Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller Dipl.Ing. Miloslav Z*****, und des Jiri Z*****, beide vertreten durch Dr. Christiane Bobek, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 31.Oktober 1990, AZ 46 R 2075/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24.Juli 1990, TZ 7660/90, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die beiden Antragsteller sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG J***** mit dem Haus Wien, W*****gasse 21. Am 17.7.1990 überreichten sie beim BG Innere Stadt Wien ein Grundbuchsgesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Sie wurden dabei von Dipl.Ing. Kurt D***** vertreten, der den Antrag in ihrem Namen beglaubigt unterfertigte; ihm soll auch die einzige Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses ausgefolgt werden.
Dem Grundbuchsgesuch war eine von den Antragstellern beglaubigt unterfertigte Vollmacht angeschlossen, die Dipl.Ing. Kurt D***** u. a. als berechtigt ausweist, Gesuche um Rangordnungsanmerkungen jeder Art zu unterfertigen und Grundbuchsbescheide anzunehmen. Die Vollmacht ist mit 16.7.1990 datiert, doch fehlt die Angabe des Ausstellungsortes. Der auf der Rückseite des Dokuments angebrachte Beglaubigungsvermerk des ebenso wie die beiden Antragsteller in Prag ansässigen Staatsnotars hat (in beglaubigter Übersetzung einer vom Stadtgericht Prag ernannten gerichtlich beeideten Dolmetscherin) folgenden Wortlaut:
"Ich beglaubige die Echtheit der auf dieser Urkunde beigeschlossenen Unterschriften.... Die Identität wurde durch amtlichen Ausweis festgestellt.
....Prag 1, den 16.Juli 1990..."
Das Erstgericht wies dieses Grundbuchsgesuch mit der Begründung ab, daß die vorgelegte Vollmacht des Einschreiters nicht den Erfordernissen des § 27 GBG entspreche, weil der Ort der Ausfertigung nicht angegeben sei. Außerdem könne die Übersetzung des Beglaubigungsvermerks durch eine tschechoslowakische Dolmetscherin nicht anerkannt werden; im Vertrag vom 10.11.1961 zwischen der Republik Österreich und der (ehemals) Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über wechselseitigen rechtlichen Verkehr in bürgerlichen Rechtssachen (BGBl Nr.309/1962) sei nämlich nur der Staatsnotar genannt.
Der dagegen von den Antragstellern eingebrachte Rekurs blieb erfolglos. Das Rekursgericht hielt zwar die formellen Bedenken gegen die Übersetzung des Beglaubigungsvermerks für unbegründet, teilte aber die Rechtsmeinung des Erstgerichts, daß die vom Einschreiter vorgelegte Vollmacht den Inhaltserfordernissen des § 27 Abs 2 GBG nicht entspricht. Auch aus der Legalisierungsklausel sei der Ausstellungsort der Vollmacht nicht zu entnehmen, weil der Notar nur die Echtheit der Unterschriften bestätigte. Daß die Unterschriften vor dem die Legalisierung vornehmenden Prager Staatsnotar geleistet wurden (vgl RPflSlgG 491 ua), gehe daraus nicht hervor.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes wurde mit mehr als S 50.000,-- bewertet, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof "wegen der klaren Sach- und Rechtslage" jedoch nicht zugelassen.
Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller fristgerecht (außerordentlichen) Revisionsrekurs mit dem Begehren erhoben, ihn entweder im Sinne einer Bewilligung des Grundbuchsgesuches abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Zur Begründung der Zulässigkeit und sachlichen Berechtigung ihres Rechtsmittels haben die Antragsteller mit der nicht näher belegten Behauptung einer uneinheitlichen, teils fehlenden (jüngeren) Judikatur zu § 27 GBG vorgebracht, daß sich der Ausstellungsort der Vollmacht eindeutig aus der zweimaligen Verwendung desselben Datumsstempels (unter dem Text der Vollmacht und im Beglaubigungsvermerk) ergebe, daß die Beglaubigung einer Unterschrift in der CSFR (so wie es auch § 79 der österreichischen NotO vorsehe) die eigenhändige Unterfertigung der Urkunde in Gegenwart des Notars erfordere und daß eine dem Rangordnungsgesuch für die beabsichtigte Veräußerung beigeschlossene Vollmacht gar keine (den Inhaltserfordernissen des § 27 Abs 2 GBG unterliegende) Urkunde sei, "auf Grund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll". Mit dem zuletzt angeführten Argument wird tatsächlich eine erhebliche, von der Judikatur noch nicht beantwortete Rechtsfrage angesprochen, die ein Eingehen auf den Revisionsrekurs erfordert, den beiden anderen Argumenten wäre jedoch wegen der klar gegenteiligen Rechtslage nicht näher zu treten.
