TE OGH 1991/3/20 1Ob36/90

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Veröffentlicht am 20.03.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Peter Fiegl und Dr. Frank Riel, Rechtsanwälte in Krems/D., wegen S 38.791,20 samt Anhang und Feststellung (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Juni 1990, GZ 14 R 94/90-42, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 1.Dezember 1989, GZ 52 b Cg 1047/89-34, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Bürgermeister der beklagten Partei vom 4.8.1973 war dem Kläger auf dem Grundstück 99/3 KG Furth die Bewilligung zum Neubau eines Pferdestalles in Massivbauweise erteilt worden. Dieses Gebäude war in der Folge errichtet worden. Am 12.5.1980 stellte der Kläger ein Ansuchen an die beklagte Partei, auf seinen Grundstücken 100/2 und 99/3 ***** eine 640 m2 große unterirdische Halle mit anschließenden fünf Pferdeboxen samt Nebenräumen mit darüberliegendem Tennisplatz errichten zu können. Zur Bauverhandlung am 10.6.1980 wurden die Anrainer Gottfried G*****, Franz und Ingrid K*****, Herbert M***** und Mitbesitzer sowie Eduard H***** geladen. Der Bürgermeister der beklagten Partei hielt in einem Aktenvermerk vom 11.7.1980 fest, daß das Bauvorhaben wohl nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der beklagten Partei im Bauland-Wohngebiet geplant sei, seit 1973 befinde sich aber auf dem Grundstück des Klägers ein baubehördlich genehmigter Pferdestall. Das Grundstück 100/2 ***** sei bisher offenbar als Reitplatz verwendet worden. Da der Reitplatz abgesenkt und überdacht werden soll und auch bei der Lagerung des Pferdemistes eine Besserung eintreten werde, könne die Baubewilligung erteilt werden. Dies geschah mit Bescheid der beklagten Partei vom 13.6.1980. Dieser Bescheid wurde auch den zur Bauverhandlung geladenen vier Anrainern zugestellt. Gegen den Baubescheid erhoben vorerst nur Franz und Ingrid K***** wegen der Situierung der Düngerstätte Berufung. Am 3.7.1980 stellte die beklagte Partei fest, daß der Kläger vor Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides mit den Bauarbeiten begonnen hatte. Deshalb wurden in der Folge über den Kläger Geldstrafen verhängt und die Einstellung des Baues verfügt. Am 29.7.1980 beantragten Josef und Hildegard S***** bei der beklagten Partei die Zustellung des Baubewilligungsbescheides. Als Eigentümer der Grundstücke 113/2, 113/3 und 114/1 ***** käme ihnen als Anrainer Parteistellung zu. Nach Zustellung des Baubewilligungsbescheides am 9.8.1980 erhoben Josef und Hildegard S***** dagegen am 27.8.1980 Berufung, in der sie unter anderem ausführten, daß die Baubewilligung gegen die Vorschriften des Nö.Raumordnungsgesetzes verstoße. Mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei vom 13.10.1980 wurde zwar der Berufung von Franz und Ingrid K***** Folge gegeben, und die Errichtung eines Tennisplatzes auf der Halle untersagt; die Gestaltung der Düngerstätte wurde neu geregelt und die Installation einer Entlüftungsanlage vorgeschrieben; auch sollten nur vier Pferde ständig untergebracht werden dürfen. Die Berufung der Eheleute Josef und Hildegard S***** wurde mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Josef und Hildegard S***** erhoben dagegen Vorstellung an die Nö Landesregierung, die mit Bescheid vom 29.1.1980, Zl. II/2-V-80187, der Vorstellung Folge gab, den Zurückweisungsbeschluß des Gemeinderates aufhob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beklagten Partei zurückverwies. Mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei als Baubehörde zweiter Instanz vom 27.4.1982 wurde der Berufung der Eheleute Josef und Hildegard S***** keine Folge gegeben. Die Haltung von Turnierpferden diene dem persönlichen Bedarf des Klägers und verstoße daher nicht gegen den