TE OGH 1991/2/26 4Ob8/91

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Veröffentlicht am 26.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (richtig:) Aug. W***** Gesellschaft mbH und Co KG, ***** vertreten durch Dr.Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei prot. Firma Schlüsselzentrale ***** Josef H*****, vertreten durch Dr.Hermann Löckher, Rechtsanwalt in Perg, wegen Unterlassung (Streitwert S 61.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 27.November 1990, GZ 12 R 54/90-21, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 6.September 1990, GZ 6 Cg 4/89-16, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels endgültig, die Klägerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin stellt (ua) Zentralschließanlagen in patentierter Schlüssel- und Schloßkombination - das ist die Verbindung mehrerer Schloßzylinder mit technisch besonders gefertigten Schlüsseln - derart her, daß der einzelne Wohnungsschlüsselinhaber mit demselben Schlüssel sowohl die eigene Wohnungstür als auch gewisse zentral und allgemein zugängliche Türen, wie Hauseingangs-, Kellertüren usw, sperren kann; der jeweilige Schlüssel sperrt hingegen nicht die Türen anderer Wohnungsinhaber. Jedes Schließanlagensystem wird darüber hinaus mit einem sogenannten "Sicherungsschein" versehen, welcher dem berechtigten Schließanlageninhaber ausgefolgt wird und in welchem die Schließanlagennummer der "W*****"-Schließanlage eingetragen ist.

Die Österreichische Interessengemeinschaft Sicherheit und Schlüssel ("ÖIS") - in welcher Sicherheitsfachbetriebe aus fast allen österreichischen Bundesländern vereinigt sind, so daß die Meinung dieser Gemeinschaft der Branchenübung entspricht - hat Richtlinien zur Herstellung von Anlagenschlüsseln erarbeitet. Demnach ist bei der Anfertigung von Schlüsseln dann eine Sicherungskarte oder eine Bestätigung des Eigentümers oder Hausverwalters zu verlangen, wenn es sich um eine nicht gesicherte Schließanlage, ohne Patent, oder aber um eine Schließanlage mit Patent handelt, deren Schlüssel für sich nicht patentiert sind. Für Schlüssel von Generalhauptschlüsselanlagen ist auf jeden Fall der Sicherungsschein zu verlangen; für Zentralschloßanlagen genügt üblicherweise die Bestätigung der Hausverwaltung. Vorgesehen ist hier die Anfertigung von Schlüsseln unter Verwendung eines Originalrohlings oder die Möglichkeit, einen Schlüssel anzufertigen, wobei der fertige Schlüssel dem Original im Profil genau entsprechen muß. Das setzt technisch bestens geschultes Personal und entsprechende Maschinen voraus. Da die meisten Betriebe nicht über solche technischen Einrichtungen verfügen und die Erzeuger zum Teil die Rohschlüssel nicht hergeben oder entsprechende Profile von den Rohlingherstellern nicht immer zu haben sind, werden die Schlüssel in der Regel beim Hersteller bestellt. Bei der Eigenanfertigung ist der übliche Weg so, daß mit den entsprechenden Herstellern ein Vertrag abgeschlossen und die Schlüssel unter Verwendung von Originalrohlingen, die bereits das richtige Profil aufweisen, oder vorgefertigten Rohschlüsseln, die ein Grundprofil aufweisen, angefertigt werden. Weist ein System auch patentgeschützte Schlüssel auf, dann werden diese nur vom Anlagenhersteller bezogen. Einzelne Händler und Schlüsseldienste fertigen jedoch solche Schlüssel als Lizenznehmer selbst an; dabei verpflichten sich aber die Unternehmen, keine übergeordneten Profile zu verwenden. Die Klägerin überträgt die Überprüfung der Bezugsberechtigung der jeweiligen Händlerfirma. Bei Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen - wie Vorlage eines Sicherungsscheines oder einer vom Eigentümer unterzeichneten Bestätigung - dürfen nach den ÖIS-Richtlinien Schlüssel angefertigt werden, dies aber nur bei Verwendung eines Original- oder dem Original entsprechenden Rohlings und bei Vorhandensein der Möglichkeit, den Schlüssel im Profil absolut exakt unter Einhaltung der beim Erzeuger üblichen Toleranzen herzustellen.

