Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Februar 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Paulin als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl R***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 22. Oktober 1990, GZ 29 Vr 827/90-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Mühl zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten
verhängte Freiheitsstrafe auf
15 (fünfzehn) Monate
herabgesetzt.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl R***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach nahm er in St. Pölten in der Nacht zum 5.August 1990 dem Franz M***** einen Schraubenzieher, ein Paar Socken, einen Stichling, ein Kammset und einen defekten Fotoapparat im Gesamtwert von ca. 110 S (A/1./), in der Nacht zum 6.August 1990 Beamten des Arbeitsamtes S***** Toilettenartikel, Zigaretten, Feuerzeuge und eine 0,7 Liter Flasche Weißwein im Gesamtwert von 100 S, sowie ca. 500 S Bargeld (A/2./) und in der Nacht zum 7.August 1990 Verfügungsberechtigten des Lagerhauses S***** ein Eis, einen Arbeitsoverall, ein Herrenhemd und ein Paar Socken im Gesamtwert von ca. 200 S (A/3./) durch Einbruch mit dem Vorsatz weg, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Nacht zum 7.August 1990 ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich das Mofa KTM Duo des Christian K*****, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch
(B/).
In seiner gegen diese Schuldsprüche gerichteten, nur auf die Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde macht Karl R***** geltend, daß Feststellungen über eine Tatbegehung im Zustand einer seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden hochgradigen Berauschung nicht getroffen worden seien.
Rechtliche Beurteilung
Durch seine Sachverhaltsannahmen und die Feststellungen zur subjektiven Tatseite brachte das Erstgericht indes implizit seine Überzeugung zum Ausdruck, daß zu keiner der vom Urteil umfaßten Tatzeiten eine Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten im Sinn des § 11 StGB anzunehmen war (11 Os 183/85). Den Beschwerdeausführungen zuwider liegen keine Verfahrensergebnisse vor, auf Grund deren indiziert gewesen wäre, daß die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Zeit der Begehung einer der ihm urteilsmäßig angelasteten Tathandlungen aufgehoben war, und die demgemäß Feststellungen über den Grad seiner Alkoholisierung erfordert hätten. In der Hauptverhandlung bezeichnete der Angeklagte lediglich die der Nachtragsanzeige (ON 14) des Gendarmeriepostens Altlengbach zugrundeliegende, zufolge Verfahrensausscheidung gemäß dem § 57 StPO nicht urteilsgegenständliche Deliktshandlung als "Rauschtat", wogegen er im Umfang der Anklage ein Schuldbekenntnis ablegte (S 119, 121, 122). Beim Urteilsfaktum A/1./ wurde von ihm Alkoholisierung zur Tatzeit nicht behauptet (S 21, 24). Zu dem in der Nacht zum 6.August 1990 verübten Einbruchsdiebstahl (Urteilsfaktum A/2./) gab er vor der Polizei zwar an, "ziemlich stark alkoholisiert" gewesen zu sein, war jedoch, wie seine eigene Tatschilderung zeigt, bei der Ausführung dieser Straftat ersichtlich zeitlich und örtlich voll orientiert (S 24, 120). Gleiches trifft auf die in der Nacht zum 7. August 1990 begangenen Deliktshandlungen zu; laut polizeiamtsärztlichem Gutachten war beim Angeklagten auch zu diesem Zeitpunkt die örtliche und zeitliche Orientierung gegeben (S 19, 25, 48, 85). Zudem war er zum damaligen Zeitpunkt noch in der Lage, ein Mofa in Betrieb zu nehmen. Nach dem eigenen Vorbringen des Angeklagten und den übrigen Beweisergebnissen lagen demnach bei keinem der Urteilsfakten die für einen Vollrausch typischen Kennzeichen, wie ungenügende Orientierung in Zeit und Raum, Sinnlosigkeit des Handelns, Erinnerungsverlust in bezug auf die Tatereignisse und krasser Gegensatz zum Charakter überhaupt vor, welche eine nähere Prüfung erfordert hätten, ob der Angeklagte - über eine alkoholbedingte, zu einer Bewußtseinstrübung führende Enthemmung hinaus - zu den jeweiligen Tatzeiten außerstande war, von seiner Vernunft und seinem Verstand entsprechend Gebrauch zu machen und die Bedeutung und Tragweite seiner Handlungen einzusehen oder seiner Einsicht gemäß zu handeln. Der Beschwerdeeinwand, daß der Angeklagte weder notwendige, noch brauchbare Gegenstände an sich genommen habe, welche er überdies von der ihn betreuenden E*****-Gesellschaft hätte erhalten können, ist schon nach der Art des Diebsgutes unzutreffend.
Feststellungsmängel im Sinn der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO haften dem Urteil folglich nicht an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen zweier Delikte, die insgesamt drei Angriffe gegen fremdes Vermögen, fünfzehn einschlägige Vorstrafen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 StGB und den raschen Rückfall nach der letzten Verbüßung einer einschlägigen Freiheitsstrafe als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte das Schöffengericht demgegenüber das Geständnis und die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes.
Karl R***** strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Dem Angeklagten kann zwar - entgegen seinem Vorbringen - (auch) keine in den Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit reichende Alkoholisierung (§ 34 Z 11 StGB) zugute gehalten werden, er macht als zusätzlichen Milderungsgrund jedoch mit Recht den geringen Wert des Diebsgutes geltend, der bei insgesamt drei Angriffen gegen fremdes Vermögen insgesamt nur 910 S betrug. Berücksichtigt man ferner die weitgehende, für die Delinquenz mitbestimmende soziale Entwurzelung des Berufungswerbers, dann erscheint auf der Basis des tatsächlichen Strafbemessungssachverhalts eine Reduktion der Freiheitsstrafe auf das tatschuldadäquate Ausmaß von fünfzehn Monaten geboten, ohne daß trotz der hohen Vorstrafenbelastung von einer Gefährdung der Strafzwecke gesprochen werden könnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E25083European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:011OS000004.91009.0219.000Dokumentnummer
JJT_19910219_OGH0002_011OS000004_9100900_000