TE OGH 1991/3/12 10ObS40/91

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Veröffentlicht am 12.03.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Herbert Bauer und Dr. Robert Göstl (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johanna M*****, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern (Landesstelle Oberösterreich), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Wochengeldes nach dem Betriebshilfegesetz infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 1990, GZ 13 Rs 101/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21. März 1990, GZ 26 Cgs 12/90-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil der ersten Instanz wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin binnen vierzehn Tagen die einschließlich 566,10 S Umsatzsteuer mit 3.396,60 S bestimmten Revisionskosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 20.8.1987 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 9.6.1987 auf Wochengeld nach dem Betriebshilfegesetz (BHG) ab, weil sie nicht zum Personenkreis des § 1 leg.cit. gehöre.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage behauptete die Klägerin, anspruchsberechtigt zu sein und begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung des Wochengeldes nach dem BHG im außer Streit gestellten Ausmaß von 28.250 S.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Es ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Die Klägerin war zur Zeit der Geburt ihres Kindes (Andreas M*****) am 1.4.1987 Alleinbesitzerin und -bewirtschafterin des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in ***** A***** mit einem Einheitswert von 131.000 S. Sie war damals als Angehörige mit ihrem Ehegatten, der als oberösterreichischer Landesbeamter nach landesgesetzlichen Vorschriften in der Landeskrankenfürsorge pflichtversichert war, mitversichert. Die beklagte Partei hatte ihr seit 1.7.1982 Beiträge zur Betriebshilfeversicherung nach dem BHG vorgeschrieben, die von ihr bis 30.6.1987 wirksam entrichtet wurden. Mit nach erfolglosem Einspruch und erfolgloser Verwaltungsgerichtshofbeschwerde rechtskräftig gewordenem Bescheid vom 22.7.1987 stellte die beklagte Partei fest, daß die Klägerin nach § 5 BHG vom 1.1.1986 an keine Beiträge nach diesem Gesetz zu zahlen hat.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinn ab und sprach aus, daß die Revision nach § 46 Abs 1 Z 1 ASGG zulässig sei.

Es vertrat im wesentlichen folgende Rechtsansicht:

Nach der bis 31.12.1985 geltenden Fassung des § 2 Abs 1 Z 1 BSVG sei die Klägerin als Betriebsführerin in der Krankenversicherung (nach dem BSVG) pflichtversichert und damit auch nach § 1 Abs 1 Z 2 BHG anspruchsberechtigt gewesen. Sie sei nämlich damals nicht nach § 5 Abs 2 Z 2 BSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen gewesen, weil diese Ausnahmebestimmung nicht die Ehegatten von Personen betroffen habe, denen (für die) durch eine eigene Krankenfürsorgeeinrichtung eines (öffentlich-rechtlichen) Dienstgebers mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert gewesen seien. Seit 1.1.1986 sei die Klägerin aber nach der letztgenannten Bestimmung von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen. Weil weibliche Personen, die gemäß § 2 Abs 1 BSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliegen, jedoch gemäß § 5 Abs 2 Z 2 leg.cit. als Ehegattin einer Person ausgenommen sind, der durch eine eigene Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert sind, erst (wieder) auf Grund der durch die 2. BHGNov BGBl 1987/613 eingeführten Z 4 des § 1 Abs 2 BHG Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz erlangt hätten, habe die Klägerin in der Zeit vom 1.1.1986 bis 31.12.1987 nicht zum Personenkreis der nach dem BHG Anspruchsberechtigten gehört. Dadurch, daß in der genannten Novelle keine rückwirkende Einbeziehung der nach § 1 Abs 2 Z 4 BHG anspruchsberechtigten Personen vorgesehen sei, habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, daß er die seit der 9. BSVGNov fehlende Anspruchsberechtigung dieses Personenkreises nicht als planwidrig erachtet habe, weshalb eine Gesetzesanalogie zur Anspruchsbegründung nicht in Betracht komme.