Die Beklagte hat Schlüssel für Schließanlagen der Klägerin hergestellt; dabei zeigte sich aber, daß diese Schlüssel quasi als "Dietrich" für andere Wohnungstüren verwendet werden können. Die Beklagte hat dabei einen ***** in Italien hergestellten Schlüsselrohling verwendet, welcher ursprünglich die Profilierung K 6 aufgewiesen hatte. Mit ihrer Bearbeitung des Rohlings hat die Beklagte aber nicht das benötigte Profil K 3 hergestellt; vielmehr entstand ein übergeordnetes Profil, das bei den Profilen K 3, K 4, K 5 und K 6 eingeführt werden kann.

Bei ordnungsgemäßer Ausführung nach den Plänen der Klägerin sind solche "Querschließungen" nicht möglich. Sie wären auf das Einsetzen von Zylinderkernen mit falschem Profil oder auf Fehler bei der Schlüsselfertigung zurückzuführen; das kann bei diesem System vor allem dann auftreten, wenn mehr Kalottenbohrungen (die seitlichen Vertiefungen am Schlüssel) gemacht werden, als laut Plan notwendig sind. Solche Fehler sind auch bei Schlüsseln, welche die Klägerin angefertigt hat, aufgetreten;

Querschließungen sind aber nicht im System selbst begründet.

Die Beklagte hat dadurch, daß sie Schlüsselrohlinge (Halbfabrikate), die bereits ein Profil aufwiesen, verändert hat, in Kauf genommen, daß die solcherart angefertigten Schlüssel unter Umständen mehr Zylinder sperren, als der Endverbraucher wünscht. Einem Fachbetrieb wie der Beklagten, muß das bewußt gewesen sein.

Die Beklagte fertigt nach wie vor Nachschlüssel in derart unsachgemäßer Weise an, daß es wiederholt zu den unerwünschten Quersperrungen in der Zentralschlüsselanlage gekommen ist. So hat ein Kunde dem Angestellten der Klägerin, Klaus S*****, am 4.4.1990 auf der Messe "BWS" einen Schlüssel ***** überreicht, den die Beklagte im Jänner 1990 hergestellt hatte. Der Originalschlüssel der Klägerin sperrt nur die Eingangstür der Wohnung Nr. 14, der Nachschlüssel auch die Eingangstür der Wohnung Nr. 43. Die Beklagte hat auch den Originalschlüssel der Klägerin für die Wohnung Nr. 2 im Haus Nr. 4 des Objektes E***** so nachgebildet, daß dieser Schlüssel auch die Wohnung Nr. 2 im Haus Nr. 3 und die Wohnung Nr. 2 im Haus Nr. 6 sperrt. Mit Schreiben des Rechtsanwaltes Dr.Johann P***** wurde die Klägerin am 31.5.1990 von einer weiteren unsachgemäßen Schlüsselfertigung der Beklagten verständigt.

Mit der Behauptung, daß durch diese unsachgemäße Verfertigung von Nachschlüsseln ihre Geschäftsinteressen erheblich geschädigt würden, weil das Vertrauen in die Sicherheit der von ihr gelieferten Zentralschlüsselanlage zunichte gemacht werde, und daß auch die Sicherheitsinteressen der Kunden in unzumutbarer Weise gefährdet würden, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Schlüsselkopien von Originalen zu einer von der Klägerin erzeugten Zentralschließanlage gehöriger Schlüssel zu verfertigen, sofern es sich bei den Kopien nicht um technisch originalgetreue Kopien handelt, durch die nicht andere Schlösser der Zentralschließanlage als mit dem Originalschlüssel gesperrt werden können und mit dem Originalschlüssel ein Sicherungsschein der Klägerin vom Auftraggeber vorgelegt wird (ON 13).

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis; auch fehle der Klägerin die aktive Berechtigung zum geltend gemachten Unterlassungsbegehren und damit in gleicher Weise für die einstweilige Verfügung. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung lägen nicht vor, zumal die Klägerin einen unwiederbringlichen Schaden nicht einmal ausreichend behauptet habe. Auch in den Anlagen der Klägerin komme es - selbst ohne Eingriff dritter Personen - zu "Quersperrungen". Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei verjährt.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte stehe in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin. Durch das unsachgemäße Verfertigen von Nachschlüsseln habe die Beklagte die Geschäftsinteressen der Klägerin erheblich geschädigt, so daß das Vertrauen in die Sicherheit der von der Klägerin gelieferten Zentralschlüsselanlage damit zunichte gemacht werde. Auch die Sicherheitsinteressen der Kunden würden in unzumutbarer Weise gefährdet. Die Beklagte habe gegen § 1 UWG verstoßen, weil es in den beteiligten Verkehrskreisen üblich sei, Schlüssel einer anderen Anlage nur dann selbst herzustellen, wenn das in technisch absolut einwandfreier Weise möglich sei. Verjährung liege nicht vor.

