TE OGH 1991/2/28 7Ob511/91

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Veröffentlicht am 28.02.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Ing.Gerhard H*****, Baumeister, *****, 2.) Ing.Hans Gunther S*****, Baumeister, *****, 3. Ewald J. R*****, Steuerberater, *****, sämtliche vertreten durch Dr.Gerald Kopp, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Albert F*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Mayr und Dr.Johann Eder, Rechtsanwälte in Salzburg, und 2.) Hermann F*****, wegen Aufkündigung, infolge Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 21. November 1990, GZ 21 R 312/90-11, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 26. Juni 1990, GZ 13 C 1356/90-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 3.906,07 (darin enthalten S 651,01 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten sind aufgrund des am 7.5./9.5.1984 zwischen ihnen und Irmgard H***** als seinerzeitiger Grundstückseigentümerin geschlossenen Mietvertrages Mieter des Grundstücks Nr ***** (Garten) der EZ *****. Am 7.5.1984 schlossen die Beklagten mit Margarethe V*****, der Schwester Irmgard H*****s, einen als Pachtvertrag über den bisher auf der dem Garten benachbarten Liegenschaft betriebenen Gasthof "St*****" ab. Den Mietvertrag über das Gartengrundstück schlossen die Parteien ab, weil sie es als Parkplatz für den von ihnen im Gasthof "St*****" geplanten Heurigenbetrieb benützen wollten. Dieses Grundstück wurde schon früher für den Gasthof (Hotel) "St*****" als Parkplatz benützt, doch war in den letzten Jahren vor dem Abschluß dieser Verträge im Gasthof "St*****" kein Restaurationsbetrieb geführt worden.

In dem zwischen den Beklagten und Irmgard H***** geschlossenen Mietvertrag wurde festgehalten (Punkt I), daß dieses Grundstück schon bisher als Parkplatz für Zwecke des benachbarten Hotels "St*****" benützt wurde. Dieses Bestandverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und konnte von den Mietern frühestens nach dem 1.5.1986, von der Vermieterin frühestens nach dem 1.5.1989 unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten aufgekündigt werden (Punkt III). Eine gleichartige Kündigungsbestimmung enthält der zwischen den Beklagten und Margarethe V***** abgeschlossene "Pachtvertrag".

Am 19.7.1984 wurde der "Pachtvertrag" mit Wirkung 15.7.1984 auf das gesamte Hotel "St*****" und die Gewerbeberechtigung der Margarethe V***** erweitert.

Am 5.3.1987 erkaufte Irmgard H***** das Gartengrundstück (der Parkplatz) an ihre Schwester Margarethe V*****. Am 6.4./10.6.1987 verkaufte Margarethe V***** dieses Grundstück an die Kläger weiter. Beide Kaufverträge enthalten Hinweise auf das Bestandverhältnis mit den Beklagten.

Mit einem weiteren Vertrag verkaufte Margarethe V***** die Grundstücke mit dem Hotel "St*****" an die W***** GmbH. Dieses Unternehmen kündigte den "Pachtvertrag" über das Hotel "St*****" zum 31.5.1989 auf. Darüber ist beim Erstgericht ein Rechtsstreit anhängig.

Die Kläger kündigen den Beklagten die Miete des Gartengrundstücks (Parkplatzes) zum 31.8.1990 auf.