Die Klägerin könne sich aber auch nicht auf eine begründete Formalversicherung stützen. Bei einer solchen gehe es um die vermeintliche Annahme einer Pflichtversicherung auf Grund einer beim Versicherungsträger vorbehaltlos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung. Die bloße Zahlung von Beiträgen genüge für das Bestehen einer Formalversicherung ebensowenig wie die Fortzahlung und die Entgegennahme von Beiträgen über das gesetzliche Ende einer Pflichtversicherung hinaus. Auch das Unterlassen der Abmeldung von der Pflichtversicherung unter Weiterentrichtung von Beiträgen führe (ohne neuerliche Anmeldung) nicht zu einer Formalversicherung. Nur um eine solche Weiterentrichtung von Beiträgen nach Wegfall der gesetzlichen Verpflichtung handle es sich bei der Zahlung der Beiträge zur Betriebshilfe durch die Klägerin seit 1.1.1986. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob die Begründung einer Formalversicherung auch deshalb gehindert gewesen wäre, weil es sich bei der "Einbeziehung" nach dem BHG nicht um eine Pflichtversicherung handle.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision stützte das Berufungsgericht auf § 45 Abs 1 Z 2 ASGG und begründete ihn mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Formalversicherung nach § 12 BSVG.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern oder es zwecks neuerlicher Verhandlung und Entscheidung aufzuheben.

Weil es sich bei einem Verfahren auf Leistung des täglichen Wochengeldes nach dem BHG um ein Verfahren über eine wiederkehrende Leistung in einer Sozialrechtssache iS des § 46 Abs 3 ASGG handelt, ist die Revision auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg.cit. zulässig, weshalb der Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 45 Abs 4 leg.cit. zu unterbleiben gehabt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Während nach § 117 Z 4 ASVG als Leistung der Krankenversicherung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft neben ärztlichem Beistand, Hebammenbeistand, Heilmitteln, Heilbehelfen sowie Pflege in einer Krankenanstalt (einem Entbindungsheim) auch Wochengeld gewährt wird, sehen BSVG und GSVG aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft keine Wochengeldleistung vor.

Erst seit dem BG 30.6.1982 BGBl 359 über die Gewährung der Leistung der Betriebshilfe (des Wochengeldes) an Mütter, die in der gewerblichen Wirtschaft oder in der Land- und Forstwirtschaft selbständig erwerbstätig sind (Betriebshilfegesetz - BHG), wurden den nach diesem Bundesgesetz Anspruchsberechtigten Ansprüche auf Betriebshilfe, allenfalls an Stelle dieser Sachleistung auf die Geldleistung eines täglichen Wochengeldes, durch die Novelle BGBl 1990/408 auch auf Teilzeitbeihilfe, eingeräumt.

Nach § 1 leg.cit. in der vor der 2. BHGNov BGBl 1987/613 bis 31.12.1987 geltenden Fassung hatten Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz weibliche Personen, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung in der Krankenversicherung

1. nach dem GSVG oder 2. nach dem BSVG pflichtversichert waren (Abs 1), überdies weibliche Personen, die gemäß § 2 Abs 1 BSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlagen, die jedoch 1. gemäß § 2b BSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nicht erfaßt waren, oder 2. gemäß § 5 Abs 1 Z 3 BSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren, oder 3. gemäß § 5 Abs 2 Z 4 BSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen waren.

Nach § 3 Abs 8 BHG hat der Versicherungsträger auf Antrag bescheidmäßig festzustellen, ob die Leistungswerberin dem Kreis der Anspruchsberechtigten im Sinne des § 1 Abs 2 angehört.

Nach § 6 BHG in der hier anzuwendenden Fassung waren die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, beide Anstalten als Träger der Krankenversicherung, für die Gewährung der Leistungen nach diesem Bundesgesetz für die Anspruchsberechtigten, die bei ihnen versichert waren, zuständig. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern war auch zur Leistungsgewährung an die gemäß § 1 Abs 2 Anspruchsberechtigten zuständig (Abs 1). Zur Durchführung der Bestimmungen des BHG waren, soweit nicht anderes bestimmt war, die für die Krankenversicherung geltenden Vorschriften des GSVG bzw. des BSVG entsprechend anzuwenden (Abs 3). Die Beiträge nach § 5 Abs 1 und 2 sowie die Ersätze nach § 5 Abs 4 waren getrennt vom sonstigen Vermögen zu verwalten.

