TE OGH 1991/3/26 10ObS82/91

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Veröffentlicht am 26.03.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Dietmar Strimitzer (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei SOZIALVERSICHERUNGSANSTALT DER GEWERBLICHEN WIRTSCHAFT, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension, infolge Revision, (richtig: Rekurses) der klagenden Partei gegen das Urteil, (richtig: den im Urteil enthaltnen) Beschluß) des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Jänner 1991, GZ 12 Rs 153/90-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23.September 1990, GZ 5 Cgs 222/89-8, insoweit abgeändert wurde, als das Begehren, die Witwenpension bereits ab 1.September 1975 zuzusprechen, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, die hinsichtlich des Zuspruches der Witwenpension an die Klägerin ab 7.3.1989 und der Zurückweisung des auf Behebung des Ruhens gerichteten Begehrens als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen mit der Maßgabe bestätigt, daß sie insoweit als Beschluß zu lauten hat:

"Aus Anlaß der Berufung werden das erstgerichtliche Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren betreffend das Begehren der Klägerin auf Gewährung der Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß vom 1.9.1975 bis 6.3.1989 als nichtig aufgehoben. Die auf Gewährung der Witwenpension für den genannten Zeitraum gerichtete Klage wird zurückgewiesen".

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 9.8.1989 wurde der Klägerin ab 7.3.1989 eine monatliche Witwenpension von S 4.018,30 zuerkannt. Weiters wurde in diesem Bescheid ausgesprochen, daß über das Ruhen der Pension gemäß § 60 GSVG noch gesondert entschieden werde, weil es derzeit nicht feststellbar sei. Diesem Bescheid lag ein Antrag der Klägerin auf Gewährung der Witwenpension vom 7.3.1989 (Blatt 45 des Anstaltsaktes) zugrunde.

Mit der am 17.11.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr die Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß bereits ab 1.9.1975 zuzuerkennen und überdies ab 1.1.986 das gänzliche Ruhen der Witwenpension zu beheben. In dieser Klage wird ausgeführt, daß die Klägerin schon am 11.8.1975 einen Antrag auf Witwenpension eingebracht habe, ohne daß dieser Antrag erledigt worden wäre. Anläßlich einer Akteneinsicht sei festgestellt worden, daß dieser Antrag als "Anfrage" behandelt worden sei. Trotz merhmaliger Nachfrage sei der Klägerin nie eine richtige Auskunft erteilt worden, so daß sie mangels eines Bescheides innerhalb der gesetzten Frist den Antrag auf Aufheben des seinerzeit berechtigt gewesenen Ruhens ihrer Witwenpension ab 1.1.1986 nicht habe stellen können.

Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen. Vor dem 7.3.1989 sei ein Antrag auf Witwenpension nicht gestellt worden. Am 11.8.1975 habe die Klägerin lediglich die Waisenpension für ihre beiden Söhne beantragt. Zugleich habe sie eine Anfrage auf Witwenpension gestellt. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, daß eine gesonderte Antragstellung für einen Pensionsanfall unbedingt erforderlich sei. Der Zweck dieser Vorgangsweise sei darin gelegen, der Klägerin durch Berechnung der Höhe der gegebenenfalls gebührenden Witwenpension eine Entscheidungshilfe im Zusammenhang mit der Betriebsfortführung zu bieten. Hätte die Klägerin damals einen Witwenpensionsanspruch realisieren wollen, hätte sie den Betrieb ihres verstorbenen Mannes nicht fortführen dürfen oder die Fortführung aufgeben müssen. Über diese Umstände sei die Klägerin mehrmals anläßlich von Sprechtagen der beklagten Partei informiert worden, um ihr die Entscheidungsfindung zu erleichtern.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Gewährung der Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.9.1975 mit Urteil ab. Das weitere Begehren, ab 1.1.1986 das gänzliche Ruhen der Witwenpension zu beheben, wurde (insoweit gemäß § 73 ASGG mit Beschluß) zurückgewiesen. Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der bei der beklagten Partei pflichtversichert gewesene Ehemann der Klägerin verstarb am 23.6.1975. Am 11.8.1975 richtete die Klägerin an die beklagte Partei einen "Antrag" auf Witwenpension und Waisenpension für die beiden Kinder, zugleich mit diesem Antrag aber auch ein Formular "Erklärung bei Pensionsanfrage", wobei von der Klägerin der Überschrift "Erklärung bei Pensionsanfrage" durch die Worte "auf Witwenpension, für die Waisenpension ist es ein Leistungsantrag" ergänzt wurde. Am 14.8.1975 übersendete die beklagte Partei der Klägerin die Mitteilung, welches Aktenzeichen der von ihr eingebrachte Pensionsantrag erhalten habe. Tatsächlich hat die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Witwenpension als Überprüfungsanfrage behandelt. Das Ergebnis dieser Überprüfung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 29.4.1976 zur Kenntnis gebracht (Blatt 31 des Anstaltsaktes). Eine bescheidmäßige Erledigung dieses Antrages erfolgte nicht. Anläßlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 7.3.1989 stellte die Klägerin ausdrücklich den Antrag auf Witwenpension, über den die beklagte Partei mit Bescheid vom 9.8.1989 entschied.

