TE OGH 1991/3/13 3Ob505/91

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Veröffentlicht am 13.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gertraud D*****, vertreten durch Dr. Werner Russek, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wider den Antragsgegner Dr. Walter D*****, vertreten durch Dr. Bertram Maschke, Rechtsanwalt in Radstadt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 15. November 1990, GZ 22 a R 147/90-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tamsweg vom 17. August 1990, GZ F 2/88-46, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin zusätzlich zu dem schon vom Erstgericht zugesprochenen Betrag von 300.000 S eine weitere Ausgleichszahlung von 450.000 S zu leisten, und zwar 225.000 S binnen sechs Monaten und weitere 225.000 S binnen einem Jahr."

Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 f EheG ist die Höhe der vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu leistenden Ausgleichszahlungen strittig.

Die Antragstellerin beantragte ursprünglich den Zuspruch eines Betrages von 1,750.000 S.

Der Antragsgegner sprach sich gegen jede Ausgleichszahlung aus.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner, der Antragstellerin binnen zwei Monaten einen Betrag von 300.000 S zu zahlen.

Der Antragsgegner ließ diesen Zuspruch unangefochten. Die Antragstellerin beantragte jedoch in ihrem Rekurs, ihr einen weiteren Betrag von 900.000 S zuzusprechen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Antragsgegner unter Einbeziehung des unbekämpft gebliebenen Teiles eine Ausgleichszahlung von insgesamt 1 Mio S zu leisten habe, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Der Beschluß der zweiten Instanz wird nur vom Antragsgegner bekämpft, der die Wiederherstellung des Beschlusses erster Instanz beantragt.

Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Die Streitteile waren seit dem Jahr 1939 verheiratet. Der Ehe entstammen die Kinder Waltraud, geboren 1942, Harro, geboren 1945, und Gunthild, geboren 1956. Im Jahr 1983 trennte sich der Antragsgegner von der Antragstellerin und zog zu einer anderen Frau. Im Jahr 1988 wurde die Ehe aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden, und der Antragsgegner ehelichte in der Folge die erwähnte andere Frau.

Die Antragstellerin hat während der Ehe den Haushalt geführt, den Antragsgegner und die ehelichen Kinder betreut und überdies den Antragsgegner bis zum Jahr 1960 als Ordinationshilfe und bis zum Jahr 1975 durch Verrichtung von Büroarbeiten in der Ausübung seines Arztberufes unterstützt. Seither war sie dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage.

Aus den Einnahmen des Antragsgegners als Arzt schafften die Streitteile während der Ehe Liegenschaften in Mariapfarr und Pesenthein am Millstättersee an. Schon vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes im Jahr 1983 übereignete der Antragsgegner von seiner auf seinen Namen verbücherten Liegenschaft in Pesenthein je ein Grundstück im Wert von etwa je 700.000 S an die Kinder Waltraud und Harro. Den Rest der Liegenschaft in Pesenthein übergab er im Jahr 1987 seiner jetzigen zweiten Ehefrau, wobei er sich ein lebenslängliches Fruchtgenußrecht vorbehielt. Diese Restliegenschaft hat einen Wert von 1,984.941 S, wobei jedoch der Antragsgegner nach der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft mit der Antragstellerin noch etwa 200.000 S in diese Liegenschaft investiert hat. Die auf den Namen der Antragstellerin verbüchert gewesene Liegenschaft in Mariapfarr, auf der sich die Ehewohnung und auch die Ordination des Antragsgegners befunden hatte, wurde mit Zustimmung des Antragsgegners im Jahr 1988 an die Tochter Gunthild übereignet. Die Antragstellerin behielt sich ein lebenslängliches Wohnrecht vor. Diese Liegenschaft hat einen Wert von 1,204.510 S.

Die 1918 geborene Antragstellerin bezieht seit der Scheidung eine monatliche Pension von 7.800 S und erhält vom Antragsgegner einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 11.200 S. Sie lebt derzeit in einem Altersheim. Sie hat ungefähr 50.000 S Ersparnisse.

Der 1913 geborene Antragsgegner bezieht eine monatliche Altersversorgung von 15.792 S von der Ärztekammer, eine Treueprämie von monatlich 5.365 S von der Gebietskrankenkasse und einen Ruhegenuß von 19.733 S. Er hat Darlehensschulden von 200.000 S und sein Girokonto ist mit 80.000 S überzogen.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß gemäß § 91 EheG beide Liegenschaften in die Aufteilung einzubeziehen seien, weil der Antragsgegner zwar der Übereignung der Liegenschaft der Antragstellerin an eine Tochter zugestimmt habe, damit aber noch nicht sein Einverständnis zu ihrer gänzlichen Nichteinbeziehung in das Aufteilungsverfahren zum Ausdruck gebracht habe. Der Anteil des Antragsgegners zur Schaffung des gemeinsamen Vermögens sei höher zu veranschlagen. Angesichts der guten Versorgung der Antragstellerin sei eine Ausgleichszahlung von 300.000 S angemessen, mehr könne der Antragsgegner derzeit auch kaum finanzieren.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat hingegen die Auffassung, daß nur die Liegenschaft in Pesenthein in die Aufteilung einzubeziehen sei; denn über die Liegenschaft in Mariapfarr hätten die Streitteile einvernehmlich verfügt. Wenn der Antragsgegner dadurch auch seine Ordination in Mariapfarr verloren habe, könne darauf höchstens im Rahmen der Billigkeit Bedacht genommen werden, aber nicht dadurch, daß auch diese Liegenschaft wieder in die Aufteilung einbezogen werde. Das der Antragstellerin eingeräumte Wohnrecht sei praktisch wertlos.