Wie sich bereits aus dem vollständigen Titel des BHG ergibt, regelt dieses Bundesgesetz die Gewährung der Leistung der Betriebshilfe (des Wochengeldes, seit der Novelle BGBl 1990/408 auch der Teilzeitbeihilfe) an Mütter, die in der gewerblichen Wirtschaft oder in der Land- und Forstwirtschaft selbständig erwerbstätig sind. Dabei handelt es sich um eine Art Pflicht-Zusatz-Krankenversicherung auf eine aus der Pflicht-(Grund-)Krankenversicherung nach dem BSVG und dem GSVG nicht zu gewährende Leistung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft. Zur Bestreitung des Aufwandes für die Leistungen nach dem BHG haben die nach § 2 Abs 1 des BSVG und des GSVG (in der Krankenversicherung) pflichtversicherten Personen und - nach der hier anzuwendenden Rechtslage - auch die im § 1 Abs 2 BHG genannten, gemäß § 5 Abs 2 Z 4 BSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommenen Personen einen monatlichen Beitrag zu leisten. Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sind den zur Leistungsgewährung zuständigen Versicherungsträgern 50 vH der Aufwendungen für die Leistungen nach dem BHG zu ersetzen. Diese Beiträge und Ersätze sind getrennt vom sonstigen Vermögen der Versicherungsträger zu verwalten.

Da die Revisionswerberin die Rechtsansicht der Vorinstanzen, sie habe vom 1.1.1986 bis 31.12.1987 nicht zum Kreis der nach dem BHG anspruchsberechtigten Personen gehört, und auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß eine Gesetzesanalogie hinsichtlich der Norm über die Anspruchsbegründung nach dem BHG (§ 1) mangels einer planwidrigen Unvollständigkeit ausscheide, ausdrücklich als richtig bezeichnete, war nur mehr auf die im Revisionsverfahren noch strittige Rechtsfrage einer Formalversicherung der Klägerin nach dem BHG näher einzugehen.

Diesbezüglich ist zunächst der im Revisionsverfahren nicht bekämpften Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zuzustimmen, daß es sich bei dieser Rechtsfrage um keine Vorfrage handelt, bei der das Verfahren nach § 74 Abs 1 ASGG unterbrochen werden müßte, bis über diese Vorfrage als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens rechtskräftig entschieden worden ist. Bei der Feststellung des Bestehens einer Formalversicherung handelt es sich zwar um eine Verwaltungssache iS des nach § 182 BSVG auch bei der Durchführung dieses Bundesgesetzes geltenden § 355 ASVG, jedoch nicht um die in § 355 Z 1 ASVG genannte Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginnes und Endes der Versicherung. Nur diese Vorfragen sind jedoch gemäß § 74 Abs 1 ASGG der Beurteilung durch das Gericht entzogen. Bei der Entscheidung über die Formalversicherung handelt es sich um keine Entscheidung über die Versicherungspflicht iS des nach § 182 BSVG auch zu dessen Durchführung anzuwendenden § 415 ASVG, weil das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung lediglich eine in der Begründung des Abspruches über die Formalversicherung zu beurteilende Tatbestandsvoraussetzung derselben ist (stRsp des VwGH, zB 28.11.1980 Zl 2943/80; 2.7.1982 Zl 82/08/0034, 0035 = SVSlg 28.273; 30.9.1985 Zl 84/08/0063 = SVSlg 30.968, 32.017 und 32.131). Wie sich insbesondere aus § 415 ASVG ergibt, ist unter Versicherungsberechtigung im Gegensatz zu der von der beklagten Partei in erster und zweiter Instanz vertretenen Rechtsansicht nur die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung zu verstehen. Auch die "Feststellung des Beginnes und Endes der Versicherung" iS des § 355 Z 1 ASVG bezieht sich - wie die beiden anderen in dieser Z genannten Feststellungen - nicht auf die Formalversicherung.

Das Bestehen einer Formalversicherung darf daher von den Gerichten auch in einer Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG als Vorfrage beurteilt werden.

Die Formalversicherung hat nach § 12 Abs 5 BSVG - aber auch nach allen anderen in Betracht kommenden Sozialversicherungsgesetzen (§§ 21, 22 ASVG, § 8 B-KUVG, § 14 GSVG) - die gleichen Rechtswirkungen wie die Pflichtversicherung. "Mit der Formalversicherung sind also für deren Dauer sowohl für den vermeintlich Pflichtversicherten wie auch für die in Betracht kommenden Versicherungsträger alle Rechte und Pflichten verbunden, die sich aus der Pflichtversicherung aufgrund einer wirklich versicherungspflichtigen Tätigkeit ergeben hätten, dies insbesondere sowohl hinsichtlich der Beitragspflicht wie der Anspruchsberechtigung" (RV zur Stammfassung des ASVG 599 BlgNR 7. GP 15 f; Krejci-Marhold in Tomandl, SV-System 3. ErgLfg 108; Teschner in MGA ASVG 47. ErgLfg 240 FN 1). Der Name "Formalversicherung" ist eigentlich irreführend, weil die Versicherung - so lange sie währt - nicht nur formaler Natur ist, sondern in allen Versicherungszweigen die gleichen Rechtswirkungen wie eine reguläre Versicherung hervorruft, so daß der Formalversicherte die volle Rechtsstellung eines Pflichtversicherten einnimmt (Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 51).

