TE OGH 1991/1/30 2Ob86/90

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Veröffentlicht am 30.01.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter A*****, vertreten durch Dr. Gert Paulsen und Dr. Herbert Felsberger, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1) Michael P*****, und 2) I***** *****, ***** beide vertreten durch Dr. Gerd Tschernitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 78.500,-- s.A. (Revisionsstreitwert S 73.560,--), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13. September 1990, GZ 5 R 66/90-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12. Dezember 1989, GZ 29 Cg 262/89-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.484,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 747,45, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 8. November 1988 gegen 6,05 Uhr morgens fuhr der Erstbeklagte mit seinem PKW mit dem Kennzeichen ***** (die Zweitbeklagte ist der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges) bei Dunkelheit auf der Gurktalstraße B 93 in Richtung Osten. Dabei stieß er im Zuge eines Überholmanövers bei ***** (Freilandgebiet) gegen den am nördlichen Straßenrand abgestellten unbeleuchteten PKW des Klägers mit dem Kennzeichen *****. Dabei wurden beide Fahrzeuge beschädigt.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 78.500,-- s.A. (Fahrzeugschaden) im wesentlichen mit der Begründung, daß den Erstbeklagten das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe, weil er infolge unaufmerksamer Fahrweise unmittelbar nach dem Überholen eines LKW-Zuges gegen den vorschriftsgemäß außerhalb der weißen Randlinie am Bankett abgestellten PKW des Klägers gestoßen sei.

Die Beklagten wendeten dem Grunde nach ein, daß dem Lenker des PKW des Klägers das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall anzulasten sei, weil er dieses Fahrzeug unbeleuchtet und ungesichert auf der Fahrbahn der Gurktalstraße abgestellt habe. Schließlich wendete die Beklagten eine Schadenersatzforderung des Erstbeklagten aus diesem Verkehrsunfall von

S 32.140,-- (Fahrzeugschaden, Ummeldespesen, Bergungs- und Abschleppkosten) aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.

Die Höhe der Klags- und der Gegenforderung ist nicht mehr strittig.

Das Erstgericht entschied, daß die Klagsforderung mit S 26.166,66 s.A. und die eingewendete Gegenforderung mit S 21.226,66 zu Recht besteht. Es verurteilte daher die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 4.940,-- s.A. an den Kläger und wies dessen auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 73.560,-- s.A. gerichtetes Mehrbegehren ab.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

In Anfahrtsrichtung des Erstbeklagten beschreibt die Bundesstraße im Unfallsbereich eine langgezogene übersichtliche Rechtskurve. Die asphaltierte Fahrbahn ist 6,6 m breit, beiderseits durch weiße Randlinien eingefaßt und durch eine Leitlinie geteilt. Die Innenkante der nördlichen Randlinie ist 0,3 m vom nördlichen Asphaltrand entfernt. Nördlich und südlich des Asphaltrandes schließen ca. 1 m breite Bankette an. Daran grenzen Böschungen zu Acker- und Wiesengeländen. Die Böschung nördlich der Bundesstraße ist ca. 2 m tief. Die Sicht beträgt im Unfallsbereich mindestens 500 m.

Ferdinand L*****, dem Lenker des PKW des Klägers, ging bei seiner Fahrt um ca. 3 Uhr früh auf der Bundesstraße in Richtung Westen der Treibstoff aus. Mit Hilfe des nachgekommenen PKW-Lenkers Dominikus P***** stellte er das 1,65 m breite Fahrzeug des Klägers am nördlichen Straßenrand mit der Front in Richtung Westen so ab, daß die linke Seitenbegrenzung (gemessen von der Innenkante der Begrenzungslinie) 0,52 m in die Fahrbahn ragte. Danach verließ er das unbeleuchtete Fahrzeug ohne Aufstellung eines Warndreieckes oder Vornahme anderer Sicherungsmaßnahmen. Er wurde von Dominikus P***** mit dessen Auto nach Hause gebracht.

