Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****-*****verband *****, vertreten durch Dr.Eduard Saxinger und Dr.Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei "L*****" Warenhandelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 440.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20.Dezember 1990, GZ 5 R 104/90-7a, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 31.Mai 1990, GZ 2 Cg 97/90-4, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Beklagte betreibt den Handel mit Textilien, darunter auch mit Teppichen. Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen hat die Beklagte in der Weihnachtszeit 1989 in ihrem Verkaufsgeschäft in L***** die Preise von Orientteppichen in der Weise ausgezeichnet, daß sie die angeschriebenen Preise - meist mit
Rotstift - durchgestrichen und mit dem Beisatz "- 50 %" versehen hat.
Mit der Behauptung, daß die durchgestrichenen Preise weitaus überhöhte "Mondpreise" gewesen seien, welche um mehr als 100 % über den marktüblichen Preisen für derartige Waren gelegen seien, begehrt der klagende Wettbewerbsverband (§ 14 UWG) die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Orientteppichen Preisgegenüberstellungen zu unterlassen, sofern dabei die tatsächlich verlangten Preise Preisen gegenübergestellt werden, die um 100 % und mehr über den Marktpreisen liegen; er verbindet damit ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer oberösterreichischen Tageszeitung. Bei den von der Beklagten angebotenen Teppichen handle es sich zum Großteil um Ware, die im Großhandel zu Quadratmeterpreisen verkauft werde; erst die reduzierten Preise hätten diesen Marktpreisen annähernd entsprochen. Durch die beanstandete Art der Preisauszeichnung erwecke die Beklagte den Eindruck einer 50 %igen Preisreduktion, also eines besonders günstigen Angebotes. Da sie aber die Ausgangspreise als reine "Mondpreise" angesetzt und überdies selbst niemals verlangt habe, werde das Publikum in seiner Erwartung getäuscht, daß die reduzierten Preise der Teppiche erheblich unter deren Marktpreisen lägen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die beanstandete Preisauszeichnung sei nicht irreführend, weil sie nur so verstanden werden könne, daß die Beklagte ihre eigenen Preise um 50 % reduziert habe. Für die von ihr angebotenen Orientteppiche gebe es keine Marktpreise. Es handle sich um handgeknüpfte Teppiche, welche die Beklagte bereits 1985 angeschafft habe. Vergleichbare Teppiche würden in zahlreichen anderen Geschäften zu jenen Preisen angeboten, die den durchgestrichenen Ausgangspreisen der Beklagten entsprächen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahmen ab. Eine Preiswerbung sei zwar irreführend, wenn die durchgestrichenen höheren Preise vom Anbieter selbst gar nicht verlangt oder bewußt überhöht angesetzt wurden; bei Orientteppichen sei aber die Werbung mit einer 50 %igen Preisherabsetzung als zulässig angesehen worden, wenn der Anbieter zuvor die reduzierten Preise mindestens sechs Monate lang für die gleiche Ware verlangt habe. Im vorliegenden Fall stelle das Begehren des Klägers nur auf eine mehr als 100 %ige Überschreitung des Marktpreises ab; es umfasse aber nicht den Vorwurf, daß die Ausgangspreise von der Beklagten vorher nicht ausreichend lange ernsthaft verlangt wurden. Danach sei es unerheblich, ob für die beworbenen Waren andere Bezugspreise, wie zB Markenpreise udgl, existierten, bringe doch die Preiswerbung der Beklagten hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß die um 50 % reduzierten Ausgangspreise jene seien, die sie selbst vorher verlangt hatte.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Gegenüberstellung herabgesetzter Preise mit früheren höheren Preisen des Werbenden sei nicht nur dann irreführend, wenn der frühere höhere Preis nicht eine angemessene Zeit lang für die Ware ernsthaft verlangt worden ist, sondern auch dann, wenn er zuvor bewußt überhöht angesetzt worden war ("Mondpreis"), um eine echte Herabsetzung vorzutäuschen. Ersteres habe der Kläger im vorliegenden Fall zwar ausdrücklich behauptet und mit dem Hinweis darauf zu untermauern versucht, daß die Ausgangspreise um mehr als 100 % über den marktüblichen Preisen lägen; das von ihm erhobene Unterlassungsbegehren trage jedoch diesem Vorwurf nicht voll Rechnung. Es sei aber so zu verstehen, wie es vom Kläger auf Grund seines Sachvorbringens gemeint war; das Gericht habe - etwa durch Beifügung des Halbsatzes "......und von der Beklagten selbst überhaupt nicht verlangt wurden" - dem Begehren die richtige Fassung zu geben. Die Sache sei daher erst nach Prüfung der anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen entscheidungsreif.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.
