicht auf dessen Erlös übergehen.

Auf den nach Einstellung des Treuhandausgleiches eröffneten Konkurs seien gemäß § 2 Abs. 2 letzter Satz KO die Bestimmungen über den Anschlußkonkurs nicht anzuwenden. Es handle sich vielmehr um einen amtswegigen Folgekonkurs, für den auch § 46 Abs. 2 KO über Masseforderungen im Anschlußkonkurs nicht heranzuziehen sei. Die Überleitung der im Ausgleich bevorrechteten Forderungen in Masseforderungen finde daher nicht statt.

Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch handle es sich aber auch nicht um einen Anspruch aus einer grundlosen Bereicherung der Masse, sohin auch nicht um eine Masseforderung im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 6 KO. Ansprüche aus grundloser Bereicherung der Masse setzten voraus, daß die Bereicherung nach der Konkurseröffnung eingetreten sei. Vor der Konkurseröffnung entstandene Bereicherungsansprüche seien gewöhnliche Konkursforderungen. Wenn bereits vor der Konkurseröffnung eine nicht dem Gemeinschuldner gehörige Sache veräußert worden sei oder die Veräußerung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sache derart erfolgt sei, daß das Absonderungsrecht untergehe, so könne der dadurch geschädigte Eigentümer bzw. Absonderungsgläubiger nur eine Konkursforderung geltend machen. Die Nichterfüllung von fälligen bevorrechteten Forderungen vor der Konkurseröffnung stelle ebensowenig eine Bereicherung der Masse im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 6 KO dar, wie die Nichterfüllung sonstiger Forderungen, weil damit kein Gegenstand zu Unrecht in die Konkursmasse einbezogen werde.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, der im Ausgleich abgeschlossene Vergleich müsse auch für den später eingetretenen Konkurs Gültigkeit haben. Dies setze voraus, daß sie für die Forderung auf Zahlung von S 225.000,-- auch die Sicherung eines Absonderungsberechtigten und nicht bloß einen schuldrechtlichen Anspruch habe. Nur so könne verhindert werden, daß sie möglicherweise Jahre später in einem Beweisnotstand über die Frage der Wirksamkeit der seinerzeitigen Begründung des Sicherungseigentums einen Rechtsstreit zu führen habe. Die Auslegung der im Ausgleich getroffenen Vereinbarung habe nach den Regeln der §§ 914 f ABGB zu erfolgen, Ziel der Auslegung sei daher vor allem die Feststellung der Absicht der Parteien. Diese Absicht lasse nur eine Auslegung des Vergleiches dahin zu, daß der Klägerin für ihre Forderung von S 225.000,-- die Sicherheit eines Absonderungsgläubigers eingeräumt werden sollte. Der Ausgleich stelle sohin einen Titel für den Erwerb der Sicherheit dar.

Da ein Ausgleichsschuldner gemäß § 8 AO mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters sogar neue Absonderungsrechte an seinem Vermögen begründen könne, müsse er auch einen Vergleich über bestrittene Absonderungsrechte rechtswirksam abschließen können. Die im Ausgleich festgelegte Verpflichtung zur Leistung einer Geldzahlung in der Höhe des Klagsbetrages sei nur die Folge des durch den Vergleich zumindest schlüssig anerkannten Absonderungsrechtes. Überdies sei ja bereits vor Abschluß des Ausgleiches ein rechtswirksamer Titel zur Begründung von Sicherungseigentum geschaffen worden. Es gehe daher im vorliegenden Rechtsstreit nicht um das Bestehen eines Titels, sondern um die Frage, ob ein für die Begründung des Sicherungseigentums ausreichender Modus gesetzt wurde. Spätestens mit der Übertragung des Warenlagers an den Sachwalter sei dies geschehen. In der Verwertung des Vermögens der Ausgleichsschuldnerin habe der Sachwalter keine freie Hand gehabt, da bestimmte Vermögenswerte zugunsten der Klägerin vinkuliert waren. Diese Vermögenswerte (Warenlager bis zu einer Forderung bis S 225.000,--) stellten ein Sondertreugut dar, hinsichtlich dessen der Sachwalter die Interessen der Klägerin hätte wahren müssen. Durch den Abverkauf des Warenlagers seien die daraus erzielten Erlöse bis zur Höhe des Klagsbetrages als Sondertreugut an dessen Stelle getreten. Dieser Erlös sei auf dem vom Sachwalter für die Vermögensabwicklung eigens eingerichteten Konten noch unterscheidbar vorhanden, weshalb die Klägerin einen Herausgabeanspruch in Form einer Quantitätsvindikation gemäß § 415 ABGB habe.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre sind für die Sicherungsübereignung analog die Regelungen für das Pfandrecht anzuwenden. Der Erwerb des Pfandrechtes unterscheidet sich von jenem des Eigentums dadurch, daß als Übergabsarten nur die körperliche Übergabe (§ 451 ABGB) oder die symbolische Übergabe (§ 452 ABGB), allenfalls auch die Besitzauflassung und die Besitzanweisung, in Betracht kommen, nicht aber dagegen die Übergabe durch Besitzauftrag im Sinne des § 428 ABGB (Koziol-Welser8, II, 138; Spielbüchler in Rummel2, Rz 3 zu §§ 357 bis 360; Schwimann/Pimmer, ABGB, II, § 358 Rz 21, § 428 Rz 4;

