TE OGH 1991/2/26 4Ob13/91

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Veröffentlicht am 26.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes

Hon.-Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin A*****VERLAG GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Rudolf K. Fiebinger und Dr. Peter M. Polak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. K***** VERLAG GmbH & Co KG, 2. K***** VERLAG GmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1. Unterlassung (Streitwert S 400.000,--), 2. Beseitigung (Steitwert S 50.000,--) und

3. Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 50.000,--), (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,--), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3. Dezember 1990, 4 R 175/90-16, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 11. August 1990, 38 Cg 72/90-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin wird den Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites verboten, über das Unternehmen der Klägerin und/oder das von der Klägerin herausgegebene periodische Druckwerk "A*****" zu behaupten, daß die "A*****" lüge und die Behauptung, daß die "A*****" kein Zentralorgan der Sozialistischen Partei Österreichs mehr ist, unwahr sei, oder inhaltsgleiche Tatsachen zu behaupten.

Das auf das Verbot herabsetzender, beleidigender oder unwahrer Äußerungen schlechthin gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen.

Die Beklagten haben die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen."

Text

Begründung:

Die Erstbeklagte - deren persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist - veröffentlichte in der Ausgabe der N***** Zeitung vom 27. April 1990 auf Seite 12 unter der Überschrift "In den Wind gereimt" folgendes Gedicht:

"Die 'Volksstimme', sie hat gelogen

seit je, daß sich die Balken bogen.

Darum genoß die Kummerlzeitung

auch nie besondere Verbreitung.

Nun nennt sie sich - ein neuer Schmäh -

nicht mehr Organ der KPÖ.

Sie bild't sich ein wie die A*****,

dergleichen macht das Kräutl fett.

So lügt sich dies famose Pack

am Ende selber in den Sack.

Wolf Martin"

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag der Klägerin, den Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites herabsetzende, beleidigende oder unwahre Äußerungen über das Unternehmen der Klägerin und/oder das von der Klägerin herausgegebene periodische Druckwerk "A*****", und zwar insbesondere die Behauptungen,

die "A*****" lüge,

die Behauptung, daß die "A*****" kein Zentralorgan der Sozialistischen Partei Österreichs mehr sei, sei unwahr,

zu unterlassen, mit der Begründung ab, daß die beanstandeten Behauptungen keine Tatsachen sondern Werturteile seien und die Erstbeklagte bei der Veröffentlichung des Gedichtes nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe.

Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Es wertete die beanstandeten Äußerungen als Tatsachenbehauptungen und nahm an, daß sie in Wettbewerbsabsicht gemacht worden seien. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe auch im Pressewesen kein schutzwürdiges Informationsbedürfnis an der Herabsetzung von Mitbewerbern (MR 1989, 61; MR 1990, 69; ÖBl 1990, 18).

Die Beklagten bekämpfen den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragen, die Entscheidung der zweiten Instanz "aufzuheben" (richtig: abzuändern) und das Begehren der Klägerin auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig.

Der Ansicht des Rekursgerichtes, der Revisionsrekurs sei deshalb zulässig, weil zu der vorliegenden Fallkonstellation eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle, ist allerdings nicht zu folgen, weil sich aus dem Fehlen einer Entscheidung über einen (völlig) gleichartigen Sachverhalt allein auch in Wettbewerbssachen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den OGH noch nicht ergibt (ÖBl 1984, 48, 66 und 104 uva); das Rechtsmittel ist aber schon deshalb zulässig, weil bei der Erledigung der von den Beklagten ausgeführten Rechtsrüge auf die zu weite Fassung des Unterlassungsbegehrens Bedacht zu nehmen ist. Im übrigen ist aber das Rechtsmittel der Beklagten nicht berechtigt.

Soweit die Revisionsrekurswerber geltend machen, daß sie nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt hätten, sind sie darauf zu verweisen, daß die zweite Instanz ein Handeln der Erstbeklagten in Wettbewerbsabsicht angenommen hat, die Feststellung der Wettbewerbsabsicht aber nach ständiger Rechtsprechung (zB SZ 47/23; MR 1989, 61; ÖBl 1990, 18) keine Rechtsfrage, sondern eine der Überprüfung dem Obersten Gerichtshof entzogene Tatfrage ist.

Soweit aber das Rekursgericht mit der Verneinung der Wettbewerbsabsicht im Sinne der ständigen Rechtsprechung (MR 1989, 61; MR 1990, 69; ÖBl 1990, 18) eine rechtliche Wertung zum Ausdruck bringen wollte, wonach im vorliegenden Fall die neben anderen Zielen der Handlung (mitwirkende) Wettbewerbsabsicht noch Gewicht hat, ist dieser Wertung zu folgen. Zwischen Unternehmen des Medienbereichs, deren Hauptaufgabe die Verbreitung von Nachrichten und die Bildung der öffentlichen Meinung (hierüber) ist, kann zwar die Wettbewerbsabsicht bei einer Äußerung über den Mitbewerber völlig in den Hintergrund treten oder auch ganz fehlen, wenn es zwischen den Medieninhabern zu weltanschaulichen Auseinandersetzungen kommt und jeder von ihnen die öffentliche Meinungsbildung in seinem Sinn zu beeinflussen sucht. Bei Auseinandersetzungen, die keine weltanschaulichen Themen, sondern den Mitbewerber unmittelbar in seiner gewerblichen Tätigkeit betreffen, wird dies aber in der Regel nicht der Fall sein (ÖBl 1990, 18). Im vorliegenden Fall kann von einem Zurücktreten oder Fehlen der Wettbewerbsabsicht keine Rede sein, da sich das beanstandete Gedicht auf bloße Pauschalverdächtigungen beschränkt und daher zu der von den Beklagten reklamierten Aufgabe, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und die öffentliche Meinungsbildung zu fördern, nichts beiträgt. Auch im Pressewesen besteht kein schutzwürdiges Informationsbedürfnis an der pauschalen Herabsetzung von Mitbewerbern (MR 1989, 61; MR 1990, 69).

Dem Rechtsmittel der Beklagten ist daher nur insoweit stattzugeben, als das Unterlassungsbegehren enger zu fassen ist, würde doch eine dem Begehren in vollem Umfang stattgebende Entscheidung die Exekutionsführung wegen jeder gegen § 7 UWG verstoßenden Tatsachenbehauptung ermöglichen (vgl Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil, 44) und den Beklagten, der solche Verstöße bestreitet, stets in die Rolle des Impugnationsklägers drängen (ÖBl 1990, 18). Das Verbot war daher auf die Unterlassung der von der Erstbeklagten aufgestellten Behauptungen und wahrheitswidrige Behauptungen gleichen Inhalts zu beschränken.

Da in dieser teilweisen Abänderung kein wesentlicher Rechtsmittelerfolg liegt und die Beklagten diesen Umstand auch gar nicht geltend gemacht haben, haben sie die Verfahrenskosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen (§§ 78, 402 EO, §§ 43 Abs 2, 50 ZPO). Im übrigen stützt sich die Kostenentscheidung auf § 393 EO.

Anmerkung

E25189

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00013.91.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19910226_OGH0002_0040OB00013_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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