TE OGH 1991/2/13 1Ob635/90

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Veröffentlicht am 13.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Kellner, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei W***** Projektierungs- und Beratungs-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte und widerklagende Partei I*****

Warenhandels-Transportgesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Steger und Dr. Josef Unger, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, wegen S 78.018,54 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3. April 1990, GZ 2 R 251, 252/89-23, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Juni 1989, GZ 6 Cg 131, 181/88-15, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die W***** Gesellschaft mbH & Co KG (im folgenden Käuferin) kaufte bei Reinhard B***** (im folgenden Verkäufer) eine aus Bremerhaven, Deutschland, zu beschaffende Brennschneidemaschine. Im Kaufpreis hatte der Verkäufer einen Transportkostenanteil von S 25.000,-- für die Lieferung frei Haus vorgesehen. Die Käuferin war der Meinung, den Transport billiger durchführen (lassen) zu können, vereinbarte mit dem Verkäufer, selbst für den Transport zu sorgen, und beauftragte die beklagte und widerklagende (im folgenden beklagte) Partei mit dem Transport der Maschine von Bremerhaven nach Österreich; Importeur und Empfänger der Maschine war der Verkäufer. Die beklagte Partei gab den Auftrag an die klagende und widerbeklagte Spedition (im folgenden klagende Partei) weiter, ohne daß davon gesprochen wurde, ob die klagende Partei auch die Verzollung durchführen solle. Die klagende Partei nahm den Transport (am 22. Juli 1986) und die Verzollung vor und fakturierte in der Folge die von ihr ausgelegte Einfuhr-Umsatzsteuer (EUSt) von S 78.018,54 an den (in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen) Verkäufer, die Kosten für Fracht und Verzollung (ohne EUSt) von S 10.300,-- dagegen an die beklagte Partei, die diesen Betrag an die Käuferin weiterfakturierte. Mit Schreiben vom 22. Juni 1987 teilte die klagende Partei der beklagten Partei ua mit, daß sie die EUSt gemäß deren Weisung mit dem Empfänger verrechnet habe; dieser könne oder wolle aber nicht bezahlen, weshalb sie eine Klage gegen ihn eingebracht habe. Da der Verzollungsauftrag von der beklagten Partei stamme, mache die klagende Partei bei eventueller Nichteinbringung die beklagte Partei für die Kosten voll haftbar. Am 13. Juli 1987 übersandte die klagende Partei der beklagten Partei ihre Buchungsanzeige Nr 2264 und teilte unter Berufung auf ihr Schreiben vom 22. Juni 1987 mit, daß sie die beklagte Partei mit Einfuhrabgaben von S 78.018,54 belaste. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1987 forderte die klagende Partei die beklagte Partei auf, ihr ausdrücklich die Anerkennung der Buchungsanzeige Nr 2264 über S 78.018,54 zu bestätigen. Der Rechtsfreund der beklagten Partei wies am 3. Februar 1988 die Forderung der klagenden Partei zurück; da ein Regreßanspruch gegenüber der beklagten Partei nicht bestehe, werde die klagende Partei ersucht, den gemäß Buchungsanzeige vom 13. Juli 1987 Nr 2264 einbehaltenen Klagsbetrag an die beklagte Partei zu überweisen. Das von der klagenden Partei über die gegenseitigen Forderungen aus der Geschäftsbeziehung mit der beklagten Partei geführte Verrechnungskonto wies ein Guthaben der beklagten Partei auf. Von dem sich aus Frachtleistungen zu Gunsten der beklagten Partei ergebenden Saldo zog die klagende Partei die von ihr entrichtete EUSt, die im Kontoblatt an erster Stelle unter dem Datum 23. Juli 1987 im Soll aufschien, ab und überwies der beklagten Partei am 10. Februar 1988 den dem offenen Saldo entsprechenden Betrag von S 67.997,16.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Refundierung der EUSt von S 78.018,54 sA, die sie bei einer im Auftrag der beklagten Partei durchgeführten Verzollung einer Maschine ausgelegt habe. Ohne weiteres Vorbringen stellte die klagende Partei schließlich das Eventualfeststellungsbegehren, "daß die durch Sollbuchung seitens der klagenden Partei am 13. Juli 1987 Nr 2264 erfolgte Belastung der beklagten Partei über S 78.018,54 und die durch Zahlung des sich dadurch ergebenden Saldos von (nur) S 67.997,16 am 10. Februar 1988 erfolgte Kompensation rechtswirksam sei."