Der Erstbeklagte war zur Unfallszeit mit seinem 1,77 m breiten PKW auf der Bundesstraße in östlicher Richtung mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 km/h und Abblendlicht unterwegs. Die letzten 3 km vor der Unfallstelle folgte er einem LKW mit einem Abstand von etwa 30 m. Ca. 250 m westlich der Unfallstelle beschleunigte er auf ca. 80 km/h; dann begann er den etwa die Fahnbahnmitte benützenden LKW mit Abblendlicht zu überholen. Mitten im Überholvorgang nahm der Erstbeklagte das in seiner Fahrtrichtung links am nördlichen Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeug des Klägers wahr. Nach Einleitung einer Vollbremsung durch den Erstbeklagten prallten die linken vorderen Teile der beiden Personenkraftwagen frontal mit einer Überdeckung von ca. 0,5 m mit einer Anprallgeschwindigkeit von etwa 55 km/h aufeinander. Spätestens 5 Sekunden vor der Kollision wäre der abgestellte PKW des Klägers für den Erstbeklagten auf eine Entfernung von ca. 100 bis 105 m erkennbar gewesen. Dabei hätte der Erstbeklagte mit einer normalen Betriebsbremsung vor dem abgestellten PKW des Klägers anhalten oder zufolge der Weiterbewegung des LKW sich wieder hinter diesem einordnen können.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, dem Lenker des PKW des Klägers sei eine Übertretung der Schutznorm des § 60 Abs. 3 StVO anzulasten, weil er das Fahrzeug in unbeleuchtetem Zustand auf einem Teil der Fahrbahn ohne Warndreieck abgestellt und auch sonst keine ausreichenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe. Der Erstbeklagte sei unaufmerksam gefahren und hätte das Fahrzeug des Klägers aus ausreichender Entfernung wahrnehmen und das Überholen des LKW unterlassen oder vor dem Hindernis anhalten können. Er hätte auch beim Überholen einen zu geringen Seitenabstand eingehalten und insgesamt gegen die § 7, 15 Abs. 4 und 16 Abs. 1 StVO verstoßen. Da das Verschulden des Lenkers des PKW des Klägers überwiege, sei eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten des Klägers angemessen.

Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge. Es änderte sie dahin ab, daß es die Klagsforderung mit S 78.500,-- als zu Recht bestehend und die eingewendete Gegenforderung von S 32.140,-- als nicht zu Recht bestehend erkannte. Es gab daher dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs. 1 ZPO zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, Ferdinand L***** sei mit dem mangels Treibstoffes betriebsunfähig gewordenen PKW des Klägers auf der Bundesstraße 93 bei Dunkelheit zum Stillstand gelangt. Er hätte daher die Vorschrift des § 89 Abs. 2 StVO beachten müssen; hingegen sei die Vorschrift des § 60 Abs. 3 StVO, die nur für fahrbereit und fahrtüchtig auf der Fahrbahn stillstehende Fahrzeuge gelte, für ihn nicht anzuwenden gewesen. Eine zusätzliche Beleuchtung des betriebsunfähig gewordenen Fahrzeuges werde vom Gesetz (§ 89 Abs. 2 StVO) nicht gefordert. Das Erstgericht habe daher das Unterlassen des Einschaltens der Fahrzeugbeleuchtung dem Lenker des PKW des Klägers zu Unrecht als Übertretung der Schutznorm des § 60 Abs. 3 StVO angelastet.

Wenn ein betriebsunfähig gewordenes mehrspuriges Fahrzeug auf einer Freilandstraße bei Dunkelheit zum Stillstand gelangt sei, habe der Lenker diesen Umstand gemäß § 89 Abs. 2 StVO unverzüglich den Lenkern anderer auf dem verlegten Fahrstreifen herannahender Fahrzeuge durch das Aufstellen einer nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften genehmigten Warneinrichtung anzuzeigen. Dies gelte für einen länger dauernden Stillstand des Fahrzeuges, der hier vorgelegen sei. Die Warneinrichtung sei nach dieser Bestimmung auf dem verlegten Fahrstreifen in der Richtung des ankommenden Verkehrs in einer der Verkehrssicherheit entsprechenden Entfernung von dem zum Stillstand gelangten Fahrzeug aufzustellen, damit sich die Lenker herannahender Fahrzeuge rechtzeitig auf das Verkehrshindernis einstellen könnten. Bei Aufstellung der Warneinrichtung sei auf die im Einzelfall gegebenen Sicht- und Verkehrsverhältnisse Bedacht zu nehmen. Diese Anzeigepflicht durch Aufstellen einer Warneinrichtung bestehe auch dann, wenn - wie hier - nur ein Teil des Fahrzeuges in den Fahrstreifen rage.