Der Versuch der Antragsteller, den von den Vorinstanzen festgestellten inhaltlichen Mangel der Vollmacht durch Angaben im Beglaubigungsvermerk zu überbrücken, scheitert schon daran, daß der Beglaubigungsvermerk den Ausstellungsort der Urkunde weder ausdrücklich noch eindeutig erschließbar nennt. Den formalen und inhaltlichen Anforderungen, die § 27 GBG an Grundbuchsurkunden stellt, ist nämlich nur dann entsprochen, wenn sie die als unverzichtbar genannten Angaben über Ort und Datum der Ausfertigung "enthalten". Sie müssen, wie sich auch aus § 94 Abs 1 Z 3 und 4 iVm § 95 Abs 1 GBG ergibt, unmittelbar aus der Urkunde herauszulesen sein und lassen eine darüber hinausgehende Beweiswürdigung nicht zu. Auch die von verschiedenen Instanzgerichten (RPflSlgG 94, 491 1059; NZ 1988,111) mit Billigung der Lehre (Hofmeister, NZ 1988, 117; Feil GBG, 166) vertretene Auffassung, daß der Beglaubigungsvermerk als Teil der Grundbuchsurkunde zur Ergänzung ihres Inhalts herangezogen werden könne, hält an diesem Grundsatz des Urkundenverfahrens fest. Von der durch § 27 Abs 2 GBG geforderten Angabe des Ausstellungsortes der Urkunde kann daher nur dann abgegangen werden, wenn dieser im Beglaubigungsvermerk ausdrücklich genannt wird oder aus dem Beglaubigungsvermerk hervorgeht, daß der die Unterschrift Leistende vor der Urkundsperson unterschrieben hat (Hofmeister und Feil aaO). Die Beglaubigung selbst läßt dies nicht mit der notwendigen Sicherheit vermuten, weil ein Notar die Echtheit einer Unterschrift gemäß § 79 Abs 1 NotO auch dann beurkunden kann, wenn die beteiligte Partei die auf der Urkunde befindliche Unterzeichnung vor ihm als die ihrige anerkannt hat (vgl LGZ Wien in NZ 1988, 111).
Richtig ist, daß die besonderen Inhaltserfordernisse des § 27 Abs 2 GBG nur für solche Urkunden gelten, "auf Grund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll". Eben diese Urkunden sind wegen ihrer besonderen Bedeutung im Eintragungsbeschluß anzuführen (§§ 109 Abs 2 Z 2, 112 GV) und in die Urkundensammlung aufzunehmen (§ 6 GBG, § 35 GV). Ursprünglich waren damit die eigentlichen Geschäftsurkunden gemeint, da für die Übereignung unbeweglicher Sachen die Eintragung (Einverleibung, Intabulation) des Erwerbungsgeschäftes in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher verlangt wurde (§ 431 ABGB; vgl Demelius, Österreichisches Grundbuchsrecht, 34), doch fallen, zumindest nach heutigem Verständnis auch "sonstige Grundlagen der Eintragung" unter diesen Begriff (§ 109 Abs 2 Z 2 GV). Darum haben nicht nur Vertragsurkunden das Datum und den Ort ihrer Ausfertigung zu enthalten (so offensichtlich Feil aaO, 166 und Marent, Grundbuchsrecht, 39), sondern alle Urkunden, auf die sich eine beantragte Grundbuchseintragung stützt. Diese Angaben können etwa für die Beurteilung maßgeblich sein, welches Recht in Ansehung der Formerfordernisse einer bestimmten Urkunde anzuwenden ist (Feil aaO, 166).
Die Antragsteller bezweifeln selbst nicht, daß ihr Gesuch um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu den in § 27 GBG angeführten Urkunden gehört. Es ist Antrag und materielle Grundlage der begehrten Eintragung zugleich (vgl Hofmeister aaO in seiner Anmerkung zur bereits zitierten Entscheidung des LGZ Wien; Bartsch, Das österr. allgemeine GBG in seiner praktischen Anwendung7, 468). Darum genügt für den Einschreiter, der das Rangordnungsgesuch im Namen des grundbücherlichen Liegenschaftseigentümers unterfertigt und einbringt, auch keine bloße Vertretungslegitimation für Verfahrenshandlungen; er muß vielmehr mit der Vollmacht ausgestattet sein, die Grundbuchsurkunde auszustellen. Die Unterschrift des Machtgebers auf einer solchen Vollmacht bedarf - wie das Rangordnungsgesuch selbst (§ 53 Abs 3 GBG) - der gerichtlichen oder notariellen Beglaubigung (Demelius, Anmerkung der Rangordung, 22; Bartsch, aaO, 477 f). Um die grundbücherliche Eintragung der Rangordungsanmerkung zu erwirken, muß die Vollmacht dem Gesuch angeschlossen sein (Demelius aaO; vgl auch Bartsch aaO, 63).
Aus all dem folgt, daß die dem gegenständlichen Grundbuchsgesuch beigelegte, von den Antragstellern am 16.7.1990 ausgestellte Vollmacht nicht zur begehrten Grundbuchseintragung führen kann, weil sie keine Angabe des Ausstellungsortes enthält. Urkunden, welche die Legitimation des Ausstellers nachweisen, gelten nämlich als wesentlicher Bestandteil der Haupturkunde. Sie sind gleich jenen Urkunden, durch die das einzutragende Recht oder die Löschung des Rechts unmittelbar begründet wird, in die grundbücherliche Erledigung einzubeziehen und in die Urkundensammlung aufzunehmen (vgl Bartsch aaO, 133). Als Urkunden, "auf Grund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll", haben sie den Anforderungen des § 27 GBG zu entsprechen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Anmerkung
E25691European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00019.91.0312.000Dokumentnummer
JJT_19910312_OGH0002_0050OB00019_9100000_000