Der Erstbeklagte beantragt die Aufhebung der Aufkündigung. Der Parkplatz sei zum Bestandobjekt "St*****" mitgemietet. Im Bestandvertrag sei deshalb auf diese Eigenschaft hingewiesen worden. Daß das Hotel "St*****" und das Gartengrundstück (der Parkplatz) nunmehr (wieder!) verschiedenen Eigentümern gehöre, sei auf sittenwidrige Weise zustande gekommen; dieser Umstand sei bei der Beurteilung der Frage, ob die gegenständliche Grundfläche mitgemietet sei, nicht zu beachten. Der Mietvertrag könne daher nur wegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Der Kündigungstermin 31.8.1990 widerspreche im übrigen § 560 Abs 1 Z 2 lit e ZPO.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für wirksam und trug den Beklagten die Räumung der gekündigten Grundfläche auf. Aufgrund der von ihm getroffenen, eingangs bereits wiedergegebenen Feststellungen führte es in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Grundflächen unterlägen den Kündigungsbeschränkungen des MRG nur dann, wenn sie mit Wohnungen oder Geschäftsräumen mitgemietet worden seien. Ob eine Grundfläche mitgemietet sei, richte sich nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach der Parteienabsicht. Objektive Voraussetzung sei zwar, daß eine mitgemietete Grundfläche der besseren Nutzung eines anderen (kündigungsgeschützten) Bestandobjektes dienen könne, so daß auch Eigentümergleichheit und dauernde Widmung gefordert werden müßten. Schon mangels Eigentümeridentität fehle es der Gartenfläche (dem Parkplatz) an dieser Qualifikation. Daß die Eigentümerverschiedenheit auf sittenwidrige Weise zustande gekommen wäre, könnten die Beklagten, die nicht Vertragspartner der letzten Veräußerin der Gartenfläche seien, nicht geltend machen. Da sich aber kein Anhaltspunkt dafür ergebe, daß die Vermieterin dieser Fläche eine im Hinblick auf den Kündigungsschutz mitvermieteter Flächen nachteilige geschäftliche Einheit zwischen den beiden Bestandobjekten angestrebt und die Kündigung damit von der Kündbarkeit der Hotelliegenschaft abhängig hätte machen wollen, dürfe auch nicht angenommen werden, daß die Parteien dieses Mietvertrags eine "Mitmiete" im Sinne des § 1 Abs 1 MRG schlüssig zum Ausdruck gebracht hätten. Aber auch der gewählte Kündigungstermin sei nicht verfehlt, weil die Kündigung zum Letzten eines jeden Kalendermonats vereinbart worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und trat auch dessen rechtlicher Beurteilung bei. Dabei hob es hervor, daß es bei der Beurteilung, ob Grundflächen mit Wohnungen oder Geschäftsräumen mitgemietet seien, nicht darauf ankomme, ob die in Frage kommenden Bestandobjekte zu irgendeinem Zeitpunkt im Eigentum ein und desselben Rechtssubjektes gestanden seien. Sofern der Bestandvertrag über das Hotel "St*****" als Pachtvertrag zu qualifizieren sei, scheide der Kündigungsschutz "mitgemieteter Grundflächen" schon deshalb aus, weil er sich nur aus dem Kündigungsschutz des Hauptbestandobjektes, nämlich von Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten, ergebe. Für die Unternehmenspacht sehe das MRG aber keine Kündigungsbeschränkungen vor. Die Beklagten hätten auch nicht vorgetragen, daß die Eigenschaft des Gartengrundstücks als mitgemietete Grundfläche erst in dem Zeitraum, in dem die Hotelgrundstücke und das Gartengrundstück der Margarethe V***** gehört haben, festgelegt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Erstbeklagten ist nicht berechtigt. Gemäß § 1 Abs 1 MRG gilt dieses BG - soweit das für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist - für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art samt den etwa mitgemieteten (§ 1091 ABGB) Haus- oder Grundflächen (wie im besonderen von Hausgärten, Abstell-, Lade- oder Parkflächen). Das MRG erfaßt daher - im Gegensatz zum MG - grundsätzlich nur mehr die Raummiete (RVzMRG 425 BlgNR 15.GP; EvBl 1983/130; Würth-Zingher MRG2 Anm 2 zu § 1) mit der im Gesetz erwähnten Ausnahme, nämlich der gemeinsam mit Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten gemieteten Haus- oder Grundflächen. Das MRG nennt beispielsweise einzelne Haus- und Grundflächen, die üblicherweise mit Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten mitgemietet werden, stellt aber keine Kriterien dafür auf, wann derartige Flächen als mit Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten mitvermietet anzusehen sind. Die Frage, was Gegenstand eines Bestandvertrages ist, ist (vgl dazu Bernat in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, Zum Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes 91) nach den Vorschriften des allgemeinen Privatrechtes zu beurteilen. Das ergibt sich aus dem Hinweis auf § 1091 ABGB in § 1 Abs 1 MRG. Wegen des Wesens des Mietvertrages als Konsensualvertrag wird der Umfang eines Bestandvertrages daher nur durch den Parteiwillen bestimmt. So ist auch die Frage, ob mehrere in einem Vertrag in Bestand gegebene Sachen eine einheitliche Bestandsache bilden, nach dem Parteiwillen zu beurteilen; die objektive Gemeinsamheit im Sinne gegenseitigen Erforderlich- oder Nützlichseins kann somit nur einen Anhaltspunkt für die Parteienabsicht bilden (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 15 zu §§ 1092-1094). Daher kommt es bei dieser Beurteilung auch nicht auf die für die Zubehörseigenschaft maßgebende Eigentümeridentität (Spielbüchler in Rummel aaO Rz 2 zu § 294 mit Judikaturhinweisen) an. Auch Eigentümer verschiedener Bestandobjekte können aus Anlaß der Vermietung dieser Objekte an ein und denselben Bestandnehmer zum Ausdruck bringen, daß sie einen einheitlichen Mietvertrag mit der Wirkung abschließen wollen, daß sich der besondere Kündigungsschutz für den Hauptgegenstand des Bestandvertrages auch auf dessen Nebengegenstand erstreckt. In einem solchen Fall aber kann die objektive Gemeinsamkeit allein keinen hinreichenden Aufschluß mehr auf die subjektive Einheit der Bestandsache bilden.

