TE OGH 1991/2/26 8Ob526/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****-AG, ***** vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Fa. H***** GmbH u. Co KG, ***** vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 52,899,10 s.A. (Revisionsinteresse S 39.894,32 s. A.) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 9. November 1989, GZ 21 R 328/89-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 7. Juli 1989, GZ 11 C 13/89m-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie mit Einbeziehung ihrer rechtskräftig gewordenen Aussprüche wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tage bei sonstiger Exekution S 7.382,37 samt 4 % Zinsen seit 6.6.1988 zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 45.516,73 samt 4 % Zinsen seit 6.6.1988 wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tage bei sonstiger Exekution die mit S 8.468,38 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die mit S 4.111,97 (darin enthalten S 2.037,50 Barauslagen und S 345,74 Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses A*****straße 54 in S***** und hat der Beklagten sämtliche Räumlichkeiten im zweiten Stock dieses Hauses sowie ein Kellerabteil vermietet. Der monatliche Bruttomietzins beträgt S 52.899,10, wovon S 880,-- auf das Kellerabteil entfallen.

Vom 16.5.1988 bis 31.8.1988 (also über einen Zeitraum von 15 Wochen und 3 Tagen) wurden im dritten Stock sowie in der Tiefgarage des Hauses A*****straße 54 Bauarbeiten durchgeführt. Dadurch kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Bürobetriebs der Beklagten. An mindestens 32 der insgesamt 42 Arbeitstage wurde mit Preßluft- und Elektrohämmern gearbeitet, zeitweilig sogar mit 2 Kompressoren. Diese waren zwar superschallgedämpft, doch pflanzten sich die Erschütterungen des Preßlufthammers im Gebäude fort. Ähnlich war die Lärmentwicklung beim Einsatz eines elektrischen Hammers und einer Schlagbohrmaschine. Dazu wurde noch laufend der anfallende Bauschutt auf Container verladen und mit Lkw abtransportiert. Auch Betonmischfahrzeuge waren auf der Baustelle in Betrieb. Zeitweilig stand der Parkplatz des Hauses nicht zur Verfügung.

An folgenden Tagen wurde mit Kompressor gearbeitet:

16.5. - 20.5.(40 Stunden), 24.5. - 27.5. (40 Stunden),

30.5. - 1.6. (händische Stemmarbeiten, Dauer unbekannt),

11.7. - 13.7. (19,5 Stunden), 18.7. - 22.7. (25 Stunden),

25.7. - 29.7. (15 Stunden) und 16.8. - 26.8. (24 Stunden). Allein der Maschineneinsatz erstreckte sich also über 32 Arbeitstage, wobei die durchschnittliche Tagesbelastung 5,17 Stunden betrug (im Berufungsurteil sind irrtümlich nur 22 Arbeitstage angegeben).

Wegen der Lärmentwicklung mußten in den Büros der Beklagten die Fenster geschlossen werden, was in den Sommermonaten dazu führt, daß die Raumtemperatur stark ansteigt. Einige Mitarbeiter der Beklagten hatten infolge des Baustellenlärms über Kopfschmerzen zu klagen. Außerdem war es zeitweise nicht möglich, Telefongespräche zu führen. Kunden mußten gebeten werden, zu einem späteren Zeitpunkt wieder anzurufen. Eine Woche lang war die Telefonzentrale so sehr in Mitleidenschaft gezogen, daß sie nicht bedient werden konnte. Dabei hat die Beklagte Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland, die viele Telefongespräche in englischer Sprache erfordern. Mehrmals kamen für die Beklagte wichtige Besucher aus dem Ausland, weshalb die Arbeiter gebeten wurden, besonders lärmintensive Arbeiten zu unterbrechen. Diesen Bitten wurde bis auf ein einziges Mal entsprochen. Besonders lärmintensive Arbeiten wurden auch an Wochenenden durchgeführt (25./26.6. und 20./21.8.), wobei die Klägerin die daraus resultierenden Mehrkosten trug.