Die beklagte Partei hielt dem entgegen, den Transportauftrag lediglich vermittelt zu haben. Die klagende Partei habe ohne ihr Wissen mit dem Verkäufer, der als Importeur der Maschine Abgabenschuldner gewesen sei, vereinbart, daß sie die Zollgebühren und die EUSt entrichte. Mit ihrer Widerklage begehrte die beklagte Partei von der klagenden Partei den Zuspruch von S 78.018,54 sA für Fracht- und Werklohn. Mit der klagenden Partei habe eine ständige Geschäftsverbindung bestanden. Die klagende Partei habe die gegenseitigen Zahlungsansprüche kontokorrentmäßig abgerechnet. Durch Einstellung der mit Widerklage geltend gemachten Forderungen in das Kontokorrent habe die klagende Partei diese Ansprüche der beklagten Partei anerkannt, jedoch den zu Gunsten der beklagten Partei bestehenden Saldo zu Unrecht um den Klagsbetrag (EUSt) vermindert.

Das Erstgericht wies das Hauptklage- und das Widerklagebehren ab und gab dem Eventualklagebehren in einer deutlicheren Fassung Folge. Rechtlich vertrat es, soweit für das Revisionsverfahren relevant, die Auffassung, die klagende Partei habe zu Recht die beklagte Partei mit Buchungsanzeige vom 13. Juli 1987 Nr 2264 mit dem Klagsbetrag belastet und am 10. Februar 1988 ihre Forderung auf Erstattung der EUSt gegen die Ansprüche der beklagten Partei aus für die klagende Partei durchgeführten Transporten aufgerechnet. Damit habe sich die klagende Partei für die Klagsforderung selbst bezahlt gemacht. Da die von der klagenden Partei mit der Übersendung der Buchungsanzeige Nr 2264 vorgenommene Aufrechnung den gesetzlichen Anforderungen in jeder Hinsicht entsprochen habe, sei auch das Widerklagebegehren abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte das - in Ansehung des Hauptklagebegehrens unangefochtene - Ersturteil in Ansehung des Widerklagebegehrens und änderte es in Ansehung des Eventualklagebegehrens im klagsabweisenden Sinn unangefochten ab. Die ordentliche Revision ließ es zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der Auftraggeber in einem Fall wie dem vorliegenden dem Spediteur oder Frächter die verauslagte EUSt unbeschadet einer Ersatzpflicht des abgabenpflichtigen Empfängers zu erstatten habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht zulässig. Kontokorrentgebunde Ansprüche können nicht selbständig mit Leistungsklage geltend gemacht werden (Schuhmacher aaO, Rz 14); dem wurde durch Abweisung des Hauptklagebegehrens Rechnung getragen.

Die Revisionswerberin wendet sich nicht gegen die Auffassung der Vorinstanzen, wonach der der klagenden Partei erteilte Transportauftrag auch den Auftrag zur Entrichtung der EUSt umfaßte und der klagenden Partei demnach ein Anspruch auf Ersatz dieses Aufwandes, jedenfalls insoweit, als er nicht vom Empfänger beglichen wurde, zusteht. Es wird auch nicht in Zweifel gezogen, daß zwischen den Streitteilen ein Kontokorrentverhältnis bestand und die Forderung der klagenden Partei in die laufende Rechnung eingestellt werden durfte. Die Revisionswerberin macht nur geltend, daß die klagende Partei keine (gesonderte) Aufrechnungserklärung abgegeben habe und demnach Tilgungswirkung nicht eingetreten sei. Die klagende Partei habe im Verfahren vor dem Erstgericht auf Befragen des Vertreters der beklagten Partei erklärt, außerstande zu sein, zu präzisieren, ob nun aufgerechnet wurde oder nicht.

Da das Kontokorrent eine Form der vertraglichen Aufrechnung darstellt (Rummel in Rummel, § 1438 Rz 35), ist eine gesonderte (einseitige) Aufrechnungserklärung zur Herbeiführung der Tilgungswirkung nicht erforderlich, da diese, jedenfalls im Zweifel, bereits im Kontokorrentvertrag enthalten ist. Die Tilgungswirkung trat demnach automatisch am Ende der Rechnungsperiode, hier jedenfalls mit der Beendigung des Kontokorrentverhältnisses und Überweisung des Schlußsaldos am 10. Februar 1988 ein (vgl Avancini-Iro-Koziol, Bankvertragsrecht I 5/30 mwN).

Eine Rechtsfrage iS des § 502 Abs. 1 ZPO zeigt die Revision nicht auf, sodaß spruchgemäß zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Anmerkung

E25120

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:001OB000635.9.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19910213_OGH0002_001OB000635_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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