TE OGH 1991/2/27 3Ob9/91

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Veröffentlicht am 27.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Franz Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Verlassenschaft nach ***** Helga B*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, als Verlassenschaftskurator, wider die verpflichtete Partei Stefan B*****, wegen Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 30. Oktober 1990, GZ 5 R 302/90-45, womit infolge Rekurses der Ersteherin C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Manfred Melzer ua, Rechtsanwälte in Wien, der Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 25. Juli 1990, GZ E 6033/88-41, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Auf Antrag der durch den Kurator vertretenen Verlassenschaft bewilligte das Titelgericht auf Grund des vollstreckbaren Urteiles vom 13. Mai 1988 zur Durchsetzung des Anspruches auf gerichtliche Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung am 25. Oktober 1988 die Exekution nach dem § 352 EO. Nach dem Buchstand sind Helga B***** und der Verpflichtete je zur Hälfte Eigentümer der zu versteigernden, mit Dienstbarkeiten und Pfandrechten belasteten Liegenschaft.

Nach der Schätzung und Bekanntgabe des Schätzwertes der Liegenschaft mit S 600.000,-- legte die betreibende Partei die Versteigerungsbedingungen und Schreiben der Pfandgläubiger vor, in denen diese ihre aushaftenden Forderungen angaben. Nach dem Punkt 3. der von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen sollten ohne Anrechnung auf das Meistbot die in C-LNR 1 und C-LNR 2 einverleibten Dienstbarkeiten des Benützungsrechtes und des Zuganges vom Ersteher übernommen werden, alle auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Forderungen jedoch nur insoweit, als sie in der Verteilungsmasse Deckung finden. Die betreibende Partei hatte das für die Zwangsversteigerung gedachte Formular mit dem entsprechenden Vordruck verwendet und eine Anpassung an die für die Exekution nach § 352 EO geltenden Vorschriften der §§ 272 ff AußStrG unterlassen.

Das Erstgericht ordnete eine Tagsatzung an und genehmigte am 1. Dezember 1989 die von der betreibenden Partei vorgeschlagenen Versteigerungsbedingungen mit nur den Schätzwert und das Überbot betreffenden Abweichungen. Vom Ersteher waren danach nur die Dienstbarkeiten ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen dagegen in Anrechnung auf das Meistbot, und daher seine Verpflichtung zum Erlag auch insoweit eingeschränkt, als er zum Abzug der Beträge berechtigt sein sollte, die auf das Deckungskapital der zu übernehmenden pfandrechtlich sichergestellten Forderungen entfallen.

Dieser Beschluß blieb unangefochten.

Am 19. Februar 1990 erließ das Erstgericht ein Edikt, das die Anberaumung des Termines zur Versteigerung auf den 30. März 1990, die Angabe der Liegenschaftseigentümer, des Schätzwertes und des geringsten Gebotes und die Bemerkung enthielt, daß die auf der Liegenschaft haftenden dinglichen Rechte und Lasten durch die Versteigerung nicht berührt werden und der Ersteher sie ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen und das Meistbot wie in den Versteigerungsbedingungen zu erlegen hat. Weiters enthielt das Edikt den Hinweis, daß während der Amtsstunden in die Versteigerungsbedingungen Einsicht genommen werden könne.

Das Edikt wurde an der Gerichtstafel angeschlagen, dem Gemeindeamt zur ortsüblichen Veröffentlichung übermittelt, in der Wiener Zeitung veröffentlicht und nicht nur den Parteien, sondern auch Buchberechtigten zugestellt.

Bei der Versteigerung am 30. März 1990 gab die Ersteherin mit

S 417.000,-- das höchste Anbot ab, worauf ihr die Liegenschaft zugeschlagen wurde. Dieser Beschluß wurde mit dem Inhalt ausgefertigt, daß die Liegenschaft zu den mit Beschluß vom 1. Dezember 1989 gerichtlich festgestellten Versteigerungsbedingungen um das Meistbot von

S 417.000,-- zugeschlagen werde. Er wurde den Parteien zugestellt und ist ebenfalls nicht angefochten worden.