Diesen Sachverhalt würdigte das Erstgericht rechtlich wie folgt:

Die vorliegende Klage knüpfe zwar an den Bescheid vom 9.8.1989 an, stelle sich jedoch inhaltlich als Säumnisklage dar, werde sie doch auf einen Antrag der Klägerin vom 11.8.1975 gestützt, über den die beklagte Partei bisher nicht entschieden habe. Der Antrag der Klägerin vom 11.8.1975 sei tatsächlich ein solcher auf Gewährung der Witwenpension und nicht eine Anfrage gewesen. Dem widerspreche auch nicht das zugleich mit diesem Antrag abgegebene Formular "Erklärung bei Pensionsanfrage" trotz des Umstandes, daß hier "auf Witwenpension" beigefügt worden sei. Sollte diese Erklärung bei der beklagten Partei Unklarheit hervorgerufen haben, wäre diese verpflichtet gewesen, den Parteiwillen allenfalls durch Vernehmung der Klägerin klarzustellen. Auszugehen sei daher von einem Antrag der Klägerin auf Gewährung der Witwenpension am 11.8.1975. Stichtag in Entsprechung des § 86 Abs.3 ASVG sei der 1.7.1975. Bei Anwendung des damals geltenden § 77 Abs.1 GSPVG ergebe sich aber, daß die Klägerin zu diesem Stichtag keinen Anspruch auf Witwenpension gehabt habe, weil sie die Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung des verstorbenen Ehegatten begründet hatte, fortgeführt habe. Ihr darauf gerichtetes Begehren im Rahmen der hier vorliegenden Säumnisklage sei deshalb abzuweisen gewesen. Da über das Ruhen der Pension bisher ein Bescheid nicht ergangen sei, mangle es an den Voraussetzungen der §§ 67 ff ASGG, weshalb dieser Teil des Klagebegehrens zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen das Urteil des Erstgerichtes richtete sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil dahin abzuändern, daß ihr die Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß vom 23.6. bis 24.12.1975 und ab 1.1.1986 gewährt werde. Der zurückweisende Beschluß des Erstgerichtes blieb ausdrücklich unbekämpft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, daß es einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles zu lauten habe: "Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin ab 7.3.1989 eine monatliche Witwenpension von S 4.018,30 zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1.9.1975 die Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen und das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, ab 1.1.1986 das gänzliche Ruhen der Witwenpension zu beheben, werden zurückgewiesen". Soweit die Klägerin die Abweisung eines Pensionsanspruches für die Zeit vom 23.6. bis 24.12.1975 bekämpfe, komme diesem Einwand schon deshalb keine Berechtigung zu, da es sich dabei um unzulässige Neuerungen handle und überdies das Klagebegehren überschritten werde, das einen Pensionsanspruch erst ab 1.9.1975 umfasse. Was den begehrten Zuspruch ab 1.1.1986 anlange, sei der Klägerin zwar beizupflichten, daß auch für die Säumnisklage nicht die Rechtslage am Stichtag, sondern der Schluß der Verhandlung über die Säumnisklage maßgeblich sei. Dadurch sei für die Klägerin aber nichts gewonnen, da sie ebenso wie das Erstgericht von der unrichtigen Prämisse ausgehe, daß ihr Ansuchen vom 11.8.1975 als Pensionsantrag zu qualifizieren sei. Abgesehen davon, daß die Klägerin nach den Feststellungen zugleich mit ihrem "Antrag" auf Witwenpension der beklagten