Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gottfried L***** wegen des Verbrechens der versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs. 1 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22. Oktober 1990, GZ 28 Vr 1752/90-7, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß des bezeichneten Gerichtes vom selben Tag, Seite 46 iVm ON 7, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt, das auch über die Beschwerde gegen den Beschluß (gemäß § 494 a StPO) zu befinden haben wird. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 29-jährige Gottfried L***** des Verbrechens der (versuchten) Unzucht mit Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs. 1 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 19.Juli 1990 in Saxen die am 31.Mai 1981 geborene, demnach unmündige Claudia H***** dadurch, daß er ihr auf die Unterhose griff und sie (zweimal) aufforderte, sein entblößtes Glied anzugreifen, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht zu mißbrauchen versucht.
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer allein auf die Z 9 lit b des § 291 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist.
Die Beschwerde reklamiert Feststellungsmängel zur Frage (freiwilligen) strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) mit der Argumentation, das Schöffengericht habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Angeklagte vor oder nach der an das Mädchen gerichteten Aufforderung, sein Glied anzugreifen, (auch) die Notdurft verrichtet habe; in den Urteilsgründen werde hiezu lediglich ausgeführt, daß die Reihenfolge dahingestellt bleiben könne. Gerade die "Reihenfolge dieser Sachverhaltsfeststellungen" sei jedoch für die richtige Lösung der bezüglichen Rechtsfrage von entscheidender Bedeutung, weil sich aus der Feststellung, er habe erst nach der an das Mädchen gerichteten Aufforderung, sein Glied anzugreifen, die Notdurft in die Donau verrichtet, ergäbe, daß die endgültige Aufgabe der Tatausführung durch ihn freiwillig erfolgt sei.
Dieser Einwand läßt jedoch die - einen freiwilligen Rücktritt jedenfalls ausschließenden - Urteilsfeststellungen unberücksichtigt, wonach dem Angeklagten die Tatvollendung nur deshalb nicht gelang, weil die neunjährige Claudia H***** auch der zweiten Aufforderung, sein entblößtes Glied anzugreifen, nicht nachkam, vielmehr sogleich zu ihrem Bruder Andreas zurücklief (US 5) und solcherart zu erkennen gab, daß sie zur Duldung der vom Angeklagten beabsichtigten Unzuchtshandlung keinesfalls bereit ist. Dabei folgte das Erstgericht - unter Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten - der in jeder Beziehung als glaubwürdig beurteilten Zeugenaussage des Mädchens (US 6), aus der sich insoweit ergibt (S 21, 45), daß der Angeklagte beim Entblößen seines Gliedes zwar die Bemerkung machte, er müsse "lulu" machen, ohne daß das Kind jedoch sah, daß er die Notdurft auch tatsächlich verrichtete. Im übrigen hat das Schöffengericht - zudem bei Erörterung der für den hier aktuellen ersten Deliktsfall des § 207 Abs. 1 StGB gar nicht erforderlichen Absicht, "sich geschlechtlich zu erregen" (vgl US 9) - lediglich rein illustrativ zusätzlich zum Ausdruck gebracht, daß selbst die Verantwortung des Angeklagten, er habe sein Glied entblößt, um die Notdurft zu verrichten, nichts an der Tatbestandsmäßigkeit des festgestellten Sachverhalts ändern könnte.
Der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund wird sohin insgesamt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.
Rechtliche Beurteilung
Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie über die von der Anklagebehörde erhobene Beschwerde gegen den gemäß § 494 a Abs. 4 StPO ergangenen Beschluß der Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§§ 285 i, 494 a Abs. 5 StPO; Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 27 zu § 494 a).
Anmerkung
E25599European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00034.91.0404.000Dokumentnummer
JJT_19910404_OGH0002_0150OS00034_9100000_000