nach § 452 Rz 5; HS 7257/38, 12.682, 12.691, 12.692; SZ 56/188;

SZ 58/1; SZ 60/29 uva). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Sicherungsübereignung nur wirksam geworden wäre, wenn das Warenlager der Gemeinschuldnerin deren weiterem Zugriff wirklich entzogen worden wäre. Dies hätte etwa dadurch erreicht werden können, daß - wie auch vereinbart - alle Schlüssel übergeben worden wären oder daß im Warenlager eine Vertrauensperson der Klägerin für die Ausübung der nicht zu entbehrenden Verfügungsmacht und Gewahrsame gesorgt hätte. Nur unter diesen beiden Voraussetzungen wäre die symbolische Übergabe im Einklang mit den für Pfandrecht und Sicherungsübereignung geltenden Publizitätserfordernissen gestanden und hätte für die Begründung des Sicherungseigentums ausgereicht (JBl. 1985, 541;

6 Ob 699/89). Einen solchen Zustand hat aber die Gemeinschuldnerin vor Konkurseröffnung nicht geschaffen, sodaß die Klägerin kein Sicherungseigentum am Warenlager erwerben konnte.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht wurde durch Punkt 3 des Ausgleiches kein Titel für die Begründung eines Absonderungsrechtes geschaffen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Ausgleich nach den Auslegungsregeln für Gesetze zu interpretieren ist, oder ob §§ 914 ff ABGB anzuwenden sind (siehe hiezu Buchegger, Die Ausgleichserfüllung, 54, FN 46). Punkt 3 des Ausgleiches ist keinesfalls geeignet, einen tauglichen Titel für die Begründung eines Absonderungsrechtes zu bilden. Die maßgebliche Bestimmung lautet vielmehr dahin, daß zur Abgeltung der geltend gemachten Absonderungsrechte am Warenlager die Klägerin S 225.000,-- aus dem Verwertungserlös erhalten soll. Auch wenn man diese Bestimmung im Sinne der Ausführungen der Klägerin nach §§ 914 f ABGB auslegt, läßt sich ihr nicht entnehmen, daß zur Sicherung der Forderung der Klägerin Eigentum an diese übertragen werden solle (siehe hiezu Spielbüchler in Rummel2 §§ 357 bis 360, Rz 3). Dies wäre aber der erforderliche Titel, um Sicherungseigentum und damit ein Absonderungsrecht begründen zu können. Vielmehr sollte die Klägerin zur Abgeltung der von ihr behaupteten Absonderungsrechte vorweg eine Zahlung aus dem Verwertungserlös des Warenlagers bekommen. Dem Argument der Klägerin, sie hätte doch ihr Recht auf vorrangige Befriedigung nicht von der Unsicherheit des Ausgleichsverfahrens abhängig gemacht, ist entgegenzuhalten, daß sie eben kein Recht auf vorrangige Befriedigung hatte. Wie schon oben ausgeführt, war mangels Einhaltung der erforderlichen Publizitätsvorschriften Sicherungseigentum nicht begründet worden. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wurde der Klägerin der Vorschlag, vorweg aus dem Erlös des Warenlagers eine Zahlung zu bekommen, deshalb gemacht, um ihr Wohlwollen zu bekommen oder zu erhalten (siehe S. 10 unten der Ausfertigung des Ersturteils). Es ist daher davon auszugehen, daß der Ausgleich keinen tauglichen Titel für die Begründung von Sicherungseigentum und somit für die Begründung eines Absonderungsrechtes darstellt, wohl aber die Sicherungsabrede vom 24. Oktober 1983. In der Ausfolgung des gesamten Vermögens (und damit auch des Warenlagers) an den Sachwalter nach dem 1. September 1986 kann aber nicht der erforderliche Modus zur Sicherungsabrede vom 24. Oktober 1983 erblickt werden. Der hier vorliegende, gesetzlich nur unvollkommen geregelte Typ des Liquidationsausgleiches (Jelinek,

