TE OGH 1991/3/7 15Os151/90

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Veröffentlicht am 07.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.März 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Kurt M***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.September 1990, GZ 2 c Vr 8387/88-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 47 Jahre alte Kurt M***** (zu 1.) des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 2 StGB und (zu 2.) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 erster Deliktsfall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er

1. in der Zeit von Jänner bis Dezember 1986 fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich Uhren, Schmuck und Geschenkartikel im Gesamtwert von etwa 746.949,80 S Verfügungsberechtigten der Firma G*****, Georg G*****, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern sowie

2. im September und Dezember 1988 ein Gut in einem 25.000 S übersteigenden Wert, das ihm anvertraut worden ist, nämlich Geldbeträge von zusammen 103.083 S, die er von verschiedenen Kunden zur Weiterleitung an die Firma M***** inkassiert hatte, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Beide Schuldspruchfakten bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO; der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Zum Faktum 1:

Als Urteilsunvollständigkeit (Z 5) bemängelt der Angeklagte, das Erstgericht habe seine Verantwortung, wonach er öfters bei der Firma R***** angerufen habe, weil die Computerliste mit den tatsächlichen Umsätzen nicht übereinstimmte, und auch die Aussage des Zeugen Georg G*****, soweit es darin heißt, der Beschwerdeführer habe sich beklagt, daß mit dem Computer etwas nicht stimme, unerörtert gelassen. Dem Beschwerdevorbringen zuwider betreffen die behaupteten Urteilsmängel keine entscheidenden Tatsachen, denn nicht einmal der Nichtigkeitswerber hat vorgebracht, daß durch die ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse die ihm zur Last gelegte nachträgliche Erhöhung der bereits ausgedruckten Kundenfakturen sowie die Vernichtung der ausgedruckten neuen Rechnungen erklärbar wären.

Daß der Sachverständige keinen Lagerfehlbestand feststellen konnte, stimmt. Damit brauchten sich die Tatrichter aber deswegen nicht auseinanderzusetzen, weil die Malversationen des Angeklagten im Zuge der Bilanzerstellung für 1986 entdeckt wurden. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Manipulationen konnten mangels jeglichen anderen sinnvollen Zwecks nur zur Verschleierung von Diebstählen dienen. Insoweit erweist sich die schöffengerichtliche Argumentation als durchaus denkrichtig und keineswegs als Scheinbegründung.

Da sich die buchhalterischen Manipulationen auf das gesamte Jahr 1986 erstreckten und die einzelnen Diebstähle damit im Zusammenhang stehen, ist eine auf den Tag genaue Präzisierung der Diebstähle nicht möglich; eine solche war aber - was der Beschwerdeführer verkennt - auch nicht geboten. Wert und Verwertung der Beute wurden entgegen dem Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde im Urteil ohnedies festgestellt (US 5).

Rechtliche Beurteilung

Auch die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Abgesehen davon, daß eine Aktenwidrigkeit nur dann gegeben ist, wenn - was die Beschwerde gar nicht reklamiert - der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird, erachtete das Schöffengericht die Verantwortung des Nichtigkeitswerbers, von Georg G***** wären bestimmte Fakturennummern "reserviert" worden, um dann später offenbar Schwarzverkäufe zu decken, die in erster Linie an Kunden gingen, deren Name mit "-vili" enden, formal mängelfrei begründet deshalb als zur Gänze widerlegt, weil zum einen keine mit "-vili" endenden Kundennamen gefunden werden konnten, und zum anderen aus den Manipulationen für G***** nur ein Nachteil in ertrags- und verkehrssteuerlicher Hinsicht entstanden sein könnte (US 12).

Daß der Zeuge Georg G***** hin und wieder, wenn er wußte, daß sich ein Kunde schnell entschließt, für diesen eine Nummer reservieren ließ, ist von den Tatrichtern nie in Zweifel gezogen worden.

Unzutreffend ist letztlich der Vorwurf einer Widersprüchlichkeit in der Feststellung, Motivation für die Diebstähle sei die schlechte finanzielle Situation des Beschwerdeführers gewesen, die sich auch aus der festgestellten Schadenswiedergutmachung gegenüber dem Zeugen G***** ergeben hätte. Denn es ist mit den Gesetzen logischen Denkens durchaus vereinbar, daß jemand in mißlicher finanzieller Situation einen Diebstahl begeht und zu einem späteren Zeitpunkt (teilweise) Schadensgutmachung leistet, die nach Aufnahme eines Kredites hiefür erfolgte. Darüber hinaus hat das Erstgericht die schlechte finanzielle Situation des Nichtigkeitswerbers keineswegs aus einer teilweisen Schadensgutmachung erschlossen, sondern diese lediglich als ein Motiv für die Aufnahme eines Kredites bei der Z***** angeführt (US 14).