Der Lenker des PKW des Klägers habe kein Warndreieck auf dem zu 0,52 m (gemessen von der Randlinie) verlegten Fahrstreifen in Richtung des aus Osten ankommenden Verkehrs - auch nicht in anderer Richtung - aufgestellt und keine anderen Sicherungsmaßnahmen getroffen. Zweck der Anzeige nach § 89 Abs. 2 StVO sei allerdings die Warnung des auf dem verlegten Fahrstreifen herannahenden (in der Regel nachkommenden) Fahrzeuglenkers, damit sich dieser rechtzeitig auf das Verkehrshindernis einstellen könne. Folgerichtig normiere das Gesetz auch die Verpflichtung, die Warneinrichtung auf dem verlegten Fahrstreifen in der Richtung des ankommenden Verkehrs aufzustellen. Daraus folge, daß zwischen der Übertretung der Schutznorm des § 89 Abs. 2 StVO durch den Lenker des PKW des Klägers und dem vom aus der Gegenrichtung kommenden Erstbeklagten bei vorschriftswidrigem Überholen verschuldeten Unfall der spezifische Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle. Dafür spreche auch, daß ein Ausnahmefall, bei dem durch das zum Stillstand gelangte Fahrzeug der Gegenfahrstreifen in irgendeiner Weise verlegt oder der Gegenverkehr beeinträchtigt werden könnte, hier von vornherein nicht in Frage gekommen sei und ein Kraftfahrzeuglenker zum Mitführen lediglich einer Warneinrichtung verpflichtet sei (§ 102 Abs. 10 KFG), sodaß der Lenker des PKW des Klägers schon deshalb außerstande gewesen wäre, gleichzeitig in beiden Richtungen je ein Warndreieck aufzustellen. Eine Verletzung der Schutznorm des § 89 Abs. 2 StVO habe der Lenker des PKW des Klägers damit nicht zu vertreten.

Wolle man aus dem sogenannten Ingerenzprinzip ableiten, daß der Lenker des PKW des Klägers verpflichtet gewesen wäre, neben der Anzeige mit einem Warndreieck in Richtung des ankommenden Verkehrs überdies in Richtung des herankommenden überholenden Erstbeklagten durch eine entsprechende sonstige Warneinrichtung (Warnposten oder ein von anderen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung gestelltes Warndreieck) Absicherungen vorzunehmen, so spreche dagegen, daß die Bestimmung des § 89 Abs. 2 StVO als Gesetz gewordene spezielle Regel dem bloß von Lehre und Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsatz vorgehe.

Wenn man § 89 Abs. 1 StVO für anwendbar erachte, weil unter den hier genannten Gegenständen auch betriebsunfähige Fahrzeuge verstanden werden könnten, hätte ein darauf gegründetes Fehlverhalten und Verschulden des Lenkers des PKW des Klägers gegenüber dem besonders grob fahrlässigen Verhalten des Erstbeklagten zurückzutreten. Der einen in der Fahrbahnmitte vorausfahrenden LKW in einer wenn auch langgezogenen übersichtlichen Rechtskurve bei Dunkelheit mit geringem Seitenabstand unvorsichtig überholende Erstbeklagte, der zudem den den Fahrstreifen des Gegenverkehrs um 0,52 m verengend abgestellten PKW spätestens 5 Sekunden vor der Kollision erkennen, sein Überholen noch rechtzeitig abbrechen und sogar mit normaler Betriebsbremsung vor dem Hindernis anhalten hätte können, habe daher die Schäden durch seine Schutznormübertretungen nach den §§ 15 Abs. 4 IVm 16 Abs. 1 insbesondere lit. a, 20 StVO allein zu tragen.

Der Betrieb des PKW des Klägers habe bei seinem Stillstand infolge Betriebsstörung fortgedauert. Den Kläger treffe aber auch als Halter keine Schadenersatz- bzw. Ausgleichspflicht nach den Bestimmungen des EKHG, weil die von seinem PKW ausgegangene gewöhnliche Betriebsgefahr (eine besonders gefährliche Situation, die die Annahme einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr gerechtfertigt hätte, liege nicht vor) im Vergleich zu dem groben Verschulden des vorschriftswidrig überholenden und um über 3 Sekunden verspätet reagierenden Erstbeklagten, der das Hindernis sehen und sogar rechtzeitig anhalten hätte können, zu vernachlässigen sei.

Es sei daher im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens zu entscheiden.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Soweit die Beklagten in ihrem Rechtsmittel darzutun versuchen, daß der Lenker des PKW des Klägers dieses betriebunfähig gewordene Fahrzeug weiter außerhalb der Fahrbahn abstellen hätte müssen, gehen sie zum Teil nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus und ist ihnen im übrigen nicht zu folgen. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, wurde der PKW des Klägers so abgestellt, daß zum Böschungsrand nur ein Abstand von weniger als 20 cm verblieb. Dies ist nicht zu beanstanden.

Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß die Beleuchtungspflicht nach § 60 Abs. 3 StVO für stillstehende Fahrzeuge auf der Fahrbahn (auch wenn sie nur zum Teil auf der Fahrbahn stehen) nur dann gilt, wenn solche Fahrzeuge fahrbereit und fahrtüchtig sind, während für betriebsunfähige Fahrzeuge die Vorschrift des § 89 Abs. 2 StVO maßgebend ist, nach der eine zusätzliche Beleuchtung solcher Fahrzeuge nicht erforderlich ist (ZVR 1988/93 mwN ua). Die Unterlassung der Einschaltung der Fahrzeugbeleuchtung an dem abgestellten PKW wurde daher vom Berufungsgericht dem Lenker des PKW des Klägers mit Recht nicht zum Vorwurf gemacht.

