TE OGH 1991/2/7 15Os137/90

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Veröffentlicht am 07.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Februar 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Paulin als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ralph Josef S***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB iVm § 161 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Juni 1990, GZ 12 a Vr 2068/90-118, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Lux, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Zusatzstrafe auf

8 (acht) Monate,

wovon gemäß § 43 a Abs. 3 StGB ein Teil von 6 (sechs) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wird, herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch des Richard Anton C***** enthaltenden Urteil wurde der 42-jährige Ralph Josef S***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB iVm § 161 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien als faktischer Geschäftsführer der Firma H***** Wirtschaftsförderungs-GesmbH Bestandteile des Gesellschaftsvermögens "beseitigt" (gemeint wohl: beiseite geschafft) und dadurch die Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft unter Herbeiführung eines 500.000 S übersteigenden Schadens vereitelt, indem er

1. am 4.September 1980 eine der Gesellschaft gehörige Ablösesumme von zumindest 450.000 S und

2. in der Zeit vom 15.August bis 8.Oktober 1980 in 14 im Urteilsspruch angeführten Fällen durch Scheckbegebung Firmengelder von insgesamt 77.237,40 S

für firmenfremde Zwecke verwendete.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte S***** mit einer auf die Gründe der Z 4 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines Antrages, "Nachforschungen in der Buchhaltung bzw. bei der entsprechenden Firma anzustellen", da er von der Ablöse von 450.000 S größere Zahlungen geleistet habe, insbesondere seiner Erinnerung nach einen größeren Betrag für die Telefonanlage der Firma H*****.

Einen derartigen Beweisantrag hat der Angeklagte nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles nicht gestellt (S 237/IV). Der Sache nach bezieht sich die Rüge offenbar auf den in der Hauptverhandlung vom 13.Juni 1990 gestellten Beweisantrag auf "Ergänzung des Sachverständigengutachtens zwecks Nachprüfung bei den entsprechenden Firmen, ob nach dem 4.September 1980 die Telefonanlage und das Telexgerät ITT sowie das Kopiergerät 3 M von einem der beiden Angeklagten bezahlt wurde" (vgl. abermals S 237/IV).

Das Schöffengericht lehnte diese Beweisaufnahme mit der in den Urteilsgründen nachgetragenen Begründung (S 270/IV) ab, daß der im Beweisthema bezeichnete Umstand, nämlich die Bezahlung von Firmenschulden in Höhe von ca. 140.000 S im September 1980 ohnehin als erwiesen angenommen wurde (S 259, 265 f/IV). Insoweit war demnach die begehrte Beweisaufnahme entbehrlich, sodaß sie ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben konnte. Zutreffend wies das Gericht aber auch darauf hin, daß weitere, über diesen Betrag hinausgehende Zahlungen zur Abdeckung der bezeichneten Verbindlichkeiten der Gesellschaft weder dem Kassabuch (Beilage zu ON 53) noch den sonstigen zur Verfügung stehenden Unterlagen entnommen werden können. Dabei ging das Gericht auch davon aus, daß an die Firma I***** eine Zahlung von 110.000 S geleistet wurde, "Zahlungen bezüglich Telekopierer oder Telefax-Geräte" den Kassabucheintragungen jedoch nicht entnommen werden konnten (US 17 f).

Angesichts der Behauptung des Beschwerdeführers, die Belege über die Bezahlung dieser Geräte "müssen jedenfalls da sein", und der dem entgegenstehenden Bekundungen des Sachverständigen, darüber gäbe es keine Belege (jeweils S 226/IV), hätte es schon im Beweisantrag konkreter Ausführungen bedurft, aus welchem Grund trotz der erwähnten, dem angestrebten Nachweis entgegenstehenden Verfahrensergebnisse aus der Ergänzung des Sachverständigengutachtens ein anderes als das bereits aktenkundige Ergebnis zu erwarten sei.

Darüber hinaus erhellt aus der Formulierung des Beweisthemas "ob nach dem 4.September 1980 die Telefonanlage ... von einem der beiden Angeklagten bezahlt wurde", daß das Vorbringen im Beweisantrag im Ergebnis auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinausläuft.

