TE OGH 1991/2/7 15Os6/91

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Veröffentlicht am 07.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Februar 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Paulin als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinz G***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Dezember 1990, GZ 6 d Vr 9405/90-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Heinz G***** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG schuldig erkannt, weil er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr setzte, indem er zwischen Anfang 1990 und Mai 1990 in Wien dem gesondert verfolgten Manfred N***** zumindest 20 Gramm Heroin und 2 Gramm Kokain verkaufte.

Der gegen den Schuldspruch erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) vorerst gegen die Urteilskonstatierung von "zumindest 20 Gramm Heroin" (US 2, 4) als nicht der Aussage des Zeugen N***** entsprechend wendet, sei darauf verwiesen, daß der Zeuge niemals exakte Mengen nannte, sondern die Mengen mit 20 oder 30 Gramm, vielleicht auch 40 Gramm schätzte (S 316, 319). Wenn das Schöffengericht angesichts dieser Bekundungen "im Zweifel" (US 5) nur eine Menge von "zumindest 20 Gramm Heroin" als erwiesen annahm und bei seiner Berechnung der Reinsubstanz (ersichtlich) von 20 Gramm Heroin ausging (US 6), so unterlief ihm bei dieser - zugunsten des Angeklagten getroffenen - Konstatierung keine den Angeklagten beschwerende unzureichende Begründung.

Soweit das Schöffengericht der Bekundung des Zeugen N***** folgte, daß die gegenüber seiner polizeilichen Vernehmung geringere Mengenangabe in der Hauptverhandlung auf eine mittlerweile angestellte Nachkalkulation anhand der von ihm hingegebenen Geldmengen beruht, und auch diesem Teil der Aussage des N***** als glaubwürdig folgte (US 5), liegt darin entgegen der Meinung des Beschwerdeführers eine denkmögliche und damit formal durchaus zureichende Begründung, auch wenn der Zeuge keine "genaue Menge" des Heroins nennen konnte.

Das Erstgericht nahm zwar an, daß der Zeuge N***** wegen seiner Abhängigkeit Suchtgifte höheren Wirkstoffgehalts benötige. Sofern es dennoch von der Annahme ausging, das vom Angeklagten an N***** verkaufte Heroin sei (möglicherweise bloß) mittlerer Qualität gewesen, stellt dies keineswegs, wie der Beschwerdeführer vermeint, eine "Vermutung" zu seinen Lasten dar, sondern im Gegenteil eine ihn begünstigende Annahme: Ausgehend von der Prämisse, N***** hätte wegen seiner Abhängigkeit auch vom Angeklagten nur Suchtgift höheren Wirkstoffgehaltes gekauft, ergäbe sich nämlich die Folgerung, daß das in Rede stehende Suchtgift einen überdurchschnittlich hohen Wirkstoffgehalt (pro Gramm) gehabt hätte, somit insgesamt eine höhere Reinsubstanz als die vom Erstgericht angenommene Menge von 6 Gramm Reinheroin.

Die Mängelrüge ist daher insoweit gar nicht zum Vorteil, sondern zum Nachteil des Angeklagten ausgeführt und muß daher unbeachtlich bleiben.

Soweit der Beschwerdeführer die auf Gerichtsnotorietät gestützte Annahme, Heroin mittlerer Qualität weise eine Reinsubstanz von 30 bis 40 % auf (US 6), als unzureichend begründet rügt, so ist er darauf zu verweisen, daß von einer Gerichtsnotorietät selbst dann ausgegangen werden kann, wenn eine Tatsache auch nur einem qualifizierten Kreis mit einschlägigen Strafsachen befaßter Richter bekannt ist (EvBl. 1982/30 ua). Das Schöffengericht konnte sich daher auf gerichtsmedizinische Gutachten aus ähnlichen einschlägigen Verfahren berufen, wobei es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - einer Zitierung derartiger Gutachten in den Urteilsgründen nicht bedurfte. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auf den Aufsatz der Gerichtsmediziner MACHATA und MAURER, Mengenstufen von Suchtgift nach der Suchtgiftgesetznovelle 1980, RZ 1981, 45 ff, und die darin enthaltene Klassifizierung von Heroin mit einem Reingehalt von 30 bis 60 % als solches mittlerer Qualität hingewiesen. Wenn das Schöffengericht vorliegend bei einer Menge von "zumindest" 20 Gramm zur Annahme einer Reinsubstanz von 6 Gramm gelangte (US 6), blieb es ohnedies im untersten Bereich.

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen stellte das Schöffengericht durchaus zutreffend dar, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers vor der Polizei einerseits und in der Hauptverhandlung andererseits voneinander abweicht (US 5). Dabei unterlief dem Gericht weder eine unrichtige Wiedergabe der Verantwortung des Beschwerdeführers noch eine unzureichende Begründung. Denn der Angeklagte hatte in seiner polizeilichen Vernehmung eine Auseinandersetzung mit N***** lediglich im Zusammenhang mit (vorgeblich) als Pfand genommenen Gegenständen und deren Veräußerung bekundet, dagegen Vorgänge um einen angeblichen Fahrzeugverkauf als durchaus einvernehmlich dargestellt (S 79), in der Hauptverhandlung aber als Grund für eine Verärgerung des N***** die Einwendungen des Angeklagten gegen diesen PKW-Verkauf bezeichnet, wovon er bei seiner polizeilichen Vernehmung nichts angab.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a), in der - nach dem eben Gesagten unzutreffend - davon ausgegangen wird, die Angaben des Beschwerdeführers seien stets gleich geblieben, wogegen N***** seine Angaben "weitgehend" geändert habe - was abgesehen von den Mengenangaben, zu denen eine plausible Erklärung gegeben wurde, nicht zutrifft -, ein Mangel an einem "objektiven Nachweis" behauptet wird, weil keine "dritte Person" die Angaben des N***** bestätigt habe und beim Angeklagten kein Suchtgift gefunden worden sei, weiters auf die - ohnedies

festgestellte - Suchtgiftabhängigkeit des N***** und dessen einschlägigen Vorstrafen sowie auf seine mögliche - vom Erstgericht ohnedies in Betracht gezogene - Verärgerung verwiesen wird, vermag bei Prüfung der Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E25108

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:015OS000006.91006.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19910207_OGH0002_015OS000006_9100600_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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