Im vorliegenden Fall haben die vertragschließenden Teile in den Mietvertrag nur eine Bestimmung aufgenommen (Punkt I), wonach das Gartengrundstück schon bisher als Parkplatz für Zwecke des benachbarten Hotels "St*****" (Gegenstand des "Pachtvertrages") benützt wurde. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen kann diese nur einen Hinweis dafür bilden, daß der Bestandgegenstand der besseren Nutzung eines (von einem anderen Bestandgeber erworbenen) bestimmten anderen Bestandobjektes dient; sie drückt damit aber nicht die objektive Gemeinsamheit der Bestandsachen im Sinne einer dauernden (vom zeitlichen Bestand eines anderen Vertrages abhängenden) Widmung des Gartens als Zubehör des Hotels St***** aus. Eine derartige dem Mietvertrag zugrundegelegte Parteienabsicht ist hier weder direkt noch schlüssig bewiesen. Auch die anläßlich der Weiterveräußerungen des Bestandobjektes gemachten Hinweise auf den Benützungszweck dieses Grundstücks geben darüber keinen Aufschluß. Schießlich ergibt sich aus der Tatsache allein, daß Irmgard H***** das Gartengrundstück an Margarethe V***** verkauft hat, welche damit Eigentümerin beider Bestandobjekte geworden ist, keine Änderung des ursprünglich erklärten Parteiwillens oder Widmung des Gartengrundstückes als Zubehör zum Gasthof St*****. Mangels solcher konkreter Umstände oblag es auch nicht den Klägern nachzuweisen, daß Margarethe V***** die getrennte Beurteilung der Auflösbarkeit beider Bestandverträge beabsichtigte. Die Beurteilung der Frage, ob Margarethe V***** den Beklagten einen Restaurations- oder Hotelbetrieb verpachtet oder nur Geschäftsräume vermietet hat, kann daher auf sich beruhen. Warum in der Weiterveräußerung des Gartengrundstücks an die Kläger eine "sittenwidrige Aufspaltung des Eigentums" liegen soll, ist unter diesen Umständen nicht zu erkennen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25251

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0070OB00511.91.0228.000

Dokumentnummer

JJT_19910228_OGH0002_0070OB00511_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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