Das Rekursgericht änderte die einstweilige Verfügung nur insoweit ab, als es von dem Verbot auch den Fall ausnahm, daß mit dem Originalschlüssel eine Bezugsberechtigung des Eigentümers oder der Hausverwaltung vom Auftraggeber vorgelegt wird; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Da feststehe, daß die Klägerin auch selbst Nachschlüssel anfertigt und über den Fachhandel mit entsprechendem Zuschlag vertreibt oder dem Fachhandel Originalrohlinge zur Anfertigung von Kopien liefert, bestehe zweifellos ein Wettbewerbsverhältnis mit der Beklagten, welche Nachschlüssel ohne Verwendung von Originalrohlingen der Klägerin selbst erzeugt; daraus ergebe sich auch die Aktivlegitimation der Klägerin. Der Unterlassungsanspruch und die einstweilige Verfügung zu seiner Sicherung setzten eine Schädigung der Klägerin nicht voraus; mit der zeitlich befristeten einstweiligen Verfügung werde die Endentscheidung nicht vorweggenommen. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch erfordere kein Verschulden. Eigene Fehler der Klägerin seien kein Freibrief für ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten. Der Unterlassungsanspruch sei nicht verjährt, weil jedenfalls der der Klägerin erst während des Prozesses durch das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr.P***** bekanntgewordene Verstoß der Beklagten fristgerecht geltend gemacht worden sei. Da nach der Branchenübung für den Bezug der Kopie eines nicht patentierten Originalschlüssels auch eine Bestätigung der Hausverwaltung oder des Eigentümers ausreiche, sei die einstweilige Verfügung insoweit einzuschränken.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene einstweilige Verfügung "gänzlich aufzuheben"; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Auf Grund der Mitteilung in der Revisionsrekursbeantwortung, die Rechtsform der Klägerin sei von einer GmbH & Co KG in eine GmbH umgewandelt worden, so daß die Bezeichnung der Klägerin in W***** GmbH richtigzustellen sei, hat der Oberste Gerichtshof die Klägerin zur Konkretisierung und zum Nachweis dieser Behauptung aufgefordert. Aus dem daraufhin von der Klägerin vorgelegten Notariatsakt geht indes hervor, daß die Voraussetzungen für die begehrte Richtigstellung der Parteibezeichnung nicht vorliegen:

Die Klägerin hat den ganzen Betrieb ihres Unternehmens mit allen Rechten und Pflichten als Gesamtsache unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen des Art III StrukturverbesserungsG in die Aug. W***** GmbH - ihre Komplementärin - eingebracht. Die Übernahme des gesamten Vermögens einer Kommanditgesellschaft durch eine Gesellschaft mbH bewirkt aber - im Gegensatz etwa zur Übertragung des gesamten Vermögens einer GmbH an eine andere GmbH unter Verzicht auf Liquidation (§ 96 GmbHG) - keine Gesamtrechtsnachfolge, sondern nur eine Vermögensübernahme nach § 1409 ABGB (SZ 37/132). Die einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte der Überträgerin gehen - wie dies der Notariatsakt ohnedies berücksichtigt - nur durch Einzelübertragung (Einzelrechtsnachfolge) auf die Kapitalgesellschaft über (SZ 49/17 ua). § 8 StruktVG regelt nur die abgabenrechtliche Stellung der Beteiligten, schafft aber handelsrechtlich keine Gesamtrechtsnachfolge. Auch das StrukturverbesserungsG hat nichts daran geändert, daß Personengesellschaften weder in Kapitalgesellschaften umgewandelt noch mit Kapitalgesellschaften zusammengeschlossen werden können (ÖBl 1977, 14; Helbich, Umgründungen, Erläuterungen zum Strukturverbesserungsrecht4, 419). Wohl wird in solchen Fällen vielfach von einer "Umwandlung" in eine Kapitalgesellschaft gesprochen; diese liegt aber in Wahrheit nicht vor (SZ 61/182). Ist sohin die Aug. W***** GmbH mangels Gesamtrechtsnachfolge nicht mit der Klägerin identisch, dann kommt die gewünschte Änderung der Parteibezeichnung nicht in Frage; wohl aber war zu berücksichtigen, daß die Firma der Klägerin in Wahrheit "Aug. W***** GmbH & Co KG" lautet (HR A ***** LG Salzburg); in diesem Sinne war ihre Parteibezeichnung zu berichtigen.