Durch die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahme wurden daher Verteidigungsrechte nicht verletzt.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit. b; der Sache nach Z 9 lit. a) reklamiert der Angeklagte eine "zweimalige Verurteilung wegen derselben Tat"; die vorgeworfene Vermögensschädigung der Firmengläubiger sei ihm nämlich bereits im vorangegangenen Verfahren AZ 12 a Vr 1959/81 (des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) als Betrugsschaden angelastet worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Argumentation des Beschwerdeführers, wonach die von ihm nunmehr veräußerten Büroräumlichkeiten aus den betrügerisch erlangten Geldern angeschafft worden seien (sodaß der nach dem nunmehrigen Schuldspruch für firmenfremde Zwecke verwendete Veräußerungserlös und die nach dem seinerzeitigen Schuldspruch herausgelockten Barmittel letztlich denselben Geldbetrag betreffen), findet im Urteilssachverhalt schon im Hinblick auf den vom Schuldspruch wegen Betruges nicht erfaßten Zufluß erheblicher Geldmittel an die Gesellschaft (siehe den im erwähnten Vorurteil enthaltenen Freispruch) keine Deckung. Die vom Beschwerdeführer erzielte Ablösesumme, deren zweckwidrige Verfügung ihm angelastet wird, ist daher nach dem Urteilsinhalt mit den zum Erwerb dieser Investitionsgüter verwendeten Geldsummen weder ident noch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Ungeachtet dessen ist ein realkonkurrierendes Zusammentreffen von Betrug und betrügerischer Krida dann gegeben, wenn sich der Unrechtsgehalt der Vorgangsweise des Schuldners nicht im Betrug alleine erschöpft, sondern neben dieser Schädigung in weiterer Folge eine Schmälerung der Befriedigungsrechte der Gläubiger durch Verringerung des - sei es auch betrügerisch erlangten - Vermögens bewirkt wurde (11 Os 127/85 = Jus 1986 15/15; aM: Kienapfel BT II2 Rz 29 zu § 156).

Letztlich sei vermerkt, daß der Angeklagte im Vorverfahren ua schuldig erkannt worden war, stille Gesellschafter der Fa. H***** durch die Vorgabe, sie würden steuerliche Verlustzuweisungen erhalten und ihre Einlagen würden mit Kapitalversicherungsschutz ausgestattet sowie später zurückbezahlt werden, zur Leistung von Einlagen und solcherart um ca. 2,6 Mio S betrügerisch geschädigt zu haben. Im gegenständlichen Verfahren aber wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, die Befriedigung nicht nur der erwähnten stillen Gesellschafter, sondern auch anderer Firmen (US 11 unten) vereitelt zu haben. Da sohin unterschiedliche Tathandlungen und unterschiedliche Geschädigte vorliegen, kann von einer zweimaligen Verurteilung wegen derselben Tat keine Rede sein.

Da die vom Erstgericht festgestellte zweckwidrige Verwendung von Firmengeldern unbeschadet ihres (allenfalls mittelbar) unrechtmäßigen Erwerbes durch den Beschwerdeführer zu einer die Gemeinschaft der Gläubiger schädigenden Vermögensverminderung führte, erging der bekämpfte Schuldspruch zu Recht.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Ralph Josef S***** nach § 156 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. April 1989, AZ 12 a Vr 1959/81 - mit welchem der Genannte wegen des Verbrechens nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und der Vergehen nach § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 161 StGB zu 24 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, wobei ein Teil von 16 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde -, eine Zusatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten. Gemäß § 43 a Abs. 1, richtig: Abs. 3 StGB wurde der Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die mehrfachen Angriffe, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit und die geringfügige Überschreitung der Qualifikationsgrenze.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen, allenfalls diese zu reduzieren und sie zur Gänze bedingt nachzusehen. Es führt ins Treffen, bei gleichzeitiger Aburteilung sämtlicher ihm in beiden Schuldsprüchen zur Last gelegten Taten wäre keine höhere als die im Verfahren 12 a Vr 1959/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ausgemessene Strafe zu verhängen gewesen. Überdies sei er im gegenständlichen Verfahren nicht wegen Betruges, sondern wegen betrügerischer Krida schuldig erkannt worden.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Vergleicht man die (identen) Strafdrohungen der §§ 147 Abs. 3 und 156 Abs. 2 StGB, so zeigt sich, daß der Unrechtsgehalt eines Betruges mit einem Schaden von über 500.000 S und einer betrügerischen Krida mit einem ebenso hohen Schaden annähernd gleich ist. Da es sich dabei aber keinesfalls um Taten derselben Art handelt, ist eine Zusammenrechnung der Schadensbeträge iS des § 29 StGB ausgeschlossen. Demnach hätte der Berufungswerber - für den Fall gemeinsamer Aburteilung der von ihm begangenen Straftaten in einem Verfahren - zwei Verbrechen zu verantworten, die jeweils mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht sind.

Wird dies entsprechend berücksichtigt, so ergibt sich, daß angesichts des hohen Schuldgehaltes (auch) der nunmehr abgeurteilten Taten von der Verhängung einer Zusatzstrafe nicht abgesehen werden kann, daß aber die von den Tatrichtern ausgemessene Zusatzstrafe etwas überhöht ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes entspricht eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten dem Verschulden des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt des von ihm begangenen Verbrechens.

Von dieser Zusatzstrafe waren gemäß § 43 a Abs. 3 StGB sechs Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen.

Wie schon das Oberlandesgericht Wien in seiner Berufungsentscheidung im Verfahren 12 a Vr 1959/81 des Landesgerichtes für Strafachen Wien zutreffend ausgeführt hat, verbieten die Vielzahl der Fakten und die Schadenshöhe sowie das Gewicht der Schuld des Angeklagten die gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe. Die gleichen Erwägungen haben auch für das gegenständliche Verfahren Gültigkeit, so daß auch hier dem Begehren auf gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nicht beigetreten werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25109

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:015OS000137.9001.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19910207_OGH0002_015OS000137_9001000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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