Flächenwidmungsplan. Die Nö Landesregierung wies mit Bescheid vom 28.12.1982, II/2-V-80187/3, die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung von Josef und Hildegard S***** als unbegründet ab. Die behauptete Verletzung der Vorschrift des § 16 Abs.1 NÖ. ROG beinhalte kein subjektiv öffentliches Anrainerrecht. Der Verwaltungsgerichtshof gab mit Erkenntnis vom 14.6.1983, Zl.83/05/0036-8, der Beschwerde des Josef S***** gegen den Bescheid der Nö Landesregierung vom 28.12.1982 Folge. Er hob diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Er anerkannte, daß die Vorschrift des § 16 Abs.1 Z 1 Nö. ROG 1976 subjektiv öffentliche Anrainerrechte begründe. Die Berufungsbehörde habe nun die Rechtslage insofern verkannt, als sich im Fall der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung dessen baurechtliche Unzulässigkeit ergeben würde und daher nicht mehr zu prüfen wäre, ob seine Genehmigungsfähigkeit durch entsprechende Auflagen erzielt werden könne. Die Nö Landesregierung gab daraufhin mit Bescheid vom 7.10.1983, II/2-A-50/8, der Vorstellung des Josef S***** gegen den Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei als Baubehörde zweiter Instanz vom 27.4.1982 Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Rechtssache an die zweite Instanz zurück. Eine Reithalle mit Stallgebäude im Wohngebiet sei kein dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienendes Gebäude im Sinn des § 13 Abs.1 Z 1 des auf Grund des Flächenwidmungsplanes der beklagten Partei aus dem Jahre 1973 zur Anwendung gelangenden Raumordnungsgesetzes LGBl.1968/75. Die Baubehörde zweiter Instanz werde wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan die baubehördliche Bewilligung zu versagen und den baupolizeilichen Auftrag zu erteilen haben, die bereits errichteten Baulichkeiten innerhalb angemessener Frist abzubrechen. Eine Beschwerde des Klägers gegen diesen Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.3.1984, Zl. 83/05/0202-9 als unbegründet abgewiesen. Die den Gegenstand des Bauansuchens des Klägers bildende unterirdische Reithalle sei mit der Widmungskategorie "Bauland-Wohngebiet" (im Sinn des hier anzuwendenden § 13 Abs.1 Z 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1968) nicht zu vereinbaren. Ein Nebengebäude nach dieser Gesetzesstelle liege schon deshalb nicht vor, weil Nebengebäude nach § 2 Z 19 NÖ Bauordnung 1/10 des Bauplatzes, jedenfalls aber 100 m2 nicht überschreiten dürften. Dem Vorbringen des Klägers, es müsse auch bedacht werden, daß bereits vor dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes auf seinem Grundstück ein Stallgebäude vorhanden gewesen sei, so daß geprüft werden müsse, inwieweit durch die Errichtung des neuen Gebäudes eine Verstärkung der ohnedies bereits bestehenden Immissionen zu erwarten sei, hielt der Verwaltungsgerichtshof für unbeachtlich. Die Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung ergebe sich schon aus § 13 Abs.1 Z 1 NÖ ROG 1968, weil die Baulichkeit weder ein Wohngebäude darstelle noch unter den Begriff des Nebengebäudes subsumiert werden könne, so daß sich die Frage nach den davon ausgehenden Immissionen gar nicht stelle. Es liege Unvereinbarkeit des Bauansuchens mit der Flächenwidmung vor. Mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei vom 16.7.1984, AZ 131-0/96/84 wurde schließlich das Ansuchen des Klägers um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zum Neubau einer unterirdischen Halle mit Ställen wegen Widerspruches zum Flächewidmungsplan abgewiesen. Eine dagegen erhobene Vorstellung des Klägers an die Nö Landesregierung blieb erfolglos (Bescheid der Nö Landesregierung vom 26.6.1985, Zl.II/2-V-80187/5). Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger keine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde.