Partei gegenüber eine Erklärung abgegeben habe, daß nur hinsichtlich der gleichzeitig beantragten Waisenpension ihr Ansuchen als Leistungsantrag zu verstehen sei, der Antrag auf Witwenpension aber nur eine Anfrage darstelle, sei dieser Anfrage von der beklagten Partei auch Rechnung getragen und der Klägerin das Ergebnis der Überprüfung ihrer allfälligen Pensionsansprüche zur Kenntnis gebracht worden. Die Klägerin habe außerdem zur Kenntnis genommen, daß nach Erledigung der Anfrage eine gesonderte Antragstellung erforderlich sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes ändere die Bekanntgabe des Aktenzeichens betreffend die Pensionsangelegenheit, verbunden mit der Aufforderung, von Anfragen wegen der Erledigung abzusehen und die schriftliche Entscheidung abzuwarten, daran nichts. Es sei für die Klägerin erkennbar gewesen, daß sich die in Aussicht gestellte Entscheidung nur auf den Leistungsantrag auf Waisenpension für ihre Kinder bezogen habe. Selbst wenn man aber ein Mißverständnis der Klägerin unterstellte, daß auch für die Witwenpension eine Antragstellung vorliege, die einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt würde, sei die Sachlage anläßlich eines Sprechtages im September 1986 in dem Sinn geklärt worden, als nach Beratung der Klägerin festgehalten worden sei, daß eine Witwenpension derzeit nicht in Erwägung gezogen werde. Damit habe die beklagte Partei ihrer Verpflichtung auf eine Verdeutlichung der von der Klägerin abgegebenen Erklärung hinzuwirken, Genüge getan. Mangels Vorliegens eines Antrags vom 11.8.1975 liege auch die behauptete Säumnis der beklagten Partei nicht vor. Damit sei die Säumnisklage unzulässig, weshalb die Entscheidung des Erstgerichtes im Ergebnis zu bestätigen gewesen sei. Da durch die Klagsführung der Bescheid vom 9.8.1979 außer Kraft getreten sei, habe der Spruch der Entscheidung dahingehend ergänzt werden müssen, daß die beklagte Partei zur Leistung der in diesem Bescheid zuerkannten Witwenpension zu verpflichten gewesen sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die beklagte Partei schuldig erkannt werde, ihr die Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.1.1986 zu zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Soweit das Berufungsgericht das auf Gewährung der Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.9.1975 (bis einschließlich 6.3.1989) gerichtete Klagebegehren als unzulässig zurückwies, hat es, indem es das abweisende Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe bestätigte, daß es für die Zeit vom 1.9.1975 (bis 6.3.1989) auf Zurückweisung zu lauten habe, eine unrichtige Entscheidungsform gewählt, weil die Zurückweisung der Klage mit Beschluß zu erfolgen hat. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes ist daher - im Umfang ihrer Anfechtung - in Wahrheit ein Beschluß, gegen den gemäß § 519 Abs.1 Z 1 ZPO der Rekurs zulässig ist. Da Fehler des Gerichtes nicht zu Lasten der Parteien gehen dürfen, schadet auch die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels (Revision statt Rekurs) nicht (§ 84 Abs.2 Satz 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist daher als zulässiger Rekurs gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes zu behandeln (vgl. Fasching ZPR2 Rz 1685, 1686).