Am 30. Mai 1990 beantragte die Ersteherin die Ausstellung der Amtsbestätigung zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes. Sie habe das nach Abzug der zu übernehmenden bücherlichen Forderungen von zusammen S 269.586,58 verbleibende Meistbot samt Zinsen von S 150.193,42 bei Gericht erlegt und damit die zugrunde gelegten Versteigerungsbedingungen erfüllt.

Die betreibende Partei beantragte die Wiederversteigerung, weil die Ersteherin das Meistbot von S 417.000,-- nicht rechtzeitig erlegt habe. Durch das Edikt vom 19. Februar 1990 seien die Versteigerungsbedingungen außer Kraft gesetzt worden. Die Ersteherin habe alle pfandrechtlich sichergestellten Forderungen ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen und daher den vollen Meistbotsbetrag zu entrichten. Eine Einigung konnte auch bei der darauf anberaumten Tagsatzung am 25. Juli 1990 nicht erzielt werden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Ausstellung der Amtsbestätigung ab. Es meinte, die Ersteherin könne sich nicht auf die Versteigerungsbedingungen berufen, weil das Edikt die Übernahme aller Lasten ohne Anrechnung auf das Meistbot vorsehe. Dieser Hinweis sei in Rechtskraft erwachsen und allen Anwesenden in der Versteigerungstagsatzung bekannt gegeben worden. Die Ersteherin habe die Versteigerungsbedingungen nicht erfüllt, solange sie nicht (neben der Befriedigung der Pfandgläubiger) S 417.000,-- an Meistbot erlege.

Das Rekursgericht stellte über den Rekurs der Ersteherin die Amtsbestätigung aus. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Inhalt des Kaufvertrages zwischen den Miteigentümern und der Meistbietenden seien allein die Versteigerungsbedingungen, wonach die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen unter Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen waren. Die Rechte der Buchberechtigten seien durch die Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums nicht berührt. Die dem Kauf zugrunde gelegten Bedingungen seien dahin zu verstehen, daß das Meistbot nur insoweit zu erlegen sei, als nicht pfandrechtlich sichergestellte Forderungen von der Ersteherin übernommen wurden. Diese Verpflichtung habe die Ersteherin voll erfüllt und daher Anspruch auf die Ausstellung der Amtsurkunde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt. Nach § 847 ABGB kann die Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes einem Dritten nicht zum Nachteil gereichen. Auch § 277 AußStrG, der nach § 352 EO bei der Exekution durch Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft zur Zivilteilung anzuwenden ist, verlangt bei der Feilbietung unbeweglicher Güter die Berücksichtigung der Rechte der bücherlich Berechtigten: Im Edikt muß auch bemerkt werden, daß den auf das Gut versicherten Gläubigern ihr Pfandrecht ohne Rücksicht auf den Verkaufspreis vorbehalten bleibe. Die Lasten beeinflussen die Bestimmung des Ausrufspreises nur insofern, als dieser entsprechend hoch anzusetzen ist, wenn ihn sonst die Gesamtlasten zu übersteigen drohen (Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 14 zu § 843;

MietSlg. 36.053). Vom Erlös sind die Schulden abzuziehen; soweit sie im Meistbot nicht Deckung finden, muß sie der Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot übernehmen (Gamerith aaO;