Mit über Säumnisbeschwerde des Franz K***** ergangenem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.3.1989, Zl.87/05/0195-17, wurde für das ohne Baubewilligung errichtete Bauwerk des Klägers ein Auftrag zum Abbruch bis 31.7.1989 erteilt. Der Kläger als Beteiligter wurde gemäß § 62 Abs.2 VwGG (unter Hinweis auf § 76 Abs.2 AVG) schuldig erkannt, der beklagten Partei Barauslagen in der Höhe von S 38.791,20 binnen zwei Wochen bei Exekution zu ersetzen. Die fehlende Baubewilligung könne auch nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht nachträglich erteilt werden. Das Gebäude wurde bis jetzt noch nicht abgetragen.

Mit der am 20.9.1985 eingebrachten Amtshaftungsklage begehrt der Kläger die Feststellung, die beklagte Partei hafte dem Kläger gegenüber für sämtliche Schäden, die dadurch entstanden seien, daß der Neubau einer unterirdischen Reithalle mit Stallgebäude auf dem Grundstück 100/2 von der beklagten Partei bewilligt wurde, sowie daß Josef und Hildegard S***** nicht schon zur Bauverhandlung erster Instanz beigezogen worden seien. Der Kläger habe bereits auf Grund des Bescheides der beklagten Partei vom 4.9.1973 (richtig wohl 4.8.1973) einen oberirdischen Pferdestall errichtet gehabt. Der Kläger habe auch für die Anrainer durch die Neugestaltung eine Verbesserung dieses Zustandes durch Errichtung einer unterirdischen Reithalle erreichen wollen. Die beklagte Partei habe es entgegen der damals bereits feststehenden Rechtsprechung unterlassen, die lediglich durch die Bundesstraße getrennten Anrainer Josef und Hildegard S***** zur Bauverhandlung zu laden. Diesen Anrainern sei der Baubewilligungsbescheid vom 13.6.1980 als übergangenen Nachbarn am 9.8.1980 zugestellt worden. Letztlich über deren Einschreiten sei das Bauansuchen des Klägers mit Bescheid des Gemeinderates der beklagten Partei vom 16.7.1984 rechtskräftig abgewiesen worden. Die Baubewilligung vom 13.6.1980 hätte, weil das Bauansuchen mit dem Flächenwidmungsplan nicht im Einklang gestanden sei, nicht erteilt werden dürfen. Da die ursprünglich dem Bauverfahren beigezogenen Anrainer bereits vor der Bauverhandlung vom 10.6.1980 keine grundsätzlichen Einwendungen gegen das Projekt erhoben hätten, habe der Kläger auch auf Grund einer mündlichen Zusage des damaligen Bürgermeisters der beklagten Partei schon vor der formellen Rechtskraft des Bewilligungsbescheides mit Vorbereitungsarbeiten begonnen. Der Kläger habe erstmals bei der Bauverhandlung vom 10.6.1980 davon erfahren, daß sein Bauansuchen gegen den Flächenwidmungsplan der Gemeinde verstoßen könne. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12.10.1989 dehnte der Kläger das Begehren auf Leistung des Betrages von S 38.791,20 samt Anhang aus, zu dessen Zahlung an die beklagte Partei er auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.3.1989, Zl.87/05/0195-17 verpflichtet worden sei. Es handle sich bereits um einen Teil jener Abbruchkosten, für die das Feststellungsbegehren gestellt worden sei.