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der Pensionsversicherung gilt das Antragsprinzip (§ 361 Abs.1 Z 1 ASVG); eine Leistungsgewährung ist daher nur auf Grund eines Antrages zulässig. Für die verfahrensrechtliche Bewertung von Anträgen, das sind Willenserklärungen Privater im Bereich des öffentlichen Rechts, gelten - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (SSV-NF 4/22) - analog die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht nach allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen oder den besonderen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts ausdrücklich Abweichendes festgelegt ist. Danach ist schon wegen der der Behörde ganz allgemein obliegenden Betreuungspflicht anzunehmen, daß der Sozialversicherungsträger durch entsprechende Belehrungen und Auskünfte auf eine Antragstellung hinzuwirken hat, die den rechtlichen Interessen von Anspruchswerbern weitestgehend Rechnung trägt. Zusätzlich muß bei der Beurteilung von Anträgen durch die Sozialversicherungsträger im Geiste sozialer Rechtsanwendung vorgegangen, d.h. der Antrag im Zweifel zugunsten des Versicherten ausgelegt werden. Die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrages läßt sich freilich auch aus den Grundsätzen sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten. Bestehen Zweifel über die mit einem Antrag erfolgte Parteienabsicht, ist der Sozialversicherungsträger verpflichtet, den Parteiwillen - etwa durch Vernehmung der Partei - klarzustellen (SSV-NF 4/22 mwN).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ist eine Antragstellung der Klägerin auf Witwenpension vor dem 7.3.1989 nicht ersichtlich. Wenngleich sich die Klägerin am 11.8.1975 eines Formulars bediente, auf dem der Vordruck "Antrag auf Witwenpension" lautete, so ergab sich doch aus dem von ihr gleichzeitig eingebrachten Formular "Erklärung bei Pensionsanfrage", insbesondere durch die Zusätze Pensionsanfrage "auf Witwenpension, für die Waisenpension ist es ein Leistungsantrag" mit ausreichender Deutlichkeit, daß die Klägerin damals nicht die Witwenpension beantragen wollte, sondern nur die Waisenpension und daß es sich hinsichtlich der Witwenpension um eine Pensionsanfrage handelte. Das zuletzt genannte Formblatt enthält auch in Fettdruck den Hinweis: "Achtung! Eine gesonderte Antragstellung ist unbedingt erforderlich". Ein weiters genannter Fall, in dem eine gesonderte Antragstellung unterbleiben könnte, lag nicht vor. Daß die Klägerin auch keinen Pensionsantrag stellen, sondern lediglich eine Pensionsanfrage betreffend die Witwenpension an die beklagte Partei richten wollte, ist auch aus anderen Überlegungen anzunehmen. Wäre nämlich dieses Anbringen tatsächlich als Antrag zu verstehen gewesen, hätte es keines Ermittlungsverfahrens über die Höhe der Witwenpension bedurft, da bereits im genannten Anbringen die Witwenbetriebsfortführung bekannt gegeben und tatsächlich die Klägerin ab 24.6.1975 den Betrieb des verstorbenen Ehegatten fortgeführt hatte. Danach bestand nach damaliger Rechtslage (§ 77 Abs.1 GSPVG) von vornherein kein Anspruch auf Witwenpension. Durch Erledigung der Anfrage (Schreiben vom 29.4.1976) war es im Hinblick auf die damit verbundene Pensionsberechnung möglich, der Klägerin eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, ob sie den Betrieb weiterhin fortführen oder die Witwenpension beantragen sollte. Auch nach § 136 Abs.1 GSVG in seiner Stammfassung hatte Anspruch auf Witwenpension die Witwe nach dem Tod des versicherten Ehegatten nur dann, wenn sie die Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung des verstorbenen Ehegatten begründet hatte, nicht fortführte. Diese besondere Anspruchsvoraussetzung wurde mit der 10. GSVG-Novelle, BGBl.1986/112 mit Wirkung ab 1.1.1986 aufgehoben. Ein Anspruch auf Witwenpension besteht seither auch dann, wenn der Betrieb des verstorbenen Ehegatten fortgeführt wird. Diese Betriebsfortführung begründet zwar die Versicherungspflicht nach dem GSVG, führt aber dennoch nicht zum gänzlichen Ruhen der Hinterbliebenenpension nach § 61 GSVG, sondern nur zum Ruhen von höchstens 40 % der Pension nach Maßgabe der erzielten Erwerbseinkünfte (siehe Kainzbauer/Peterka/Rudolf in SozSi 1986, 9). Nach den Übergangsbestimmungen des Art.II Abs.5 der 10.GSVG-Novelle ist diese Neuregelung auch dann anzuwenden, wenn der Versicherungsfall bereits vor dem 1.Jänner 1986 eingetreten ist. In den Fällen, in denen der Antrag bis 31.12.1986 gestellt wurde, gebührte die Leistung ab 1.1.1986, sonst ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten. Wie sich aus dem Anstaltsakt ergibt (Blatt 43), wurde die Klägerin im September 1986 von der beklagten Partei zur Beratung vorgeladen. Anläßlich eines Sprechtages am 2.9.1986 wurde im Akt vermerkt, daß die Klägerin eine Witwenpension derzeit nicht in Erwägung ziehe. Tatsächlich hat sie diesen Antrag erst am 7.3.1989 gestellt. Mangels eines Pensionsantrages lag auch ein Säumnisfall nicht vor, so daß die Klage gemäß § 73 ASGG unzulässig und in jeder Lage des Verfahrens wegen Nichtigkeit nach § 477 Abs.1 Z 6 ZPO zurückzuweisen war. Das Berufungsgericht hätte bei richtiger Entscheidungsform aus Anlaß der zulässigen Berufung mit Beschluß das erstgerichtliche Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren, soweit es das Begehren auf Gewährung der Witwenpension seit 1.9.1975 bis 6.3.1989 betrifft, als nichtig aufheben und insoweit die Klage zurückweisen müssen. Soweit das Berufungsgericht mit Urteil der Klägerin ab 7.3.1989 eine monatliche Witwenpension zuerkannte, wiederholte es nur den seiner Meinung nach gemäß § 71 ASGG außer Kraft getretenen Bescheid. Ob die - auch nach Auffassung des Berufungsgerichtes - unzulässige Klage überhaupt geeignet war, das Außerkrafttreten des Bescheides zu bewirken, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden, weil der betreffende Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Revisionsverfahren nicht angefochten ist.

Dem Rechtsmittel der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG.

Anmerkung

E26067

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00082.91.0326.000

Dokumentnummer

JJT_19910326_OGH0002_010OBS00082_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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