Nach sorgfältiger Prüfung des in der Tatsachenrüge (Z 5 a) ins Treffen geführten Vorbringens in Verbindung mit dem Akteninhalt findet der Oberste Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen. Der Sache nach laufen die Beschwerdeausführungen auf eine (unzulässige) Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung hinaus.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) gelangt nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil sie den Boden der erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen verläßt. Indem sie moniert, dem Urteil ermangle es an Feststellungen, ob Waren aus dem Warenlager entwendet wurden, übergeht sie die Konstatierung, daß der Angeklagte "die entsprechenden Warenmengen" (gemeint im Wert von 746.949,80 S) "mit Bereicherungsvorsatz aus dem Lager" entnommen und offensichtlich privat weiterverkauft hat (US 7 unten).

Zum Faktum 2:

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Beschwerdeführer im Herbst des Jahres 1987 als selbständiger Handelsvertreter der Firma Franz De Paul M***** aus einer Verkaufskollektion im Wert von

1 Mio S Waren verkauft, und zwar teils ohne Barzahlung (... "auf Grund eines Lieferscheins fakturiert" ... - US 10), teils mit

direktem Barinkasso beim Kunden. Von dem bar kassierten Verkaufserlös behielt er 103.083 S für sich und übersendete an die Firma lediglich die diesbezüglichen Lieferscheine, nicht aber das erwähnte Bargeld.

Der Nichtigkeitswerber vermeint, der Ausspruch des Gerichtes, er habe per Post an seine Firma lediglich die Lieferscheine, nicht aber das Bargeld geschickt, sei widersprüchlich, weil durch jene Briefsendungen, die nur Lieferscheine enthielten, nicht auf Bargeldeinnahmen geschlossen werden könne, die er sich angeblich zugeeignet habe; Lieferscheine hätten grundsätzlich den Zweck, daß der Warenempfänger die Ware eben nur gegen Lieferschein erhält, eine Zahlung aber erst später erfolge. Diese Argumentation geht deshalb ins Leere, weil das Schöffengericht in bezug auf die bemängelte Urteilspassage als "Lieferschein" ersichtlich jene Unterlagen bezeichnete, die den Verkauf von Ware gegen Barzahlung zum Gegenstand hatten (siehe oben).

Entgegen der Behauptung in der Nichtigkeitsbeschwerde fand die Aussage des Zeugen E***** im angefochtenen Urteil eine ausreichende und denkmögliche Würdigung. Seine Angaben, Waren, die nicht sofort bezahlt wurden, seien in Rechnung gestellt worden, fanden - wie bereits dargelegt - im Urteil ohnedies ihren Niederschlag.

Dem Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO zuwider ergeben sich auch in bezug auf das Faktum 2 aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) zum Faktum 2 wird gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Sofern der Angeklagte Feststellungen dahin vermißt, ob der Veruntreuungsschaden Lieferungen betraf, die mit Lieferschein abgerechnet oder bar bezahlt wurden, ist er auf die Wiedergabe der eingangs erwähnten Urteilsfeststellungen, die vorliegend von ihm übergangen werden, zu verweisen.

Mit der Behauptung schließlich, es fehle jede Feststellung, welche von ihm übernommenen Bargelder nicht weitergeleitet wurden, übergeht er die Konstatierung, daß anläßlich einer Anfang 1988 durchgeführten Inventur ein Fehlbestand von 108.642 S festgestellt wurde, wovon auf den Beschwerdeführer auf Grund der von ihm vorgelegten Barverkaufsaufzeichnungen 103.083 S als nicht abgeführter Barverkaufserlös entfielen (US 10). Die Schlußfolgerung hinwieder, der Beschwerdeführer habe sich diesen Erlös zugeeignet, ist - dem insoweit der Sache nach einen Begründungsmangel (Z 5) reklamierenden (weiteren) Beschwerdevorbringen zuwider - denkrichtig und lebensnah.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung fällt in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E25598

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00151.9.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19910307_OGH0002_0150OS00151_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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