Die Beeinträchtigung ihres Bürobetriebs hat die Beklagte zum Anlaß genommen, die gesamte Junimiete (insgesamt also S 52.899,10) einzubehalten. Den Mietzins für die Folgemonate hat sie allerdings wieder beglichen. Jetzt setzt sie der am 14.12.1988 eingebrachten Klage des Vermieters auf Bezahlung der Junimiete den Einwand entgegen, die von ihr vorweggenommene Entgeltsminderung sei im Hinblick auf die Gesamtdauer der Bauarbeiten angemessen und das Klagebegehren daher abzuweisen. Zu berücksichtigen seien nämlich auch jene Beeinträchtigungen, die sich im Juni 1988 bereits hätten absehen lassen. Die Einbehaltung nur einer Monatsmiete sei vorsichtshalber erfolgt; es hätten auch weitere Mieten einbehalten werden können. Dem hat wiederum die Klägerin entgegengehalten, daß sie die Einbehaltung der Junimiete nur auf die bis dahin spürbaren Beeinträchtigungen beziehen könne, nicht jedoch auf den Zeitraum Juli und August 1988.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts ab, Baulärm, der das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigt, führe nämlich gemäß § 1096 ABGB zur Zinsminderung. Der Mieter habe vom Zeitpunkt der gänzlichen oder teilweisen Unbenützbarkeit des Mietgegenstandes bis zum Zeitpunkt der Mängelbeseitigung nur den geminderten Mietzins zu entrichten. Das Ausmaß der Zinsminderung habe dabei dem Grad der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts zu entsprechen und könne gemäß § 273 ZPO ausgemittelt werden. Im gegenständlichen Fall sei das Bestandobjekt zwar nicht gänzlich unbenützbar gewesen, doch habe die Lärmbeeinträchtigung immerhin 3,5 Monate lang angehalten. Die Zinsminderung im Ausmaß eines Bruttomonatsmietzinses sei daher angemessen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung der Klägerin dahin ab, daß es dem Klagebegehren im Umfang von S 39.894,32 s.A. stattgab. Insoweit erklärte es auch die Revision für zulässig, weil es eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob der gesetzliche Zinsminderungsanspruch so wie hier von der Beklagten geltend gemacht werden könne. Die diesbezüglichen Rechtsausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Dem Grunde nach sei dem Erstgericht beizupflichten, daß die Beklagte für die Zeit der Bauarbeiten Anspruch auf Zinsminderung hatte. Für die Höhe dieser Zinsminderung und ihre Geltendmachung sei von Bedeutung, daß die Rechtsfolge des § 1096 ABGB ohne weitere Erklärung eintrete; ein dennoch bezahlter Zins könne nicht wegen Wegfalls des Rechtsgrundes (§ 1435 ABGB), sondern nur wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld gemäß § 1431 ABGB zurückverlangt werden (E 64 zu § 1096 ABGB MGA33). Das Ausmaß der Zinsminderung richte sich nach der Dauer und dem Grad der Unbrauchbarkeit der Bestandsache (MietSlg 33.162, 36.143, 38.154 ua), wobei § 273 ZPO anzuwenden sei (MietSlg 35.179). Im gegenständlichen Fall habe die Behinderung des Gebrauchs in der Lärmbelästigung (MietSlg 20.128), der Nichtbenutzbarkeit des Parkplatzes (MietSlg 35.175) und im Ausfall der Telefonzentrale (MietSlg 30.184) bestanden, was mangels anderslautender konkreter Behauptungen der Beklagten allerdings nur auf die Büroräume im zweiten Stock und nicht auf den mitgemieteten Kellerraum bezogen werden könne. Eine gänzliche Unbenützbarkeit der Büroräume während der Bauarbeiten werde von der Beklagten selbst nicht geltend gemacht. Insgesamt hätten die Bauarbeiten 42 von 75 Werk(richtig:Arbeits-)Tagen zwischen dem 16.5.1988 und dem 31.8.1988 betroffen (56 %), wobei wiederum an 32 Tagen (42 %) mit den besonders lauten Preßlufthämmern gearbeitet worden sei. Unter Heranziehung des § 273 ZPO erscheine daher eine Zinsminderung der jeweiligen Monatsmiete von 25 % angemessen. Die Entscheidung des Erstgerichtes treffe zwar annähernd diese Größenordnung, nehme jedoch nicht ausreichend darauf Bedacht, daß es im gegenständlichen Rechtsstreit nur um die Junimiete gehe. Auf sie bezogen sei daher die Zinsminderung nur mit S 13.004,78 (das ist ein Viertel des monatlichen Mietzinses für die Büroräume) zu veranschlagen.