Der Liquidationsausgleich, Reimer-FS 185;

Petschek-Reimer-Schiemer, 724; Schumacher, Der Liquidationsausgleich in der Praxis, JBl. 1990, 5 ff), wobei der Ausgleichsschuldner sein gesamtes Vermögen einem Sachwalter zur Verwertung überträgt, ihn dazu ermächtigt und die notwendigen Vollmachten ausstellt, ist als Einrichtung der Ausgleichserfüllung anerkannt. In der Regel erwirbt der Sachwalter dadurch Eigenrechte zur Geltendmachung in fremdem Interesse, er ist nach nunmehr nahezu einhelliger Auffassung Treuhänder in der Erscheinungsform der Ermächtigungstreuhand (SZ 56/31; Schumacher, aaO, 11); der Schuldner bleibt Eigentümer des Treuguts, der Treuhänder verwaltet es und verfügt darüber im eigenen Namen nach Maßgabe des Ausgleichs (Bartsch-Heil4, Rdz 164; Buchegger, aaO, 201). Die sachenrechtliche Ermächtigung zur Verfügung über das Liquidationsvermögen steht dem Sachwalter zu, dieser hat aus der ihm treuhändig für Gläubiger und Schuldner überlassenen Verfügungsmacht Eigenrechte inne und ist zum Einschreiten im eigenen Namen berechtigt (SZ 56/31). Durch die Überlassung des Vermögens an den Sachwalter wurde daher wohl das Warenlager dem Verfügungsrecht der Ausgleichsschuldnerin entzogen, es entstand aber keine Verfügungsmöglichkeit der Klägerin. Die Überlassung diente dazu, das Vermögen - und somit auch das Warenlager - zu im Sinne der Ausgleichsvereinbarung verwerten, die Sicherungsübereignung an die Klägerin war dadurch aber nicht offen erkennbar. Selbst wenn man daher im Sinne der Ausführungen der Klägerin davon ausgeht, daß der Titel auf Einräumung des Sicherungseigentums zum Zeitpunkte der Überlassung des Vermögens an den Sachwalter noch aufrecht war, so wurde dadurch nicht rechtswirksam Sicherungseigentum begründet.

Daraus folgt aber, daß das Warenlager kein Sondertreugut darstellt und die durch dessen Abverkauf erzielten Erlöse nicht an dessen Stelle getreten sind.

Es ist zwar zutreffend, daß in bezug auf das übertragene Vermögen auf den Sachwalter auch die Pflichten des Schuldners übergehen, sodaß der Sachwalter zB für die Absonderungsgläubiger so zu sorgen hat, wie es dem Schuldner oblegen wäre (SZ 55/177; Bartsch-Pollak3 II 480). Eine Verletzung derartiger Verpflichtungen könnten aber keine Masseforderung der Klägerin begründen. Hier kämen nur Ansprüche aus grundloser Bereicherung der Masse in Frage (§ 46 Abs. 1 Z 6 KO), solche setzen aber voraus, daß die Bereicherung nach der Konkurseröffnung eingetreten ist. Vor der Konkurseröffnung entstandene Bereicherungsansprüche sind gewöhnliche Konkursforderungen (Holzhammer, Insolvenzrecht2, 33). Daraus folgt, daß die von der Klägerin geltend gemachte Forderung keine Masseforderung ist, der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Revisionskosten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25764

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00678.89.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19910130_OGH0002_0080OB00678_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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