Die beklagte Partei wendete ein, ihr Bürgermeister Josef Schöller habe in einem Amtsvermerk vom 11.6.1980 festgehalten, daß das Bauvorhaben des Klägers wohl nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der beklagten Partei in Bauland-Wohngebiet geplant sei, die geplanten Baumaßnahmen jedoch eine Verbesserung des ursprünglichen Zustandes darstellten, gegen den schon bisher seitens der Anrainer keinerlei Beschwerden über Belästigungen jeglicher Art eingelangt seien. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob das Bauvorhaben des Klägers im Einklang mit dem Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan stehe. Die Entscheidung trotz des im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Bauland-Wohngebietes, den unterirdischen Reitstall sowie den Tennisplatz zuzulassen, sei zwar nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes objektiv fehlerhaft gewesen, wäre aber nach den Überlegungen des Bürgermeisters der beklagten Partei als Baubehörde erster Instanz nicht schlechthin unvertretbar oder denkunmöglich. Da sich der Kläger trotz der an ihn ergangenen Aufforderungen und Strafbescheide von der Bauführung und Vollendung nicht habe abhalten lassen, stehe es ihm nun nicht gut an, Feststellung der Ersatzpflicht jener ihm angeblich entstandener Schäden zu verlangen, die er sich selbst zuzuschreiben habe. Der Bürgermeister der beklagten Partei habe keine Erlaubnis zum vorzeitigen Bau durch den Kläger erteilt. Die beklagte Partei habe den Kläger wegen der verbotenen Bauführung mit Geldstrafen belegt. Das Feststellungsbegehren müsse als verfehlt angesehen werden, da dem Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung seines angeblich erlittenen Schadens fehle. Da der Kläger sein Bauvorhaben abgeschlossen habe, müsse er sich über die Höhe seines behaupteten Schadens im klaren sein. Es stehe somit der Einbringung einer Leistungsklage nichts im Wege. Der Kläger habe bereits im Zeitpunkt der Einbringung des Bauansuchens gewußt oder habe es jedenfalls wissen müssen, daß sein Bauprojekt mit dem örtlichen Flächenwidmungsplan nicht im Einklang stehe.

Das Erstgericht sprach aus, daß die beklagte Partei dem Kläger für sämtliche Schäden, die dadurch entstanden, daß Organe der beklagten Partei den Neubau einer unterirdischen Halle mit Stallgebäude auf dem Grundstück des Klägers Nr.100/2 ***** bewilligten, zur Hälfte haften; dem Leistungsbegehren gab es mit dem Betrag von S 19.395,60 samt Anhang statt, das Mehrbegehren wies es ab. Es stellte fest, der Bürgermeister der beklagten Partei Josef Schöller habe den Kläger bereits im April 1980 darauf hingewiesen, daß sich sein Bauvorhaben nach dem Flächenwidmungsplan auf Bauland-Wohngebiet beziehe und die Tierhaltung im Bauland verboten sei. Eine Erlaubnis zum Beginn vor Abwicklung des förmlichen Bauverfahrens und Rechtskraft der Baubewilligung habe der Bürgermeister der beklagten Partei dem Kläger gegenüber niemals ausgesprochen. Ende Oktober/Anfang November 1980 sei der Rohbau beendet gewesen. Wären die Ehegatten S***** von der Baubehörde sofort dem Verfahren beigezogen worden und hätten diese die später geltend gemachten Einwendungen gegen das Bauvorhaben des Klägers sogleich erhoben, hätte sich an den Dispositionen des Klägers gegenüber dem realen Ablauf der Ereignisse nichts geändert. Die Ladung der Ehegatten S***** als Anrainer schon zur ersten Bauverhandlung hätte keine Verhaltensänderung des Klägers mit sich gebracht. Die Bruttoabbruchkosten lägen zwischen S 1,143.360 und S 2,425.140.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Auffassung, eine allenfalls unrichtige Auslegung des geltenden Flächenwidmungsplanes könne zur Verbesserung eines Realzustandes führen, sei ungeeignet, einen auf die Auslegung des Flächenwidmungsplanes bezogenen Unvertretbarkeitsvorwurf zu widerlegen. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes sei die Auslegung des Flächenwidmungsplanes durch Organe der beklagten Partei - nicht nur retrospektiv