Die Vorhersehbarkeit längerfristiger Bauarbeiten habe die Beklagte nicht berechtigt, bereits im Juni präventiv auch für die folgenden Monate eine Mietzinsminderung vorwegzunehmen. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hätte zwar Gelegenheit bestanden, auch auf die Mietzinsminderung der Folgemonate Bedacht zu nehmen, doch hätte dies im Wege der Aufrechnung mit allfälligen Gegenforderungen aus Überzahlungen im Juli und August 1988 geschehen müssen. Eine solche Aufrechnung (die einer eindeutigen Erklärung bedürfte, da das gegenseitige Zusammentreffen aufrechenbarer Forderungen nicht schon ipso iure deren Aufhebung herbeiführt) habe die Beklagte nicht geltend gemacht.

Gegen dieses Berufungsurteil hat die Beklagte fristgerecht Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und - mit der Behauptung einer zumindest schlüssigen Geltendmachung von Gegenforderungen aus zuviel entrichteten Mietzinsen in den Monaten Mai, Juli und August 1988 - wegen wesentlicher Verfahrensmängel erhoben. Ihr Revisionsantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung entweder im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Von der Klägerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurückweisung der Revision in eventu auf Bestätigung des Berufungsurteils vor. Der in der Mängelrüge angeschnittenen Rechtsfrage, ob dem Vorbringen der Beklagten eine konkludente Aufrechnungserklärung entnommen werden könne, fehle überhaupt die Erheblichkeit i.S. des § 502 Abs 4 Z 1 aF ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach der hier noch anzuwendenden Bestimmung des § 502 Abs 4 Z 1 aF ZPO zulässig. Die von der Klägerin als nicht revisibel bezeichnete Rechtsfrage, ob im Verhalten der Beklagten eine konkludente Aufrechnungserklärung zu erblicken sei, läßt sich nämlich vom grundsätzlichen Problem, wie die Zinsminderung geltend zu machen ist, nicht trennen. Zum Teil ist die Revision auch berechtigt.

Die Grundsätze der Zinsminderung wegen eingeschränkter Brauchbarkeit des Bestandobjekts wurden von den Vorinstanzen zutreffend dargestellt, sodaß auf diese Rechtsausführungen verwiesen werden kann (vgl Würth in Rummel I2, Rz 10 zu § 1096 ABGB). Es ist also daran festzuhalten, daß die Zinsminderung ex lege eintritt (EvBl 1972/74; EvBl 1976/192; JBl 1989, 381 ua), kein Verschulden des Bestandgebers voraussetzt (ImmZ 1976, 187; JBl 1989, 381) und vom Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung andauert (MietSlg 26.098 ua). Während dieser Zeit hat der Mieter nur den geminderten Mietzins zu entrichten (EvBl 1972/74), es wird nicht etwa ein eigener Anspruch des Mieters gegen den Mietzins aufgerechnet (JBl 1978, 262). Schließlich ist den Vorinstanzen zuzustimmen, daß die gesetzliche Zinsminderung auch durch eine erhöhte Lärmbelästigung ausgelöst werden kann (vgl. MietSlg 20.128; 1 Ob 596/83; dazu noch Emmerich in Staudinger, Kommentar zum BGB12, Rn 49 c zur vergleichbaren Bestimmung des § 537). Daß der Gebrauch von Büroräumlichkeiten empfindlich beeinträchtigt wird, wenn wegen maschineller Stemmarbeiten stunden- und tagelang nicht einmal telefoniert werden kann, liegt auf der Hand.