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil die Frage, ob die mangelhafte Nachbildung von Nachschlüsseln für eine Zentralschließanlage gegen die guten Sitten verstößt, - soweit überblickbar - noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes war; er ist aber nicht berechtigt.

Daß die Streitteile in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen, kann entgegen der Meinung der Beklagten keinem Zeifel unterliegen. Nach § 14 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt. Die Geschäftsbetriebe der Streitteile brauchen nicht in der Hauptsache übereinzustimmen; es genügt, wenn dies teilweise der Fall ist (SZ 43/195 ua). Auch Gewerbetreibende verschiedener Wirtschaftsstufen (zB Erzeuger und Einzelhändler) können Mitbewerber sein (SZ 54/77 ua). Daß sie auch denselben Abnehmerkreis haben, ist nicht erforderlich; vielmehr genügt eine mittelbare Beeinträchtigung des Absatzes (ÖBl 1972, 130). Die Beklagte geht selbst davon aus, daß die Klägerin bereit und in der Lage ist, dem Letztverbraucher Nachschlüssel zu ihren Originalen zu liefern. Selbst wenn aber die Klägerin ihre Anlagen und Schlüssel nur über den örtichen Fachhandel vertreiben sollte, stünde sie doch in Konkurrenz zu jedem Unternehmer, der - wie die Beklagte - Schlüssel unmittelbar an die Letztverbraucher veräußert, wird doch auch davon ihr eigener Absatz unmittelbar betroffen.

Ob die Beklagte die Absicht hatte, der Klägerin zu schaden, ist rechtlich ohne Bedeutung. Daß sie bei der Herstellung der Nachschlüssel "zu Zwecken des Wettbewerbs" gehandelt hat, liegt auf der Hand, ist doch ihr Verhalten objektiv geeignet, den Absatz ihres eigenen Unternehmens auf Kosten der Mitbewerber zu fördern. Die gleichzeitig erforderliche Wettbewerbsabsicht (SZ 55/111 uva) ist offenkundig; die Beklagte hat andere als wirtschaftliche Motive ihres Handelns auch gar nicht behauptet.

Aus der Entscheidung ÖBl 1986, 147 ist für die Beklagte nichts zu gewinnen. Dort war in einem Patentrechtsstreit ausgesprochen worden, daß ein Auftrag verfügungsberechtigter Inhaber bereits bestehender Schließanlagen, welche die Patentinhaberin geliefert hat, im Bedarfsfall (bei Unbrauchbarwerden und Verlust eines Schlüssels) einen passenden Nachschlüssel herzustellen, bereits in das Recht des Erwerbers eines patentgeschützten Gegenstandes fällt, diesen zu gebrauchen; bei Benützung des als Patenteingriff beanstandeten Schlüsselrohlings in diesem Umfang wäre der Patentschutz des Klägers überhaupt erschöpft. Im vorliegenden Fall geht es aber darum, daß sich die Klägerin durch das Verhalten der Beklagten in ihren wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt fühlt. Ihr Rechtsschutzbedürfnis kann daher nicht in Zweifel gezogen werden.

Soweit die Beklagte die Sittenwidrigkeit der beanstandeten Vorgangsweise in Abrede stellt, kann ihr gleichfalls nicht zugestimmt werden:

Die Schlüssel, welche die Beklagte den von der Klägerin für ihre Schließanlagen hergestellten Schlüsseln nachbildet, haben die wirtschaftliche Bedeutung von Ersatzteilen. Jedem Gewerbetreibenden ist es zwar - von dem hier nicht geltend gemachten Fall eines Sonderrechts-, insbesondere Patentschutzes abgesehen - grundsätzlich erlaubt, Ersatzteile für fremde Erzeugnisse - also Teile, die an die Stelle unbrauchbar gewordener oder abhanden gekommener Teile des Ausgangserzeugnisses (zB einer Maschine, eines Apparates) treten - herzustellen und zu vertreiben, selbst wenn die Ersatzware ein eigenartiges Erzeugnis und keine Dutzendware ist oder ein Ersatzteilbedarf häufig auftritt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 560 Rz 490 zu § 1 dUWG mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH; Nordemann, Wettbewerbsrecht5 Rz 390 f), hat doch der Produzent einer Maschine oder eines Apparates für die Herstellung und den Vertrieb von Ersatzteilen ebensowenig ein Monopol wie für die Wartung seines Produktes. Das Herstellen und Vertreiben von Ersatzteilen kann daher nur dann gegen die guten Sitten verstoßen, wenn besondere Umstände hinzutreten. Das ist aber nicht nur dann der Fall, wenn etwa beim Publikum der irrige Eindruck einer gemeinsamen Herkunft des Ersatzteils und der Hauptware hervorgerufen wird (ÖBl 1982, 73; ÖBl 1984, 15 uva), sondern auch dann, wenn durch die Ersatzteile die Gefahr einer Entwertung der Hauptware hervorgerufen wird. Dem Allgemeininteresse kann es zuwiderlaufen, wenn die Sicherheit für den Benützer der Hauptware gefährdet wird oder eine mißbräuchliche Verwendung, insbesondere eine Rechtsverletzung, sehr wahrscheinlich ist (Baumbach-Hefermehl aaO; MR 1990, 101). Gerade diese Voraussetzung hat hier die Klägerin zutreffend geltend gemacht, bedeutet doch das Inverkehrsetzen von Ersatzschlüsseln, die im Gegensatz zu den Originalschlüsseln der Klägerin nicht nur die Wohnungstüre des Schlüsselinhabers und die Türen zu allgemein zugänglichen Räumen, sondern auch fremde Wohnungstüren aufzusperren geeignet sind, eine schwere Beeinträchtigung der Interessen aller Benützer dieser Anlage, welche nicht mehr sicher sein können, daß nur sie selbst über Schlüssel zu ihrer eigenen Wohnung verfügen. Das Erzeugen von Schlüsseln mit "übergeordnetem Profil", das den Inhabern solcher Schlüssel den Zutritt zu fremden Wohnungen wie zu Gemeinschaftsräumen ermöglicht, raubt allen an dem Zentralschließsystem Beteiligten das Gefühl der Sicherheit und entwertet damit die gesamte Anlage. Das schadet aber zugleich auch dem Ruf der Klägerin und beeinträchtigt damit ihre wirtschaftlichen Interessen. Daß der Klägerin selbst bei manchen Anlagen Fehler unterlaufen sind, kann zu keiner anderen Beurteilung des Verhaltens der Beklagten führen, zumal auf Grund der Festsstellungen nicht davon ausgegangen werden kann, daß alle Anlagen der Klägerin grundsätzlich von Haus aus unerwünschte Quersperrungen zuließen.

Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung kein Verschulden voraus (ÖBl 1977, 159 uva). Nach § 1 UWG kommt es nur auf die objektive Sittenwidrigkeit der Handlung und nicht auch darauf an, ob sich der Handelnde der Unlauterkeit seines Verhaltens bewußt war (SZ 56/2 mwN). Da die Beklagte nach den Feststellungen auf Grund ihrer Stellung als Fachunternehmen gewußt hat, daß ihre Herstellungsweise zu den beanstandeten Mängeln führen kann, hat sie auch alle erheblichen Tatumstände gekannt, die bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit ihrer Wettbewerbshandlung begründen. Sie hat daher gegen § 1 UWG verstoßen.

Soweit die Beklagte auch in dritter Instanz daran festhält, daß die Klägerin keinen unwiederbringlichen Schaden geltend gemacht habe, ist ihr mit dem Hinweis auf § 24 UWG zu entgegnen, wonach zur Sicherung der im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb bezeichneten Unterlassungsansprüche einstweilige Verfügungen auch dann erlassen werden können, wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen - also eine Gefährdung der Klägerin - nicht vorliegen.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist entgegen den Revisionsrekursausführungen auch nicht verjährt, fertigt doch die Beklagte nach den Feststellungen auch weiterhin Nachschlüssel in der beschriebenen unsachgemäßen Weise an. Da die Klägerin zumindest von einem der festgestellten Fälle erst am 4.4.1990 - also nach Einbringung der Klage - Kenntnis erlangte, kann von einem Ablauf der Frist des § 20 UWG keine Rede sein.

Der Revisionsrekurs mußte somit erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E25444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00008.91.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19910226_OGH0002_0040OB00008_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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