Wegen der durch § 6 Abs 3 BHG für die Durchführung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes angeordneten subsidiären entsprechenden Anwendung der für die Krankenversicherung geltenden Vorschriften des GSVG bzw. des BSVG sind auf die Pflicht-Zusatz-Krankenversicherung nach dem BHG u.a. auch die Bestimmungen des BSVG über die Formalversicherung entsprechend anzuwenden.

Den die Klägerin betreffenden Akten der beklagten Partei ist zu entnehmen, daß sich die Klägerin am 9.4.1975 anläßlich der Betriebsübernahme ab 1.2.1975 mit der Angabe zur Pflichtversicherung nach dem B-KVG bzw. dem B-PVG anmeldete, daß für ihren Ehegatten seit 1.9.1962 als Landesbeamten Versicherungspflicht in der Landeskrankenfürsorge bestehe. Daraufhin wurde der Klägerin von der beklagten Partei am 28.4.1975 mitgeteilt, daß für sie seit 1.2.1975 in der Bauernpensionsversicherung Versicherungs- und Beitragspflicht bestehe. Aus der Mitteilung der beklagten Partei vom 4.9.1981 ergibt sich, daß der Klägerin nur Beiträge für die Pensions- und Unfallversicherung vorgeschrieben wurden. Am 26.1.1983 teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, daß deren Antrag auf Gewährung eines Wochengeldes (nach dem BHG) positiv erledigt werden konnte, daß ihr ein gesetzlicher Anspruch für die Zeit vom 1.7. bis 11.8.1982 zustehe und das Wochengeld von 10.500 S überwiesen werde. Am 18.1.1985 teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, daß ihr (zweiter) Antrag auf Gewährung von Wochengeld (nach dem BHG) positiv erledigt werden konnte und ihr das Wochengeld für die Zeit vom 3.9.1984 bis 24.12.1984 von 28.250 S überwiesen werde. Nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen hatte die beklagte Partei der Klägerin seit 1.7.1982 (Inkrafttreten des BHG) Beiträge zur Betriebshilfeversicherung nach diesem Gesetz vorgeschrieben, die von ihr auch bis 30.6.1987 (also länger als acht Wochen nach der Geburt ihres Sohnes Andreas am 1.4.1987) wirksam entrichtet wurden. Erst nach dem aus Anlaß der letztgenannten Geburt gestellten Antrag der Klägerin auf Wochengeld vom 11.6.1987, in dem sie angab, laufend mit ihrem Gatten bei der Landesfürsorge mitversichert zu sein, überprüfte die beklagte Partei die Versicherungspflicht der Klägerin nach dem BHG und schied sie sodann mit 1.1.1986 daraus aus, weil sie die Meinung vertrat, daß die Klägerin wegen der mit diesem Tag in Kraft getretenen Änderung des § 5 Abs 2 Z 2 BSVG seither nicht mehr nach dem BHG anspruchsberechtigt sei.

Bis zu dem mit 1.1.1986 in Kraft getretenen Art I Z 3 lit. a der

9. BSVGNov BGBl 1986/113 waren gemäß § 5 Abs 2 Z 2 BSVG Personen, denen (für die) durch eine eigene Krankenfürsorgeeinrichtung eines Dienstgebers mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert waren, von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen.

Durch die 9. BSVGNov erhielt § 5 Abs 2 Z 2 folgenden Wortlaut:

"2. Personen und deren Ehegatten, denen (für die) durch eine eigene Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert sind;". Die RV 776 BlgNR 16. GP 11 begründete diese Änderung damit, daß die Regelung des § 5 Abs 2 Z 4 BSVG zeige, daß die Ausnahmen von der Pflichtversicherung in der Bauern-Krankenversicherung wegen eines anderweitigen Krankenversicherungsschutzes in abgeleiteter Form nur auf Ehegatten beschränkt seien. Eine wörtliche Auslegung des § 5 Abs 2 Z 2 BSVG (in der bisherigen Form) könnte zu dem Ergebnis führen, daß auch Kinder, denen im Wege eines Elternteiles der Schutz einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers zuteil werde, von der Pflichtversicherung in der Bauern-Krankenversicherung ausgenommen wären. Da ein solches Ergebnis mit der Grundtendenz der bäuerlichen Krankenversicherung bezüglich der Ausnahmen von der Pflichtversicherung nicht im Einklang stünde, sollten im Wege der vorgeschlagenen Gesetzesänderung Auslegungszweifel beseitigt und Vorsorge für eine einheitliche Regelung geschaffen werden.