Aus der kraft Gesetzes eintretenden Zinsbefreiung bei gebrauchshindernden Mängeln der Bestandsache folgt, daß der Mieter im Umfang dieser Zinsbefreiung eine nicht bestehende Schuld zahlt, wenn er dennoch den vollen Mietzins entrichtet. Er kann diese Überzahlung gemäß § 1431 ABGB zurückfordern oder seinen Bereicherungsanspruch gegen andere Geldforderungen des Bestandgebers aufrechnen, wenn er in einem Irrtum über Art oder Ausmaß der Zinsminderung befangen war (MietSlg 20.128, 39.189 ua). Auch eine unter Vorbehalt geleistete Zahlung könnte der Mieter zurückverlangen (E 61 zu § 1431 ABGB MGA33); nur die Zahlung des vollen Mietzinses in Kenntnis aller zinsmindernden Umstände würde gemäß § 1432 ABGB eine Leistungskondiktion ausschließen (vgl MietSlg 39.189).

Auch diese Rechtsgrundsätze der Zinsminderung finden sich bereits in der Entscheidung des Berufungsgerichtes. Es hat daraus allerdings den unzutreffenden Schluß gezogen, daß die Beklagte vom Mietzins des Monats Juni 1988 noch S 39.894,32 schulde, weil sie in diesem Monat (unter Berufung auf die gesetzliche Zinsminderung) zuviel einbehalten habe, in den Folgemonaten Juli und August 1988 (in denen die Lärmbelästigung andauerte) dagegen nichts. Um auch die Zinsminderung für diese Monate (und den in der Berufungsentscheidung vernachlässigten Monat Mai 1988) durchzusetzen, hätte sie die Überzahlungen mit der Klagsforderung kompensieren müssen.

Dagegen wendet die Beklagte zu Recht ein, daß ihr Verhalten doch nur als Aufrechnungserklärung gewertet werden könne, wenn man ihr schon nicht zubillige, aus dem Titel der Zinsminderung für überschaubare Beeinträchtigungen ihres Mietrechtes gleichsam im voraus einen angemessenen Betrag (im konkreten Fall eben eine Monatsmiete) einzubehalten. Auch das Berufungsgericht hat nämlich nicht daran gezweifelt, daß die Beklagte den in den Monaten Juli und August 1988 zuviel gezahlten Mietzins (umso mehr dann auch die zu hohe Vorauszahlung für Mai 1988) gemäß § 1431 ABGB zurückfordern könnte, weil sie insoweit in einem Rechtsirrtum über die (technische) Geltendmachung der Zinsminderung befangen war und die Einbehaltung des ganzen Junimietzinses zumindest als konkludenter Vorbehalt für die Begleichung der Juli- und Augustmiete gewertet werden müßte. Ein Anerkenntnis der ungeschmälerten Folgemieten durch Zahlung scheidet also aus. Bekennt man sich folgerichtig zu einem Rückforderungsanspruch der Beklagten für Mai, Juli und August 1988, dann ist bei Würdigung ihres Gesamtverhaltens aber auch zu berücksichtigen, daß die ungefähre Dauer der Bauarbeiten - jedenfalls über den Monat Juni hinaus - bereits absehbar war, als sie die Zahlung der am 5.6.1988 fälligen Junimiete verweigerte. Im Prozeß selbst hat die Beklagte dann nie einen Zweifel gelassen, daß sie die einbehaltene Junimiete als angemessene Zinsminderung für die gesamte Bauzeit verstanden haben möchte (AS 15) und daß sich ihre Zahlungsverweigerung auf die damals schon absehbaren Beeinträchtigungen bezogen hat (AS 24). Damit brachte die Beklagte zum Ausdruck, daß sie die einbehaltene Junimiete als pauschale Zinsminderung für alle mit den Bauarbeiten zusammenhängenden Gebrauchserschwernisse geltend macht und der Klägerin - der Einfachheit halber - die Verrechnung mit den zur Gänze bezahlten Mietzinsen für Mai, Juli und August 1988 überläßt. Dagegen ist nichts einzuwenden, weil der Leistungsaustausch bei Dauerschuldverhältnissen nie auf einen konkreten Zeitpunkt bezogen werden kann (die Mietzinsvereinbarung zwischen den Streitteilen sah zudem noch monatliche Vorauszahlungen vor). Auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags würde bei Dauerschuldverhältnissen nicht nur die unmittelbar einander gegenüberstehenden Teilleistungen erfassen, weil die beiderseitigen Leistungen jeweils in ihrer Gesamtheit im Austauschverhältnis stehen (Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nicht erfüllten Vertrages, 190). Darum läßt die redliche Verkehrsauffassung gar keine andere Deutung als die zu, daß die Beklagte die Junimiete als Äquivalent für den gesamten "Zinsminderungsanspruch" betrachtete und die Aufrechnung gegen spätere Mietzinsforderungen der Klägerin gleichsam vorwegnahm.