Der Wert der Liegenschaft in Pesenthein müsse mit 2,437.000 S angesetzt werden, welchen Wert der Sachverständige für den Fall der getrennten Verwertung von Seegrundstück und Haus ermittelt habe. Ziehe man hievon die Investitionen von 200.000 S ab, so stünden dem dem Antragsgegner zugekommenen Vermögen von etwa 2,250.000 S nur die in Händen der Antragstellerin befindlichen Ersparnisse von 50.000 S gegenüber. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes müsse von einem gleichteiligen Beitrag der Parteien an der Schaffung der Ersparnisse ausgegangen werden, was eine Ausgleichszahlung von 1,100.000 S ergeben würde, welcher aber im Hinblick auf die verlorengegangene Ordination um 100.000 S zu mäßigen sei.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Antragsgegner gegen den Zuspruch einer Ausgleichszahlung von 1 Mio S wendet, ist er darauf zu verweisen, daß das Gericht zweiter Instanz ausdrücklich den nicht in Beschwerde bezogenen Teil der Entscheidung des Erstgerichtes in seinen Spruch mit einbezogen hat, sodaß der aufgezeigte Widerspruch nicht gegeben ist.

Die Hinweise auf die fehlende Finanzkraft des Antragsgegners sind nicht zielführend; denn wenn ein Eheteil sein Vermögen der Aufteilung entzieht, ist er gemäß § 91 Abs.1 EheG so zu behandeln, wie wenn die einseitige Verfügung zum Nachteil des anderen Eheteils nicht getroffen worden wäre.

Bei der Bewertung der Liegenschaft in Pesenthein entspricht es der Billigkeit, einen Mittelwert zugrundezulegen, weil der Verkehrswert im Falle eines Verkaufes offenbar wesentlich höher liegt, als es das Erstgericht veranschlagt hat, andererseits aber ein solcher Verkauf derzeit nicht ohne weiteres zumutbar ist, sodaß auch nicht der vom Berufungsgericht angenommene Wert, sondern nur etwa ein Wert von 2,2 Mio S abzüglich 200.000 S = nach der Trennung geleistete Investitionen, sohin von ca 2 Mio S angemessen ist.

Zutreffend hat hingegen das Gericht zweiter Instanz erkannt, daß die Streitteile über die Liegenschaft in Mariapfarr einschließlich der dort früher befindlichen Ordination einvernehmlich dahin verfügt haben, daß sie einer ehelichen Tochter übergeben wird. Die Antragstellerin hat sich jedoch ein Wohnrecht vorbehalten, das man nicht bloß deshalb vernachlässigen kann, weil sie sich jetzt im Altersheim befindet und aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, das Wohnrecht auszunützen.

Unberechtigt ist auch der Standpunkt des Antragsgegners, er habe zur Schaffung des Vermögens wesentlich mehr als die Antragstellerin beigetragen. Sie hat immerhin den Haushalt geführt, die Kinder betreut und darüber hinaus, solange sie dazu in der Lage war, auch noch in der Ordination des Antragsgegners und in seinem Büro mitgearbeitet.

Alles in allem entspricht bei angemessener Berücksichtigung des der Antragstellerin verbliebenen Wohnungsrechtes, der ihr zugekommenen Ersparnisse von 50.000 S und des etwas geringer angesetzten Wertes der Liegenschaft in Pesenthein ein Ausgleichsbetrag von 750.000 S der Billigkeit. Zusätzlich zu dem schon in erster Instanz rechtskräftig zuerkannten Betrag gebühren daher nur noch weitere 450.000 S. Da die vom Gericht zweiter Instanz verfügten Zahlungsfristen von keinem Teil gerügt wurden, wurde die Zahlung dieses Betrages in zwei Halbjahresraten angeordnet.

Die Aufhebung der Prozeßkosten aller drei Instanzen entspricht auch bei diesem Verfahrensausgang dem billigen Ermessen des § 234 AußStrG.

Anmerkung

E25627

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00505.91.0313.000

Dokumentnummer

JJT_19910313_OGH0002_0030OB00505_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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