Daraus folgt, daß die Änderung des § 5 Abs 2 Z 2 BSVG durch die

9. BSVGNov für die Pflichtversicherung der Klägerin in der Bauern-Krankenversicherung oder Ausnahme von dieser Pflichtversicherung und damit vor der mit 1.1.1988 in Kraft getretenen 2. BHGNov auch für den Anspruch auf Leistungen nach dem BHG ohne rechtliche Bedeutung war, weil auch schon von dieser Novelle auch Ehefrauen unter die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs 2 Z 2 BSVG fielen, sofern für sie (durch den Beruf ihres Ehegatten) mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert waren.

War die Klägerin aber - was im Revisionsverfahren auch ihrerseits nicht mehr strittig ist - seit 1.1.1986 nach der genannten Gesetzesstelle von der Pflichtversicherung in der Bauern-Krankenversicherung ausgenommen, dann war sie dies - mangels einer Änderung der tatsächlichen Voraussetzungen - schon seit 1.2.1975. Damit stimmt der Inhalt der sie betreffenden Akten der beklagten Partei überein, wonach der Klägerin - wie schon erwähnt - von der beklagten Partei nur Beiträge für die Pensions- und Unfallversicherung vorgeschrieben wurden.

Die beklagte Partei hätte daher folgerichtig den Bestand eines Anspruches der Klägerin auf Leistungen nach dem BHG schon mit dessen Inkrafttreten am 1.7.1982 verneinen müssen.

Sie hat jedoch auf Grund des vermutlich noch 1982 gestellten ersten Antrages und des vermutlich noch 1984 gestellten zweiten Antrages der Klägerin auf Leistungen nach dem BHG der Klägerin nicht nur seit 1.7.1982 monatliche Beiträge nach § 5 BHG vorgeschrieben und diese bis 30.6.1987 wirksam entrichteten Beiträge ununterbrochen unbeanstandet angenommen, sondern ihr anläßlich zweier Geburten für die Zeit vom 1.7. bis 11.8.1982 Wochengeld (nach dem BHG) von 10.500 S und für die Zeit vom 3.9. bis 24.12.1984 Wochengeld (nach dem BHG) von 28.250 S gewährt. Diese Anträge der Klägerin können nur als (gleichzeitige) Anmeldung zur Pflicht-Zusatz-Krankenversicherung verstanden werden und wurden von der beklagten Partei - wie die Vorschreibung der Beiträge beweist - auch so verstanden. Daß die Klägerin die beiden als Anmeldung zur Pflicht-Zusatz-Krankenversicherung nach dem BHG aufzufassenden Anträge mit einem Vorbehalt oder vorsätzlich unrichtig erstattet hätte, wurde weder behauptet, noch ergibt sich dafür aus den Verfahrensergebnissen ein Anhaltspunkt.

In entsprechender Anwendung des § 12 Abs 1 BSVG bestand daher ab dem Kalendermonat, für den erstmals Beiträge nach dem BHG entrichtet worden sind, also ab Juli 1982, eine Formalversicherung nach dem letztgenannten Bundesgesetz, die nach § 12 Abs 2 BSVG erst mit dem Tag der Zustellung des Bescheides des beklagten Versicherungsträgers über das Ausscheiden aus der Versicherung, also frühestens am 22.7.1987, endete.

Auf Grund dieser während der im § 3 Abs 1 BHG genannten Dauer bestandenen Formalversicherung nach diesem Bundesgesetz hat die Klägerin Anspruch auf die Leistungen nach demselben, weshalb ihr nach § 3 Abs 3 leg cit ein Wochengeld in der außer Streit gestellten Höhe von 28.250 S gebührt.

Der Revision war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung des klagestattgebenden Urteils der ersten Instanz abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG.

Anmerkung

E27244

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00040.91.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19910312_OGH0002_010OBS00040_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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