Für die Entscheidung des Rechtsstreites ist dies insofern von Bedeutung, als die für den Schuldtilgungseinwand notwendige Aufrechnungserklärung auch konkludent erfolgen kann (EvBl 1972/187; Rummel in Rummel II, Rz 12 zu § 1438 ABGB). Das ist im gegenständlichen Fall spätestens durch die Erklärung geschehen, die einbehaltene Junimiete als Zinsminderung für die gesamte, mehrmonatige Bauzeit geltend zu machen (AS 15). Die jetzt eingeklagte Junimiete ist daher um den gesamten Zinsminderungsbetrag für die Zeit vom 16.5.1988 bis zum 31.8.1988 zu reduzieren.

Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts (Würth aaO mwN). Daß dem Berufungsgericht insoweit konkrete Bemessungsfehler unterlaufen wären, wird in der Revision nicht geltend gemacht. Auch die Klägerin hat der Höhe nach eine Zinsminderung von (höchstens) 25 % als angemessen erachtet (S 6 ihrer Berufungsschrift = AS 65). Sie liegt zwar an der Obergrenze der sonst üblichen Minderungsrate bei Lärmbelästigungen (s. etwa zur vergleichbaren Rechtslage nach § 537 BGB Emmerich aaO), doch darf im gegenständlichen Fall nicht übersehen werden, daß der Lärm besonders intensiv und anhaltend war, etwa eine Woche lang sogar die Telefonzentrale ausfiel und zeitweilig auch der Parkplatz nicht benutzt werden konnte. Insgesamt ist daher gegen die Bemessung der Zinsminderung durch das Berufungsgericht nichts einzuwenden; auch dem Argument, daß sich die Gebrauchsstörungen nur in den Büroräumlichkeiten, nicht jedoch im dazugemieteten Kellerabteil ausgewirkt haben, kommt Berechtigung zu. Die gesamte Zinsminderung für 3,5 Monate Baulärm und andere Unannehmlichkeiten ist daher mit S 52.019,10:4

= 13.004,78x3,5 = S 45.516,73 zu veranschlagen.

In diesem Sinn war der Revision Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidungen stützen sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Im einzelnen ergibt sich folgendes:

Da die Klägerin nur mit 14 % ihres Begehrens durchgedrungen ist, hat sie der Beklagten 72 % der in erster und zweiter Instanz aufgewendeten Verfahrenskosten zu ersetzen, kann aber ihrerseits 14 % der Gerichtsgebühren ersetzt verlangen. Das ergibt in erster Instanz S 7.113,74 (darin enthalten S 1.185,62 Umsatzsteuer) für die Beklagte und S 308,-- (Barauslagen) für die Klägerin, in zweiter Instanz S 2.222,64 (darin enthalten S 370,44 Umsatzsteuer) für die Beklagte und S 560,-- (Barauslagen) für die Klägerin. Im Urteilsspruch ist nur mehr der Saldo zugunsten der Beklagten ausgewiesen.

Im Revisionsverfahren, wo es nur mehr um S 39.894,32 ging, ist dann die Beklagte mit 81,5 % ihres Begehrens durchgedrungen. Sie hat daher Anspruch auf 81,5 % ihrer Gerichtsgebühren und 63 % ihrer sonstigen Verfahrenskosten. Die betreffenden Beträge sind im Spruch angeführt.

Anmerkung

E25740

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00526.9.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19910226_OGH0002_0080OB00526_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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