Heller-Berger-Stix 2541 ff; SZ 39/90). Vorliegend wurden die diesen Anforderungen noch entsprechenden Versteigerungsbedingungen gerichtlich festgestellt, der Versteigerung zugrunde gelegt und der Zuschlag unter Zugrundelegung der Versteigerungsbedingungen mit Beschluß erteilt. Die Rechte der Pfandgläubiger waren nicht beeinträchtigt, denn es ergab sich nun, daß das Meistbot zu ihrer Befriedigung jedenfalls ausreichte, ja daß dazu auch das geringste Gebot, unter dem ein Zuschlag zu versagen war, genügte, denn es lag über den pfandrechtlich sichergestellten Forderungen der Pfandgläubiger. Die Gefahr, daß der Ersteher Lasten ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hatte, damit die Rechte der auf der Liegenschaft sichergestellten Pfandgläubiger nicht beeinträchtigt werden, bestand nicht. Es sollte zwar im Versteigerungsedikt bestimmt sein, ob sich der Ersteher den Gesamtbetrag der Lasten vom Meistbot abziehen kann, um die Bieter darüber nicht in Zweifel zu lassen (Heller-Berger-Stix 2542), doch gaben darauf die Versteigerungsbedingungen hinreichend Klarheit: Die Dienstbarkeiten hatte ein Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, alle anderen Lasten, also die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen dagegen nur unter Anrechnung auf das Meistbot, also nur den Rest zu erlegen, der nach Abzug der zu übernehmenden Lasten (von S 269.586,58) übrig blieb.

Der Meistbietende hat Anspruch darauf, daß mit Beschluß der Zuschlag erteilt wird, der im Fall der Feilbietung nach den §§ 272 bis 280 AußStrG über die freiwillige Schätzung und Feilbietung nicht den Eigentumsübergang, wohl aber die Feststellung darüber enthält, daß und zu welchem Preis der Kaufvertrag über die feilgebotene Sache zustande gekommen ist (so zuletzt 3 Ob 568/90). Diese Festlegung erfolgte mit dem rechtskräftigen Beschluß vom 30. März 1990 dahin, daß Vertragsinhalt die festgestellten Versteigerungsbedingungen (und nicht etwa die Bemerkung im Edikt) sind. Zu Unrecht beruft sich die betreibende Partei auf eine "Änderung" dieser Versteigerungsbedingungen. Nach ihrer Ansicht hätte ein Ersteher mindestens das geringste Gebot von S 365.500,-- und zusätzlich die pfandrechtlich sichergestellten Beträge von S 269.586,58 und damit schon mehr als den mit S 600.000,-- festgesetzten Schätzwert aufbringen müssen. Es mag sein, daß sich die durch die abweichende Belehrung im Edikt bewirkte Unsicherheit auf die Angebote der Mitbieter ausgewirkt hat, doch ließ die betreibende Partei den Beschluß unangefochten, mit dem der Ersteherin der Zuschlag zu den von ihr vorgeschlagenen und vom Gericht insoweit festgestellten Bedingungen erteilt wurde.

Es wäre auch ein allenfalls anderer Vertragsabschlußwille zwischen den Miteigentümern (betreibende und verpflichtete Partei) und dem Ersteher durch die Unterlassung der Bekämpfung des den Inhalt des Veräußerungsgeschäftes endgültig festlegenden Beschlusses des Exekutionsgerichtes überholt.

Diese Bedingungen hat die Ersteherin erfüllt. Sie hat daher den Anspruch, daß ihr mit Beschluß die im § 278 Abs. 2 AußStrG iVm § 352 EO die erforderliche Amtsurkunde über den erfolgten Verkauf ausgefertigt werde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 352 a EO idF ZVN 1983. Auch im Rechtsmittelverfahren steht dem die Teilungsexekution betreibenden Gläubiger ein Kostenersatzanspruch nach § 74 EO nicht zu. Selbst wenn für einen Zwischenstreit mit dem Ersteher über § 78 EO die Bestimmungen der §§ 40 ff ZPO Anwendung finden, kommt eine Kostenersatzpflicht für das erfolglos gebliebene Einschreiten des betreibenden Gläubigers nicht in Betracht.

Anmerkung

E25144

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00009.91.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19910227_OGH0002_0030OB00009_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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