betrachtet - unvertretbar gewesen. Das Bauansuchen des Klägers wäre daher gemäß § 98 Abs.2 NÖ.Bauordnung ohne Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung schon durch den Bürgermeister der beklagten Partei als Baubehörde erster Instanz abzuweisen gewesen. Diesem sei außerdem der Widerspruch des Bauvorhabens des Klägers zum geltenden Flächenwidmungsplan bekannt gewesen. Dem Kläger sei jedenfalls ab 16.10.1980 ein subjektives öffentliches Recht auf Bauführung im bewilligten Rahmen zugestanden. Der Kläger habe sich aber ein Mitverschulden von 50 % anrechnen zu lassen. Seine Auffassung, daß die der beklagten Partei im Abbruchserkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zuerkannten Kosten bereits einen Teil des Demolierungsschadens darstellten, sei zutreffend. Auch diese Kosten hätten ihre Ursache im unvertretbaren Verhalten von Organen der beklagten Partei.

Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der beklagten Partei Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das gesamte Begehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 50.000 übersteige, die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm mit einer hier nicht interessierenden Ausnahme die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen. Da im Baubewilligungsverfahren auch nach dem 13.10.1980 noch nicht endgültig und rechtskräftig geklärt gewesen sei, ob den Eheleuten S***** Parteistellung zukomme und ob in ihre subjektiven öffentlichen Rechte eingegriffen werde, hätte der Kläger auch zu diesem Zeitpunkt von seinem subjektiven Recht auf Bauführung nicht Gebrauch machen dürfen, wollte er nicht Gefahr laufen, durch seine Bauführung einen Schaden herbeizuführen. Im übrigen seien die Überlegungen der Baubehörde erster Instanz bei Erlassung des Baubewilligungsbescheides zwar unrichtig, aber nicht unvertretbar gewesen.

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Was zunächst die Formulierung des Feststellungsbegehrens betrifft (Schäden...die entstanden sind), so fehlt dem Kläger bei wörtlichem Verständnis seines Begehrens das Feststellungsinteresse. Entstandene Schäden wären etwa sein frustrierter Bauaufwand, dessen ziffernmäßige Höhe ihm bekannt sein müßte und deren Ersatz er daher bereits mit Leistungsklage hätte begehren können. An der Feststellung der Haftung bereits fälliger Ersatzansprüche besteht nach ständiger Rechtsprechung kein rechtliches Interesse (GesRZ 1988, 107; RdW 1986, 107; SZ 46/81 uva). Darauf wurde der Kläger bereits in der Klagebeantwortung hingewiesen. Anläßlich der Ausdehnung des Klagebegehrens in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12.10.1989 brachte der Kläger, ohne die Formulierung seines Feststellungsbegehrens zu ändern, aber vor, durch das Feststellungsbegehren sollten die ihm in Zukunft entstehen werdenden Abbruchkosten umfaßt sein. Eine Erörterung des Widerspruches zwischen diesem Vorbringen und dem gestellten Feststellungsbegehren fand nicht statt. Selbst wenn man davon ausginge, daß der Kläger die Ersatzpflicht der beklagten Partei für seine zukünftigen Schäden festgestellt wissen wollte, erweist sich aber der von ihm geltend gemachte Anspruch insgesamt als nicht berechtigt.

Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung SZ 55/81 ausführte, kommt ein Amtshaftungsanspruch des Bauwerbers gegen den Rechtsträger, der für das Verschulden seiner Organe bei Erteilung einer Baubewilligung einzustehen habe, unter den sonstigen Voraussetzungen der Amtshaftung in Frage, wenn die Baubehörde öffentlich-rechtliche Fragen der Baugenehmigung zunächst rechtskräftig in seinem Sinne löste und dadurch einen Vertrauensbestand schuf, diese Baugenehmigung in der Folge beseitigt wurde und dem Bauwerber infolge der Notwendigkeit des Abbruches des errichteten Gebäudes ein Schaden eintrat oder einzutreten droht. Der Bauherr soll darauf vertrauen dürfen, daß ein dem Genehmigungsbescheid entsprechender Bau später nicht wegen eines Widerspruches zu zwingenden Vorschriften des öffentlichen Rechtes wieder eingestellt werde bzw. sein Abbruch aufgetragen werde (vgl VersR 1990, 789; BGHZ 60, 112, 117; Papier in Münchener Kommentar2 Rz 205 zu § 839 BGB; Heinrichs in Palandt50 990). Ein solcher schutzwürdiger Vertrauenstatbestand liegt aber dann nicht vor, wenn der Bauwerber, wenn er schon nicht durch aktives Handeln den rechtswidrigen Verwaltungsakt herbeiführte, so doch wußte, daß die Stattgebung seines Antrages mit Rechtswidrigkeit behaftet sein werde (Papier aaO Rz 210). Eine sogenannte Vertrauensinvestition ist dann nicht mehr schutzwürdig, wenn der Geschädigte Kenntnis der wahren Situation hatte (Hübner, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Gesetzbuches Rz 337). Ein solcher Fall liegt nach den getroffenen Feststellungen hier vor. Nach den hier auf Grund des Flächenwidmungsplanes aus dem Jahre 1973 zur Auslegung heranzuziehenden Vorschriften des Nö. Raumordnungsgesetzes 1968 LGBl. Nr.275 (§ 13 Abs.1 Z 1 des Gesetzes) stand, wie der Verwaltungsgerichtshof in dieser Sache mit seinem Erkentnnis vom 20.3.1984 klarstellte, das im Bauland-Wohngebiet zu errichtende Bauwerk des Klägers im Widerspruch zum gültigen Flächenwidmungsplan der beklagten Partei, so daß sein Bauansuchen gemäß § 98 Abs.2 NÖ. Bauordnung ohne Bauverhandlung abzuweisen gewesen wäre. Auf den Widerspruch zum gültigen Flächenwidmungsplan wurde der Kläger - wenn auch mit anderer Begründung - vom Bürgermeister der beklagten Partei schon vor Einreichung seines Bauansuchens in Kenntnis gesetzt. Dieser Widerspruch zum Flächenwidmungsplan war, wie das Berufungsgericht in Erledigung der Beweisrüge des Klägers ausführte, auch der Grund, warum der Kläger vor Einreichung des Projektes die Zustimmung der Anrainer einholen sollte, weil bei einer Zustimmung aller Anrainer von diesen Rechtsmittel nicht zu erwarten waren. Der Revisionswerber kann für sich auch nicht ins Treffen führen, daß mit dem von ihm geplanten Projekt nur ein bestehender rechtswidriger Zustand verbessert werden sollte, so daß er der Meinung sein und darauf vertrauen hätte können, sein Vorhaben wäre ungeachtet des Widerspruches zum bestehenden Flächenwidmungsplan zu bewilligen. Es wurde weder vom Kläger behauptet noch festgestellt, daß die Baubewilligung vom 4.8.1973 zur Errichtung eines Pferdestalles dem damaligen Flächenwidmungsplan widersprochen hätte. Der Kläger führte selbst in seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 7.10.1983 aus, der Flächenwidmungsplan der beklagten Partei wäre am 15.8.1973, also erst nach dem Zeitpunkt der ihm erteilten Baubewilligung in Kraft getreten. Schon aus diesem Grund ist es dem Kläger versagt, aus der wenn auch rechtswidrigen Vorgangsweise von Organen der beklagten Partei zu seinen Gunsten Amtshaftungsansprüche abzuleiten.

Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis zutreffend das gesamte Klagebegehren abgewiesen, der Revision des Klägers ist nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E25617

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00036.9.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19910320_OGH0002_0010OB00036_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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