Der Kläger stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Schon in der Entscheidung ÖBl 1990, 100 sind verschiedene Formen einer irreführenden, gegen § 2 UWG verstoßenden Werbung mit Preisherabsetzungen unter Gegenüberstellung herabgesetzter Preise mit eigenen früheren höheren Preisen dargelegt worden, darunter auch der Fall, daß der Ausgangspreis zuvor bewußt überhöht angesetzt worden war (Mondpreis), um eine echte Preisherabsetzung vorzutäuschen. Ebenso liegt eine Irreführung der Umworbenen dann vor, wenn der frühere höhere Preis nicht eine angemessene Zeit lang für die Ware ernsthaft verlangt worden ist. Mit der Behauptung, die Beklagte habe die von ihr durchgestrichenen und um 50 % reduzierten Ausgangspreise um mehr als 100 % über den marktüblichen Preisen angesetzt, erhebt der Kläger den erstgenannten Vorwurf einer irreführenden Bezugnahme auf hausinterne "Mondpreise". Wer nämlich die Preise zunächst so festsetzt, daß ihm eine werbewirksame Ankündigung von Preisnachlässen möglich ist, verstößt gegen § 2 UWG; war der ursprüngliche Preis überhaupt kein ernsthaft gewollter Preis (Mondpreis), so ist die Bezugnahme auf ihn irreführend (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 879 Rz 297 zu § 3 dUWG; vgl auch 359 Rz 16 zu § 1 dUWG; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung, 336 mwH in FN 186; SZ 60/44; ÖBl 1990, 100 ua unveröffentlichte Entscheidungen, zB 4 Ob 93/88). Das Vortäuschen eines Preisvorteils durch Werbung mit der Herabsetzung eines vorher bewußt als Phantasiepreis ("Mondpreis") festgesetzten höheren Ausgangspreises setzt somit ein in dieser Richtung gezieltes und bewußtes Vorgehen des Werbenden voraus. Einen solchen Vorwurf hat der Kläger in seinem Sachvorbringen mit dem Hinweis darauf, daß die Beklagte die um mehr als 100 % über den handelsüblichen Marktpreisen liegenden Ausgangspreise als "reine Mondpreise" festgesetzt und überdies selbst niemals verlangt habe, auch ausdrücklich erhoben; er hat nur - offenbar versehentlich - in der vom Kläger beantragten Fassung des Unterlassungsbegehrens keinen Niederschlag gefunden, weil dieses ausschließlich auf das objektive Mißverhältnis der Ausgangsbasis von Preisgegenüberstellungen mit den Marktpreisen abgestellt ist. Das allein wäre aber noch gar nicht irreführend, falls die Beklagte die Ausgangspreise nicht bewußt als gar nicht ernsthaft gewollte Mondpreise festgesetzt, sondern sie ernsthaft eine angemessene Zeit hindurch auch tatsächlich verlangt hätte. Entgegen der Meinung der Beklagten hat daher das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß dem im Sinne des Klagevorbringens versehentlich zu weit gefaßten Begehren von Amts wegen die richtige - hier: einschränkende - Fassung gegeben werden muß (ÖBl 1990, 158 mwH), wodurch dem Kläger keinesfalls ein plus oder ein aliud zugesprochen wird.
Es trifft auch nicht zu, daß der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz jemals "festgestellt" hätte, daß es für Orientteppiche keine Marktpreise gibt. In der Entscheidung MR 1989, 181 ist lediglich klargestellt worden, daß mit der Schreibweise "- x %" deutlich auf die bisher verlangten eigenen Verkaufspreise hingewiesen, keineswegs aber auf die Preise von Mitbewerbern oder auf vom Hersteller unverbindlich empfohlene Richtpreise oder Listenpreise Bezug genommen wird, weil das an Orientteppichen interessierte Publikum gar nicht annimmt, daß es hiefür vom Hersteller unverbindlich empfohlene Richtpreise oder Listenpreise gebe. Ob es daher für die von der Beklagten in der beanstandeten Art ausgepreisten Teppiche einen jeweils der Preisreduktion annähernd entsprechenden Marktpreis gibt oder nicht, wird im vorliegenden Fall noch zu klären sein. Sollte dies zutreffen, dann war der um mehr als 100 % höhere Ausgangspreis der Beklagten, wenn sie diesen nicht ernsthaft eine angemessene Zeit hindurch auch tatsächlich verlangt hat, ein willkürlich festgesetzter Phantasiepreis ("Mondpreis"), mit dessen Herabsetzung das Publikum durch Vorspiegelung eines in Wahrheit gar nicht vorhandenen besonders günstigen Angebotes getäuscht worden ist.
Da somit der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes berechtigt war, mußte dem Rekurs der Beklagten ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E25667European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00027.91.0409.000Dokumentnummer
JJT_19910409_OGH0002_0040OB00027_9100000_000