Wenn ein betriebsunfähig gewordenes mehrspuriges Fahrzeug auf einer Freilandstraße bei Dunkelheit zum Stillstand gelangt ist, so hat der Lenker diesen Umstand gemäß § 89 Abs. 2 StVO unverzüglich den Lenkern anderer, auf dem verlegten Fahrstreifen herankommender Fahrzeuge durch das Aufstellen einer nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften genehmigten Warneinrichtung anzuzeigen. Die Warneinrichtung ist nach dieser Gesetzesbestimmung auf dem verlegten Fahrstreifen in der Richtung des ankommenden Verkehrs in einer der Verkehrssicherheit entsprechenden Entfernung von dem zum Stillstand gelangten Fahrzeug aufzustellen, damit sich die Lenker herankommender Fahrzeuge rechtzeitig auf das Verkehrshindernis einstellen können. Es ist dabei auf die im Einzelfall gegebenen Sicht- und Verkehrsverhältnisse Bedacht zu nehmen (ZVR 1988/93).

Der "verlegte Fahrstreifen" im Sinne dieser Gesetzesstelle, auf dem das Warnzeichen in der Richtung des herankommenden Verkehrs aufzustellen ist, wird in der Regel nur einer sein, nämlich der, den das abgestellte Fahrzeug blockiert oder verengt. Gewiß sind Fälle denkbar, in denen durch ein zum Stillstand gekommenes Fahrzeug der Verkehr in beiden Fahrtrichtungen behindert wird und in denen daher der aus beiden Richtungen herankommende Verkehr durch geeignete Warneinrichtungen auf das bestehende Hindernis aufmerksam zu machen ist (siehe dazu Dittrich-Stolzlechner, StVO3 § 89 Rz 32 und MGA StVO8 § 89 Anm. 14). Ein solcher Fall lag aber hier nicht vor. Denn bei einer durch das abgestellte Fahrzeug bedingten Einengung der Fahrbahn von 6 m auf 5,48 m konnte der Lenker des PKW des Klägers keinesfalls eine allfällige Behinderung des aus der Gegenrichtung ankommenden Verkehrs auch im Fall eines Überholmanövers vorhersehen, zumal auch bei dieser eingeschränkten Fahrbahnbreite zwei Fahrstreifen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 5 StVO freiblieben.

Der Lenker des PKW des Klägers war daher im Sinne obiger Rechtsausführungen gemäß der Vorschrift des § 89 Abs. 2 StVO nur verpflichtet, eine Warneinrichtung auf dem nördlichen Fahrstreifen der Bundesstraße in der Richtung des dort ankommenden Verkehrs, also östlich von dem abgestellten Fahrzeug, aufzustellen. Daß die Unterlassung dieser Maßnahme für den eingetretenen Unfall nicht kausal war bzw. daß der Schutzzweck dieser Maßnahme nicht darin lag, einen aus Richtung Westen herankommenden überholenden Fahrzeuglenker auf das abgestellte Fahrzeug des Klägers aufmerksam zu machen, bedarf keiner weiteren Begründung. Zum Aufstellen eines Warnzeichens westlich von dem abgestellten PKW, also in der Ankommrichtung des Erstbeklagten, war der Lenker des PKW des Klägers im Sinne obiger Rechtsausführungen nicht verpflichtet.

Soweit die Beklagten mit ihren Rechtsmittelausführungen aus anderen gesetzlichen Bestimmungen und dem sogenannten Ingerenzprinzip abzuleiten versuchen, daß den Lenker des PKW des Klägers weitere Sicherungspflichten getroffen hätten, die er schuldhaft verletzt habe, ist ihnen lediglich zu entgegnen, daß die Sicherungspflicht des Lenkers eines auf einer Freilandstraße bei Dunkelheit zum Stillstand gelangten mehrspurigen Fahrzeuges im § 89 Abs. 2 StVO ausdrücklich gesetzlich geregelt ist und daß diese ausdrückliche gesetzliche Regelung von Lehre und Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätzen vorgeht (ZVR 1988/93).

Daß den Erstbeklagten ein Verschulden an dem eingetretenen Unfall trifft, gestehen die Beklagten in ihrer Revision ausdrücklich zu. Eine unfallskausale schuldhafte übertretung von Verkehrsvorschriften durch den Lenker des PKW des Klägers hat das Berufungsgericht im Sinne obiger Rechtsausführungen mit Recht ebenso verneint, wie eine Ausgleichspflicht des Klägers im Sinne des § 11 Abs. 1 EKHG. Zu letzterem Problemkreis wird in der Revision der Beklagten nichts ausgeführt; diesbezüglich genügt der Hinweis auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.

Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25141

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00086.9.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19910130_OGH0002_0020OB00086_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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